ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Sittlichkeit; es fordert nicht bloss, es kräftigt und erhebt vorerst (Joh. 15, 6 fl.; 13, 15. 17; Röm. 5, 5); es führt nicht an eine endlose Reihe einzelner Aufgaben, sondern zeigt über der Gegenwart und nach dem momentanen Kampfe in der Pflichterfüllung eine Zukunft der sittlichen Kontinuität und Vollendung auf Grund der Gemeinschaft mit Gott und der Verklärung der menschlichen Persönlichkeit (εἶναι ἐν θεῷ).

Uebrigens bequemt sich Kant zu jener Anerkennung der christlichen Theonomie doch nur in einem Zusammenhange, der ihm selbst den Vorwurf zugezogen hat, dass er auf die strenge Autonomie verzichtend selbst der Heteronomie sich schuldig gemacht habe. Obwohl nämlich Kant behauptete, Gesetz und Freiheit (diese der Grund des Sittengesetzes und seine ratio essendi) bedürften nicht der Idee Gottes, um selbst Geltung zu erhalten: so kommt er doch schliesslich zu dem Bekenntnis,,,die Idee Gottes anzunehmen sei practisch notwendig, um die Glückseligkeit mit der Sittlichkeit verknüpfen zu können." Der Rückfall in den Eudämonismus liegt hier klar zu Tage; 2 auch Kant beruhigt sich nicht bei der Tugendübung inmitten der irdischen Konflikte und Misserfolge, auch er fordert einen (einstigen) Ausgleich zwischen Tugend und Glück; die vornehme,,Selbstzufriedenheit“ und „,Würdigkeit" schlägt schliesslich doch auch bei ihm um in den Anspruch auf Anerkennung und Lohn. Während so der stolze Gedanke beatitudo ipsa virtus zurückgenommen wird, bleibt das ähnlich lautende, doch religiös motivierte Wort des Jacobus (1, 25, 31): & monty's ἔργου, ὁ παρακύψας εἰς νόμον τέλειον τὸν τῆς ἐλευθερίας καὶ παρα

1) Kritik der pract. Vernunft 224 ff.; vgl. Kritik der Urteilskraft § 91, S. 359 ff.

2) Vgl. oben S. 54. Ritschl, Rechtfertigung u. Versöhnung III, 188. 445. 449. 454; Martensen, Ethik I, 192 f. 195 f. 200; Ebrard, Apologetik I, 217; Ulrici, Herzog's Encyklopädie 343 ff.,,Das Sittengesetz bleibt bestehen, auch wenn der Tugend weder im diesseitigen noch im jenseitigen Leben die Glückseligkeit entspräche, und mithin kann die practische Vernunft nur fordern, dass das Sittengesetz befolgt werde ohne alle Rücksicht auf Glückseligkeit; nach Kant's Principien ist ihre Einführung in die philosophische Ethik eine völlig willkürliche." Rousseau:,,Die strengste Moral kostet nichts auf dem Papiere.“ Zur historischen und sachlichen Klarstellung des vielumstrittenen Begriffes,,Eudämonismus“ vgl. E. Pfleiderer, Eudämon. und Egoismus (1880); besonders S. 5 ff. 29 ff. 49 ff, 68 ff. 82.

662

μείνας, οὗτος μακάριος ἐν τῇ ποιήσει αὑτοῦ ἔσται in Kraft; in vita sua beatus est, ita ut ipsa actio sit beatitudo, jedoch steht voran (ν. 21) das δέξασθαι τὸν ἔμφυτον λόγον τὸν δυνάμενον σῶσαι τὰς ψυχάς; und dieser λόγος ist das hervorragendste der δωρήματα τέλεια ἄνωθεν καταβαίνοντα (V. 17 f.). 1 — Aber nicht nur und nicht erst die befremdende Verbindung der Glückseligkeit mit der Tugend drängt Kant zur factischen Heteronomie, sie droht schon vor der Aufstellung des Begriffes des bonum supremum, das als ,,oberstes Gut" einen Bestandteil nur bilde des bonum consummatum, ,,des höchsten Gutes." Schon da droht sie, wo auf Grund des schroffen Dualismus zwischen Noumenon und Phänomenon jenes als Gesetze gebend, dieses als Gesetze empfangend erscheint. Denn: das infolge der intelligibeln That doch sittlich nicht mehr intacte Noumenon kann unmöglich das absolute Gesetz gesucht und ebensowenig aufgefunden haben; ersteres nicht wegen seines ethischen Zustandes, dieses nicht, weil die ethische Depravation immer die intellectuelle nach sich zieht, da wo es sich um ethische Fragen handelt. Die Kant'sche, der Erfahrung (gemäss Röm. 7, 14 ff.) entnommene Prämisse, dass die Pflichterfüllung doch immer ,,ungern" geschieht und dass wir dem Gesetze widerstreben, welches wir — angeblich uns selbst gegeben haben, führt nicht sowohl auf die abstracte, theoretisch und empirisch nicht haltbare Scheidung zwischen Noumenon und Phänomenon, als auf die Annahme, dass uns von aussen und von oben der thatsächlich vorhandene vóμos пveuμatixós gegeben sei. Wären wir autonom, so müsste von uns gelten: dem Reinen und Gerechten ist kein Gesetz gegeben, d. h. es dürfte nimmer in uns das freie Wollen differieren von dem Sollen und der erkannten Pflicht.

Kant's Schwanken zwischen dem Principe vollster Autonomie und der factischen Einführung eines durchaus heteronomen Motives (Glückseligkeit) hat dem Gottesbegriffe in Kant's Systeme eine sehr unsichere, schwankende Stellung zugewiesen. Volle Autonomie des Menschen fordert dessen Apotheose, also auch die Streichung des Gottesbegriffs als eines im Systeme

1) Vgl. Huther zu Jacob. 1, 2. 5; auch Weiss, Bibl. Theol. 176. 178. 2) Krit. d. pract. Vernunft 194 ff. Das ,,höchste Gut" (bon. cons.) ist nach Kant die Synthesis von Tugend und Glückseligkeit, das „,oberste Gut" (bon. supr.) ist die Tugend, die Conformität des Wollens und Thuns mit dem kategorischen Imperative.

irgendwie wesentlichen und constitutiven.1 Denn, hat Gott das Sittengesetz nicht gegeben, so kann er es auch nicht überwachen und seine Uebertretung strafen; dann aber hat Gott für den Menschen keine sittliche, das ist überhaupt keine Bedeutung mehr.2 Unleugbar hat Kant mit dieser Folgerung in der ,,Kritik d. pract. Vernunft" Ernst gemacht; Gott bringt es da nicht zum Wesen und Sein; als regulative Idee nur und als Hypothese steht er am fernen Horizonte; zur Erklärung der sittlichen Welt ist er nicht nötig, denn Gesetz und Freiheit sind da ohne ihn, sie sind nicht seine, sondern der Vernunft Offenbarungen und Attribute. In den ver

schiedensten Tonarten hat die Kritik auf diese dem Pantheismus (z. B. Fichte's) direct vorarbeitenden Anschauungen Kant's hingewiesen. Friedrich Stolberg nannte ihretwegen Kant einen geschickten Diener des Atheismus, in dem der unruhige stürmische Geist des Protestantismus, der mehr zum Zerstören, als zum Bauen geneigt sei, zur vollen Ausgestaltung gelangt sei. Ulrici sieht,,in der Autonomie der menschlichen Freiheit und Vernunft das irreligiöse Element, das Kant's Philosophie im Geheimen durchzieht."4 Martensen tadelt an der Kant'schen Vernunftgesetzgebung, dass sie trotz ihrer Anknüpfung an den Gedanken Gottes doch nur „,einem Briefe vergleichbar sei, der zwar den göttlichen Willen im Siegel führe, wenn er aber geöffnet werde, nicht das Mindeste besage von irgend einem persönlichen Verhältnisse zwischen dem Briefsteller (Gott) und uns."5 Ritschl bestreitet Kant, dass die Geltung des Gottesbegriffes einzuschränken sei auf den pflichtmässigen Ge

1) Ein wesentlicher Unterschied der Spinozistischen und Kant'schen Ethik, zugleich ein Beweis für die energische Konsequenz der ersteren liegt u. a. darin, dass Spinoza bei Ausführung seiner Ethik auf persönliche Unsterblichkeit und auf den Ausgleich zwischen Tugend und Glück durch einen überweltlichen Gott ausdrücklichst verzichtet; vgl. Spinoza, Ethik V, §§ 14—42.

2) Ganz anders im Christentume; hier schliesst die Immanenz Gottes (èv aùtổ èsμev) keineswegs die Transscendenz aus; auch das Sittengesetz im Menschen ist nur eine Offenbarung des Gottes ἐξ οὗ καὶ δι ̓ οὗ καὶ εἰς öv tá návτa (Röm. 11, 36; 1 Cor. 15, 28).

3) Vgl. Gelzer, Deutsche National-Litteratur I, 256 f.

4) Herzog, Encyklopädie VII, 342; vgl. 343–348. 452 ff.; Kirchner, über die Notwendigkeit einer metaphysischen Grundlage für die Ethik; Programm der kgl. Realschule, Berlin 1881, 33 f.

5) Christl. Ethik I, 480 f. 283. 473. 478. 446. 484. 501 f.

brauch der practischen Vernunft und dass die Idee Gottes nur eine Ueberzeugung des practischen Glaubens sei; die Kant'sche Artbestimmung unseres Geisteslebens setze mit Unrecht die practische Vernunft als eine Art der theoretischen als einer anderen Art entgegen, da doch die Erkenntnis der Gesetze unseres Handelns zugleich auch theoretisches Erkennen sei, nämlich die Erkenntnis der Gesetze des geistigen Lebens; das theoretische Erkennen habe einen Antrieb und so die Möglichkeit in sich selbst, das Zusammensein von Natur und Geistesleben zu begreifen; die Gottesidee sei auch als wissenschaftlich gültige Wahrheit anzunehmen. 1 Vielfach ist endlich die durchaus berechtigte. Anklage erhoben worden, dass Kant Wesen und Inhalt der Religion verflüchtige in allgemeine moralische Begriffe und dass er darauf ausgehe die Religion aufzulösen in Philosophie. 2 - Die schärfste Kritik hat jedenfalls der „alternde“ (?) Kant an sich selbst vollzogen, und zwar dadurch, dass er inkonsequenter Weise von einer absolut selbständigen Moral ausging und doch mit religiösen Postulaten (Gott, Unsterblichkeit, Ausgleich zwischen Tugend und Glück) abschloss, weil es auch ihm auf die Dauer nicht genügte, wohl eine gesetzgebende Autorität in sich zu wissen, aber dabei auf diejenige Autorität zu verzichten, welche allein den Gesetzen unbedingten Erfolg sichert. Freilich,

[ocr errors]

,weil er durch die angebliche Autonomie der Vernunft sich den geraden Weg versperrt hatte, vom Begriffe des Sittengesetzes zur Idee Gottes zu kommen, so musste er einen krummen Seitenweg einschlagen, um zum Ziele zu kommen", 3 d. h. nur durch das eudämonistische Moment der Glückseligkeit, das die Strenge und Folgerichtigkeit seines Systems logisch wie ethisch aufhob, gelang es ihm überhaupt noch, seinen Gottesbegriff zu motivieren. Durch solche Inkonsequenz rächte sich auch bei Kant der Versuch, das Ich zu emanzipieren und mit dem Absoluten auf gleiche Stufe zu erheben; der Versuch, die Sittlichkeit von der (sie im letzten Grunde bestimmenden und mit Inhalt füllenden) Religion zu lösen; der Versuch, die Freiheit des Menschen allein zu betonen und die Abhängigkeit desselben von Gott zu ignorieren.

1) Rechtf. u. Versöhnung III, 187 – 192.

2) Z. B. Kahnis, Innerer Gang d. Protest. II, 46; Ebrard, Apolog. I, 229. 236.

3) Martensen, Ethik I. 21 f. 28. 450 f. 483; Ulrici, Herzog's Encyklopädie VII, 343.

Einen geraden Weg zur Gottesidee hätte Kant wohl von seiner Erklärung: „in der allergenugsamsten Intelligenz wird die Willkür als keiner Maxime fähig, die nicht zugleich objectives Gesetz sein könnte, mit Recht vorgestellt" aus einschlagen können. Denn es scheint, als ob die von Kant geforderte Identität der Maxime und des Gesetzes in materialer Hinsicht, wie sie beim vollendet Tugendhaften sich finden soll, die Gottesidee unbedingt fordere als Urbild und Vorbild menschlicher, geistiger Vollkommenheit. Allein bei der Definition seines Persönlichkeitsbegriffes lehnt Kant wiederholt jede Beziehung des Ich zur Gottesidee ab, welche die letztere zum Bestimmungsgrunde oder Zielpunkte des Ich machen könnte. Der Mensch ist jederzeit „Zweck an sich selbst", niemals ,,Mittel, selbst nicht von Gott."1 Diese selbstische Unmittelbarkeit und Unbedingtheit des Ich und seines Gesetzes schloss für Kant die Accommodation an den christlichen Persönlichkeitsbegriff aus, der die Gottesverwandtschaft und Gottesgemeinschaft, somit Geistigkeit (formell), Heiligkeit und Liebe (materiell) als Wesensmomente in sich trägt; 2 vgl. Joh. 3, 5. 8; 4, 24; Levit. 19, 2; 1 Joh. 4, 16; Matth. 5, 7 ff. 48; 2 Petr. 1, 4; Röm. 5, 5; 11, 36; 1 Joh. 1, 3. 6; 2, 24. 27 f.; 3, 6. 9 f. 19. 24; Apost. 17, 28.

4) Die Autarkie der practischen Vernunft.

Nach Kant muss das Ideal der Gott wohlgefälligen Menschheit (d. h. einer moralischen Vollkommenheit, wie sie an einem von Bedürfnissen und Neigungen abhängigen Weltwesen möglich ist) unter

1) Krit. d. pract. Vernunft 57 f. 155. 236 f.; Relig. innerh. d. Grenzen d. Vernunft 18.

2) Das kühne Wort von der felix culpa hat seine Begründung in dieser Fassung der in Gott begründeten und von Gott gehaltenen, trotz Schuld und Irrtum unverlierbaren und unzerstörbaren (wenn auch der Schwächung ausgesetzten) Persönlichkeit. Vgl. Luther: über den aus des Menschen Sündhaftigkeit abgeleiteten Wert des Menschen für Gott, bei Dorner, Person Christi II, 510-535. Das Schuldgefühl ist die negative Sicherstellung des Wertes der menschlichen Persönlichkeit. Die Schuld hat eine unendliche Bedeutung für Gott selbst, für seine Gerechtigkeit, denn sie macht Sühne notwendig. Im Schuldgefühl ergreift sich der Mensch zum ersten Male als Persönlichkeit, zwar als eine unwürdige, aber für Gott selbst und seine Gerechtigkeit nicht gleichgültige; im Verlangen nach Sühne ist der erste rein ethische Zug eine ideale

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »