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klar, und so lautet sein erster Satz dahin (S. LV. LVII.): die Sprache ist kein fertiges ruhendes Ding, sondern etwas in jedem Augenblicke Werdendes, Entstehendes und Vergehendes; sie ist nicht sowohl ein todtes Erzeugtes, als eine fortwährend thätige Erzeugung, kein Werk, ergon, sondern eine Wirksamkeit, energeia kurz Sprache ist nur Sprechen. Will man den Ausdruck scharf nehmen, so lässt sich wohl sagen: es gibt keine Sprache, so wenig wie es Geist gibt; aber der Mensch spricht, und der Mensch wirkt geistig. Humboldt konnte sich den Geist nicht anders, denn als geistige Thätigkeit denken, und die Sprache ist ihm die sich ewig wiederholende Arbeit des Geistes, den articulirten Laut zum Ausdrucke des Gedankens zu machen.

Hiermit ist nun auch schon der andere Punkt ausgesprochen, die Einheit von Geist und Sprache (S. XXIV. XXVI.). Denn ist der Geist blofs Thätigkeit, und liegt auch die Sprache eigentlich in dem Acte ihres wirklichen Hervorbringens durch den Geist, so ist sie eben nur die auf Sprache gerichtete geistige Thätigkeit des Menschen. Sprache ist ein Artbegriff des Gattungsbegriffes Geist, wie der Begriff Rose im Umfange des Begriffes Blume liegt. Sprechen und Denken sind also nicht identisch, so wenig wie Lilie und Rose; aber Sprache und Geist sind es, so gewils, wie Lilie und Blume.

Nach dieser Rücksicht hatte man vor Humboldt in doppelter Weise gefehlt. Einerseits hatte man die Identität von Geist und Sprache übersehen, indem man letztere als ein fertiges Ding, ein gegebenes Mittel, das nur seiner Anwendung harre, ansah. Andererseits aber verfiel man in den Fehler, Sprechen und Denken für identisch zu halten und sich statt einer Grammatik die Logik gefallen zu lassen. Und wie viele Irrthümer waren hiermit verknüpft! Wenn man überhaupt noch so reden darf! denn diese falsche Identität von Sprechen und Denken musste noch mehr als jener erste Fehler die Sprachwissenschaft ganz unmöglich machen, da sie nicht blofs den Gegenstand der letztern in einem trüben Lichte

zeigte, sondern die Aufmerksamkeit des Forschers ganz von der eigentlichen Sache, der Sprache, der Grammatik, ab- und einem fremdartigen Gegenstande, dem Gedankeninhalte, der Metaphysik und Logik zuwandte.

Was nun insbesondere wieder die Frage nach dem Ursprunge der Sprache betrifft, so mufste auch sie durch diesen zweiten Irrthum der vorhumboldtschen Sprachwissenschaft noch mehr von ihrer wahren Richtung abgelenkt werden, als durch den ersten. Denn bei der vermeintlichen Selbigkeit von Denken und Sprechen verschwand letzteres im ersteren so sehr, dass für das Eigenthum der Sprache blofs noch der Laut, die bare Aeufserlichkeit, übrig erschien. So konnte man nur fragen, woher es denn komme, dafs der Mensch mit seinen Vorstellungen und Gedanken Laute verbindet, durch welche er jene äussern, mittheilen kann. Und wie konnte die Antwort anders lauten, als: der vielerfinderische Mensch habe zum Behufe des Verkehrs auch die Sprache erfunden? Die aber, welche die Sprache von Gott herleiten, sind von diesem Irrthume nicht frei. Sie meinen aber, die Verbindung der Laute mit den Gedanken sei älter, als die Entwicklung der Erfindsamkeit des Menschen, werde nothwendig von dieser vorausgesetzt und sei doch so künstlich, dass sie eine grössere Erfindungskraft erfordert hätte, als deren selbst heute noch der Mensch sich rühmen könne. Ohne Sprache sei keine menschliche Vernunft möglich, also kann die Vernunft nicht vor der Sprache gewesen sein, sie gebildet haben.

Durch die erwähnten zwei Punkte, nämlich durch die Auffassung der Sprache als blofs lebendiges, gegenwärtiges Sprechen und durch Feststellung ihrer Identität mit dem Geiste, ist die Grundanschauung der neuen Sprachforschung durch Humboldt gewonnen. Indem es aber hier nicht unsere Aufgabe ist, alle die sich mit Nothwendigkeit ergebenden Folgen jener Vordersätze darzustellen, wollen wir uns sogleich darnach umsehen, welche Gestalt und Bedeutung jetzt die Frage nach dem Ursprunge der Sprachen erhalten hat.

Sobald die Sprache nicht mehr als daseiendes Material,

sondern als Spracherzeugung angesehen wird, kann man nicht fragen, woher das Material? vielmehr ist es der Ursprung der Sprache im Geiste, ihr Zusammenhang mit der gesammten Geistesthätigkeit, worauf jetzt das Interesse geht. Woher die Sprache? wird gefragt; Antwort: Sprache ist Sprechen, Spracherzeugung, also blofse Thätigkeit, welche frei in der Tiefe des menschlichen Gemüths entspringt. Der Gesang der Nachtigall hat seinen Ursprung in ihrer Brust; auch der Mensch, sagt Humboldt (S. LXXVI.), ist ein singendes Geschöpf, aber Gedanken mit den Tönen verbindend.

Diese Ansicht steht für Humboldt so fest, dafs er der Frage, ob der Mensch die Sprache hervorgebracht habe, vor allem den Satz entgegenstellt: die Sprache ist überhaupt nicht erschaffen, sondern bricht weit mehr selbstthätig aus der innersten Natur des Menschen hervor, in dem Grade, dass, wenn nach dem Verhältnisse und Zusammenhange zwischen den Sprachen und den National-Geistern gefragt wird, die intellectuelle Eigenthümlichkeit der Völker ebensowohl wie sie als Ursache der Sprache angesehen werden kann, auch im Gegentheile nur für ihre Wirkung zu halten wäre (S. XLVIII.). Mit Hervorhebung dessen, was in dem Worte Ursprung eigentlich ausgedrückt liegt, könnte man sagen, weil die Sprache ihr Dasein ihrem Ursprunge verdankt, darum ist sie unerschaffen; und sie erspringt in jedem Augenblicke neu und ewig jung.

Dieser Satz von dem selbstthätigen ewigen Hervorspringen der Sprache aus dem Geiste hat für die Sprachwissenschaft dieselbe Bedeutung, welche für die neuere Philosophie der Cartesianische Ausspruch cogito ergo sum erlangt hat.

Er drückt Humboldts tiefe Anschauung von der Natur der Sprache aus. Indem er aber von Humboldt weiter verfolgt wird, mit Rücksicht auf die vorliegenden Thatsachen sowohl, als auch auf die metaphysische Erkenntnifs vom Wesen des Geistes überhaupt, erfährt er noch nähere Bestimmungen und Beschränkungen.

Erstens: die geistige Thätigkeit ist kein Tanz, dafs sie vorüberginge ohne etwas Bleibendes zurückzulassen; sie ist vielmehr zeugend, schaffend. Und so ist auch die Sprachthätigkeit des Geistes derartig, dafs durch sie bleibende Sprachgebilde hervorgebracht werden, dafs Wörter und Wortformen entstehen. Diese Lautgebilde sind zwar einer fortdauernden Veränderung unterworfen, doch nicht mehr als alle Dinge der Erde, als Thiere und Pflanzen, ja nicht mehr als das harte Urgebirge. Es gibt Gesprochenes, abgesehen von dem jedesmaligen Sprechen (S. LXXVII ff.); es gibt einen Vorrath von Wörtern und ein begränztes System von Regeln, diesen daliegenden Wortschatz zu benutzen. Darum kann man auch eine fremde Sprache erlernen. Es ist ganz richtig, dafs Wörterbuch und Sprachlehre nicht die Sprache, sondern etwas durchaus Todtes sind, dafs sie erst im gegenwärtigen Sprechen und nur für den Augenblick der Rede Wirklichkeit und wahres Leben erlangen; es ist auch richtig, dafs die niedergeschriebene Rede etwas Todtes ist, das der Leser durch seine eigene Sprachthätigkeit zu beleben hat; es ist endlich richtig, dafs selbst todte Sprachen in dem Augenblicke, wo wir sie lesen oder uns ihrer bedienen, .wirklich von uns einen belebenden Hauch erhalten; aber es ist ebenso unläugbar, dass ein Unterschied stattfindet, ob ein solcher Wortvorrath und ein durch feste Regeln bestimmtes Verfahren diese Wörter zu benutzen schon vorhanden, durch früheres Sprechen schon geschaffen ist, oder nicht; ob ein Wort zum allerersten Male aus einem menschlichen Munde ertönt, oder ob es nur wiederholt erzeugt wird; - kurz es ist ein Unterschied zwischen ursprünglicher Spracherzeugung und fortdauernder Wiedererzeugung.

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Ist also auch die Sprache nie als Ding aufzufassen, sondern als Thätigkeit, so ist sie doch, so weit menschliches Wissen in das Alterthum zurückreicht, immer durch einen schon gebildeten Sprachstoff bedingt, immer nur Wiedererzeugung und Umgestaltung, nicht ursprüngliche Sprachschöpfung; und gerade diese letztere nur wird unter, Ursprung der

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Sprache verstanden. Die Sprache hat seit undenklichen Zeiten ein gewisses Dasein, unabhängig von dem jedesmaligen Sprechen, wenn sie auch nur in letzterm Leben hat. Und nähme man auch Sprache noch so eng als blosses SprachErzeugen, so fragen wir, wie fing dies Sprach-Erzeugen an? wie entsprang es?

Die Auffassung der Sprache also als blofse Thätigkeit kann nicht abhalten, nach den Umständen, unter denen diese Thätigkeit zuerst hervorbrach, d. h. nach ihrem Ursprunge zu fragen.

Zweitens: so wenig die Sprache in geschichtlicher Zeit reines Erzeugen, sondern immer schon durch vorhandene Sprache bedingtes ist, eben so wenig kann sie reine, unbedingte Selbstthätigkeit sein; sonst könnte es nur eine Sprache geben, nicht viele unterschiedene Sprachen. Unterschied entsteht, wenn eine und dieselbe Kraft unter verschiedenen Umständen wirkt. Diese Umstände sind bei der Wirkung eben so wohl schöpferisch als die Kraft selbst. Man mag es unangemessen finden, die Sprache als ein eigentliches Werk und als eine Schöpfung der Völker zu betrachten; denn man mag ihr eine derartige Selbstthätigkeit zugestehen, dass sie nicht ein Erzeugniss geistiger Thätigkeit, sondern eine Emanation des Geistes zu nennen wäre; so haben sie aber doch nur unter den Völkern sich entwickelt. Die wirklichen Sprachen haben mit dem Auftreten der Völker begonnen und haben ihre bestimmte Gestalt, ihre Beschränkungen, nur durch die Völker selbst, und je nach ihrer Geisteseigenthümlichkeit, erhalten. Humboldt selbst bemerkt dies (S. XXI. vgl. S. LIII.) und fügt hinzu: „Es ist kein leeres Wortspiel, wenn man die Sprache als in Selbstthätigkeit nur aus sich entspringend und göttlich frei, die Sprachen aber als gebunden und von den Nationen, welchen sie angehören, abhängig darstellt." Nun denn, wenn es kein leeres Wortspiel sein soll, wie ist dies Räthsel zu lösen? Wie wird das göttlich Freie gebunden von den Nationen? und wie kann, was der Mensch zu binden im Stande ist, göttlich frei sein? Ist sie nicht ein

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