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gläubigen Juden hätte er schon an sich eine Mitwirkung nicht erwarten können; er kannte sie ja aus seiner eigenen Jugendzeit, also nur von Judenchristen. Wenn er sich aber über diese beklagt, und zwar über Alle mit Ausnahme der Wenigen, die er anführt: was liegt näher, als zu glauben, auch hier hätten Judenchristen Unkraut unter den reinen Samen gesäet. Es entspricht ganz dem judaistischen Charakter, die ohne Beschneidung mit jüdischer Weisheit bekannt zu machen, sie zu erinnern, wie falsch die Wege sehen, auf denen sie wandeln, wie sie erst wackere Juden seyn müßten, um gute Christen zu werden.

Judaisirende Gegner des Christenthums fordert ferner der ganze Gedankengang des Briefes. Darauf deutet 3, 10, das den Ausbruch des jüdischen Stolzes gegen die unbeschnittenen Barbaren und Schthen durchschimmern läßt; darauf deuten vornämlich die Warnungen Pauli 2, 16: Nemo ergo vos judicet in cibo aut in potu, aut in parte diei festi, aut neomeniae, aut sabbatorum, und 12, 18: nemo vos seducat in humilitate et religione angelorum etc.

Die Feier der Sabbate und Neumonde, die Vorschriften für Speis und Trank sind jüdisches Gesetz. Daß die Christen dieselben unbeachtet ließen, mußte als Abweichung vom göttlichen Willen, von der alten väterlichen Sittenstrenge, als seelentäuschender Quietismus gelten. Das Gesetz verurtheilt gerade den, der es mißachtet. Die Christen haben also ganz unrecht, sich von ihm ab, einer andern Lehre zuzuwenden, um in ihr Heil und Rettung zu suchen, da gerade dieses den Grund ihrer Verdammung bilde. Waren die Irrlehrer Judenchristen, so konnten sie auch auf das Beispiel des Erlösers selbst hinweisen, der ja die Vorschriften des Gesezes selbst nicht unbeachtet gelassen habe.

Aehnliches gilt bezüglich der Engellehre. Diese und das Judenthum sind unzertrennlich. Die Sadduzäer hatten sich, wenn auch nicht formell, doch thatsächlich von ihm getrennt, seit sie dieselbe verwarfen. Das alte Testament erzählt viel von Engelserscheinungen. Sie sind Boten Gottes und Vermittler seiner Befehle; sie stehen einzelnen Völkern vor, überwachen sie und bilden ihre Mittler bei Gott. Alles steht unter ihnen: Naturkräfte, Menschen, Völker. Sie

sind die natürlichen Mittelglieder zwischen Gott und der irdischen Welt.

Nun legten aber die Christen alles Gewicht auf den Erlöser. Er allein war ihnen wahrer Mittler. Das, mochten die Irrlehrer denken, heißt den Engeln zu nahe treten. Dem mochte die Mahnung entsprechen, dem Schuße der Engel zu vertrauen, sich vor ihnen zu demüthigen, sie um ihre Fürbitte und Vermittlung anzusprechen.

Für die Wahrheit ihrer Ansichten beriefen sich die Frrlehrer auf Ueberlieferung und Vernunft. Jenes konnten sie sowohl hinsichtlich des Gesetzes, wie der Engellehre; für beide schien Offenbarung und Vätersitte zu sprechen. Doch wie konnte sie dann Paulus eine traditio hominum nennen? Diese Bezeichnung scheint die Tradition göttlicher Offenbarung auszuschließen. Doch liegt auch die Antwort nahe. Was wirklich göttlich, im Plane Gottes gelegen war, war mit in's Christenthum herübergegangen, hatte in diesem seinen Gipfelpunkt, die Verwirklichung seiner Schatten. gefunden. Was von Gott nur für eine bestimmte Zeit gegeben war, was diesem Göttlichen von Menschen beigemischt wurde, war seines innern, übernatürlichen Gehaltes beraubt, sobald es mit dem Christenthume, der neuen Schöpfung Gottes in Widerspruch kam. Der alten Lehre blieb nur das geistlose Wort, die Buchstabenhülle, die inanis fallacia hominum zurück.

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Die Frrlehrer beriefen sich zur Begründung ihrer Ansichten auf die Vernunft; denn das will es wohl sagen, wenn sie auf die Philosophie pochten. Die Benennung deutet, wenn auch nicht auf ein vollkommnes System, so doch auf methodische Behandlung ihrer Lehre. In der That mußte auch eine solche statthaben, wenn sich dieselbe Einfluß verschaffen wollte. Ein unmittelbares Gegenüberstellen ihrer Ansicht hätte die Kolosser kaum zaghaft gemacht. Auch die Berufung auf die Ueberlieferung hätte nicht ausgereicht. Leicht konnten die Christen ihre Lehre als Vollendung und Erfüllung darstellen. Nur eine gewisse Gedankenconsequenz vermochte sie irre zu machen.

Paulus erwähnt 2, 8 der oroixeìa τov kóσμov. Diese können hier nicht bloß gefaßt werden als ethische Grundsäße. Der Zusammenhang deutet an, daß hier von den Grundgesehen der Welt

überhaupt, ihren Grundbestandtheilen die Rede ist. Es liegt nahe, in ihnen den Gegensatz von Geist und Natur zu erblicken "). Wie würde sich dieses zu den sonst angedeuteten Gliedern der Frrlehre verhalten?

Die starke Betonung der Engellehre und Ascese scheinen mir auf diese Voraussetzungen zu ruhen. Wo lettere nicht als bloßes Mittel benügt wird, dem Geiste die ihm gebührende Herrschaft über die Leiblichkeit zu sichern, sondern zum Ruine dieser treibt, wie mir aus 2, 23 hervorzugehen scheint, setzt sie den Dualism der Weltanschauung voraus. Dieser braucht aber wieder eine Vermittlung. Diese übernimmt nun die Engellehre. Zwischen Gott dem reinen und absoluten Geiste und der Materie gibt es keine unmittelbare Wechselbeziehung; diese wird nur durch Mittelwesen, durch Engel hergestellt.

Daß die Würde der menschlichen Natur von einem solchen Standpunkte aus beeinträchtigt werden muß, leuchtet gewiß ein. Während das Christenthum ihren Vorzug darin erblickt, daß sie den Geist mit der Leiblichkeit vereinigt, muß nach dieser Ansicht darin eine Befleckung erkannt werden. Daher findet die Warnung des Apostels 2, 18 eine ganz natürliche Erklärung. Wo aber, entsteht nun die Frage, haben wir eine Weltanschauung, wie sie im Kolosserbriefe bekämpft wird, zu suchen? Das reine Judenthum theilte sie nicht, und Judaisten sollen doch die Frrlehrer gewesen sehn! Ruhte das Fudenthum auf göttlicher Offenbarung, so konnte es schon eine Ansicht nicht theilen, die einer weitern Fortbildung derselben widersprochen hätte. Historisch gefaßt, kann nicht behauptet werden, daß die jüdischen Lebensvorschriften zur Zerstörung der Leiblichkeit beigetra

18) So sagt Neander in seiner Geschichte der Pflanzung und Leitung der

christlichen Kirche durch die Apostel S. 442: die σroizɛłα τov xóσμov scheinen mir Coloss. 2, 8 und in andern Stellen nicht, wie man gewöhnlich erklärt, von den rudimentis religionis im Judenthum und Heidenthum verstanden werden zu müssen, sondern es scheint mir die Vergleichung aller paulinischen Stellen und des paulinischen Ideenzusammenhangs dafür zu sprechen, daß man die Elemente der Welt im eigentlichen Sinne darunter verstehen muß."

gen hätten; im Gegentheil, viele Vorschriften bezwecken die möglichste Erhaltung derselben. Ebensowenig waren Geist und Natur getrennt; wurde jener dieser gegenüber betont, so geschah das mit vollem Rechte. Die Engellehre ist im Judenthum desgleichen nicht so übertrieben, daß sie die Vermittlung des Gottmenschen ausschließen würde.

Wir müssen, da diese Einwendungen nicht abzuweisen sind, ein Judenthum als Grundlage der Frrlehre suchen, das mit menschlichen Zuthaten vermengt, zum Systeme ausgebildet und als am Orte des Kampfes möglich vorausgesetzt werden kann. Hier kann nicht von Pharisäism die Rede seyn, wenn auch Gfrörer aus Jalkut Chadasch eine ausgedehnte Angelologie, und aus den im Talmud angedeuteten Engelstufen eine Aehnlichkeit mit den im Kolosserbriefe angeführten, eine Verwandtschaft herausfinden will 19). Denn die Pharifäer hätten ihre Lehre gewiß nicht als pilosopia gelten lassen wollen. Ebensowenig kann an die Kabbalah gedacht werden, die Herder, Kleuker 2c. haben herbeiziehen wollen. Wenn sie in der fraglichen Zeit schon bestand, hatte sie sicher die Verbreitung nicht, die unser Brief voraussetzt.

Mehr Wahrscheinlichkeit hätte die Ansicht für sich, welcher außer den ältern Exegeten neuere, wie: Storr, Flatt, Credner, nach dem Vorgange F. Ch. Bauers 20) auch Schwegler 21) beigetreten, daß nämlich die Frrlehrer Essener sehen. Doch bleibt auch diese Ansicht unsicher. Allerdings wird der Essenism von Josephus als Philoso

19) In der Geschichte des Urchristenthums.

20) In der Geschichte der chriftlichen Gnosis. Einer andern Ansicht huldigt er in: Paulus, der Apostel Jesu Christi. Hier sucht er die Ansicht zu begründen, daß der Kolosserbrief erst später verfaßt sey und nur die höhere Würde Jesu Christi gnostisch habe begründen sollen. „In diesem Zusammenhange kommt nun der Verfasser des Briefes allerdings auch auf Gegensätze, an welchen er seinen Hauptsah entwickelt; aber sie haben nicht die spezielle geschichtliche Beziehung, die man ihnen gewöhnlich gibt, sondern sie sind nur von gewissen, da und dort hervortretenden Erscheinungen zu verstehen, welche zum allgemeinen Charakter der Zeit gehören." Cfr. Paulus S. 442.

21) Das nachapostolische Zeitalter. II. S. 284.

phie bezeichnet, hat Engellehre und Ascese. Allein ihre Lehre bleibt doch unbestimmt; Josephus hält sie für Theoretiker, Philo für Praktiker. Diejenigen, welche sich ihr anschlossen, mußten eidlich geloben, die Engellehre nie bekannt zu machen. In Kolossä, scheint es, hätten sie auf einmal ihren Schwur gebrochen und die Sache auf der Gasse verkündet.

Etwas mag daran seyn. Neuere Forscher haben auf einen Zufammenhang des Essenism mit den ägyptischen Therapeuten und Philo hingewiesen. Hier scheint sich mir die Lösung zu geben. In dem Systeme des Leztern finden wir alle Punkte, die unsere Frrlehre charakterisiren: genaues Festhalten an jüdischem Gesetz und Kultus, übertriebene Ascese, Dualism und eine ausgedehnte Angelologie. Gilt ihm Gesez und Kultus auch nur als Hülle von Ideen, so spricht er sich doch für die genaueste Beobachtung derselben aus, da nur so der Geist gewonnen werden könne 22). Ob er eine Schöpfung der Materie gelehrt habe, ist nicht gewiß 23), jedenfalls aber ist sie ihm der Grund des Bösen, das nur durch die Erhebung der Seele über dieselbe gehoben werden kann. Diese Erhebung verlangt aber, wie die sorgfältigste Pflege des Geistes, auch die genaueste Be= schränkung der Sinnlichkeit. Gott und Materie treten nicht in unmittelbare Verbindung, weil der Heilige dem Unheiligen nicht nahen kann; die Vermittlung geschieht also durch viele Stufen von Kräften bald unpersönlich, bald persönlich — als Engel gedacht.

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Bestand zwischen Kleinasien und Alexandrien eine Verbindung, so konnte diese Lehre auch dort verbreitet werden. War sie eine Vermittlung von hellenischer Philosophie und jüdischer Theosophie, so mußte sie jenem hellenisch - jüdischen Kulturkreise um so mehr zusagen. Daß dieses geschehen seh, erhellt aus den vielen Anklängen, die wir im Buche Henoch, im Evangelium Petri ") und in den spä

22) Φυλαττομένων τούτων, fagt oils, αριδηλότερον καὶ ἐκεῖνα γνωρισθήσεται.

23) Cfr. Keferstein: Philos Lehre von den Mittelwesen S. 5 f.

24) Sier heißt es: μὴ σέβεσθε τὸν θεὸν κατὰ Ιουδαίους, καὶ γὰρ

ἐκεῖνοι μόνοι οἰόμενοι τὸν θεὸν γιγνώσκειν, οὐκ ἐπίστανται, λατρεύοντες ἀγγέλοις καὶ ἀρχαγγέλοις, μηνὶ καὶ σελήνη.

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