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ein andrer Theil der Bewohner Breslau's die Ueberzeugung gewonnen, daß es eine Thorheit sei, eine Reformation der Kirche von dem Clerus selbst erwarten zu wollen, daß diese vielmehr von den Laien ausgehen müsse, wenn nicht stets das hierarchische Prinzip wieder die Oberhand gewinnen und die durchgeführten Verbesserungen im Laufe der Zeit zu nichte machen solle.

Herr Maler Albrecht Höcker hierselbst hatte zuerst den Muth, einen Aufruf zur Bildung einer von Rom unabhängigen katholischen Kirche auf Privatwegen zur weiteren Kenntniß zu bringen. Als auf seine Aufforderung eine Anzahl Katholiken durch Namensunterschrift ihren Beitritt erklärt hatten, ward die erste äußerst zahlreich besuchte, vorbereitende Versammlung den 22. Januar 1845 im Saale des Gymnasiums zu St. Elisabeth, welchen die Stadtverordnes ten und der hochlöbl. Magistrat bereitwilligst hierzu eingeräumt hatten, gehalten. Dieselbe ward durch Herrn Ronge mit einem Vortrage eröffnet, worin er auseinanderseßte, daß es für diejenigen, welche die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit einer Reform der Kirche gewonnen hätten, keinen andern Weg, kein andres Mittel gebe, ihre Ueberzeugung zu bethätigen, als sich öffentlich von Rom loszusagen und eine freie, von keinem Symbolzwange beengte christliche Gemeinde zu bilden. Er schloß hierauf mit der Verlesung derjenigen Artikel, welche er der Versammlung zur Grundlage der neuen Vereinigung vorschlage, und deren Besprechung Zweck der folgenden eigentlich constituirenden Versammlungen sein solle. Die nächste, also erste constituirende Ver= sammlung fand Sonntag den 26. Jan. 1845 um 11 Uhr in demselben Lokale statt. Nachdem Herr Ronge mit wenig Worten noch einmal den Inhalt seines Vortrages in der vorhergehenden Versammlung zusammengefaßt hatte, begann die Discussion der einzelnen Propositionen. Es wurden in dieser Versammlung besprochen und angenommen.

1) Die Lossagung von Rom, 2) das Recht der Gemeinde, sich ihre Prediger und ihren Vorstand selbst zu wählen, 3) die Einführung des Geistlichen in sein Amt, 3) die sittliche Aufgabe der christlichen Gemeinde, 5) Abschaffung der Ohrenbeichte, 6) der lateinischen Sprache beim Gottesdienste, 7) des Colibats. Interessant wurde die Debatte dieser lehten Proposition, indem sich an sie die Frage anschloß, ob die Ehe als Sakrament beizubehalten sei oder nicht: es wurden sowohl dafür als dagegen die Gründe reiflich erwogen; man einigte sich dahin 8) daß zwar die Ehe nicht als Sakrament beizubehalten, sie aber gleichwohl als eine von Gott selbst eingesezte Einrichtung und als die sicherste Grundlage der Gesittung des Menschengeschlechts heilig zu halten sei. Aus diesem Gesichtspunkt betrachtet, müsse auch die kirchliche Einsegnung derselben beibehalten werden.

In der nächsten Versammlung, welche Mittwoch den 29. Januar Abends um 7 Uhr statt fand, wurden besprochen und angenommen :

9) Abschaffung der Ablåsse, Fasten, Wallfahrten, 10) die Verwerfung jeder Art von kirchlicher Heiligenverehrung, 11) Beibehaltung von nur zwei Sakramenten, der Taufe und des Abendmahls, 12) Empfang des Abendmahls in beiden Gestalten, 13) daß die äußere Form des Gottesdienstes sich stets nach den Bedürfnissen der Zeit und des Ortes richten folle, 14) die Aufnahme neu zur Gemeinde Zutretender.

Hierauf kam man zu dem schwierigsten Punkt der ganzen Debatte, dem in der Gemeinde aufzunehmenden Glaubensbekenntnisse. Das wurde allgemein anerkannt, daß die heilige Schrift und die von der christlichen Idee bewegte und durchdrungene Vernunft allein die Grundlage des christlichen Glaubens sein könne. Eine christliche Gemeinschaft müsse aber die Allen Mitgliedern gemeinsame Glaubensansicht aussprechen, und daher sei ein Symbol auch für die neu sich bildende Gemeinde unerläßlich. Da jedoch schon in der vorangegangenen Debatte bemerkbar geworden war, daß einige in der Versammlung Anwesende, die nicht zu den Mitgliedern zu gehören schienen), die bisher in der Versammlung herrschende Ruhe und Ordnung zu stören suchten, so wurde die weitere Discussion dies so überaus wichtigen Punktes bis zur nächsten Versammlung, welche auf Sonntag den 2. Februar um 11 Uhr anberaumt wurde, zu vertagen beschlossen.

In dieser wurde die Discussion über das anzunehmende Symbol noch einmal aufgenommen und, nachdem festgestellt worden war, daß die heilige Schrift die einzige Grundlage des christlichen Glaubens sein solle, die Erforschung und Auslegung derselben aber durch keine äußere Auctorität beschränkt sein dürfe, bestimmt, daß das anzunehmende Symbol, damit durch dasselbe kein neuer Glaubens- und Gewissenszwang eintrete, so einfach als möglich sei und der individuellen Auffassung des Inhalts den möglich freiesten Spielraum lasse. Als solches empfahl sich unter den vorhandenen Symbolen der Kirche das sogenannte apostolische, da die übrigen noch in der Kirche geltenden nichts weiter als die Resultate der gegen gewisse Håresien gerichteten Polemik der Kirche waren. Da dieses apostolische Symbol übrigens fast allen christlichen Religionsparteien gemeinsam sei, so beschloß man, vorläufig dieses apostolische Glaubensbekenntniß beizubehalten. Nachdem hierauf festgestellt worden war, daß alle Stolgebühren abgeschafft, die kirchlichen Akte für alle Glieder der Gemeinde gleich verrichtet, die Kosten des Unterhalts des Geistlichen und des Gottesdienstes durch Bei= träge der Gemeindeglieder aufgebracht, und der die Angelegenheiten der

*) Wie man später erfuhr, und was durch einen die Verhandlungen dieser Versammlung etwas ins Lächerliche ziehenden Artikel des schlefischen römischen Kirchenblattes außer Zweifel gezogen wurde, hatten sich Studenten der röm. Theol. und Zöglinge des hiesigen Priesterseminars, von einem bekannten Profeffor der Theologie veranlaßt, in die Versammlung einzudrängen gewußt, in der Hoffnung, durch Balzersche Logik und Theologie die Versammlung der,,modernen Heiden auseinander zu sprengen.

Gemeinde leiten und sie nach außen vertretende Gemeinde-Vorstand alljährlich am Pfingstfest gewählt werden solle, trennte sich die Versammlung, indem zur nächsten Zusammenkunft, in welcher die Annahme des Ganzen definitiv erfolgen sollte, der nächste Sonntag festgesezt wurde. Da eine zweckmäßigere Unordnung und Redaktion der in den vorhergehenden Versammlungen festgeseßten Artikeln nöthig war, so beschlossen diejenigen, welche bisher an den Debatten thätigen Antheil genommen hatten, unter denen der Professor der Rechte an hiesiger Universität, Herr Dr. Regenbrecht, durch seine gediegenen Kenntnisse und Ansichten nicht geringen Antheil an der geistigen Entwickelung der jungen Gemeinde hatte, im Laufe der Woche zu verschiedenen Conferenzen zusammen zu treten. Bei der wiederholten Besprechung der einzelnen Artikel ergab sich die Nothwendigkeit, dem apostolischen Symbolum eine dem jeßigen Zeitbewußtsein entsprechendere Fassung zu geben, und so entstand diejenige Form*) desselben, welche zwar der Gemeinde so manche Verdächtigungen und Angriffe zugezogen hat, an der sie aber festzuhalten entschlossen ist, indem sie die Ueberzeugung gewonnen hat, daß auf diese Weise allein eine Vereinigung der verschiedensten Glaubensansichten statt finden, und jeder Glaubens- und Gewissen szwang fern gehalten werden könne.

Sonntag den 9. Februar fand demnach die vierte Generalversammlung der Gemeinde statt, welche Herr Ronge mit einer Rede eröffnete, in welcher er von den Hindernissen sprach, die der Bildung einer allge= mein-christlichen Kirchengemeinschaft entgegentreten, und von derjenigen Ueberzeugungstüchtigkeit und Glaubensfreudigkeit, mit der diese allein überwunden werden könnten. Es sei Pflicht der Gemeinde, zu der einfachen Form des christlichen Glaubens der apostolischen Zeit mit Berücksichtigung des jeßigen christlichen Zeitbewußtseins zurückzukehren.

Hierauf legte er der Versammlung die ersten 12 Artikel in der neuen Fassung zur Genehmigung vor, und als diese erfolgt war, seßte er zur nächsten allgemeinen Zusammenkunft den folgenden Sonntag, den 16. Februar, fest.

An diesem eröffnete Herr Ronge die Versammlung mit einem Vortrage über die Pflichten und Hauptaufgaben der neuen Gemeinde, wenn fie eine allgemeine Kirche werden wolle, und verlas dann die noch übrigen Artikel der,,Grundzüge der Glaubenslehre und der Verfassung" der neuen Gemeinde. Nachdem hierauf fåmmtliche Artikel die Billigung der Anwesenden erhalten hatten, schritt man zur Wahl eines provisorischen Vorstandes. Auf den Vorschlag des Herrn Ronge wurden durch Acclamation gewählt: die Herren Professor Dr. Regenbrecht, Stadtrath Klein, Maler Höcker, Dr. Steiner und Regierungs

*) Ganz irrig ist die Ansicht der meisten Gegner dieses Symbols, daß die Auslaffung gewiffer Ausdrücke eine Verwerfung dieser Dogmen in sich schließe. Die weitere Auseinanderlegung ist jedem Jndividuum anheim gestellt.

Referendar Schmidt, und diese von der Gemeinde beauftragt, die nöthigen Schritte zur Anerkennung der Gemeinde von Seiten des Staats und zur Einrichtung des Gottesdienstes zu thun, womit dann die Constituirung der neuen Gemeinde vollendet war. Die Grundzüge der Glaubenslehre in der Verfassung sollten gedruckt und zum Besten der Gemeinde verkauft werden.

Un demselben Tage noch begab sich der provisorische Vorstand zu seiner Excellenz dem Herrn Ober-Präsidenten Dr. v. Merckel und übergab demselben die Grundzüge der Glaubenslehre und der Verfassung der Gemeinde nebst der Bittschrift um Anerkennung derselben als Kirchengesellschaft, und fügte die Bitte hinzu, dieselbe höhern Orts gnädigst bevorworten zu wollen. Se. Excellenz ertheilte den Mitgliedern des Vorstands die Zusicherung, daß er die Sache genau prüfen und seine. über dieselbe gewonnene Ansicht nach Pflicht und Gewissen höheren Ortes aussprechen werde. Die nächste Sorge des Vorstandes war nun, die nöthigen Veranstaltungen zu treffen, daß mit der regelmäßigen Abhaltung des Gottesdienstes begonnen werden konnte. Es wurde daher dem Magistrate und den Stadtverordneten Breslau's zuvorderst für die gütige Ueberlassung des Saales im Gymnasium zu St. Elisabeth gedankt und der Magistrat dann gebeten, der Gemeinde zur Abhaltung ihres Gottesdienstes den Mitgebrauch einer der hiesigen Kirchen städtischen Patronats gestatten zu wollen. Da die Zahl derer, welche durch Unterschrift ihren Beitritt erklärt hatten, bereits die Zahl 1000 überschritten hatte, und bei dem lebhaften Interesse, das ein großer Theil der Bewohner Breslau's an der Sache nahm, ein bedeutender Zudrang zu den gottesdienstlichen Versammlungen der Gemeinde erwartet werden durfte, so wünschte die Gemeinde, daß ihr die Abhaltung ihres Gottesdienstes in der hiesigen Haupt- und Pfarr-Kirche zu St. Bernhardin gestattet werden möchte, und sie hoffte, da ihr von Seiten der Geistlichkeit dieser Kirche die thätigste Mitwirkung zur Erreichung ihres Wunsches versichert worden war, diesen erfüllt zu sehen; dem stand jedoch der nicht unbedeutende Uebelstand im Wege, daß, da der Gottesdienst der Gemeinde dann nach dem Hauptgottesdienste in jener Kirche håtte abgehalten werden müssen, der größte Theil der Kirchgänger schwer zu bewegen gewesen sein würde, seine Pläge, worauf auch die meisten noch dazu einen rechtlichen Anspruch hatten, den Mitgliedern der christkatholischen Gemeinde einzuräumen. Die Gemeinde mußte es daher mit Dank anerkennen, daß der Magistrat, um diesem Uebelstande zu entgehen, nicht nur in seinem desfallsigen Schreiben vom 4. März der Gemeinde zur Abhaltung ihres Gottesdienstes, so wie zur Ausübung der nöthigen actus ministeriales den Betsaal des Armenhauses überwies, sondern auch in Uebereinstimmung mit dem Prediger des Armenhauses, Herrn Jäckel, die Veranstaltung getroffen hatte, daß der Gottesdienst für die Armenhausgemeinde von 12 bis 2 Uhr fortan gehalten werden sollte, so daß mit Ausnahme dieser Zeit und des Donnerstags Vormittags bis

10 Uhr, sowie des ersten Sonntags in jedem Monate des Nachmittags und in der Zeit der öffentlichen Prüfungen der städtischen Elementarschulen einige Wochen lang des Nachmittags, der Betsaal fast ausschließlich der Gemeinde zu ihrem Gottesdienst und ihren kirchlichen Handlungen überlassen wurde. So konnte denn, nachdem die Ordnung des Gottesdienstes im Einzelnen noch genauer berathen und festgestellt worden war, am 9. März 1845 der erste Gottesdienst in der Gemeinde statt finden, dessen Besprechung der Verfasser dieser Zeilen sich um so mehr enthalten kann, als eine ausführliche Beschreibung desselben von dem Herrn Herausgeber dieses Werkes zum Besten der Gemeinde im Druck erschienen ist, und sich gewiß bereits in den Hånden der meisten Leser befindet. Berichte über die weitere Entwickelung der hiesigen Ge= meinde ist der Ref. gern zu geben bereit, wenn diese Zeilen einigen Anklang bei den Lesern finden sollten.

Breslau, den 22. Juni 1845.

Dr. Steiner.

Auszug aus einem Briefe von Johannes Ronge.

Da ich das Gebäude der Hierarchie kannte, wußte ich auch, daß es fallen mußte; ich hatte in Laurahütte längst auf eine Gelegenheit ge= harrt, den Kampf zu beginnen, und mich auch mehrfach darüber bei meinen Freunden ausgesprochen. Weniger vom Geräusch der Welt fortge= rissen, konnte ich den Gang der Tages-Geschichte in der Einsamkeit besser beobachten und wurde schon bei der ersten Nachricht von der Ausstellung überrascht. Doch ich meinte, es würde Niemand den Rock besuchen. Als ich aber las: 500,000, da ergriff es mich mächtig; mit Ungeduld (es war Nachmittag vor den Schulstunden), harrte ich des Ablaufs der zwei Stunden, um den Aufsaß zu schreiben. In dem Augenblicke, als ich schrieb, habe ich nichts berechnet; ich war nur entrüstet über die Frechheit Roms und über die Schmach, die der Menschheit und dem Vaterlande angethan wurde. Als ich aber den Brief fort= geschickt hatte, über die Folgen nachdachte, und die allgemeine Entrůstung aus den Zeitungen wågte, da sah ich voraus, was kommen mußte, wenn die Censur nicht hemmend eintråte. Ich hörte voraus die tausend und tausend Stimmen meiner Mitbürger durch alle deutschen Gauen. Die schnelle Entwickelung konnte ich nicht bestimmt wissen, weil sich diese an die Unbesonnenheit und Blindheit der Hierarchie knüpfte. Den 18. October erhielt ich das Blatt. Den 4. November reiste ich von Laurahütte ab, blieb drei Tage in Oppeln bei meinem Bruder, gegen vierzehn Tage in Waltdorf bei Graf Reichenbach, woselbst ich die bischöfliche Aufforderung zum Widerruf erhielt. Schon damals, da ich mehrmals nach Neisse kam, erklärten sich einige Bürger aus Neisse bereit, sich von Rom loszusagen. Den 23. November kam ich nach Breslau und fand, daß es hohe Zeit war. Anfang December kam die

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