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oder eines subjectiven Dispositionsschema's verdient, und vom strengen Vernunftsortschritt toto genere verschieden ist. Man verehrt in Fichte den sittlichen Ueberzeugungsmenschen und weiß jene grandiose Einseitigkeit wohl zu würdigen, mit der er, der spartanische Sittenprediger einer schweren Zeit, die äußere Natur bloß als „Material für unsere Pflichterfüllung“ gelten lassen wollte. Man begreift es sehr wohl, daß Schelling's mehr ästhetisch angelegtes, phantasievolles Denfernatürell, von solchem einseitig ethischen Subjectivismus unbefriedigt, das Fichte'sche absolute Jch zum WeltIch erweitert, in der gewordenen Außenseite der empirischen Natur einen versteinerten Riesengeist" erblickt, sich entschlossenen Muthes in's Innere des schaffenden Weltwesens hineinverseßt und mit geistreicher Intuition die Reihenfolge seiner Productionen von den unorganischen, physikalischen und chemischen Naturpotenzen bis hinauf zum bewußt schöpferischen Menschengeist zu reconstruiren versucht. Man bestreitet es nicht, daß Hegel's dialektisches Evolutionssystem speciell im Gebiete der Geisteswissenschaften, wie der Aesthetik, der Geschichts, Rechts- und Religionsphilosophie ein erstaunliches Material übersichtlich gegliedert, mit manchen tiefsinnig bedeutenden Ideen befruchtet und durch den Cardinalgedanken der Entwicklung in einen großen Zusammenhang gebracht hat. Man gibt auch bereitwillig die culturhistorische Thatsache zu, daß der energische, hohe Schwung, die ideale, begeisternde Kraft, die reiche Gedankenfülle dieser Speculation auf viele Geister anfeuernd und beflügelnd gewirkt, das Niveau der wissenschaftlichen Bestrebungen über die trockene und beschränkte Handwerksmäßigkeit einer älteren Periode weit erhoben und auf den verschiedensten Forschungsgebieten schöne Früchte gezeitigt hat, die ohne den erwärmenden Sonnenschein eines solchen Idealismus vielleicht noch heute unentwickelt schlummern würden. Dies Alles wird von der Geschichte gerechterweise anerkannt, und wir hegen die Hoffnung, das wirklich Große in den Speculationen jener Denker werde der Zukunft unverloren bleiben.

Aber man hat auch, gewarnt durch das logische Gewissen und gewißigt durch die Einsprache der streng wissenschaftlichen Forschung, die Einsicht zurückgewonnen, daß die Philosophie selbst bei ihren genialsten Unternehmungen sich stets der allgemeingültigen Menschenlogik unterwerfen muß; man hat, im kritischen Geiste Kant's wiederum scharf unterscheidend zwischen Wollen und Vermögen, zwischen Imagination und Wissen, das Jllusorische der Unfehlbarkeitsansprüche jener Denker durchschaut; man ist gewahr geworden, daß diese nachkantische Speculation, genau so wie der rationalistische Dogmatismus der vorkantischen Metaphysik, ,,der leichten Taube gleicht, die, weil sie beim Flug in freier Luft deren Wiederstand fühlt, sich einbildet, es werde ihr im luftleeren Raume noch besser gelingen“. Ein solcher Rückschlag auf die titanischen Ueberschwänglichkeiten ist längst erfolgt. Er war schon, ohne freilich die herrschende Strömung stauen zu können, zu der Zeit eingetreten, als Schelling, Hegel, deren Schüler und Geistesverwandte noch das dominirende Wort führten. Fries, Herbart, Schopenhauer und Andere machten von verschiedenen Seiten her Opposition. Jacob Friedrich Fries, der von 1816 bis 1843 als Lehrer an unserer Universität eine segensreiche Wirksamkeit entfaltet hat, versammelte hier um sich einen Kreis gediegener Gelehrter, die, wie er, ein= gehende Kenntniß der exacten Wissenschaften mit Kantischem Kriticismus vereinigten, und denen es sehr klar war, daß die menschlische Vernunft mit ihren höchsten Ideen viel weiter hinausdenkt, als menschlicher Wissenschaft sicheren Fußes vorwärts zu schreiten gestattet ist. Auch von den übrigen Oppositionsdenkern, deren anerkannter Erfolg und entscheidende Wirkung erst in eine spätere Zeit fällt, stehen zwei mit der Geschichte und Tradition unserer Universität in unzertrennlicher Verbindung. Schopenhauer hat seine Abhandlung über den Say vom zureichenden Grunde, diesen „nachmaligen Unterbau seines ganzen Systems“, bei der hiesigen philosophischen Facultät als Dissertation eingereicht und dadurch hier

den Doctorgrad erworben. Herbart hörte hier bei Fichte die Wissenschaftslehre und unterwarf als hiesiger Student den Fichte'schen. Jch-Begriff jener scharf einschneidenden Prüfung, welcher sowohl seine realistische Metaphysik als seine mathematische Psychologie ihren Ursprung verdankt. Groß endlich ist die Anzahl der unserer Universität unmittelbar angehörigen Gelehrten von Anselm Feuerbach und Lorenz Oken bis auf Schleiden und Schlömilch und bis auf einige der Herrn Collegen, die ich hier als anwesend be grüßen darf, seitens deren bald dieser, bald jener Fachwissenschaft ein echt philosophischer Geist eingehaucht worden ist.

Erweitern wir jetzt den Gesichtskreis über die für einen inhaltsvollen Zeitraum unserer nationalen Geistesgeschichte vorbildlich und theilweise maaßgebend gewordene Localüberlieferung dieser Hochschule hinaus. Ueberschauen wir die welthistorische Gesammtent= wicklung der Philosophie seit den ältesten Zeiten europäischer Cultur. Erstrecken wir den Rückblick bis auf den entscheidenden Wendepunkt, als im siebenten Jahrhundert vor der christlichen Zeitrechnung die naturalistischen Kosmogonieen ionischer Denker den ersten Versuch einer rein vernunftgemäßen Welterkenntniß wagten, womit die Philosophie von ihrer phantastischen Mutter, der Mythologie, abgelöst war. Fragen wir uns, wieviel und welche philosophische Gedankenschöpfungen ersten Ranges es gibt; Gedankenschöpfungen, die innerhalb der gebildeten Menschheit überhaupt Epoche gemacht und unsere Weltauffassung in ganz neue Bahnen geworfen haben. Die Antwort wird lauten müssen: Drei große Traditionen gibt es; drei selbständig ersonnene und dann durch Ueberlieferung sich forterbende Conceptionen sind es, von denen das philosophische Denken im Lauf seiner mehr als zweitausendjährigen Geschichte auf entscheidende Weise umgeändert und gefördert worden ist. Das Erste ist die platonisch- aristotelische Lehre von der Substanzialität der Form; das Zweite ist die auf der Schwelle der modernen Zeit am entschiedensten von Descartes ausge

sprochene und durchgeführte Idee einer rein mechanischen Welt= erklärung; das Dritte ist die, mit enormer Ueberflügelung aller ähnlichen Tendenzen früherer Zeit, von Kant geforderte Reduction der philosophischen Forschung auf bloße Selbstkritik der menschlichen Vernunft. Wenn ich diese Behauptung hinstelle, so geschieht es mit dem Bewußtsein, daß sie Manchem parador erscheinen wird, sowie unter dem Eingeständniß, daß der kurze Raum dieser Rede zu ihrer hinreichenden Rechtfertigung nicht genügend ist. Ich gebe sofort zu, es sind noch andere traditionelle Philosopheme vorhanden, die sich sehr zähe und lebensfähig erwiesen, sich unter mancherlei Variationen durch die ganze Geschichte des Denkens bis auf die Gegenwart fortgeerbt haben. So beispielsweise die auf Entkräftung des empirischen Augenscheins abzielende Dialektik des Eleaten Zeno; so das berühmte "Ev xai nâv des Parmenides, so die pluralistische oder atomistische Voraussetzung einer Vielheit unvergänglicher, dem Scheine des Entstehens und Vergehens zu Grunde liegender Elementarsubstanzen; so auch das Пlávra pei des Heraklit von Ephesus. Es gibt solche Nebentraditionen; sie kreuzen, combiniren und verwickeln sich auf's vielfältigste in den Lehrgebäuden späterer Zeiten. Aber jene drei Haupttraditionen überragen alle anderen um ein Erkleckliches. Sie haben als gewaltige Culturpotenzen gewirkt; sie haben der Bildung und Wissenschaft ganzer Jahrhunderte und Zeitalter den entscheidenden Charakterstempel aufgeprägt. Wenn man allein ihre geschichtliche Bedeutung abwägt, von ihrem etwanigen absoluten Wahrheitswerth vorläufig ganz abstrahirt, so steht es zweifellos fest, daß es außer den die Volksmeinung regirenden Weltreligionen keine geistigen Factoren gibt, welche sich an tiefgreifender und nachhaltiger Autorität, an überzeugungstiftender und überzeugungbeherrschender Macht mit jenen drei philosophischen Haupttraditionen zu messen vermöchten. Direct allerdings nur innerhalb der Gelehrtenwelt. Hier aber besitzt beispielsweise der Philosoph von Stagira für lange

Zeiträume eine Autorität, welche sich nur mit der eines Christus oder Muhamed vergleichen läßt.

Die erste der drei großen Conceptionen entspringt im Centrum der altgriechischen Philosophie und wird bestimmend für die Denkungsart des Mittelalters. Plato's Ideenlehre, eines der genialsten Philosopheme aller Zeiten, bildet den Knotenpunkt, in welchem die Hauptrichtungen der älteren Speculation zusammenlaufen. Der contradictorische Gegensatz zwischen eleatischer und heraklitischer Metaphysik, die scharfe, antithetische Differenz zwischen sokratischer und sophistischer Erkenntnißtheorie wird hier aufgehoben in einer Gesammtansicht, welche beiden Parteien gerecht wird, indem sie das Object auf höchst originelle Weise an beide Parteien vertheilt. Den Einen überläßt sie die im Veränderungsfluß begriffene Erscheinungswelt (Kósuos aisdyrós), den Anderen vindicirt sie die in Begriffen und Gedanken erfaßbare Welt des wahrhaft Seienden (Kóspos voytós). Das Ergebniß geht dahin: Nur im adäquaten Verstandsbegriff, der das Allgemeine, das einer ganzen Gattung Gemeinsame in sich zusammenbegreift, erkennen wir ein dauerhaft und substanziell Reales; die Sinneswahrnehmung, ihrer Natur nach momentan, vergänglich, durchaus relativ und dem Wechsel unterworfen, bezieht sich bloß auf das Individuelle, welches, selbst in bestandlosem Werdefluß begriffen, immer entsteht und vergeht, niemals aber dauernd und wahrhaft ist, welchem daher ein bloßes Erscheinungsdasein, eine bloße Pseudorealität zugestanden werden darf. Als substanzielles, beharrlich reales Erkenntnißobject sind nicht, wie die Alltagsmeinung glaubt, die sinnlich materiellen Erscheinungsdinge zu betrachten, die im Strome des Geschehens auftauchen und wieder untertauchen, sondern das Reich der nur in Verstandsbegriffen erfaßbaren Gattungstypen oder Gattungsformen (tà ston), deren normativer Oberherrschaft der Strom des erfahrbaren Geschehens sich unterworfen zeigt. Diese dauernd herrschenden Gattungsformen sind die platonischen Ideen.

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