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katholische Kirche. Sie ist deshalb auch auf der ersten allgemeinen Kirchenversammlung der Christkatholiken zur Sprache gekommen; meiner unmaßgeblichen Meinung nach hat man aber darüber nicht mit der Schärfe und Genauigkeit entschieden, als es das Zeitbewußtsein erforderte, Wenn Wislicenus darin zu weit geht, daß er der Schrift alle normative Geltung abspricht, so räumt dagegen §. 1. der von der leipziger Kirchenversammlung aufgestellten Grundsäge und Bestimmungen unserer Kirche dem Geiste zu wenig ein, indem er nicht den Geist in seiner fortschreitenden Entwickelung selbst als Norm des christlichen Glaubens gelten läßt, sondern ihm nur die Auffassung und Auslegung der heiligen Schrift freigeben will. Christus selbst spricht zu feinen Jüngern: Noch Vieles hätte ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jezt noch nicht tragen, wenn aber der Geist der Wahrheit kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten." und fordert auch uns somit auf, der Führung dieses Geistes uns zu überlassen. Denn so einseitig wird Niemand urtheilen mögen, daß Christus nur seinen unmittelbaren Schülern diesen Geist der Wahrheit verheißen, alle kom menden Geschlechter aber für unfähig gehalten habe, des Geistes theilhaftig zu werden. Vielmehr mußte Christus selbst erkennen, daß jedes kommende Zeitalter bei naturgemäßer Entwickelung eine immer höhere Befähigung zur Geistesempfängniß in sich tragen werde. Lassen wir nun allein die Schrift gelten als Norm unserer Lehre, so geben wir damit zu, daß die Fortbildung und Entwickelung des Christenthums mit dem Ableben der Apostel ihr Ende erreicht habe, und sprechen auf diese Weise das Todesurtheil über das Christenthum selbst aus. Denn Alles, was lebt, wächst und entwickelt sich; Stillstand in der Entwickelung hat unvermeidlich den Tod zur Folge. So ist es denn der sich entwickelnde Geist, der uns lebendig erhält, aus dem das Christenthum fortwährend die Kraft zu seiner Eristenz gewinnen muß. Wir dürfen aber auch die Schrift nicht aufgeben als Quell und Norm unseres Glaubens, und zwar schon insofern nicht, als sie selbst Zeugniß giebt, ja selbst ein Zeugniß ist dafür, daß alles religiöse Leben seinen lehten Grund hat in dem nach Wahrheit strebenden Geiste. Meinem Urtheile nach håtte daher von der allgemeinen Kirchenversammlung der der Berathung über diesen Punkt zu Grunde gelegte Artikel des dresdner Glaubensbekenntnisses unverändert beibehalten werden sollen, welcher in seiner wörtlichen Fassung also lautet:

Die Grundlage des christlichen Glaubens soll uns einzig und allein. die heilige Schrift und die von der christlichen Idee durchdrungene und bewegte Vernunft sein.

Nach dem nunmehr veröffentlichen,,Authentischen Bericht“ über die leipziger Kirchenversammlung erhob Herr Blum gegen diese Fassung des Artikels, als derselbe in der vierten Sizung zur Berathung kam, das Bedenken, es könne nach dieser Fassung den Anschein gewinnen, als ob man die Vernunft über die Schrift sehen wolle, und gab somit Für christkatholisches Leben. Erster Band.

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Veranlassung, daß sich die Versammlung für folgenden Ausdruck ents schied:

Die Grundlage des christlichen Glaubens soll uns einzig und allein die heilige Schrift sein, deren Auffassung und Auslegung der von der christlichen Idee durchdrungenen und bewegten Vernunft freigegeben ist.

Die Vernunft jedes Einzelnen dürfen wir freilich nicht über die heil. Schrift sehen, wohl aber muß, wenn nicht über, wenigstens neben die Schrift als Norm des Glaubens gesezt werden der Geist, wie er sich in jedem Zeitalter als eine Einheit herausstellt in dem Bewußtsein und dem Streben der Erleuchtetsten, wie er sich namentlich herausstellen wird auf allgemeinen Kirchenversammlungen. Der Buchstabe tödtet, der Geist macht und erhält uns lebendig.

Albrecht Böcker.

Hofferichter.

Neben Professor Regenbrechts Absagebriefe geschah die erste That in der christ-katholischen Sache zu Breslau durch Ulbrecht Höcker, Vorstandsmitglied der jeßigen Gemeinde. Als nämlich noch Jedermann unschlüssig stand, oder sich höchstens zu halben Maßregeln entschloß, erließ der Genannte folgenden Aufruf an die schlesischen Katholiken, welcher zunächst die Bildung der breslauer Gemeinde veranlaßte:

,,Aufruf an die schlesischen Katholiken."

,,Kommt es mir doch vor, als wäre dieser Johannes Ronge in einer Wüste mitten in dem geisteshellen Deutschland! Von allen Orten Dankadressen, Pokale, Becher, goldene Denkmünzen aber keine Stimme ruft die gleichdenkenden und gläubigen Katholiken auf: kommt, schaart Euch um unsern Ronge, den deutschkatholischen Priester; er soll unser Hirt und Seelsorger sein!

Drum Euch den Gottesgruß: Friede sei mit Euch, Ihr meine deutsch-katholischen Brüder! Wer von Euch zu der neuen katholischen Kirche Deutschlands sich bekennen und Johannes Ronge zu seinem Seelsorger und Hirten erwählen will, der sammle Namensunterschriften!

Schreiber dieses ist längst kein Jüngling mehr; er gehört zu den Mannen von 1813 und 1814, die da kamen, als der König rief. Und gleichwie das donnerude „Vorwärts!" des eisernen Feldmarschalls jede deutsche Brust elektrisch entbrannte, so entfaltet jest Euer geistiges Licht, welches Ihr vom Herrn empfangen, um es auf die Leuchte, nicht unter den Scheffel zu stellen! Vorwärts! Versammelt Euch um unsern Johannes Ronge! er sei unser Hirt und Seelsorger. Amen! Im December 1844.

Albrecht Höcker, Katholik.

Geschichtlicher Rückblick auf die Entwickelung der christkatholischen Gemeinde zu Breslau.

Langeh atten die confessionellen Kämpfe in unserem Schlesien geruhet, die confessionellen Gegensäge hatten ihre Spigen verloren, und man hatte sich allmählig gewöhnt, in dem einer andern Confession Angehörenden den Mitchristen anzuerkennen, der dieselben Ansprüche auf unsre Liebe habe, wie der Glaubensgenosse. Da beschwor das bekannte Breve des Pabstes Gregor XVI. über die gemischten Ehen von neuem den Geist des Unfriedens herauf; der Eigensinn, mit welchem die preuBischen Erzbischöfe Droste v. Vischering und Dunin das påbstliche Ge= bot in seiner ganzen Strenge dem Landesgefeß gegenüber geltend machten, erweckte auch in Schlesien Nachfolge.

Die nunmehr in Anwendung kommende Praxis der Kirche ent= fremdete derselben die Gemüther derjenigen Katholiken, welche nicht auf das Wort der Priester zu schwören, sondern selbst zu prüfen gewohnt waren, die in der Christusreligion eine Religion der Liebe, und nicht eine Religion des Hasses erkannten. So stand bereits ein großer Theil der bisherigen Bekenner des römisch-katholischen Glaubens in Opposition mit dem Priesterthum der Kirche, als das Trierer Ereigniß, in welchem der römische Elerus bereits sich als ecclesia triumphans verherrlicht wähnte, den gewaltigen Riß offenbarte, den das Fundament derselben erhalten hatte. Den Tief-Entrüsteten über diesen Unfug an heiliger Ståtte erscholl die Stimme aus Laurahütte am 1. October 1844 wie die Stimme aus der Wüste: ,,Bahnet den Weg des Herrn!" Freudig wurde sie begrüßt von allen Seiten, durch alle Gauen des deutschen Vaterlandes rief man sich be= geistert die frohe Kunde zu: es giebt doch wenigstens einen römischkatholischen Priester, der seine Entrüstung über diesen mit der dummen, leichtgläubigen, in Aberglauben versunkenen Menge getriebenen Spott öffentlich auszusprechen wagte! Ronge's Schicksale sind aus feiner Rechtfertigung bekannt genug, als daß hier irgendwie daran erinnert werden dürfte. Entscheidend nur war für die breslauer Ge= meinde, daß er auf den Wunsch seiner Freunde sich nach Breslau wandte, wo er in dem Hause des Herrn Wittig, das ihn schon als Student freundlich aufgenommen hatte, ein sicheres Asyl fand. Fast zu der= selben Zeit, in der Ronge's weltgeschichtlicher Brief erschien, zeigte ein anderer katholischer Priester, Czerski, den mit der Form ihrer Kirche Unzufriedenen den Weg, den sie zu gehen hätten, um der tausendköpfigen Hydra, dem römischen Priesterthum, zu entgehen: Lossagung von Rom und Bildung einer freien katholischen Ge= meinde auf der Grundlage der reinen, von Menschensagungen unge= trübten Christuslehre. Man erwartete daher, daß sich auch in Breslau um Ronge eine solche freie Gemeinde sammeln werde. Der Baghaftigkeit, die sich der Ausführung eines solchen Unternehmens hindernd ent=

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gegenstellen mußte, kam die allbekannte Predigt des Domherrn und Dompredigers Forster: der Feind kommt, wenn die Leute schlafen!" gehalten am 24. Sonntage nach Pfingsten, zu Hilfe. In derselben beschuldigt dieser, bisher wegen seiner ausgezeichneten Rednergabe und seiner im echt christlichen Sinne gehaltenen Predigten von den Breslauern ohne Unterschied der Confession hochgeschäßte Geistliche die freisinnige Presse und alle, welche dem von derselben vertretenen Fortschritt huldigten, fast unzweideutig hoch verrätherischer Absichten. Aehnlichen Inhalts war das durch das hiesige römische Kirchenblatt zur öffentlichen Kenntniß gekommene,,Condolenzschreiben" des breslauer Domkapitels an den Bischof Arnoldi in Betreff des durch die Trierer Rock-Wallfahrt erfolgten „Vergernisses." Dem glaubten diejenigen unter den Katholiken, welche den Fortschritt als das Lebensprinzip der Geschichte erkannt hatten, offen entgegentreten zu müssen. Sonntag den 13. December 1844 versammelten sich unter dem Vorsit des Stadtverordneten und Landtagsdeputirten, Herrn Fabrikant Milde, in dem Saale des Gymnasiums zu St. Elisabet, dem Versammlungslokale der breslauer Stadtverordneten, eine Anzahl von etwa 60 Katholiken, um sich über die Mittel und Wege zu berathen, wie den von heiliger Ståtte herabgeschleuderten Verdächtigungen der freisinnigen Richtung zu begegnen sei. Derselbe erklärte am Schlusse seiner Rede, daß er entschlossen sei, sich in einer Adresse an das Domkapitel zu wenden und bei demselben ehrerbietigst anzufragen, ob Förster mit Genehmigung und im Einverständniß mit demselben jene Predigt gehalten, und ob sich daher wirklich diejenigen, welche dem in derselben verdächtigten Fortschritt huldigten, nicht als „gute" Katholiken im Siege des Domkapitels betrachten dürften. Der Redner schlug nun denjenigen von den Anwesenden, welche dieser Adresse beizustimmen sich veranlaßt såhen, vor, derselben durch eine Udhåsionsclausel beizutreten.

In der hierauf beginnenden Debatte zeigte sich indeß, daß der größere Theil der Anwesenden weniger in der Absicht gekommen war, durch ruhige und leidenschaftlose Discussion eine richtige Ansicht der Sache herbeizuführen, als vielmehr die römische Kirche gegen die von der Presse ihr vermeintlich angethanen und von dem Redner und den mit ihm Gleichgesinnten beabsichtigten Unbilden zu schüßen. Angeführt von einem ehemaligen Elementarlehrer, z. 3. Vorsteher einer katholischen Privat-Unterrichts-Anstalt für Mädchen, erhob sich eine kräftige Opposi= tion gegen die beabsichtigte Adresse. Ausgehend von dem vermeintlich von ihm wahrgenommenen Erfolge seines Religionsunterrichts, wies er auf den römisch-katholischen Katechismus hin, der genügenden Aufschluß über die Lehre der römischen Kirche gebe und daher obige Anfrage an das Domkapitel unnöthig mache. Im Gegentheil habé man alle Ursache, den Schuß der Regierung gegen die Verunglimpfung der katholischen Kirche und ihrer Diener von Seiten der Presse in Anspruch zu nehmen. Ihm erwiderte Prof. Dr. Regenbrecht, der eben

Falls jener Versammlung beiwohnte*), daß wohl Viele der Anwesenden fich noch recht gut auf die geistreichen Kapitel des Diocesan Katechis mus erinnern würden, aber seit jener Zeit, in der ihre Seelen mit solcher Speise genährt worden waren, ihrer Jugend, noch manches Andere gelernt hatten. Er entwickelte hierauf, wie schon wiederholt seit den Emfer Punktationen in Deutschland eine reformatorische Bewegung sich kund gegeben, wie aber stets die römische Curie sich dieser zu bemeistern gewußt habe, stets durch Anwendung von Verdammungsurtheilen and Machtsprüchen, niemals durch wissenschaftliche Widerlegung. Die Schul- und Katechismus - Weisheit des Elementarlehrers mußte zwar vor der gediegenen Wissenschaftlichkeit verstummen, gleichwohl trennte fich die Versammlung in zwei principiell widerstreitende Parteien, so daß diese Versammluug damit endete, daß die Gegner der Adresse den Saal verließen, die Uebrigen aber die Adresse des Herrn Milde durch eine Adhasionsclausel zu der ihrigen machten"). Die Hoffnung auf eine befriedigende Antwort ging indeß nicht in Erfüllung. Nach Verlauf einiger Zeit erhielt Herr Milde eine ausweichende Antwort, in der auf die Hauptfrage gar nicht eingegangen, die Berechtigung des Laien zu solchen Fragen an die Geistlichkeit überhaupt in Abrede gestellt, und hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Reliquienverehrung die Fragenden an ihre Pfarrer gewiesen wurden. Was für Aufschlüsse und welche Belehrung die Unterzeichner jener Adresse von diesen Pfarrern erwarten konnten, darüber waren sie nicht einen Augenblick zweifelhaft, und beriethen sich daher in einer zweiten Zusammenkunft am 20. Januar 1845 über die weiteren Schritte, die zu thun seien, um den hierarchischen Uebergriffen des katholischen Clerus kräftig entgegen zu treten. Ein großer Theil der Unterzeichner jener Adresse schien indeß von der Erfolglosigkeit jedes weitern Schrittes von vorn herein überzeugt zu sein, da nur eine kleine Zahl von etwa 9 Personen sich an den folgenden Berathungen betheiligte. Man beschloß in dieser Versammlung, sich nunmehr an des Königs Majestät mit einer Beschwerdeschrift zu wenden, in der Alles zusammengefaßt werden solle, worüber die Laien in den legten Jahren den Priestern gegenüber sich zu beschweren Grund gehabt hätte. Zur Abstellung dieser Beschwerden solle der König um eine Zusammenberufung einer Provinzialsynode oder wo möglich eines Nationalconcils gebeten werden. Die ausgezeichnet kräftige Adresse ging zwar an ihre Bestimmung ab; bis jest ist jedoch noch nicht bekannt geworden, daß irgend eine Antwort darauf erfolgt sei. Unterdessen hatte

*) Hr. Prof. Dr. Regenbrecht trat, wie bekannt, nicht der Adresse bei, sondern erklärte in Folge jener gehaltenen Predigt sofort seinen Austritt aus der römischen Kirche.

**) Die Gegner der Adresse sollen sich hierauf, was Ref. jedoch nicht verbürgen kaun, mit der Bitte an die Regierung gewandt haben, die Presse in der Bespre chung confeffioneller Gegenstände zu beschränken. Ob eine Antwort und welche den Bittstellern zu Theil geworden ist, davon hat Ref. nichts erfahren.

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