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der Liebe. Der Kult, dessen Gegenstand sie in lezterer Beziehung war, ist einer der abstoßendsten Züge des babylonischen Heidenthums. Die in den verschiedenen Städten verehrten Jstars wurden mit der Zeit als verschiedene Göttinnen aufgefaßt. So reden die Keilinschriften von der "Iftar von Erech“ und der „Istar von Akkad" als von zweien ein Beispiel von der Vermehrung der Götter durch Lokalisirung. Auch der Sonnengott Samas hatte eine Tochter Jstar, die zuweilen als ein und dieselbe mit der Tochter Anus angesehen wird.

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Bel ist der Weltbildner und der Lenker der menschlichen Geschicke. Seine Verehrung überwog mit der Zeit die aller anderen Gottheiten, und er wurde als die Nationalgottheit des ganzen Landes angesehen. Er wird gepriesen als „Vater der Götter", als „Herr der Länder“, alz „Schöpfer des All“. Seine Gemahlin war Beltis (auch Mylitta ge= nannt und mit Istar identifizirt), die große Göttin“, „die Mutter der Götter". Sie ist eine Kriegsgöttin und zugleich Göttin der Fruchtbarfeit, ähnlich wie Ceres oder Demeter.

Der dritte Gott ist Hea, der Gott des Meeres, und der Tiefe überhaupt, dessen Verehrung aber nicht sehr verbreitet war. Sein Weib heißt Davkina. Jhr Sohn ist Merodach, der Schußgott der Stadt Babylon, der später selbst als Bel aufgefaßt und hoch verehrt wurde.

An die erste Trias schloß sich eine zweite an: Sin, der Mondgott, Samas, der Sonnengott, Bin, Gott der Luft und des Firmamentes. Dann kommen die Planetengötter und zuleht noch eine Menge niederer Gottheiten, deren Namen nicht einmal alle sicher sind.

Man darf sich aber nicht vorstellen, als ob die Mythologie auch selbst in Bezug auf die obersten Götter etwas Feststehendes und Unwandelbares gewesen sei. Im Gegentheil sind die einzelnen Personen des Pantheons so unbestimmt, daß sie oft in einander verschwimmen. So ist Beltis bald das Weib des Bel und die Mutter des Ninip, eines Kriegsgottes; bald ist sie die Frau des Ninip, bald auch die des Assur. Oft ist der eine Gott der höchste, oft der andere; viele werden als Vater und König der Götter gepriesen. So wird von Merodach gesagt: „O Herr, du bist erhaben; wer kommt dir gleich, Merodach, unter den Göttern, so viele ihrer sind!" Wiederum heißt es von Bel: „O Herr, dessen Macht keiner gleichkommt, Herr der Erde, der Menschheit und der Geister!" Dann wieder ist Sin der Herr der Götter des Himmels und der Erde König der Götter", so daß Friedr. Delitzsch gerade mit Rücksicht auf die, an Sin gerichteten Lieder glaubt, von „einem monotheistischen Zug“

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reden zu können, welcher sich durch das scheinbar labyrinthische Pantheon der babylonischen Völker klar verfolgbar hindurchzieht; ganz frei von jeglichem die oder jene Stadt als solche bevorzugenden Partikularismus geht der Glaube an Einen Gott über alle Götter durch die babylonischen Priestergefänge hindurch" 1. Es ist eben hier dieselbe Erscheinung wie bei anderen Völkern zu beobachten: auch inmitten des ärgsten Polytheismus bleibt das wahre Gottesbewußtsein in etwa lebendig, und die natürliche Überzeugung von dem Einen Gott kann durch das Unkraut der Mythologie wohl überwuchert, aber nie gänzlich erstickt werden.

So hatten die Babylonier troß all ihrer religiösen Verirrungen doch noch wahre Religion in irgend einem Grade, ja sie waren in ihrer Art sehr religiös. Das beweist beinahe jedes Bild und jede Inschrift, welche der Forschertrieb unseres Jahrhunderts aus den Trümmern der uralten Städte Mesopotamiens zu Tage gefördert hat.

Da sind vor Allem zahlreiche Loblieder auf die Götter, Bitt, Buß-, Dankgebete u. s. w. Einiges wurde schon oben angeführt. Andere Proben theilt Kaulen mit, z. B. folgendes Bittgebet:

Ein Bußgebet:

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,,Gott, du mein Schöpfer,

Meine Arme ergreife,

Meines Mundes Hauch leite,

Meine Hände regiere,

Herr des Lichtes!"

,, mein Herr, meiner Sünden sind viele, meine Vergehen sind groß,

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Und der Götter Zorn hat mich getroffen mit Trübsal,

Mit Krankheit und mit Bekümmerniß.

Ich fiel, aber keiner streckte aus seine Hand;

Ich stöhnte, aber Keiner trat näher;

Ich schrie laut auf, aber Niemand hörte es.

Herr, laß deinen Diener nicht sinken,

In den Wassern der tosenden Fluth ergreife seine Hand,
Die Sünden, die er begangen, wandle du in Gerechtigkeit !"

Aber auch in Schriftstücken, welche durchaus nicht religiöser Natur waren, finden sich fast stets Erwähnungen der Götter. So in den geschichtlichen Inschriften, z. B. in der berühmten Inschrift von Khorsabad, in welcher König Sargon seine Thaten der Nachwelt verkündet. Dieselbe beginnt:

1 Wo lag das Paradies? S. 164.

2 Assyrien und Babylonien. Freiburg 1882. S. 145 ff.

„Palast Sargons, des großen Königs, des mächtigen Königs, Königs der Heerschaaren, Königs von Assyrien, Stellvertreters der Götter zu Babylon, Königs von Sumer und Akkad, Günstlings der großen Götter. Die Götter Assur, Nebo und Merodach haben mir die Herrschaft über die Völker verliehen. Stolz auf meinen makellosen Namen, habe ich der Gottlosigkeit den Krieg erklärt. Ich habe die Heiligthümer von Sippar, Nippur, Babylon und Borsippa wiederhergestellt. Ich habe die von den Menschen begangenen Übertretungen der ehrwürdigen Geseze wieder gut gemacht. Ich habe vereinigt die Kronen von Kalhu, Kalneh, Erech, Rata, Larsa, Zari, Kisig, Wohnsitz des Gottes Laguda ... Die großen Götter haben mich glücklich gemacht durch ihre beständige Zuneigung; sie haben mir über alle Könige die Ausübung der Oberherrschaft verliehen; sie haben ihnen allen Gehorsam auferlegt... Ich habe die Länder der Aufrührer mit Schrecken erfüllt und habe ihre Unterwerfung gefordert in den Sinnbildern der vier Elemente . . .“ 1

Auch in den an den König oder hohe Beamte gerichteten offiziellen Briefen findet sich nach der Anrede stets eine Anrufung der Götter, deren Zahl je nach der Wichtigkeit des Briefes zwischen zwei und sechzehn schwankt; z. B. „Nebo, Merodach, mögen sie dem Könige, meinem Herrn, gnädig sein“. „Bel, Nebo, Jstar von Ninive, Istar des Tempels Kidimuri, mögen sie dem König, meinem Herrn, günstig, gnädig und geneigt sein u. s. w.“ „Hieraus," sagt P. Straßmaier S. J. mit Recht, „können wir abnehmen, daß die alten Assyrier ihre Götter häufig anriefen und ihnen alles Glück im täglichen Leben wie in kriegerischen und politischen Unternehmungen zuschrieben." 2

Eine andere Art der Bethätigung ihrer Frömmigkeit zeigten die Assyrier und Babylonier in der Bildung der Eigennamen, welche zum größten Theile Zusammensetzungen mit dem Namen einer Gottheit sind. So bedeutet Asur-ah-iddina = Asarhaddon „Asur schenkte einen Bruder"; Asur-bani-habal Sardanapal Asur schuf den Sohn"; Sin-ahi-irib Sennacherib Sin gab der Brüder viele"; Nabu-kudurri-usur Nebukadnezar „Nebo schirme die Krone“; Bil-sar-usur = Baltassar „Bel schirme den König" u. s. w. 3

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1 Grande inscription du palais de Khorsabad. Publiée et commentée par M. M. Jules Oppert et Joachim Ménant (Journal Asiatique, 1863. Tom. 1. p. 6 sqq.).

2 Some notes on the Assyrian and Babylonian Gods (The Month, 1879, June. p. 363 sqq.).

3 Die assyrisch-babylonischen Keilinschriften, von E. Schrader (Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, 1872. XXVI. S. 115 ff.).

Doch ließ man es nicht bloß bei Worten und Gebeten bewenden. Zahlreiche und großartige Tempel wurden den Göttern erbaut, ihre Bildsäulen in denselben aufgestellt und mit kostbaren Weihgeschenken verziert. In der eben erwähnten Abhandlung von P. Straßmaier bezieht sich bei Weitem der größte Theil der Inschriften auf die Erbauung oder Wiederherstellung von Tempeln. „Nana, seiner Herrin, hat Likbagas, der mächtige Mann, der König von Ur, der König des Landes Akkad, ihr Haus gebaut.“ „Hammurabi, der mächtige König, König von Babylon, König der vier Völker, hat Bitparra, den Tempel der Sonne, in der Stadt Larsa gebaut." Ja, manche babylonische Könige nahmen die Erinnerung an die von ihnen erbauten oder wiederhergestellten Tempel in ihre Königstitel auf und nannten sich Erbauer oder Wiederhersteller des und des Tempels.

Mancherlei Gaben und Opfer wurden in den Tempeln dargebracht und auf den Altären niedergelegt. Die Darbringung von Thieropfern ist in den Abbildungen wiederholt dargestellt. Am vorzüglichsten aber scheinen die Weihrauchopfer gewesen zu sein. Vor dem Bilde des Bel im Tempel zu Babylon stand ein goldener Altar, auf welchem am Feste des Gottes tausend Pfund Weihrauch verbrannt wurden.

Feierliche Umzüge fanden statt, bei welchen die Statuen der Götter und Göttinnen getragen wurden. Die Darstellung einer solchen Prozession ist in einem Relief von Nimrud enthalten, auf welchem je vier Männer eine Bildsäule tragen. So prächtig waren diese Feierlichkeiten, daß der Prophet die gefangenen Juden ermahnte, doch ja ihre Herzen dadurch nicht einnehmen zu lassen (Bar. 6, 3 ff.).

Das sind einzelne Züge aus dem religiösen Leben der alten Bewohner Mesopotamiens, wie sie uns in bildlichen Darstellungen und Inschriften aufbewahrt worden. Wenn wir nun auch dem Gesagten zufolge die Entwicklung der babylonischen Religionsanschauungen nicht mit solcher Bestimmtheit verfolgen können wie bei anderen Völkern, so nehmen doch sowohl Assyriologen wie Geschichtschreiber im großen Ganzen eine stets zunehmende Verwirrung und Verderbniß der Religion und Sittlichkeit an. So glaubt G. Rawlinson, daß die jüngere Form der babylonischen Neligion sich von der ältern durch some advance of corruption" unterscheide 2, und ebenso redet P. Straßmaier von „a downward progress"

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1 Vgl. Vigouroux, La Bible et les découv. mod. Tom. 4 nach p. 308.

2 Rawlinson, The five great Monarchies. III. p. 25. Pesch, Der Gottesbegriff.

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und degradation". Soviel ist gewiß: das babylonische Pantheon wurde mit der Zeit immer bevölkerter, Götter und Göttersagen mehrten sich, und besonders wurden in der spätern Zeit die Stätten jenes Kultus stets reichlicher, durch welchen Babylon seinen Namen für immer in der Geschichte gebrandmarkt hat, bis es mitten im Taumel seiner Lust vom Verderben erreicht und für seine Schandthaten gezüchtigt wurde. Babylon verschwand mit der Zeit aus dem Völkerleben, aber sein Zeugniß für das allgemeine Gottesbewußtsein legt es bis heute beredt und unwidersprechlich ab.

3. Die Phönizier.

Babel und Assur waren die Großmächte der alten Welt, welche in jenen frühesten Zeiten der Geschichte die Völker weit und breit mit Waffengewalt unter ihre Botmäßigkeit brachten. Nicht minder bedeutend, aber ganz verschiedener Natur war der Einfluß, den ein anderer semitischer Stamm von der Küste des Mittelmeeres her ausübte. Die innere Einrichtung der kleinen unabhängigen phönizischen Staaten ließ einen Despotismus gleich dem innerasiatischen unmöglich aufkommen und schloß darum auch jede staatliche Gewaltmaßregel gegen fremde Völker völlig aus. Dafür aber entfalteten die Kräfte der Einzelnen ein um so regeres Leben, und vom Handelsgeiste getrieben brachte der phōnizische Kaufmann zugleich mit seinen Waaren mannigfachen geistigen Samen in entfernte Länder. Allerdings haben Tyrus und Sidon und ihre Pflanzstädte einen bessern Begriff von ihrem Handelsgeschick und ihrer künstlerischen Fertigkeit als von ihren sittlichen Eigenschaften der Nachwelt hinterlassen. Fides Punica sagte der Römer, um den äußersten Grad von verschmitter Treulosigkeit zu bezeichnen. Nicht minder berüchtigt sind verschiedene Arten des religiösen Kultus, welche von Phönizien aus durch Handel und Kolonisation über fast alle Länder der alten Welt verbreitet wurden.

Die Religion, welche wir jetzt besprechen wollen, war durchaus nicht auf den schmalen Küstensaum am mittelländischen Meere beschränkt. Sie war vielmehr mit unwesentlichen Abweichungen die Religion aller phönizischen Kolonien, aller Kanaaniten, aller Stämme, die Syrien im weitesten Sinne des Wortes bewohnten. Solche Verbreitung ihres Götterkultes feiern die Phönizier in ihren Mythen, in denen Astarte mit Recht die ganze Welt durchwandert, Bel-Saturn überall da, wo Semiten wohnten, ein Königreich und Regentenhaus gründet, Herakles über das Mittelmeer

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