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Das indische Volk aber in irgend einem Zeitabschnitt als ein Volk von Pantheisten darzustellen, wäre eine arge Verdrehung des Thatbestandes. Die All-Eins-Lehre herrschte nur in Philosophenschulen, blieb aber dem Volke gerade so fremd und unverständlich, wie bei uns in Deutschland.

2. Die Iranier.

Die nahe Verwandtschaft der Franier und Inder ist aus sprachlichen sowohl als aus mythologischen Gründen über jeden Zweifel erhaben. Verwandtschaftsnamen, Bezeichnungen einzelner Arten von Vieh, Ackergeräthen u. s. w. sind die gleichen. Ebenso ist die ursprüngliche Einerlei= heit bei einer Reihe mythologischer Persönlichkeiten nicht zu verkennen; der indische Hama ist der persische Hima, der vedische Trita ist der iranische Traetaona, Soma ist Haoma als Pflanzen- und als Göttername. Vorzüglich bemerkenswerth ist, daß beide Völker sich mit demselben Namen Arya benennen 1.

Doch gehört die theologische Literatur der Franier, wie wir sie jezt besitzen, einer viel jüngern Zeit an als der Veda und zeigt darum auf den ersten Blick auch wenig Ähnlichkeit mit diesem.

Was dem Jnder der Veda, ist dem Perser der Avesta, ein Name, über dessen Bedeutung man lange hin- und hergestritten hat. Gewöhnlich findet derselbe sich verbunden mit dem Worte Zend. M. C. de Harlez beschließt eine Abhandlung über diese beiden Ausdrücke mit dem Bemerken: „Nach alledem glauben wir uns zu dem Schlusse berechtigt, daß ZendAvesta oder vielmehr Avesta und Zend Gesetz und ,Commentar' be= zeichnen und daß Zend-Avesta das mazdayaçnische Gesetz mit seinem Commentar ist." 2

Der Avesta besteht aus vier Theilen: dem Vendidad, welcher eine Gesezes sammlung ist; dem Yaçna, welcher liturgische Gebete und Hymnen umfaßt; dem Vispered, einer Ergänzung des ersten Theiles des Yaçna; dem Khorda-Avesta (kleinen Avesta), welcher der Privatandacht dienen sollte und vorzüglich Lobgebete an die Genien enthält. Diese Anrufungen (Yasts) scheinen zu den jüngsten Theilen des Avesta zu gehören; während

1 Fr. Spiegel, Avesta, I. S. 5 ff. M. Dunder, Geschichte des Alter= thums, 7. Buch, 5. Kap.

2 Études Avestiques. Paris 1877. p. 14. Vgl. Fr. Spiegel a. a. D. S. 45. 293, und Sacred books of the East. Vol. 4. The Zend-Avesta. The Vendidad. Translated by James Darmesteter. Oxford 1880. p. xxx.

der zweite Theil des Yaçna schon vom Vendidad vorausgesetzt wird und also wohl die älteste Abtheilung darstellt 1.

Als Verfasser des Avesta gilt bei den Persern Zarathustra, bekannter unter dem gräcisirten Namen Zoroaster. Schon Aristoteles und Eudorus lassen den persischen Weisen 6000 Jahre vor Plato leben, Her modor dagegen seht ihn in's Jahr 5000 vor dem trojanischen Kriege 2. Kein Wunder, daß wir jetzt über Alter, Geburtsort und Lebensumstände des Zoroaster so vollständig im Unwissenden sind. Früher glaubte man meistens, daß er in Baktrien seine Lehre verkündet habe; neuestens aber tritt Harlez für den Saß ein, daß wir den Ursprung der Lehren des Zoroastrismus und sogar den der Sprache des Avesta in Medien suchen müssen 3.

In einem Punkte dagegen stimmen alle Gelehrten überein: der Avesta stammt als Ganzes nicht von Zoroaster, ja überhaupt nicht von einem einzelnen Verfasser. Dafür bürgt schon die sprachliche Verschiedenheit der einzelnen Stücke. Die Parsis selbst halten an der Ueberlieferung fest, daß ihre Religionsbücher nach Alexander dem Großen aufgeschrieben wurden, und es ist gar nicht einmal unwahrscheinlich, daß es zum Theil erst nach Christi Geburt geschah. Nach Darmesteter fand die Veröffent= lichung des Avesta jedenfalls nicht vor 325–330 n. Chr. statt.

Unter diesen Umständen ist es sehr wichtig darauf zu achten, was im Avesta zur ursprünglichen Glaubenslehre gehört, und was spätere Zuthat ist. Dr. Spiegel kommt durch Vergleichungen zu dem Schluß: „Nach dem bereits Gesagten wird es nicht leicht Jemandem einfallen, den Ahuramazda sammt seinen Ameschaçpentas oder den Angromainyus mit den Daevas als spätere Zuthaten anzusehen und aus dem ursprünglichen Religionssysteme des Parsismus streichen zu wollen. Diese beiden sich entgegengesetzten Mächte bilden in der That den Angelpunkt des ganzen Systems, ohne sie stürzt die ganze altiranische Religion.“ 4

Der Name Gottes im Avesta ist Ahuramazda, d. h. „sehr weiser Herr", später Ormuzd, bei den Griechen meist Oromazes. Schon Plato nennt im Alcibiades die Lehre der Perser den Ormuzd-Kult des Zoroaster.

1 Vgl. den Artikel von Robiou, L'Avesta et son origine, in der Revue des Questions historiques. Paris 1880. XXVII. p. 6 sqq.

2

Vgl. die Angaben der Griechen über Zoroaster, zusammengestellt von Dr. Rapp

in der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, XIX. S. 21 ff.

3 Abhandlungen des Berliner Orientalisten-Congresses, II. S. 274 ff. Ihm

stimmt Darmesteter bei (Sacred books of the East. Vol. 4. p. L).

4

* Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, VI. S. 80.

Eine noch ältere Quelle sind die persischen Inschriften des Darius, Xerres und Artarerres.

Ju der Grabinschrift Darius' I. in Nakschi-Rustam1 heißt es: „Ein großer Gott ist Auramazda, der diese Erde geschaffen hat, der jenen Himmel geschaffen hat, der den Menschen erschaffen hat, der dem Menschen die Annehmlichkeit gegeben hat, der den Darius zum Könige gemacht hat, einen König über Viele, einen Herrscher über Viele . . . Es spricht der König Darius: All mein Werk habe ich unter dem Schuße des Auramazda gethan. Auramazda hat mir Hülfe geleistet, als ich das Werk vollendete. Auramazda möge vor Unbild mein Haus und dieses Land bewahren. Darum bitte ich den Auramazda, das möge mir Auramazda geben." Fast wörtlich dasselbe wird auf den Inschriften des Xerxes und Artaxerxes Mnemon zu Persepolis gesagt. Überall findet sich die Versicherung, „daß durch die Gnade Auramazda's dem Könige die Herrschaft, aller Sieg und alle Hilfe bei seinen Unternehmungen zu Theil geworden sei". Dem Auramazda untergeordnet sind andere himmlische Wesen, die bagas (jegnende) genannt werden. Er selbst heißt „der Größte unter den bagas". Von diesen letteren werden in der Inschrift Artarerres' III. namentlich erwähnt Mithra und Anahita. Auch Heerschaaren (haina) böser Geister (draugas) kommen auf den Inschriften vor 2.

Da diese kurzen Andeutungen vollständig mit den weiteren Ausführungen des Avesta übereinstimmen, so müssen wir folgern, daß die Ormuzdlehre, wenn sie auch ziemlich spät niedergeschrieben wurde, doch viele Jahrhunderte v. Chr. schon allgemein Volksreligion war; denn „nicht nur zeigt die Art, wie vom Auramazda die Nede ist, daß es ein längst in's Volk übergegangener Glaube war, nicht nur ist mit keiner Silbe von der Einführung eines neuen Kultus die Rede, sondern im Gegentheil versichert Darius, er habe seine Familie, das Heer und den Staat ganz auf den alten Fuß der Achämeniden hergestellt, wie er vor der magischen Revolution (522 v. Chr.) bestand, und den Kultus, an welchem Pseudosmerdis gerüttelt hatte, zur alten Ehre gebracht“ 3.

Ja, wir können wohl noch weiter gehen und sagen: die Urbestandtheile der zoroastrischen Religion müssen aus einer Zeit herrühren, in der

1Jn's Lateinische überseßt von Dr. J. Oppert. Zeitschr. d. Deutsch. Morgenl. Ges. XI. S. 133 f. Bei Fr. Spiegel, Die altpers. Keilinschriften. Leipz. 1862. S. 49 ff. 2 Zoroastrische Studien von Fr. Windischmann. Berlin 1863. S. 121 ff. 3 Fr. Windischmann a. a. D. S. 125. Vgl. Fr. Spiegel, Keilinschriften, S. 9.

Franier und Juder noch Ein Volk bildeten. Außer den schon erwähnten Verwandtschaftsmerkmalen ist zunächst die Thatsache hervorzuheben, daß der höchste Gott der Jranier gerade wie jener der Inder mit einem Beiworte benannt wird, das gleichsam einen Bestandtheil seines Namens ausmacht. Varuna ist der Asura mit Auszeichnung, von dem alle „asurischen Kräfte" herstammen. Der Gott der Franier aber, dessen eigentlicher Name Mazda (der Weise oder Weisheitsspender) ist, wird fast nie ohne den Zusaß Ahura genannt. Die Bedeutung des Wortes ist ursprünglich „Geist“, und man sieht leicht, daß den beiden Bezeichnungen Asura-Varuna „allumfassender Geist" und Ahuramazda „weiser Geist“ eine sehr nahe verwandte Anschauung zu Grunde liegt, zumal wenn man bedenkt, daß beiden Gottheiten eine Reihe himmlischer Ahuras zur Seite stehen, welche dem höchsten Ahura ihr Dasein verdanken. Wie ferner unter den Himmelsgeistern des Veda keiner in so inniger Beziehung zu Varuna steht, wie Mitra, so ist ganz dasselbe Verhältniß zwischen dem persischen Mithra und Ahuramazda zu beobachten. Es ist also gewiß kein zu gewagter Schluß, wenn man auf solche Gründe hin annimmt, daß die Grundbestandtheile der indischen und iranischen Religion in einer gemeinschaftlichen arischen Zeit wurzeln 1.

Doch bewahrte sich der Monotheismus in den Nachbarländern des Euphrat und Tigris långer und ungetrübter als am Ganges und Indus.

Ahuramazda ist und bleibt der einzige Gott, „der da immer war, immer ist und immer sein wird“ (Khord. Av. 14, 1). Er hat „die schönste, stärkste, verständigste Seele" (Vend. 19, 47) und den „besten Körper“ (Yaç. 1, 2). Er ist der Cpentomainyu, der „Heiligdenkende“ oder „mehrende Geist" (augustus) (aç. 56, 7), der glänzende, majestätische" (Yaç. 22, 1), „der heiligste, weiseste“ (Vend. 18, 19), „der allwissende“ (Vend. 19, 85), „der reine" (Vend. 3, 1), „der gerechteste“ Gott (Yaç. 33, 1), der im „obersten Himmel" wohnt (Vend. 19, 107).

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Er hat Himmel und Erde erschaffen (Visp. 2, 5 u. 7) und zwar zuerst die Amescha-Çpentas, „die unsterblichen Heiligen“ (Khord. Av. 17, 37), und die nicht so hoch stehenden Yazatas, „die gut Geschaffenen“ (Yaç. 3, 67). Beide Klassen von Wesen sind den Engeln der Offenbarung ähnlich und werden von den Kirchenvätern mit diesen verglichen.

Unter den Yazatas ist am merkwürdigsten Mithra 2, der einerseits nur zu den Genien zweiter Ordnung gehört und doch andererseits mit

1 Einige Gelehrte bestreiten allerdings die Identität von Varuna und Ahuramazda, wie Windischmann und Spiegel; andere vertheidigen sie jedoch, wie Roth, Muir, Ludwig, Hillebrandt, Justi und Darmesteter.

2 Vgl. Eranische Alterthumskunde von Fr. Spiegel. II. Leipz. 1873. S. 77 ff.

den höchsten Ehrentiteln ausgezeichnet wird, so daß wir annehmen müssen, er habe, ähnlich wie sein früherer unzertrennlicher Begleiter Varuna, int der spätern untergeordneten Stellung einen Theil seiner ehemaligen Auzzeichnungen sich zu wahren vermocht.

„Es sprach Ahuramazda zu dem heiligen Zarathustra: Als ich den Mithra, der weite Triften besit, erschuf, o Heiliger, da erschuf ich ihn so verehrungswürdig, so preiswürdig, wie ich Ahuramazda selber bin" (Khord. Av. 26, 1). Mithra ist der Genius des Lichtes, welcher als der erste himmlische Vazata aufsteigt vor der Sonne, der unsterblichen, mit schnellen Pferden begabten; welcher zuerst mit goldener Gestalt die schönen Gipfel ergreift, dann den ganzen Ariersiz umfaßt, der nüßlichste" (Khord. Av. 26, 13). Er hat tausend Ohren, zehntausend Augen, ist stark, schlaflos, wachsam, der Beherrscher und Beaufsichtiger der ganzen lebendigen Natur (Khord. Av. 26, 7 und 103). Seine Wagenlenkerin ist Ashis, die indische Ushas, die Göttin der Morgenröthe. Später wurde Mithra als Sonnengott oder auch einfach als vergöttlichte Sonne aufgefaßt und in einem weit verbreiteten Geheimdienste verehrt, der in Rom zur Kaiserzeit sich großen Ansehens erfreute.

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Außer den himmlischen Wesen erschuf Ahura auch die irdische Welt. Daher sein gewöhnliches Beiwort „der Schöpfer“ (z. B. Yaç. 6, 1 u. 19, 1). In welcher Reihenfolge die Geschöpfe hervorgebracht wurden, zeigt uns das erste Kapitel des Bundehesch, einer spätern Kosmogonie, die aber mit dem Avesta vollkommen übereinstimmt und daher das gleiche Ansehen beanspruchen kann. Von den Geschöpfen der Welt schuf Ormazd zuerst den Himmel, dann den (Genius) Vohu-Mano und, des guten Fortganges wegen, das weltliche Licht, mit welchem das gute mazdayaçnische Gesetz zusammen war“, dann die übrigen Genien. „Ormazd schuf zuerst von den materiellen Geschöpfen den Himmel, dann das Wasser, dann die Erde, viertens die Bäume, fünftens das Vieh, sechstens die Menschen." Aber auch nachdem er geschaffen, erhält und regiert Ahuramazda das Weltall, theils unmittelbar, theils durch Vermittelung der anderen himmlischen Wesen. Er ist der Heilige, der mit seiner eigenen Hand beschüßet den Segen, den er geschaffen für die Guten wie für die Schlechten, der bewirkt, daß die Thaten und Gebete ihren Lohn finden, schlechten für den Schlechten, guten Segen für den Guten bei der lezten Auflösung der Schöpfung durch seine Macht“ (Yaç. 42, 4 u. 5).

Ahuramazda entgegen steht der böse Geist Akem-Mano oder Drukhs. „Der in den späteren Büchern durchgängig gebräuchliche Name Angro= Mainyus, woraus Ahriman verstümmelt ist, kommt in den Liedern auffallender Weise noch gar nicht vor."1 Ein anderer Name ist GanaMaingus.

1 M. Haug, Zendstudien, in der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, IX. S. 689.

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