ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

wir gestehen, noch nie haben wir bei einer fast zweistündigen Rede eine solche Masse im Freien so Aug' und Ohr gesehen, als eben hier. Es war auch, was die ruhige und würdevolle Haltung Aller ohne Ausnahme betrifft, eine Volksversammlung im edelsten Sinne des Worts; so wie Uhlich durch sein ausdauerndes, sonores Organ, durch seine eisenfeste Ruhe, durch heiligen Ernst, durch seine klare und wahrhaft sokratische Darstellung und Entwickelung seiner Ansichten und der Gründe dafür, durch den Tenor seines Periodenbaus und den strenglogischen Gehalt seiner Rede, die den Geist in fortgehender Spannung erhält, durch die höchst einfache Wahl seiner aus der Natur und der augenblicklichen Veranlassung hergenommenen Bilder und Vergleichungen ein Volksredner ersten Ranges und hoher Bedeutung ist, je weniger er gerade bei seiner großen Bescheidenheit und seiner echt deutschen Biederkeit auf eine solche Anerkennung Anspruch macht, indem seinem klaren Geiste und seinem markigen, naturwüchsigen Worte nur die Eine Sache, für die er spricht, Glaubens- und Gewissensfreiheit, vorzuschweben scheint. Aber noch eine andere Seite als die der Volksrednergabe, sollten wir an ihm bewundern, einen, Vorzug, den selbst seine Feinde gebührend hervorheben: seine Meisterschaft in Leitung der Discussionen über schwierige Fragen religiöser Ueberzeugung. Als er nämlich nach kurzer Pause mit Gründen aus dem alten und neuen Testament die Ansicht belegt, daß die Bibel in der Form, wie sie uns vorliegt, nicht in allen Einzelheiten göttlichen Ursprungs, sondern in ihr bloß die göttliche Wahrheit und Offenbarung für unser Glauben und Leben enthalten sei, und als er 10 Såße als Resultat dieser vernunftgemåßen Untersuchung hingestellt und gefragt hatte, ob Alle damit einverstanden? trat ein auswärtiger Prediger mit der Frage an den Sprecher heran, worein er den eigentlichen Unterschied zwischen den heiligen und profanen Büchern sehe? Nach klarer, aus der Erfahrung des heiligenden Lebens, was man aus jenen schöpfe, ent= nommenen Beantwortung dieses Einwurfs, ward der Kampf durch Dazwischenkunft wårmer und bewegter. Die Beschuldigung des ersten Fragers, als habe sich Uhlich auch über Christi Wesen und Persönlichkeit nicht hinlänglich ausgelassen, wies der Debattenführer mit gebührender Würde ab, unterstüt von seinem Streitgenossen, dem Senior Krause. Die fernere Frage über das in Sachen der Religion nothwendige Uebervernünftigsein und Mysteriöse, sowie darüber, was wesentlich und nicht wesentlich im christlichen Glauben sei, führte zu weiteren Erörterungen, an denen mehrere Geistliche, sogar schlichte Bürger aus dem Umkreise lebhaften Antheil nahmen. Die ganze Discussion brach, da die Zeit dazu ihrem Ende entgegenlief, Herr Senior Krause mit der Bemerkung ab, daß über diese höchstwichtigen und schwierigen Fragen in spåtern Versammlungen noch weiter debattirt und berathen werden solle. Nun erfolgte die Vorlesung der von Herrn Justiz-Commissarius Fischer abgefaßten Adresse des Breslauer an alle bereits constituirten

Vereine protestantischer Freunde, welche mit Kraft und Begeisterung redigirt, allgemeinen Anklang fand. Nach der Aufforderung durch Herrn Senior Krause zu freiwilligen Beiträgen für Bestreitung unumgänglicher Ausgaben in Sachen des Vereins und event. auch für Anschaffung zeitgemäßer Schriften zur Aufklärung des Volks, nahm der Wortführer des Tages, dessen Ansprache in allen Herzen den nachhaltigsten Wiederhall gefunden, bewegten Abschied von den breslauer Freunden. Herr Justiz-Commissarius Fischer dankte ihm im Namen derselben für die festere Begründung dieser für uns hoch= heiligen und für alle Zeiten erfolgreichen Angelegenheit. Zum Schluß fang in gemeinsamer Andacht die Versammlung noch einen Vers aus einem bekannten Lob- und Dankliede und trennte sich mit eben der Würde um 7 Uhr, die sie seit Anfang der Verhandlungen beobachtet.

Jene unerschütterliche Ruhe, die wir an Uhlich vorher zu rühmen Gelegenheit nahmen, wandelte sich bei Anhörung entgegengesetter Ansichten zur wahrhaft protestantischen Milde um, die auch dem Gegner sein Recht und volle Freiheit seiner Ueberzeugung sichert, während er selbst es verstand, mit großen Geschick bei den Disputationen von Abschweifungen wieder auf die Hauptsachen einzulenken und sie stets auch für die Masse anziehend und instructiv zu machen. Daher es wohl natürlich, wenn diese ihre Zustimmung auch unverhohlen an den Tag legte; wenigstens konnte man daraus entnehmen, welche rege Theilnahme, welcher gesunde Sinn auch in dieser Hinsicht selbst bei den weniger gebildeten Klassen der Zuhörer vorwaltete; es hat nur des Funkens bedurft, um ein Feuer in den Geistern anzuschüren, was gewiß nicht bald durch Denkträgheit erlöschen wird. Und das hat Uhlich verstanden, wie kein Anderer, unbeschadet der herzlichen und anregenden Worte Anderer, welche neben ihm, dem Hauptredner des Tages, auftraten, und besonders auch unbeschadet der begeisterten und gemüthvollen Aufstellungen unsers allverehrten Krause, der sich hierbei auch ganz als Freund der guten Sache, als der wahre Mann des Volks gezeigt.

Den für Breslau als historisches Ereigniß wichtigen Tag beschloß ein solennes Mahl, was an 300 protestantische Freunde dem gefeierten Gaste im König von Ungarn veranstaltet hatten, und bei dem der religiösen Freiheit und der christlichen und deutschen Einheit manches bedeutsame Wort gesprochen und gesungen ward. Durch eben jene Freiheit im Einzelnen und das Festhalten am Wesentlichen ist nun eine Brücke gebaut zur Vereinbarung in den heilig= sten Interessen des menschlichen Geistes. Wir glauben daher unsern Bericht nicht besser zu enden, als wenn wir zum Schluß noch die Endzeilen eines Gedichtes herseßen, was allgemeinen Anklang und einen begeisterten Wiederhall in den Herzen aller Theilnehmer erweckte; fie lauten:

Du heilig Licht, o leuchte weiter,
Zieh' auch in uns're Herzen ein!

Wir wollen für dich wackre Streiter,
Lichtfreunde ganz gewißlich sein! -
Mag auch vom Feind der Name kommen
Lichtfreunde; wahrlich, das sind wir!
Du heilig Licht, in Gott erglemmen,
Erleuchte uns, wir schwören dir!

Breslau, den 4. August 1845.

L. M.

Schlawenczih, die erste christkatholische Gemeinde in Oberschlesien.

Daß wie überall, auch in Schlawencziß und nächster Umgegend die Elemente zu einer Kirchenreform vorhanden waren, zeigte sich, sobald der Brief des katholischen Priesters Johannes Ronge kaum veröffentlich war, recht augenscheinlich in der allgemeinen Theilnahme, welche dieser Brief fand. Es existirte anfangs nur eine einzige Abschrift, aber bald war sie binnen wenigen Tagen fast in allen Häusern zu finden. So nahte in dieser allgemeinen Erregung der 27. November heran, der Geburtstag Sr. Durchl. des Fürsten August von Hohenlohe-Dehringen, an welchem Tage sämmtliche Beamten des genannten Fürsten schon seit vielen Jahren sich versammeln, um durch ein gemeinschaftliches Festmahl ihre Liebe für das hohe Fürstenhaus an den Tag zu legen. Für dieses Fest hatte der Lehrer Höhn ein Gedicht gemacht, worin ausgesprochen war, daß an diesem Tage jeder nur der Freude leben solle; bei Seite geseht sollten sein alle Berufsgeschäfte und alle Tagesfragen, z. B. bie Frage über die Echtheit des heiligen Rockes, indem er sagte:

"

Wir wollen nicht grübeln, ob echt sei das Kleid

Zu Trier, Argenteuil, Loccum; ob weit

Gesünder ein gnädiges Fräulein nun ist,
Nachdem sie 'nen uralten Burnuß geküßt.“

In Bezugnahme auf das Ueberhandnehmen pietistischer Frommelei sang er, dem gefunden Sinne der Unwesenden vertrauend, weiter:

Es bleibe uns ferne der Frömmler Gesicht,
Die lieben das Finst're und hassen das Licht;
Und alles das pfäffische Eifern und Schrei'n

Soll uns nicht versauern ein Tröpfchen vom Wein.“ *)

Nur zwei der Anwesenden nahmen Anstoß an dem Gedichte und verließen nach kurzem Wortwechsel die Versammlung; die übrigen aber fangen heiter das Poem bis zu Ende. Die Sache schien schon nach einigen Tagen vergessen zu sein, als das katholische Kirchenblatt fie in etwa 4 Wochen von Neuem aufnahm. Ein Artikel in diesem Blatte

*) Das Gedicht wurde seiner Zeit in der Schles. Zeitung mitgetheilt. D. E.

entstellte die ganze Sachlage so, daß sich mehrere Katholiken entschlofsen, dieses entstellte Faktum zu berichtigen. Es geschah am 30. Decbr. in der Schlesischen Zeitung mit Würde und mit dem Ernste der Wahrheit. Sie sprachen, nachdem sie das Irrige des Correspondenten des Kirchenblatts widerlegt hatten, frank und frei heraus, wie es biedern Männern geziemt, daß sie ihre Religion nicht gleich in Gefahr såhen, wenn man kirchliche Mißbräuche antaste und sie sich bereitwillig und mit voller Ueberzeugung einer zeitgemå Ben Reform anschließen würden. Diese Sprache war um so mehr anzuerkennen, als sie mit Namensunterschrift bestätigt wurde, und zu einer Zeit, wo noch sehr wenige es gewagt hatten, sich öffentlich zu erklären. Diese Männer, die in diesem und in einem spåtern Artikel sich öffentlich nannten, waren folgende: B. Sczyrba, Partikulier. E. Sczyrba, Hauptmann. Tillgner, Generalpächter. Olbrich, Hofmusikus. Burgund, Hofgårtner. Hermle, Bereiter. Apfeld, Kammerer. Apfeld, Zimmermeister. Casper, Hofmusikus. Giemsa, Huttenbeamteter. Jarosch, Stadtrichter. Heinze, Maurermeister. Lange, Kämmerer. Heinze, Brauereibesiger. Scholtissek, Dr. medicinae. Daß dieses kühne Auftreten für Recht und Wahrheit Opposition finden würde, war vorauszusehen. Der Pfarrer Peterknecht und Kaplan Zebulla fielen über den Lehrer Höhn in einem Artikel der Schlesischen Zeitung eben nicht schonend her, verhöhnten die unterschriebenen Månner als Reformfreunde, sagten ihnen, daß sie, wie der Schuster bei dem Leisten, bei ihrem Geschäfte bleiben sollten, kurz, sie geberdeten sich eben so, wie es Niemand, am wenigsten ein Geistlicher, thun sollte. Dieser Artikel der beiden genannten Ortsgeistlichen rief natürlich einen Gegenartikel hervor, in welchem die oben erwähnten Männer noch weiter erklärten,,,daß es keine Schriftgelehrtheit erfordere, um göttliche Lehren von menschlichen Sagungen zu unterscheiden, der gesunde Menschenverstand reiche dazu vollständig aus, und eben dieser sei es, dessen Geltung in kirchlichen Dingen die beiden Geistlichen nicht anerkennen." Schließlich sagten sie ihnen noch, daß sie nicht ferner mit Leuten disputiren könnten, welche, von Leidenschaft überwältigt, durch ungeziemende Redensarten den Anstand verlegen, statt mit Gründen der Vernunft den Gegner ruhig zu widerlegen." Wie ihnen die Sache des Lichts und des Fortschritts am Herzen lag, zeigten sie am 26. Febr. durch eine veranstaltete Sammlung, die gegen 80 Thaler betrug, für die arme Gemeinde zu Schneidemühl zur Aufbauung eines Gotteshauses, und sprachen in dem Begleitschreiben die Hoffnung aus, daß diese Gemeinde sich ein Bethaus gründen möchte, welches als ein Denkmal der Gegenwart, späteren Generationen zum Heile, den Wunsch zur That gestalte, die geistigen Fesseln gebrochen und die Menschen frei und mündig in ihrer Gottesverehrung zu sehen. Sie fühlten sich den beiden Männern Ronge und Czerski tief verpflichtet für das Werk, welches sie dadurch vollbrachten, Für christkatholisches Leben. Erster Band.

[ocr errors]

11

daß sie die schroffe Scheidewand, welche Rom zwischen dem Katholiken (dem allein seligwerdenden), und dem evangelischen Christen (dem Keher) erbaute, auf einmal niedergerissen, und so in vielen Fällen dem Manne das Weib, der Mutter die Kinder noch einmal schenkten. Sie sprachen schließlich gegen Czerski den Wunsch aus, daß er auf seinem betretenen Pfade nicht stehen bleiben, sondern auf der Bahn des Fortschrittes noch einen Schritt weiter thun möchte. Auch dem würdigen Pfarrer Licht wurde ein Geschenk von 20 Thlr. übersendet. Um 19. März geschah endlich der wichtigste Schritt in dieser Sache; sie vereinig= ten sich, nach dem Beispiele Breslau's und anderer Orte, zu einer Gemeinde, erwählten einen Vorstand, bestehend in den Herren: Tillgner, Sczyrba, Knappeck und Scholtissek, verpflichteten sich auf das BreslauLeipziger Bekenntniß, und sahen nun, in sich fest vereinigt, ruhig der Zukunft entgegen; sie hatten nun zur That gestaltet, was sie im December 1844 ausgesprochen. So war in dem durch seine herrlichen Unlagen ausgezeichneten Dorfe Schlawencziß die erste Gemeinde Oberschlesiens entstanden, zwar gering an der Zahl (30 Unterschriften), aber fest und beharrlich in ihren Entschließungen. Die evangelische Gemeinde zu Jacobswalde, in Uebereinstimmung ihres Geistlichen, Pastor Flöthe, bewilligte gern und mit Freuden der jungen Gemeinde ihr Gotteshaus, um so mehr, da Se. Durchl. der Fürst, als Patron, in diesem speciel= len Falle sich seines Rechtes begab und der evangelischen Gemeinde freie Disposition zugestand. Den 8. Juni wurde der erste Gottesdienst von den Predigern Woinarski und Wieczoreck in der festlich geschmückten Kirche abgehalten.

Sendschreiben an Czerski.

Heinrich.

Nachfolgendes Schreiben an Czerski wurde unmittelbar nach Lesung der darin erwähnten zweiten Erklärung desselben (cf. Berliner Zeitung. vom 17. und 18. Juli) verfaßt, und entstand gleichzeitig fast mit der Besorgniß, welche dieser öffentliche Schritt Ezerki's so Vielen, wie die Folge gezeigt, und mit Recht eingeflößt hat. Möge man es, wie der Verfasser, sich zur Abwehr dienen lassen größerer Befürchtungen, die, auch in solcher Gestalt, schon geeignet sind, der Sache, um die es sich handelt, Eintrag zu thun.

Herr Czerski hat bis jezt (Mitte August) diese Zuschrift keiner Antwort gewürdigt; vielleicht geschieht ihr damit nach Verdienst, vielleicht auch nicht. Daß selbige hier mitgetheilt wird, hat jedoch nicht zum Zweck, diese unnüßen Fragen zur Entscheidung zu bringen, sondern einen anderen Grund und zwar den einfachen: frei zu sagen, was man so frei gewesen ist, zu denken. Hiernach beurtheile man das Folgende.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »