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lichen Natur nicht Bosheit als die Gesinnung, das Böse als Böses zur Triebfeder in die Maxime aufzunehmen, sondern Verkehrtheit des Herzens (,,das böse Herz"), die aus der Gebrechlichkeit der menschlichen Natur und deren Unlauterkeit (Vermischung der Legalität und Moralität) entspringe (31-36; 21-24). Demgemäss sei auch eine doppelte Schuld zu unterscheiden: eine vorsätzliche (culpa) und eine unvorsätzliche (dolus); jene stamme aus der natürlichen Gebrechlichkeit und Unlauterkeit, letztere sei der Selbstbetrug des Herzens über die sittliche Qualität seiner Gesinnungen. Diese gesamte Schuld (reatus) sei insofern angeboren, als sie beim frühesten Gebrauche der Freiheit schon sich äussere als Folge des intelligibeln Freiheitsgebrauches (36 f.). Doch dürfe sie weder als Erbkrankheit (medicinisch-physisch), noch als Erbschuld (juristisch, ohne Berücksichtigung der moralischen Persönlichkeit), noch als Erbsünde (theologisch, ohne Unterscheidung des individuellen, mehr physischen und des persönlichen, ethischen Konnexes mit dem Stammvater des Geschlechts) angesehen werden (40 ff.). Ueberhaupt sei ein Zeit ursprung des Bösen deshalb nicht aufzusuchen und noch weniger aufzufinden, weil eine freie Handlung nur durch Vernunft vorstellungen erreicht werde, die nichts mit dem Zufälligen und mit dem Geschehenen, sondern nur mit dem Dasein und der Notwendigkeit sich zu schaffen machten (40. 43 ff.). Was aber die Frage nach dem Vernunftursprunge des Bösen anlange, so bleibe derselbe ein unlösbares Rätsel. Die Schrifterzählung (Genesis 3) schildere den Ursprung des (menschlichen) Bösen so,

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1) Das Verhältnis des Zeit- und des Freiheitbegriffes wird erörtert Krit d pract. Vernunft 170 ff. 180 ff. ,,Die Causalität nach dem Gesetze der Naturnotwendigkeit ist bloss der Erscheinung, die Freiheit aber demselben Wesen als Dinge an sich beizulegen"; sonst werde die transscendentale Freiheit ein „nichtiger, unmöglicher" Begriff; Leugnung der Idealität der Zeit treibe dem Spinozismus entgegen. Zur Kritik der der Kant'schen,,Apriorität und der Idealität der Zeit vgl. Herbart, Psychol. V, 309 ff. 505. 507. 509 ff.; VI, 239. 265. 283 ff. 292 ff. 358 f. 451; Ueberweg, Logik (3. Aufl.) 44 f. 178 f. 78-91; Harms, Philos. seit Kant (1876) 248 ff.; Briese, Erkenntnislehre d Aristot. und Kant's 50 ff. (Berlin 1877); Paulsen, Entwickelungsgeschichte der Kant'schen Erkenntnistheorie 190 ff. (1875); Wundt, Logik I. (Erkenntnislehre) 437 ff.; Ebrard, Apologetik I, 30. 33. 49 f.; Volkelt, Kant's Erkenntnistheorie nach ihren Grundprincipien analysiert (1879); Leclair, Krit. Beiträge zur Kategorienlehre Kant's (Prag 1877).

dass der Zeit nach als Erstes erscheine, was der Sache nach (ohne Rücksicht auf die Zeitbedingung) das Erste sein müsste; nicht der Hang sei in Gen. 3 das Erste, sondern die sündige That. Die Schrift thue auch recht daran, denn sie wolle nur bildlich das zufällige, geschichtliche Dasein der Sünde unserer Schwäche gemäss vorstellig machen (43-46. 65. 72. 113). Aber wir dürfen von einer moralischen Beschaffenheit, die uns soll zugerechnet werden, keinen Zeitursprung suchen, so unvermeidlich dieser auch ist, wenn wir ihr zufälliges Dasein erklären wollen." - Diese Zurechnung ist eine äusserst schwerwiegende. Denn Schuld und Strafe sind beide unendlich. ,,Das sittlich Böse führt nicht sowohl wegen der Unendlichkeit des höchsten Gesetzgebers, sondern als ein Böses in der Gesinnung und den Maximen überhaupt eine Unendlichkeit von Verletzungen des Gesetzes, mithin der Schuld bei sich; sonach würde jeder Mensch sich einer unendlichen Strafe und der Verstossung aus dem Reiche Gottes zu gewärtigen haben" (95. 37. 42. 46 ff. 78). Ferner: unendlich ist auch der Abstand zwischen dem Guten, das wir in uns realisieren sollen, und dem Bösen, von dem wir ausgingen; ,,in keiner Zeit ist die Angemessenheit des Lebenswandels zur Heiligkeit des Gesetzes erreichbar" (84 f. 60. 72. 69). Daraus folgt: dass auch der Beste in seiner Lebensführung es wohl zu „,glänzenden Armseligkeiten", jedoch nimmer zur Personification der Idee des guten Principes bringen kann. (69 ff. 73 ff. 85).

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Die ausschliessliche Betonung des menschlichen Ich, der individuellen Persönlichkeit als eines Atomes, als eines Exemplares der Gattung gestattet Kant nur eine psychologische Analyse des Bösen zu geben und verschliesst ihm sowohl den Blick auf den

1) So Anselm in cur deus homo II, 16 f.; I, 21; conf. Hasse, Anselm v. Canterbury II, 229 ff.; Kahnis, Dogm. (1. Aufl.) II, 248; Dorner, Person Christi II, 243 f.

2) Vgl. Jacob. 2, 10; 3, 2; Luc. 17, 10; 18, 13. 16; Matth. 5,18 f.; 6, 17 f.; Röm. 13. 23.

3) Zwar findet Kant Augustin's bekanntes Wort, dass die heidnischen Tugenden nur glänzende Laster seien, zu hart; aber thatsächlich kommt er ihm sehr nahe, wenn er a. a. O. 24 meint: ,,was nicht aus diesem Glauben (d. h. an den Geist und die Kraft des moralischen Gesetzes) geschieht, das ist Sünde"; ähnlich folgerte auch Augustin aus Röm. 13, 23.

metaphysischen Hintergrund des Bösen als die Beziehung auf das Geschlecht der Menschen. Jenen will Kant vermeiden: aber die Frage nach dem Ursprunge des Bösen drängt sich gerade ihm um so nachdrücklicher auf, als er statt des Zeitursprunges den Vernunftsursprung nachzuweisen empfiehlt; er flüchtet zur Unerklärbarkeit desselben und heisst bei der angeblichen Thatsache der intelligibeln That Beruhigung fassen. Doch diese vermag er nicht als Thatsache der Erfahrung zu erweisen; er folgert sie, indem er den psychologischen Nachweis plötzlich verlässt, aus dem Dasein des Bösen und der von ihm behaupteten Notwendigkeit, den jetzigen sittlichen Zustand des Ich einzig und allein aus dessen eigener früherer Willensentscheidung abzuleiten. Nicht in der Zeit, nicht in dieser sensibelen Welt lassen sich die Quellen des Bösen entdecken; also sind sie vor der Zeit, ausserhalb der Empirie des Menschen in einer intelligibeln Welt zu substituieren. Aus dem Ich aber müssen sie entspringen: sonst wäre die sittliche Zurechnung weder der geheimnisvollen Urthat, noch ihrer offenbaren Folgen möglich. Aehnliche Schlüsse finden sich vor Kant bei Origenes, nach Kant bei Steffens, Schelling, Julius Müller, Schopenhauer. 1 Wohl ist des Menschen Schuldbewusstsein der unumstössliche Beweis für seine Willensfreiheit und die absolute Geltung des Sittengesetzes: aber der Rückschluss auf eine Präexistenz der Seelen erscheint höchst misslich (nicht sowohl wegen der kleinen Zahl seiner Vertreter, als vor allem) wegen der Unmöglichkeit, von dem also behaupteten Aussereinander der als selbständige, zusammenhangslose Atome gedachten Individuen auf den Organismus der Menschheit zu kommen, dem doch auch Kant durch das Postulat des Reiches Gottes (einer Verbindung der Menschen durch Tugendgesetze) zustrebt. Kant macht seinen Schluss auf Grund der von ihm nicht bewiesenen Annahme, dass es richtig sei, den Menschen als Individuum ohne

1) Wie J. Müller auch Secrétan, la philosophie de la liberté (Paris 1872). Zur Kritik vgl. Rothe, Theol. Ethik, III, 52 f.; Schmidt, Ueber die Freiheit des menschlichen Willens in Stud. und Krit. 1873, 4. Heft, 620. 625 ff. 630 f.; Paul, Kant's Lehre vom radicalen Bösen (1875); Schultheiss, Kant's Lehre vom radicalen Bösen (1873, S. 29 ff. und 61 f.); Ritschl, Rechtf. und Versöhnung III, 40 f. 287. 306 f. 324. 332 f.; Ebrard, Apologetik I, 246; Martensen, Dogmatik 152 f.; Christl. Ethik I, 153 f. 159, 167 f. Auch Baur, Christentum der drei ersten Jahrh. 251 f.; Dorner, Christi Person II, 1254; Kahnis, Dogm. II, 58. 74; Tzschirner, Fall des Heidentums 582 f.

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Und was

weiteres für den Menschen überhaupt zu nehmen. 1 den Gedanken der Gemeinschaft, des Organismus, des Reiches betrifft, so erscheint derselbe weder in der Entwickelung noch als Zielpunkt des Systemes deutlich und lebenskräftig: es ist ihm Alles daran gelegen,,,das Reich Gottes in uns" zu realisieren, aber losgelöst von dem Gotte, der es allein constituieren kann und der doch nach Kant nur als regulative Idee gelten soll; eine Welt im Kleinen bildet so der Mensch, die ausschliesslich auf sich selbst beruht und ohne lebensvolle Beziehung erscheint auf geistige und sittliche Mächte über uns und neben uns. Diesem Mikrokosmos fehlt das Einheitsband, das ihn sachlich und persönlich an ein fremdes Leben, als den Grund seines eigenen Lebens (Gott) und als das Ziel seiner Lebensbethätigung (Andre) knüpfte. Der formale kategorische Imperativ ersetzt nicht den Mangel dieser zweifachen persönlichen Gemeinschaft: er isoliert nur den Menschen in seiner Sphäre; zwar normiert er durch das strenge Pflichtgebot seinen Willen, aber dies bringt weder die Tugend, d. h. die Kraft Gutes zu thun, noch lässt es den vom Einzelnen erstrebten Vollkommenheitszustand auf Andere sich übertragen. Es ist nicht zufällig, dass bei Kant und Fichte nicht sowohl die Tugend- als die Pflichtenlehre 2 zur Geltung kommt: ohne sachliches ethisches Princip bleibt

1) Relig. innerhalb d. Grenzen d. Vernunft 15 ff. wird der versprochene Nachweis dieser Identität nur in Thesen gegeben. In Kritik der pract. Vernunft 155 f. heisst es:,,Das moralische Gesetz ist heilig. Der Mensch ist zwar unheilig genug, aber die Menschheit in seiner Person muss ihm heilig sein. Er ist wie jedes vernünftige Wesen Zweck an sich selbst." Doch wo findet sich bei Kant eine ,,reale Bezeichnung der Totalität menschlicher Maximen?" — Vgl. Schleiermacher, Krit. d. bisherigen Sittenlehre 136 ff.:,,Die wesentlichste unter den Bedingungen, auf welchen am Ende die ganze Ethik beruht, ist gerade die, welche (von Kant und Fichte) nicht als notwendig, sondern nur als blosse Möglichkeit abgeleitet werden konnte, nämlich die Mehrheit der Individuen. Merkwürdig und wahrhaft magisch, nichts weniger aber als allmählich und regelmässig ist die Art, wie die als notwendig geforderte einmalige Aufforderung des Ich sich verwandelt in die Gemeinheit der Vernunftwesen."

2) Vgl. Kant, Krit. der pract. Vernunft 143-154; Martensen, Christl. Ethik I, 3. 447; Schleiermacher, Krit. aller bisherigen Sittenlehre 215 ff.: Kant hat seine Darstellung zur Ungebühr Tugendlehre genannt, da alles Reale darin nur Pflichtbegriffe sind und er von der Tugend nur den Gegensatz, nämlich das Laster hat gebrauchen können" (217). „Kant sagt mit einer Verwirrung, in der jede Spur eines dialektischen Verstandes

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sie bei Einzelheiten stehen, ähnlich wie die antiken Ethiker wohl die officia (pluralisch), noch nicht aber die virtus als einheitliches. Princip jener zu beschreiben vermochten. Und nicht zufällig ist es, dass dem Kant'schen Pflichtgebote jede Rücksichtnahme auf die individuellen Momente der Pflicht, auf die Verschiedenheit der Personen und Verhältnisse abgeht; streng und ernst, aber auch eintönig und starr formalistisch wendet es sich an den Menschen als an ein abstractes Vernunftwesen und fordert von ihm, dass er in abstractem, nahezu herzlosem Gehorsam sich beuge unter die Allgemeingültigkeit des Vernunftgesetzes. 2

Kant betont es öfters und er ist stolz darauf, dass nur die rein formellen Begriffsbestimmungen für ihn Bedeutung haben. 3 Das Vernunftgesetz ist ihm blosser kategorischer Imperativ, der freie Wille ist Willkür ohne jeden materialen Gehalt, das Böse ist nicht in der Beschaffenheit der Triebfedern, sondern in der Subordination der einen unter die anderen, bezüglich in der Umkehrung derselben zu suchen. Diesen abstracten, rein formalen Definitionen ist der adäquate Inhalt von anderer Seite her zu geben und auch Kant hat ihn sich vielfach erschlichen trotz seiner Verwahrung gegen alle materialen Bestimmungsgründe. Er ist genötigt, die Liebe als höchstes Gesetz, den Egoismus als den Kernpunkt des radicalen Bösen und als das Motiv der empirischen Willkür gelten zu lassen.1

schwindet es sei zwar nur Eine Tugend, aber man könne mehrere Tugenden unterscheiden nach Massgabe der Zwecke, welche die Vernunft vorschreibt; denn soviel fehlt, dass jedem Zwecke eine andere und eigene Gesinnung müsste untergelegt werden, dass vielmehr nur durch die Mehrheit der Zwecke, indem vielem Aeusseren Ein Inneres als zum Grund liegend sich offenbart, die Gesinnung kann erkannt werden“ (328).

1) Vgl. Röm. 1, 21 – 24 mit 1 Joh. 4, 16; Röm. 5, 5; 1 Cor. 12, 4. 31; 13, 13; Röm. 13, 10.

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2) Vgl. Martensen a. a. O. I, 501 f. 283. 451. 484. Ganz anders 3 Mos. 19, 2; Joh. 15, 6. 15 f.; 1 Cor. 4, 2; 2 Cor. 12, 9; Galat. 2, 20.

3) Krit. d. pract. Vernunft 14. 55. 67 ff. 144 ff. 130-158. Relig. innerhalb d. Grenzen d. Vernunft 34.

4) Kritik der pract. Vernunft 147 f. 131 f. Es ist freilich nur ein schwaches Echo des Paulinischen ἡ ἀγάπη οὐ ζητεῖ τὰ ἑαυτῆς (1 Cor. 13, 5) und des Johanneischen ὁ μένων ἐν τῇ ἀγάπῃ ἐν τῷ θεῷ μένει ἡμεῖς ἀγαπῶμεν αὐτόν, ὅτι αὐτὸς πρῶτος ἠγάπησεν ἡμᾶς ἀγαπῶν τὸν θεὸν dɣanã xai tòv dòcλyòv aútoũ (1 Joh. 4, 9. 10. 16-21; Joh. 13, 14 f.; 1 Cor. 12, 25. 26; 7, 11; Röm. 12, 14–21; 13, 10), wenn Kant die „practische“ Liebe darauf reduciert, dass ,,Gott lieben heisse seine Gebote gerne thun,

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