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fie stiegen in demselben Gasthof (in der Nähe der Post) ab, und nach kurzer Ruhe begrüßten sich die christkatholischen Prediger Dr. Theiner, Ronge, Czerski, Post und Sylvester. Ronge äußerte seine ungeheuchelte Freude, Czerski wieder zu sehen, und nicht minder herzlich war der Bruderkuß, mit welchem die Reformatoren das Vergessen des unseeligen Zwiespaltes besiegelten. Nun fand die Unterredung unter den 5 Geistlichen statt, deren Resultat sich in folgenden 5 Punkten feststellen låßt. 1) Daß die Kirche von jeder äußeren Autorität frei sei. 2) Annahme der Presbyterial und Synodal Verfassung. 3) Ulle transcendentalen *) Begriffe von Dogmen sollen, als für das christliche Leben unfruchtbar, und darum überflüssig, abgeworfen werden. 4) Die Lehre und der Geist des Christenthums sollen in der Menschheit zur That und zur Wahrheit werden. 5) Die christliche Liebe soll hinfür Gemeinde - Angelegenheit sein, und durch sie sollen alle Wunden der leidenden Menschheit geheilt werden. Wenn etwas die hohe Freude der Wiedervereinigten håtte stören können, so wäre es die betrübende Nachricht gewesen, die jest eintraf, nach welcher die evangelische Geistlichkeit zwar dem Dr. Theiner das Predigen in der Kirche für den folgenden Tag er lauben wolle, doch Herrn Ronge, der die Messe hatte halten wollen, jede Amtsverichtung untersagte. Eine Intoleranz und Inconsequenz, die auch den lebhaften Unwillen der Rawiczer Bevölkerung erregte. Es ist hierbei noch zu erwähnen, daß einer der evangelischen Prediger ein Schulkamerad Theiners gewesen, sonst würde am Ende auch diesem das Predigen untersagt worden sein.

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Der 3. Februar war ein hoher Feiertag für die Rawiczer Bürger; von allen Seiten waren aus der Umgegend Menschen herbeigeströmt, um das Fest, welches Ronge (der früher nur durchgereist war) und Theiner zum erstenmale in die Stadt geführt, feiern zu helfen. Gegen 300 Wagen zählte man, welche die Fremden zur Stadt gebracht hatten. Vor dem Gottesdienste wollten die 5 christkatholischen Geistlichen im Ornate dem Superintendent Altmann und dem Pastor Gåbel ihren Besuch machen, aber sie wurden bei beiden beschieden: die Herrschaften seien nicht zu Hause, eine Be= hauptung, die im Publikum, welches die Ansichten der evangelischen Herren kannte, nicht recht Glauben finden wollte. Um 9 Uhr begaben sich die 5 Geistlichen in die Kirche, welche, obwohl sie gegen 9000 Perfonen faßt, doch so gedrängt voll war, daß auch noch der Kirchhof zum Theil von Andächtigen beseßt war. Indeß die 4 andern Prediger im Ornate vor dem Ultar auf Stühlen faßen, hielt Dr. Theiner eine begeisternde Rede über den Text:

*) Leider ein sehr unglücklicher Ausdruck, der zu einer neuen Verwirrung Anlaß geben kann, da es unmöglich die Absicht der Reformatoren sein kann, alles Transcendentale aus der Religion zu entfernen. Hoffentlich wird der geehrte Herr Verfasser uns nächstens darüber Aufschluß geben, ob etwa in der Fassung dieses Punktes von ihm ein Irrthum begangen sei.

D. H.

,,Also hat Gott die Welt geliebt,daß er seinen eingebornen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden sondern das ewige Leben haben." Der Prediger zeigte.

,,wie Gott sich in Christo auf das Vollkommenste geoffenbart habe, wie es aber die Aufgabe des Menschen sei, diese höchsten Güter fich durch Erkennen sowohl durch seinen Verstand als durch sein Gefühl, sein Herz und seinen Willen anzueignen, damit uns das ewige Leben nicht erst Jenseits zu Theil werde, sondern damit wir es hier schon in unser Herz aufnehmen und dann einst in der Ewigkeit vollenden können."

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Die Predigt machte auf alle Zuhörer einen sehr tiefen Eindruck. Nach derselben empfingen die an diesem Tage hinzugetretenen Mitglieder das Abendmahl in beiderlei Gestalt, bei welcher Gelegenheit Dr. Theiner wiederum eine sehr zum Herzen sprechende Rede hielt. Un 11 Uhr war der Gottesdienst, dem auch mehre evangelische Geistliche der Umgegend beigewohnt hatten, beendet. Nach dem Gottesdienste wurden die christkatholischen Geistlichen zu dem greisen Dr. Koch gerufen, der trok seiner lebensgefährlichen Krankheit es nicht unterlassen konnte, seine herzinnige Freude über die Vereinigung der beiden Bekenntnisse auszusprechen. Er konnte seinem Entzücken nur durch die Worte Luft machen:,,ach Gott wie freue ich mich — o, meine Herrn, geben Sie mir Ihre Hand — ja jezt kann ich mit Simeon sprechen: Herr, nun laß deinen Diener in Frieden fahren meine Augen haben das Heil der Vereinigung der beiden Reformatoren gesehen Rom wird nicht mehr siegen, und ich will nun gern sterben!" Diese Worte des Todtkranken machten gewaltigen Eindruck auf die Anwesenden. Um 2 Uhr versammelten sich 122 Personen zu einem Mahle, welches sie den christkatholischen Predigern zu Ehren veranstaltet hatten. Obwohl Pastor Gåbel und Superintendent Altmann auch dazu geladen waren, so erschien doch nur Leßterer, um seinem Schulfreunde Theiner eine Aufmerksamkeit zu erweisen. Pastor Gåbel konnte sich allerdings nicht heimisch in einer Gesellschaft fühlen, wo die Gegenwart des Predigers Post ihn daran erinnern mußte, wie er demselben verboten, in der Kirche zu taufen. Von den vielen sinnigen Toasten, die ausgebracht wurden, wollen wir nur einige erwähnen: Herr Bürgermeister Reder sprach ungefähr:

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,,Unser Gruß gilt den Gästen, den Männern, welche für die freie Bewegung der Kirche aufgetreten sind; hierbei wollen wir aber nicht unterlassen, den Wunsch auszusprechen, daß auch aus allen Evangelischen engherziger Fanatismus verschwinden moge!" Mit lautem Bravo begrüßte die Gesellschaft diese Worte. Darauf sprach Dr. Theiner:

,,Liebe und Wahrheit suchend, wollen wir Niemand in seiner individuellen Meinung verlegen, sondern uns dahin vereinigen, daß die ewigen Grundsäge der Moral und der Religion in der Menschheit

gefördert werden, und dann einig kämpfen für die Güter der Mensch= heit: Freiheit, Wahrheit, Recht!"

Darauf sprach Prediger Ronge:

,,Draußen ist's Winter, Frühling aber weht in unserer Brust; der Frühling ist die christliche Bruderliebe, welche uns alle vereint." Prediger Czerski zeigte:

,,Wie uns die ganze Schrift auf innige Einigung in dem Herrn hinweist, wie nur durch sie eine wahre Vereinigung der Gemüther erfolgen könne, und wie es das höchste Ziel der Reform sein müsse, einig wie ein Mann dahin zu wirken."

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Hierauf erhob sich Prediger Post und sprach zu den Festgebern gewendet: Meine Herren, die herzliche Theilnahme, welche Sie der großen Sache, für die wir wirken, so freundlich widmen, thut unsern Herzen wohl; sie ermuthigt uns in dem heißen schweren Kampfe, den wir für die höchsten Güter der Menschheit begonnen haben; sie giebt uns in Voraus die Gewißheit des Sieges, um so mehr als dieser Sieg nur durch die Mitwirkung des kraftigen deutschen Bürgerthums errungen werden kann; diese Ihre Theilnahme verdient um so mehr unseren Dank, als sie im Großherzogthum Posen bis jegt einzig da steht und allen übrigen Städten als glänzendes Beispiel vorleuchtet. Darum rufen wir einen herzlichen tiefges fühlten Gruß der guten deutschen Stadt Rawicz zu." — Herr Superintendent Altmann

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rühmte in einem Trinkspruche Dr. Theiner's Bescheidenheit und Demuth.

Der Pastor Pfigner aus Reisen drückte den christkatholischen Geistlichen seine Freude über die gegenwärtige reformatorische Bewegung etwa so aus:

,,Meine Herren, der größte Theil der evangelischen Kirche blickt mit recht inniger Freude auf die Bewegung, der Sie den Anstoß gegeben, aber leider müssen wir es zu unserer eignen Beschẳmung bekennen, daß auch ein nicht geringer Theil mit Bitterkeit und pharisäischer Verkeßerungswuth Ihre Schritte verfolgt und sich den Finsterlingen von einer anderen Seite verbündet, um den für Freiheit und Wahrheit geschaffenen Menschengeist in ewige Fesseln zu schlagen; ich glaube, wir, die wir bei diesem schönen Feste so brüder= lich versammelt sind, hegen alle den Wunsch, daß dieser Geist dr Knechtschaft und der Finsterniß recht bald verschwinden möge." Noch eine ganz eigenthümliche Weihe ward dem erhabenen Feste, indem der sechzigjährige todtsieche Dr. Koch es in seinem Bette vor Sehnsucht nicht aushalten konnte, noch einmal den Reformatoren den Jubel seiner Seele über ihre Vereinigung zu zeigen; so wankte denn der Greis, mühsam unterstügt, in den Festsaal. Er ließ sich ein Glas reichen und brachte zum Erstaunen aller Anwesen den, und zur nicht geringen Verlegenheit des Superintendenten, Für christkatholisches Leben. Zweiter Band.

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einen Toast auf die evangelische Geistlichkeit aus, ,,weil sie eine der Reformation so liebevolle (?) Gesinnung bewiesen." Bur Betrübniß der Gesellschaft verließ Prdiger Ronge schon um 3 Uhr dieselbe, um den dringenden Bitten einer Deputation zu folgen, die gekommen war, ihn nach Guhrau zu dem anderen Tags zu haltenden ersten christkatholischen Gottesdienste dieser Stadt abzuholen. Um

6 Uhr reisten auch die Posener Geistlichen ab; Dr. Theiner blieb bis 12 Uhr, wo er mit der Post nach Breslau zurückfuhr. So endete das denkwürdige Fest, welches den Anfang gemacht zur Ausgleichung des alten Zwistes zwischen dem Rationalismus und dem Supernaturalis= mus, ein Fest, welches eine Ahnung vom Herannahen der Zeit gab, in welcher nur ein Hirt und eine Heerde sein und durch die Liebe der lebendige Glaube erweckt werden wird, der, ohne der Form ihr ge= wisses Recht zu rauben, doch die größte Herrschaft für den gottgeschaffenen Geist in Anspruch nimmt.

Posen, den 15. Februar 1846.

Carl v. Heugel.

Aus einem aus Rawicz eingesendeten Berichte vom 5. Februar über dieselbe Sache möge hier noch Folgendes Plaß finden.

Am 3. Februar um 9 Uhr wurde der Gottesdienst in der hiesigen evangelischen Kirche abgehalten. Dr. Theiner hielt sowohl die Liturgie als auch die Predigt, denn leider war unserem würdigen Ronge so wie jedem anderen Prediger des breslau-leipziger Bekenntnisses von den hiesigen evangelischen Geistlichen die Kirche versagt, obgleich solche, unter Zustimmung aller Interessenten, der christkatholischen Gemeinde ohne. alle Einschränkung von dem Oberpräsidenten bewilligt worden war. Der Grund liegt nach der Versicherung der Geistlichen darin, daß die Christkatholiken die Gottheit Christi in ihrem Bekenntniß nicht ausge sprochen haben, mithin ihr Glaube nur ein „modernes Indenthum“ sei. Auffallend ist hierbei, daß dieselben Geistlichen sich veranlaßt gefunden, Theiner auszunehmen, da er doch eigentlich der Stifter dieses ,,modernen Judenthums“ ist, und noch auffallender muß es erscheinen,

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daß auch der Oberprediger jeßt feindselig gegen die Sache vortritt, nachdem er ihr bei dem ersten von Ezerski abgehaltenen Gottesdienste sichtbare Zeichen seiner Gunst dadurch gegeben, daß er obgleich nebenbei Superintendent Czerski in einem offnen Wagen abholte und gleich: sam im Triumphe auf den Kirchhof führte, auch spåter in seinem eignen Hause Wohnung und ihm zu Ehren ein Diner gab.

Bei dem von Theiner abgehaltenen Gottesdienste war die sehr geråumige Kirche zum Erdrücken überfüllt, und es konnten wohl an 7 bis 8000 Zuhörer zugegen sein. Allgemein war die Begeisterung nach dessen Beendigung, und es herrschte in dieser Beziehung nur eine Stimme sowohl bei den Christkatholiken als den Evangelischen, bei den lehteren jedoch mit dem Unterschiede, daß damit eine entschiedene und laute Mißbilligung des Verfahrens ihrer Seelsorger verbunden war, welche letteren nicht angenehm sein kann, ja wohl gar, wenn sie bei ihren gegenwärtigen Ansichten verharren, einen Zwiespalt zwischen ihnen und der Gemeinde herbei führen könnte, was Gott verhüten möge.

Nachmittag vereinigten sich 122 Personen zu einem Mittagsmal; über 30 mußten wegen Mangel an Raum zurücktreten. Alle Stände, hoch und niedrig, durchwehte der Geist wahrhaft christlicher Bruderliebe, und der einzige Mißton, welcher sich in diese schöne Harmonie mischte, war der Gedanke an jenes inconsequente Verfahren der Geistlichen.

Die ausgebrachten Toaste waren an sich nicht ohne Interesse, noch gehoben durch die allgemeine Begeisterung für die Sache und durch eine öffentliche und offene Kundgebung der Gesinnung. Den ersten brachte unser verehrter Bürgermeister den gefeierten Männern der Gegenwart: Dr. Theiner, Czerski, Ronge, 2c. Der Bringer desselben verglich die katholische Kirchenreform mit der Sonne, welche nur von denen nicht gesehen und erkannt würde, welche blind wåren oder blind sein wollten. Dr. Theiner dagegen erwähnte bei seinem Toaste auf die evangelischen Geistlichen rühmend deren gute Gesinnung für die Christkatholiken und die freundliche Beförderung der guten Sache. Dieser Ruhm wurde angefochten, und es wurden erst eine, dann viele Stimmen mit dem Rufe laut: Nicht alle! In diesem Augenblick erhob sich ein evangelischer Geistlicher aus der Nachbarschaft und brachte der christlichen Bruderliebe einen Toast mit folgenden Worten:

In Bezug auf den so eben auf die evangelischen Geistlichen gebrachten Toast vernehme ich von vielen Seiten den Ruf: Nicht alle! Ich selbst bin evangelischer Geistlicher, und muß leider in diesen Ruf mit einstimmen. Ja! es giebt noch viele unter meinen Umtsbrüdern, welche den Geist des Christenthums und ihren Beruf so wenig begriffen, daß sie das große und herrliche Werk verlåumden und anfeinden. Mögen auch sie zur Erkenntniß kommen, und wahrhaft christliche Bruderliebe anstatt jener Gesinnungen in ihrem Herzen Plas finden.

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