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deffen freie Kraft

Schon durch die Adern der Natur zu fließen
Und, schaffend, Götterleben zu genießen
Sich ahnungsvoll vermaß,

von dem Nachschauer seiner unruhigen Sehnsucht gequålt, im Gefühle des Adels seiner höheren Natur es doch empfindend, daß ihm Sinnengenüsse keine Ents schädigung zu gewähren vermögen, dem Teufel zus sagt:

Werd' ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen,
So sen es gleich um mich gethan!
Kannst Du mich schmeichelnd je belügen,
Daß ich mir selbst gefallen mag;

Kannst du mich mit Genuß betrügen,

Das sen für mich der lehte Tag!

Werd' ich zum Augenblicke fagen,
Verweile doch, du bist so schön:

Danu magst Du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zu Grunde gehn!
Dann mag die Todtenglocke schallen,
Dann bist du deines Dienstes frei,
Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen,
Es sen die Zeit für mich vorbei!

Mephistopheles sagt auf diese verwegenen Worte mit schwerem Nachdrucke:

Bedenk es wohl, wir werden's nicht vergessen!.

Und der Teufel weiß bei'm Worte zu halten. In dem Momente, als Faust, im zweyten Theile, hochbejahrt, sich an dem Segen seiner Schöpfungen für ein freithätiges rühriges Völkerleben auf dem dem

Meere abgerungenen Boden, mit welchem der Kaiser ihn für geleistete Zauberdienste belehnt hat, erfreuen will, und begeistert ausruft:.

Solch ein Gewimmel mögt' ich sehn,

Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
Zum Augenblicke dürft' ich sagen:
Verweile doch, du bist so schön!

Es kann die Spur von meinen Erdentagen
Nicht in Aeonen untergehn.

Im Vorgefühl von solchem hohen Glük
Genieß ich jezt den höchsten Augenblik,

da sinkt er todt zur Erde nieder.

Fragt man, inwiefern Faust der Held der Tra gödie seyn könne, da doch nicht er, sondern Gretchen der untergehende Theil ist, so ist hiebei Folgendes zu erwågen. Faust ist, wie Promotheus oder Oedipus, ein Tragddienheld, der nicht sowohl durch die Resul tate seiner Thatkraft, als durch die Intensität seines Charakters unsre Einbildungskraft beschäftigen soll: es ist nicht an Leib und Leben zu erfahrendes. Misges schik, sondern andauerndes Seelenleiden, was seine tragische Situation constituikt. Gretchen ist nur insofern eine der Tragödie würdige Figur, als Faust's Persönlichkeit und seine Schuld ihrem Unglücke zur Folie dient. Wie tief und groß diese Schuld geworden, ergiebt sich aus der Ohnmacht, in der er sich befindet, die Geliebte nicht einmal leiblich retten zu können; undwie gränzenlos elend er selbst sey, können wir ermes sen, wenn wir uns sagen müssen, daß Gretchen, auf

faulem Stroh, in Kerker und Ketten schmachtend, zum Tode verurtheilt, und bald vor allem Volke öffent lich einen schmachvollen Tod erleidend, in Vergleichung mit Faust in seiner Lage, #glüklich zu nennen ist. Grets chen's Verführung ist in der That Faust's einzige, posts tive Schuld, die Besiegelung des ergriffenen bösen Princips durch eine böse That, ohne welche der fors male Uebertritt zum Reiche des Teufels zwar kirchlich ein unvergeblicher Frevel, in sich selbst jedoch nur ein 'seltsamer Act übler Laune bleiben würde. Auch durfte der Dichter diese Katastrophe zum tragischen Abschlusse des ersten Theils ohne das Bedenken wählen, derselbe werde dann auf ein ordinåres bürgerliches Trauerspiel hinauslaufen: denn zerstören auch Tausende den Frieden und das Erdenglük eines liebenswürdigen und una schuldvollen Geschöpfs, ohne sich dem Teufel erst feierlich verschrieben zu haben, und ohne deßhalb die Helden einer Tragödie werden zu können, so vereinigt sich doch in Faust Alles, um dieses Verbrechen, an ihm, zu einem hochtragischen zu machen. Er steht, als Denker und Weiser, auf der Höhe, wo die Beurs theilung der moralischen Zurechnung haarscharf ausfallen kann; er kennt den ganzen Umfang der Süns de, die er begeht. Denn da er anfangs nichts gesucht hat, als sich über die Zerwürfniß mit sich selbst im Sinnenrausche zu betåuben, ist, durch die Gewalt seiner edleren Natur und durch den Frieden, den die Existenz eines so harmlosen Wesens athmet, sein Ges

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fühl für Gretchen sofort nach der ersten Annåherung zu einer wahren und reinen Liebe geworden, die ihm, ohne die Dazwischenkunft des Höllengeistes, alle die Befriedigung und den Segen gewähren würde, dem er im Reiche des Grübelns und des Erkennens vergebe lich nachgejagt hat. Die ganze Fülle des Glüks, das bei der Unschuld wohnt, wird ihm lebendig; wir erkens nen, daß, wenn Faust die Möglichkeit dieses Glückes in seinen früheren Zustånden håtte ahnen können, er nicht der Hölle anheim gefallen wåre. Jest ist es zu spåt: jest bleibt ihm nichts mehr, als auf dieß Glüt zu verzichten, und, insofern er seine Männerwürde bewahren will, zu fliehn, ehe das Unheil der Verführung vollendet ist (s. das Gespräch mit Mephistopheles nach dem Monologe: Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir Alles!). Da reißt ihn die Hölle in's Verderben zurük; da wird uns die ganze fürchterliche Bedeutung jenes so leichthin, so übermüthig eins gegangenen Pactes klar: denn ohne diesen Pact würde er fliehn können, würde er das Paradies der Unschuld unangetastet lassen, oder er würde in diesem Paradiese, vorwurfsfrei, das Glük finden.

Draz

Dramatische Eintheilung des
ersten Theils.

Daß der Faust, auch seinem ersten Theile nach, wenn schon derselbe nicht nach Acten abgetheilt ist, im Sinne der Bühne gedichtet worden, ergiebt sich schlechte hin schon aus der Betrachtung, daß ein so ursprünglicher Geist, wie Goethe, keine dichterische Form für Spielwerk und Zufall ansehn, folglich auch nicht ohne die ganze Consequenz ihrer Bedeutung gebrauchen konnte. Zum Ueberfluß hat er jenes allerliebste Vorspiel auf dem Theater hinzugefügt, welches mit der liebenswürdigsten Schalkhaftigkeit die Beziehungen des deutschen Bühnenwesens, die Prätensionen des Publicums, die Klemmen der Directionen, und das Unbehagen, in das durch beyde die Schöpferlaune des Poe: ten verseht wird, ventilirt. Wer sieht da nicht den gemüthlichen, an der Sache des Theaters nicht ohne löblich leidenschaftlichen Eifer, aber mit dem heitren Humore bewußter Ueberlegenheit über alle die ihr ges stellten Anforderungen theilnehmenden Kunst ja Ges schåftsmann heraus? Wer wird nicht an jene genußreichen Abende, die dieses Meisters Leitung einer wahr haft electrifirbaren Menge in der unvergeßlichen Tem pelståtte der Weimarischen Melpomene bereitete, augens bliklich erinnert? Wer lebt es nicht noch einmal durch, wie in den glorreichen Epochen, wo die Namen Vohk Wolf, Jagemann, Haide, Dels, Graff, und ähn

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