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Brahma selbst. Ka ist das fragende Fürwort „welcher, wer". Zu diesem Worte findet sich im Sanskritlexikon von Böthlingk und Roth (2. Thl. Sp. 6) folgende Bemerkung: „Ka, m., eine Umbildung des Fragepronomens zum Namen eines obersten Gottes: der Wer, der Unbekannte. Die Benennung ist wahrscheinlich entstanden im Anschluß an den Refrain: Kasmai dewaja havischavidema (Welchem Gotte sollen wir opfern?) (Rigv. 10, 121), eines offenbar berühmten und vielgebrauchten Liedes. Die Deutung auf den Gott (Dem Gotte Ka wollen wir opfern) ist hier und in vielen anderen Fällen dem Terte aufgedrungen."

Gerade durch diese Vergewaltigungen des heiligen Textes aber rief die Vedanta-Philosophie Widerspruch hervor; denn, sagt der indische Gelehrte Madhusudana, „die Menschen, welche das lezte Endziel der Weisen nicht verstanden und meinten, daß ihre Absicht sogar auf Ansichten, die dem Veda zuwiderlaufen, ausgehen könne, haben sich in verschiedene Schulen getheilt, indem sie die Lehren der Weisen als die höchste Autorität annahmen" 1.

So entstanden die Nyaya-, Sankhya- und Yoga-Systeme. Die Nyaya-Philosophie stammt vorgeblich von Gotama und hat zum Zweck die Befreiung von allem Übel durch die richtige Erkenntniß des Wesens der Dinge. Die Sankhya-Lehre ist nach indischer Überlieferung von Kapila verfaßt und sucht hauptsächlich die Kenntniß des Unterschiedes zwischen Stoff und Geist zu vermitteln. All diese Systeme sind stark pantheistisch angehaucht, enthalten jedoch nicht selten auch Anklänge einer höhern und bessern Gotteserkenntniß 2.

Am merkwürdigsten, aber auch wohl am dunkelsten ist die YogaPhilosophie, welche sich weniger mit begrifflichen Erörterungen beschäftigt, als vielmehr eine Anleitung zu einem guten Leben und zur Erlangung der Seligkeit gibt. Yoga überseßt W. v. Humboldt 3 durch Vertiefung" und sagt: „Im philosophischen Sinne ist Yoga die beharrliche Richtung des Gemüths auf die Gottheit, die sich von allen anderen Gegenständen, selbst von den inneren Gedanken zurückzieht, jede Bewegung und Körperverrichtung möglichst hemmt, sich allein und ausschließend in das Wesen der Gottheit versenkt und sich mit demselben zu verbinden strebt." Das Haupterforderniß dieser Versenkung ist die Leidenschaftslosigkeit, und diese

1 Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, VI. S. 8.

2 Vgl. über die verschiedenen Systeme Colebrooke, Miscellaneous Essays. London 1837. Vol. I. p. 227 sqq., und M. Duncker, Geschichte des Alterthums, III. S. 228 ff., 394 ff.

3 W. v. Humboldts Gesammelte Werke, I. S. 26 ff.

soll ihrerseits erreicht werden durch acht Mittel: Haltung, Einhaltung, Sitzen, Athemanhalten, Gefühllosigkeit, Bewegungslosigkeit, Betrachtung und Versenkung. Der Beschauende soll in einer menschenleeren, reinen Gegend auf Thierfellen und Opfergras nicht zu hoch und nicht zu niedrig sißen, Hals und Körper unbewegt halten, den Athem hoch in das Haupt einziehen und gleichmäßig durch die Nasenlöcher aus- und einhauchen, nicht umherblicken, sondern seinen Blick gegen die Spitze der Nase richten. Wer dieses thut, sagt der Gott Krischna, und

Wer Om! so sagend, eintönig die Gottheit nennt, gedenkend mein,

Und dann den Körper läßt scheidend, der wandelt hin den höchsten Pfad.

Wer aber ist die Gottheit, in welche der Mensch durch die Vertiefung eingehen soll? ist sie ein persönliches oder ein unpersönliches Wesen? Humboldt nimmt an, daß an einigen Stellen von einem persönlichen Brahma, an anderen aber von dem allgemeinen unpersönlichen göttlichen Wesen die Nede sei, doch so, daß die Vereinigung mit der persönlichen Gottheit als die höchste Stufe gedacht wird, die Anbildung an das allgemeine göttliche Wesen aber nur eine Vorbedingung ist.

Über diese Unklarheit wird man sich indessen weniger wundern, wenn man bedenkt, daß die Yoga-Philosophie hauptsächlich verarbeitet ist in der Episode eines Heldengedichtes, wobei es dem Dichter natürlich weniger um eine schulgerechte Darlegung als um eine dichterisch schöne Entfaltung zu thun war. Das Heldengedicht heißt Maha-Bharata und die Episode Bhagavad-Gita. Die lettere wurde in Deutschland zu wiederholten Malen überseßt. So von A. W. Schlegel in's Lateinische, und von Lorinser in's Deutsche. Von den achtzehn Gesängen enthält der zweite, vielleicht der schönste und erhabenste, die Grundlagen der ganzen Lehre. Es lohnt sich wohl, eine der auffallendsten Stellen hierherzusetzen. Auf die Frage:

Woran erkennt man den, der fest in Weisheit und Betrachtung steht? 1

wird die Antwort gegeben:

Wenn die Begierden alle er, die durch den Geist ihm geh'n, verläßt,
Zufrieden selber mit sich selbst, wird fest in Weisheit er genannt.
Wess' Geist im Leid erbebet nicht, in Lust auch ohn' Verlangen ist,

Wer frei von Gier und Furcht und Zorn, der heißt Einsiedler festen Geists.
Wer gänzlich ohne Neigung ist, ob Glück, ob Unglück er erlangt,

Sich freuet nicht und hasset nicht, dessen Weisheit beständig ist.

1 Die Bhagavad-Gita. Übersezt und erläutert von Dr. F. Lorinser. Breslau 1869. S. 31 ff.

Wer, wie die Glieder ziehen ein Schildkröten allerwärts, ziehet ab
Die Sinne von der Sinne Ziel, dessen Weisheit beständig ist.
Die Sinnesdinge schwinden hin dem Menschen, der das Fasten übt;
Die große Gierabwendung dess' dann sehend, schwindet selbst die Gier
Zuweilen auch, o Kaunteja! des Mannes, der ein Weiser ist;
Stürmische Sinne reißen hin ihm mit Gewalt wohl das Gemüth,
Die alle bändigend, vertieft sigt er, mit Mir (der Weisheit) beschäftigt ganz.
In wessen Macht die Sinne sind, dessen Weisheit beständig ist.
Dem Sinnliches Betrachtenden erzeuget Neigung sich daraus;
Aus Neigung Begierde entsteht, aus Begierde Zorn entsteht.

Aus Zorn Verwirrung wird des Geists, Gedächtnißerschütt'rung aus der;
Aus dieser Verstandesverlust, durch den er in's Verderben geht.
Wer aber durch die Sinnenwelt mit Sinnen geht ohn' Gier und Haß,
Mit unterworf'nen, ruh'gen Geists, der kommt zur Geistesheiterkeit.
Durch Heiterkeit entsteht in ihm Verlassen aller Widrigkeit;

Wer heitern Geistes ist, bei dem stellt sich sogleich Erkenntniß ein.

Dem Nichtvertieften kein Verstand, noch wird Sammlung des Geists zu Theil
Nicht Nuhe des Zerstreuten gibt's. Woher Unruhigem das Glück?
Welches Menschen Geist unterthan herumschweifenden Sinnen ist,
Dess' Weisheit reißen sie dahin, wie Wind das Schiff in Wasserfluth.
Deßhalb, Langarm'ger, welches Mannes Sinne zurückgehalten sind
Von Sinnendingen allerwärts, dessen Weisheit beständig ist.

Wie in das volle Meer, das unbewegte, einströmt überall der Wasser Menge,
So wenn einstürmen alle die Begierden, Ruhe erlangt nicht der Lernbegierige.
Welcher Mann, die Begierden all verlassend, wandelt ohne Wunsch,
Von Selbstsucht und von Hochmuth frei, der gelangt zur Beruhigung.

Ob die Yoga-Philosophie in der That so hoch steht, wie Manche sie schätzen, möge dahingestellt bleiben. Jedenfalls behielt in der indischen Philosophie thatsächlich ein unklarer Halbpantheismus die Oberhand, und gerade auf dieser pantheistischen Grundlage bauten die Brahmanen den Vorrang ihrer Kaste auf. So heißt es im Gesetzbuche des Manu, welches eine Darstellung der gesellschaftlichen Ordnung vom Standpunkte des Brahmanenthums aus enthält: Die Brahmanen seien aus Brahma's Munde hervorgegangen, die Krieger aus seinen Armen, die Gewerbetreibenden aus seinen Schenkeln, die Diener aus seinen Füßen (Gesetzbuch I, 31). Daraus wird der Schluß gezogen: „Wegen seines Ursprunges aus dem edelsten Körpertheile, ferner weil er der Erstgeborenc ist und weil er die heiligen Bücher besitzt, ist der Brahmane von Rechtswegen der Herr dieser ganzen Schöpfung . . . Unter allen Wesen sind die Menschen die höchsten, unter den Menschen aber die Brahmanen“ (Gesetzbuch I, 93 und 96).

Gegen diese Herrschsucht erhob sich mit der Zeit ein, wie es scheint, langsam, aber nachhaltig wirkender Widerspruch unter dem Namen des

Buddhismus1. Die Geschichte der Entstehung dieser Lehre ist in ein unzerreißbares Netz von Sagen und Fabeln gehüllt. Als Stifter wird Gautama angegeben, den seine Anhänger Buddha, „den Weisen“, nannten. Doch hatte nach der Verbreitung des Buddhismus bald jedes Land seine besondern Buddhas mit eigenen Namen und eigenthümlichen Sagenkreisen. Im zweiten Bande seiner Ausgabe der Nadjatarangini untersucht M. A. Troyer die buddhistischen Nachrichten über die Zeit der Gründung des Buddhismus und kommt (S. 435) zu dem Schluß: „Aus der großen Menge von Zahlenangaben habe ich nur einundzwanzig angeführt, und diese schwanken von 3112 bis 543 v. Chr. Die ältesten gehören dem Norden, die jüngsten dem Süden Asiens an.“ 2 Es hat den Anschein, als ob der Buddhismus lange in und neben dem Brahmanenthum herangewachsen sei, ohne jedoch eher Beachtung zu finden, als bis er zu einer gewaltigen, unüberwindlichen Macht gediehen war. Da mußte nun allerdings ein furchtbarer Kampf entbrennen; denn wenn der Buddhismus auch von ähnlichen Grundlagen ausgeht wie der Brahmanismus, so kommt er doch zu ganz entgegengesetzten Schlüssen. Sind die Menschen nur Erscheinungsformen des allen Dingen zu Grunde liegenden Urseins, so kann zwischen den verschiedenen Kasten kein wesentlicher Unterschied bestehen; nur durch persönliche Tüchtigkeit kann sich der Eine von dem Andern unterscheiden. Daher „trat der Buddhismus auf, die ewige Gleichheit der Menschen predigend, Freiheit verkündend vom furchtbaren Zwange der Kasten. Das ganze Volk rief er auf, Antheil zu nehmen an den Interessen der gesammten Menschheit. Ohne Unterschied der Kasten errangen die geistig Würdigen die Weihen des Buddhathums; selbst Frauen waren von ihnen nicht ausgeschlossen“ 3.

Das war ein Stoß in das Herz des Brahmanenthums, den man erst mit geistigen Waffen abzuwehren suchte. Bald aber ging man zu blutigen Kämpfen und Verfolgungen über, wobei von Seiten der Brahmanen die Losung gegeben wurde: „Von der Adamsbrücke bis zum Himalaya sollen die Buddhisten niedergemacht werden, so Greis wie Kind. Gemordet sei, wer nicht mordet, so herrscht der Fürst den Knechten zu.“

1 Vgl. Dunder, Geschichte des Alterthums, III. S. 257 ff.

2 Nach Westergaard starb Buddha 368 oder 370 v. Chr., nach Kern 370 oder 388, nach M. Müller 477 v. Chr. Die Buddha-Legende ist sorgfältig zusammengestellt von H. Kern, Der Buddhismus und seine Geschichte. Übersezt von H. Jacobi. Leipzig 1882. I. S. 21 ff.

3 Benfey bei Ersch und Gruber, Art. Indien S. 20. Pesch, Der Gottesbegriff.

2

Die buddhistische Literatur Indiens wurde bei dieser Gelegenheit beinahe ganz vernichtet, weßhalb wir die ursprüngliche Lehre fast nur mehr aus den gemeinsamen Zügen wiederherstellen können, welche die späteren Schriftwerke bei all ihren sonstigen Verschiedenheiten bewahrt haben.

Aus dieser Vergleichung geht hervor, daß der Buddhismus eine Anleitung geben wollte zur Befreiung von dem vielfachen Uebel, welches den Menschen drückt.

Die tibetanischen Quellen geben den Gedanken des Buddha also wieder: Wehe! diese Welt ist so beschaffen, daß sie durch Geburt, Alter, Krankheit, Tod und Wechsel des Daseins in ein großes Elend gestürzt ist . . Ach! wenn man doch ein Mittel kännte, dieser großen Masse von Elend ein Ende zu bereiten. Da dachte Buddha: Was ist denn die Ursache von Krankheit und Tod? Und er dachte, die Ursache von Alter und Tod ist die Geburt. Und es dachte Buddha wieder: Woher kommt die Geburt? und er dachte: die Geburt kommt vom Sein." So dachte er weiter, Grund des Seins sei die Empfängniß, Grund der Empfängniß die Begierde, Grund der Begierde die Sinneswahrnehmung, Grund der Sinneswahrnehmung das Gefühl, Grund des Gefühles die äußeren Eigenschaften der Dinge, Grund der Eigenschaften Name und Gestalt, Grund dieser die Erkenntniß, Grund der Erkenntniß der Gedanke, Grund des Gedankens die Unwissenheit. Also ist die Unwissenheit der Grund aller Uebel; ist sie vernichtet, dann ist allem Leid gesteuert. Der Weg hierzu ist enthalten in den vier „erhabenen Wahrheiten: der Schmerz, der Ursprung des Schmerzes, die Vernichtung des Schmerzes, der Weg zur Vernichtung des Schmerzes." 1

Von diesen vier edeln Wahrheiten" redet auch das Dhammapada, die älteste in der Pali-Sprache verfaßte buddhistische Sittenlehre, Vers 190 und 191. Das Dhammapada wurde von Dr. A. Weber in's Deutsche übersezt im 14. Bande der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft und spåter in's Englische von Dr. M. Müller im 10. Bande der „Sacred books of the East" 2. Beide Gelehrten stimmen in der Ansicht überein, daß dieses Werk zu den ältesten und kostbarsten der buddhistischen Literatur gehört und die ursprüngliche Lehre noch rein und unverfälscht bietet, ja zum Theil wirkliche Aussprüche Buddha's enthält,

1 Les Livres Sacrés. Herausgegeben von Pauthier und Brunet. II. S. 688 f., 709.

2 The sacred books of the East. Edited by M. Müller. Vol. 10. The Dhammapada. Translated by M. Müller. Oxford 1881.

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