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Hochgeehrtester Herr!

Ich kann wohl kaum annehmen, daß unter der Fülle und Masse bedeutender Ereignisse und Personen, welche Ihrem Geiste täglich und stündlich nahe treten, Ihnen der dunkle Name des unterzeichneten Briefstellers sollte noch jest erinnerlich sein, der in gleicher Eigenschaft sich bereits im Monat März d. I. die Freiheit nahm, für einen Augenblick Sie zu beschäftigen; dessen als vergangen und vergessen Erwähnung zu thun, wäre überflüssig, würde ich dazu nicht durch ein gegenwärtig eintretendes Ereigniß gezwungen, welches mir zugleich die innere Nothwendigkeit auferlegt, zum zweiten Male, freilich in anderer Weise, Ihnen zu nahen. Ich bewahre als theures Andenken eine Antwort von Ihnen auf jenes Schreiben an Sie, die am Schluß die Versicherung der aufrichtigsten Bruderliebe giebt. Daß ich in diesen Worten, von Ihnen unter solchen Zeitverhältnissen geschrieben, mehr finde, als eine conventionelle Höflichkeit, eine Formalität des Briefstyls, ist natürlich: ich habe sie als wahr aufgenommen und so erwiedert, und treu in mir bewahrt. Und eben, weil dies geschehen, weil diese Liebe so in mir gelebt hat und nur so leben kann, muß ich sie rein erhalten von jedem Schein, und wo sie sich anders gestalten will, bin ich verpflichtet, mir über die Ursache davon Rechenschaft abzulegen, damit mich kein Vorwurf einer Versäumniß trifft. Dies ist die Veranlassung meines gegenwärtigen Schreibens.

In der Berliner Zeitung vom 17. Juli ist eine Erklärung mit Ihrer Namens-Unterschrift abgedruckt, in welcher es heißt: ich trete auch eben so auf gegen allen Unglauben, wo und in welcher Form er sich immer zeigt, und bin weit entfernt, mit denen, die Christum nicht für den Sohn des lebendigen Gottes halten, in irgend eine Gemeinschaft zu treten"; und ferner,,an meinem Sendschreiben können nur die An= stoß nehmen, die wirklich, alles Glaubens baar, als Feinde des Kreuzes Christi wandeln. Ihr Gott ist der Bauch, wie der Apostel sagt" ze. Entweder habe ich den Sinn dieser Worte, wie er wirklich gemeint ist, nicht gefaßt, oder ich muß ihn mir so deuten, wie wenn er als den erwähnten Unglauben jede Meinung hinstellen wolle, welche Christum, den erhabenen Stifter unserer Religion, anders auffaßt, als es durch das apostolische Glaubensbekenntniß geschehen, anders als den einen eingeborenen, von Anfang an geschaffenen Sohn Gottes. Ist dies der Fall, wie ich es glauben muß, so bin ich gezwungen, frei zu bekennen, daß ich zu denen gehöre, welche Sie als Ungläubige, als solche verdammen, mit denen Sie in keiner Gemeinschaft, also noch weniger in einer aufrichtigen Bruderliebe leben können.

Christus ist das höchste Ideal menschlicher Vollkommenheit, das nie übertroffen, ja wohl auch nie erreicht werden kann; sein Dasein bleibt das Größte, was das Leben aufzuweisen hat, und durch Ihn alleinwenn alles Andere schwinden sollte - behält die Erde einen Werth, der fie auch für die Unglücklichsten nah an den Himmel reiht: das ist meine

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für alle Zeiten feste Ueberzeugung. Aber für eben diese meine Ueberzeugung ist Christus, in aller sonstigen Beziehung, nicht mehr als jedes andere Kind Gottes, das auf Erden wandelt, nicht mehr, als er selbst sein wollte, ein Mensch, ein Bruder seiner Erdenbrüder, ein Sohn Gottes, weil er durch seine Vortrefflichkeit Gottes Bilde der ähnlichste war, aber doch immer nur so weit, als wir Uebrigen es auch werden können und sollen. Gott hat sich in Ihm offenbart: gewiß, aber ich seße hinzu: in Ihm nicht überhaupt nur, sondern in Ihm am reinsten, die volle Offenbarung Gottes, so glaube ich, liegt in der ganzen Menschheit, in der Schöpfung an sich. Gott aber, der Vater unser, will uns nicht nur als seine Geschöpfe, er will uns als seine Kinder anerkennen: als jene stellt er uns hin, diese sollen wir werden durch uns selbst. Liegt in dieser göttlichen Bestimmung das höchste und heiligste Geschenk der Gottheit, die Freiheit des menschlichen Willens dem Schöpfer gegenüber, so enthält sie aber auch gerade zugleich das Gefährlichste, was es für den Menschen giebt: die Möglichkeit zu irren und zu verirren. Nun will Gott, daß Niemand verloren gehe, sondern Alle den Weg zum Himmel wandeln, welcher ist der Weg des Gehorsams gegen ihn, den Vater. Und diesen hat er uns in Christus gezeigt; ihn als den allein richtigen annehmen und Ihm folgen, macht den Christen; sehen, wohin Er geht, ist das Hauptsächlichste des Christenthums, nicht die müßige Frage, wohin Er gekommen; wie er gewandelt unter uns, darüber sind wir gewiß; über jene andere Frage können wir es nie werden: sie bleibt dem Glauben überlassen, dem Glauben des Herzens, der ein schöner Besit des Einzelnen ist, aber darum noch nicht den Anspruch machen kann auf allgemeine Geltung oder nothwendiges Erforderniß zum Namen eines Jüngers Christi; er bleibe, was er ist Glaube, ein Gefühl, das man nie stören darf, aber auch nie, ohne Beeinträch= tigung des Geistes, zu einer starren Formel machen kann, welche zugleich Zauberformel zur ewigen Seeligkeit sein soll, wie es durch Jahrhunderte geschehen und die Ursache aller Drangsale geworden ist, welche die Menschen am schmerzlichsten betroffen, aus denen uns nur der Sieg der Gewißheit scheint retten zu können, daß Christus ganz der Unsrige, ein Mensch und unser Bruder ist; daß er den Weg zum Himmel uns nicht von fern stehend gezeigt, sondern ihn gesucht, gefunden und ge= wandelt hat und noch täglich wandelt im Geiste mit uns, unter uns.

Ich werde, hoffe ich, von Ihnen verstanden sein; eine weitere Erörterung wurde in eine wissenschaftliche Abhandlung, nicht in einen Brief gehören. Nur Weniges sei mir noch erlaubt, zu sagen. Wie ich zu dieser meiner Ueberzeugung gekommen? Die Antwort liegt in der Frage: ich bin dazu gekommen, habe sie nicht ursprünglich gehabt, oder durch ein blindes Ohngefähr erhalten; die inneren Kämpfe und Leiden, mit denen ich sie errungen, hat Gott gesehen, und ich darf mich ihrer nicht schämen.

Aber das war von je mein heißer, inniger Wunsch, daß diese meine,

oft so einsame Ueberzeugung eine allgemeinere, auf gleiche Weise erworbene, daß sie eine anerkannte werden möge. Habe ich Sie in Ihrer Erklärung nun recht verstanden, stehen wir somit auf verschiedenen Standpunkten uns gegenüber, und ermessen Sie dabei, welch' schöne Hoffnung mich, der ich Protestant bin und bleiben werde, begeistern mußte für die Bewegung, welche Sie und der edle Ronge begannen, so wissen Sie auch, welches Bangen mich jest erfüllen muß und wirklich so erfüllt, daß diese meine offene Aussprache gegen Sie mir zum Bedürfniß geworden ist. Nehmen Sie dieselbe auf, wie Sie für gut halten, doch ohne Verkennung der Absicht; machen Sie jeden beliebigen. Gebrauch davon, es steht Ihnen frei; nur mögen Sie auch die lehte Bitte beachten: nicht zu verdammen, wer anders glaubt als Sie, weil er es muß. Dies hatte ich zu sagen. Daß mir, eben so wie mein Schreiben an Sie, eine Antwort darauf von Ihnen, sei sie öffentlich oder privatim, ein Bedürfeiß ist, darf ich wohl nicht erst versichern. Mit der vorzüglichsten Hochachtung verharre ich

Glogau, den 19. Juli 1845.

ganz ergebenst Julius Köller.

Wohl Mancher wird, nachdem er Vorstehendes gelesen, bereit sein, nach dem Steine zu greifen, um solchen Glauben damit zu strafen. Gemach, ihr Herren! Wenn man es Euch gestattet, die hehre Gestalt des Heilandes, als in den Wolken thronend, zu denken, dort Ihn gleich dem Vater allmächtig zu glauben und darum nicht anders als auf den Knieen Ihm zu nahen, flehend, jedoch mit dem Anspruch, daß Er nun Euch auch zur Seeligkeit verhelfen möge, weil Ihr ja glaubt an Ihn: wenn man Euch dies gestattet und nicht stört, warum wollt Ihr denn einen Andern verdammen, weil er nicht knieet wie Ihr, weniger der Himmelfahrt Christi nachforscht als seinen Lebensweg sucht, den Er auf Erden wandelte, und endlich, weil er nicht gerade den Herren bittet: laß mich seelig werden, sondern nur: gieb mir Kraft, daß ich treu bleibe dem Vorfah, zu werden wie du; der Belohnung zu gedenken, aber Ihm überläßt! Last Jeden seine Straße wandeln und uns hoffen, daß alle an's Ziel führen.

J. Köller.

Hirtenbrief

des hochwürdigsten Herrn Fürstbischofs von Breslau, Melchior Freiherrn v. Diepenbrock, an den gesammten ehrwürdigen Clerus und alle Glâubigen des Bisthums bei seinem Amtsantritte erlassen. Breslau, Druck und Papier von Heinrich Richter. 1845. (Ohne Angabe des Herausgebers und Verlegers.)

Herr v. Diepenbrock hat, wie üblich, seine neue Thätigkeit mit einem sogenannten Hirtenbriefe begonnen. Aus einem solchen amtlichen Pro

spectus einen unbedingten Schluß auf den Charakter oder die Ansichten dessen zu fallen, von dem er ausgeht oder dessen Namen er trägt, hat sich bereits mehrmals als eine voreilige Handlung gezeigt, und dürfte sich ganz besonders bei dem vorliegenden als eine solche herausstellen, da der Hirtenbrief mit sophistischer Kunst und einer gewissen Diplomatie geschrieben ist, welche an den Ausspruch eines bekannten Franzosen über die Sprache erinnert.

Die Verhältnisse der römischen Kirche zu ihren Angehörigen und ihren Gegnern werden entweder in Bildern umschrieben oder in allgemeinen Ausdrücken angedeutet; anstatt der Anführung des Standpunktes, welchen die römische Kirche gegenwärtig in der Weltgeschichte einnimmt, weiset der Hirtenbrief auf denjenigen hin, welchen sie einst eingenommen habe; anstatt der Bestimmung der Stellung, welche der römische Clerus in feiner zweideutigen Abhängigkeit von Rom dem Staate gegenüber zu behaupten sucht, finden wir nur allgemeine Versicherungen von Unterthanentreue, an denen es trok offnen Ungehorsams gegen die Staatsgefeße zu keiner Zeit gefehlt hat. Kurz, der ganze Charakter des Hirtenbriefes ist der einer fein angelegten Unbestimmtheit.

Allein deshalb ist dieses Actenstück nicht ohne besonderes Interesse, namentlich für die Christ-Katholiken, da es, wie der ultramontane westphälische Merkur ironisch meint, geeignet ist, gewisse Illusionen zu zerstören. Ja wohl hat es gewisse Illusionen zerstört, mit denen sich viele redliche Katholiken Schlesiens trugen, daß troß aller Behauptungen der Gegner doch an einem deutschen Episcopate, an einer katholischen Nationalkirche nicht verzweifelt werden dürfe. Diese guten Seelen trugen sich nämlich mit der Hoffnung auf eine Reform innerhalb der Kirche, welche doch nur dann möglich ist, sobald die katholische Kirche es aufgiebt, eine römische zu sein. Diese Illusionen sind für Schlesien durch den Hirtenbrief des Herrn v. Diepenbrock zerstört worden, und dafür sagen wir ihm unsern aufrichtigsten Dank.

Im Eingange erwähnt Herr v. Diepenbrock, daß er die bischöfliche Würde nur ungern, gewissermaßen gezwungen, angenommen und nur Gottes besonderem Willen nachgegeben habe. Herr v. Diepenbrock lehnte zuerst die Wahl ab und nahm sie nachher an, als der römische Bischof es wünschte: dies ist der einfache Hergang, etwas Uebermenschliches, ein besonderer Ausspruch des göttlichen Willens liegt doch darin nicht; und wenn die Annahme der bischöflichen Würde durchaus gegen die Ueberzeugung des Herrn v. Diepenbrock war, so ist es sogar Unrecht, wenn er seine Ueberzeugung um äußerer Autorität willen aufgegeben hat; war aber seine Ueberzeugung auf Annahme der Wahl gerichtet, wo bleibt da das Wunderbare? Dieser Eingang des Hirtenbriefes gefällt uns um des Herrn v. Diepenbrocks Willen nur wenig. Wenn aber daraus, daß der römische Bischof selbst die Wahl des Herrn v. Diepenbrock gewünscht habe,,,die festeste Bürgschaft eines wahrhaft göttlichen Berufs" des letteren gefolgert wird, so sieht wohl Nie

mand den Grund dieses Schlusses ein, da sogar unter den,,Nachfolgern Petri" selbst sehr gottlose und erbärmliche Menschen gewesen sind, und sie von jeher gute und schlechte Collegen bestätigt haben. Auch foll ferner aus jenem Umstande geschlossen werden, daß Herr v. Diepenbrock ,,in lebendiger Gemeinschaft stehe mit dem Mittelpunkte der katholischen Einheit, mit jenem von Gott in den Mittelpunkt der christlichen Weltgeschichte gesezten geistigen Lichtherd, von welchem die Strahlen des Glaubenslichtes in alle Weltrichtungen ausgehen, und um ihn in der Kreislinie der Liebe sich zur Einheit fest zusammenschließend, zu demsel ben Mittelpunkte allverbindend zurückströmen." Verstehe das, wer da kann! Wer oder was ist jene Einheit? Was heißt (katholische) allge= meine Einheit? Ist es der römische Bischof, oder Rom selbst? Sodann soll der Mittelpunkt der katholischen Einheit auch zugleich ein geistiger Lichtherd sein, welchen Gott wiederum in den Mittelpunkt der Weltge= schichte und zwar der christlichen, als wenn es mehrere gåbe, gesezt habe. Wer oder was ist dieser Lichtherd? Etwa der Nachfolger Petri? Was noch darauf folgt von den Strahlen des Glaubenslichtes und der Kreislinie der Liebe ist mystischer Unsinn, aus dem sich Niemand einen vernünftigen Begriff machen, ja nicht einmal ein dunkles Bild entwerfen kann. Hierauf fährt der Hirtenbrief fort: Ihr wisset nun (?), daß ich ein katholischer Bischof bin, in jener einzigen Bedeutung, die dies Wort, ohne unsinniger Widerspruch zu werden, haben kann, nämlich als angehörig der von Christus auf den Felsen Petrus gestifteten Kirche aller Orten und aller Zeiten." Bei diesem Trugschlusse müssen wir etwas länger verweilen. Das Wörtchen nun kann sich dem Zusammenhange nach nur auf die Umgůrtung mit der bischöflichen Stole durch die Hand des Nachfolgers Petri beziehen. Es ist an diesem Orte nicht unsere Absicht, den alten Streit, ob Christus dem Petrus einen Vorrang über die übrigen Jünger eingeräumt habe, nochmals durchzufechten, da auf dessen Entscheidung nach unserer Ansicht wenig oder nichts ankommt. Wir müssen aber doch anführen, daß sich nirgends eine Spur von einem Befehle Christi auffinden läßt, welcher den Nachfolgern Petri, oder gar der Stadt Rom irgend einen Vorrang eingeräumt hätte, zumal dieser offenbar die Rechte der andern noch lebenden Apostel verleht haben müßte, denen Christus dieselben Befugnisse als dem Petrus zugesteht. Wie soll nun daraus, daß Herr v. Diepenbrock von einem Nachfolger Petri mit der bischöflichen Stole umgürtet sei, auch seine Katholicitat folgern, wenn man selbst die hinzugefügte Erklärung berücksichtigt? Christus hat nur eine Kirche gestiftet; sei es nun auf den Felsen Petrus, wie die Anhänger des römischen Bis schofs, oder auf Christi Geist und sein Evangelium, wie die freien Christen sagen: es kann immer nur eine sein. Und von dieser einen, welche aber im Laufe der Zeiten mannichfache Berunstaltungen und Auswüchse erfahren hat, ist uns verheißen worden, sie werde einst die allgemeine oder katholische werden. Zu Christi Zeiten gab es ebenso wenig wie

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