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für das Beste halten muß. In allen diesen Formen ist das Heidenthum Zeuge des Verfalles, der Disharmonie, eines vergeblichen Kampfes und Strebens nach Wiederherstellung.

Gottinniger war das Judenthum geblieben. Es hatte die reinere Gottesidee, eine vollkommnere Gottesverehrung erhalten und war so im Stande, auch ein dem göttlichen Willen mehr entsprechendes Leben zu führen. Seine Stammväter hatten den Glauben erhalten und ihn auf ihre Nachkommen fortgepflanzt. Um ihrer Treue willen hatte Gott seinen Bund mit dem jüdischen Volke geschlossen. Ein weiser Lehrmeister nahm er es in seine Zucht, dasselbe vor den äussersten Folgen der sündhaften Entwicklung zu bewahren. Im Geseze verkündete er sein Gebot, durch die Propheten that er seinen Willen und seine Rathschlüsse kund. Durch das Gefeß strafte er jede Abweichung von demselben mit heiliger Strenge und zeigte sich so als zürnenden und eifersüchtigen Gott; durch den Mund seiner Propheten legte er wieder Balsam auf die Wunden seines Volkes, indem er ihm Trost und Segen gab und noch größern für die Zukunft verhieß.

Allein mochten die Folgen verhindert werden, das fündhafte Princip blieb. Je schärfer sich das Gesetz aussprach, um so mehr trat in der natürlichen Entwicklung dieses Principes auch der Gegensatz herpor. Die göttliche Führung und Leitung hatte wohl das Resultat, daß das israelitische Volk Jehova mehr und mehr als den einzig wahren Gott Himmels und der Erde erkannte: als aber mit diesem Resultate besonders seit dem babylonischen Exil ein um so treueres Festhalten an seinem Dienste eintrat, da machte sich das Gesetz auf eine bis in die einzelnsten Lebensäußerungen eingreifende Weise geltend, so daß es fast unmöglich scheinen mußte, ihm in allen Punkten zu genügen. Der "Geder" des Gesetzes war in der That ein Zaun, an welchem die Ruhe des Lebens hängen blieb. Es hätte aber selbst die treueste Erfüllung des Gesetzes die verderbte Natur nicht wieder herzustellen vermocht; dieses hatte nicht die Kraft der Versöhnung in sich. Es war nur ein Mittel nebst der Aufrecht

haltung der äußern Ordnung das Sündenbewußtseyn in der großartigsten Weise zu fördern 5).

Wie traurig sind diese Epochen gegen jene Fülle der Zeit, wo Alles wieder hergestellt, Alles versöhnt, von neuer Lebenskraft durchdrungen und dem Himmel zugeführt wird! Wie sehnsüchtig mußten die Völker nach der Zukunft blicken, wenn bald dunkel und leise, bald lichter und kräftiger das Wort der Verheißung aus dem Munde der Männer Gottes hervorquoll!

Freude und Friede, verkündeten die Propheten, werde mit dem Imanuel auf die Erde niedersteigen, eine neue Ordnung der Dinge beginnen, der Schmerz des Lebens getilgt werden. Mit Inbrunst beteten daher die jüdischen Hausväter zwischen dem dritten und vierten Becher des Ostermahles: "Es möge in Erinnerung kommen vor Dir o Gott... das Andenken des Gesalbten, des Sohnes Davids... Erbaue die heilige Stadt Jerusalem ... der Allerbarmer möge eingedenk seyn der Tage des Messias und des Lebens der kommenden Welt..."")

Diese Sehnsucht ist eben nicht bloß dem israelitischen Volke eigen. Da sie die ganze Menschheit durchdringen und auf die Zukunft vorbereiten sollte, mußte auch das Heidenthum davon durchglüht werden. Vergebens bot dieses in seiner Philosophie alle Mittel einer kühnen Gedankenbewegung auf, um die Gesetze des Lebens zu durchforschen und in der Kenntniß derselben eine probehaltige Richtschnur für seine Lebensrichtung zu gewinnen. Vergebens zog es sich in die Gegenwart zusammen, um sich in dem mannigfach gewürzten Genuß derselben statt des jenseitigen ein irdisches Paradies zu schaffen; umsonst bietet es all' feine Kraft auf, um in Kunst und Poesie den Rest einer ursprünglichen Reinheit und Schönheit zusammen zu fassen: durch alle seine Bestrebungen klingt der unbefriedigte Ton und der

5) Quia ex operibus legis non justificabitur omnis caro coram illo. Per legem enim cognitio peccati. Epist. ad Rom. 3, 20. Cfr. Reithmayr: Römerbrief.

6) Hagada Schel Pesach. Hanneberg: Geschichte der biblischen Offenbarung. 2. Aufl. S. 520.

stille Gram der Verzweiflung. Blutige Kriege und, wo diese fehlen, Selbstmord sind der äußere Ausdruck dieser innern Stimmung ).

"Es ist noth", sagt Sokrates im Alcibiades, „daß ein Gott vom Himmel komme, uns zu lehren. ). Diese Aeußerung des edlen Weisen ist der Ausdruck der alten Philosophie. Es war aber auch noth, daß ein Gott vom Himmel komme, die Menschheit zu retten aus den Schlingen der Sünde und der Schuld. Dieses ist das Grundgefühl des Heidenthums, das sich in der Sage von Mythras und Horus, wie der von Prometheus kund gibt:

„Von solcher Qual hoffe nicht ein Ziel, bevor

,,Als Stellvertreter deiner Qual ein Gott erscheint,
„Für dich bereit, in Hades unbesonntes Reich

„Zu steigen und zur finstern Kluft des Tartarus“ ").

Das Gefühl des Wehes konnte der Menschheit nicht erspart werden. Sollte sie den Werth der Versöhnung kennen lernen, so mußte sie erst die Qual der Sünde und des innern und äußern. Zwiespaltes empfunden haben. Darum muß die sündhafte Entwicklung, wie der Verfasser des Briefes an Diognet richtig bemerkt hat, erst ihren Abschluß erreichen, ehe der Heiland einziehen kann 1o).

7) Der Ausspruch Seneca's charakterisirt dieses Gefühl: Besser ist es für den Menschen, bald zu sterben; am besten aber, nicht geboren zu seyn. 8) Cfr. das Gespräch des Sokrates mit Alcibiades, Plato: лegi л90σευχῆς.

9) Aeschyli Prometheus. Cfr. Nicolas: philosophische Studien über das Christenthum II. 88. Bade: Christologie d. A. Test. I, 18 ff.; Bigoni de Christo reparatore tom. I. p. 195 f.

10) Cfr. aud Bonaventura: breviloquium IV, 4: Ratio autem ad intelligentiam horum haec est, quia incarnatio est opus primi principii reparantis, juxta quod decet et convenit secundum libertatem arbitrii, secundum sublimitatem remedii et secundum integritatem universi: nam sapientissimus artifex in agendo omnia haec attendit. Quoniam ergo libertas arbitrii hoc requirit, ut ad salutem inveniret, qui vellet quaerere salvatorem: qui vero nollet quaerere salvatorem, nec salutem per consequens inveniret. Nullus autem quaerit medicum, nisi recognoscat morbum: nullus quaerit adju

Weil Gott die Freiheit als die höchste Form des kreatürlichen Seyns gewollt hat, so konnte er sich und sein Licht der Menschheit jedenfalls nicht aufdrängen. Sollte sie sich frei entscheiden, so konnte er nur Sehnsucht nach dem Born des Lebens in ihr erwecken. Sobald nun die Sünde und ihre nächsten Folgen zum Bewußtsehn derselben gekommen waren: mußte die Kreatur, wenn nicht innere Verhärtung des Willens dazu trat, nur um so kräftiger und energischer nach dem Anker der Hoffnung greifen, der ihr mit der frohen Botschaft zukam, daß nun Alles versöhnt seh durch Gott in Jesus Christus, dem Gekreuzigten.

Immer hat die Annahme des Evangeliums freilich noch ihre Schwierigkeiten, nachdem das Bewußtseyn wie das Leben selbst durch die Sünde so lange und so tief verwundet war. Der Gegensatz war zu schroff, als daß sogleich eine Ausgleichung und Verständigung allgemein möglich gewesen wäre. Der ersehnte Heiland war in unscheinbarer Gestalt gekommen, hatte das Werk der Versöhnung in der auffallenden, kaum verständlichen Form des Kreuztodes vollbracht. Seine Lehre war einfach, die Enthüllung der Zukunft für das blinde Auge nicht zauberisch genug, die Forderungen an den menschlichen Willen streng.

Dem Allen strebte die Sünde und das Naturverderbniß entge= gen. Immer muß auch die Annahme des Christenthums freie Willensthat seyn. Die Entscheidung für Gut oder Böse konnte den

torem, nisi recognoscat se impotentem. Quia igitur homo in principio sui lapsus adhuc superbiebat de scientia et virtute: ideo ́ praemissit Deus tempus legis naturae, in qua convinceretur de ignorantia. Et post, cognita ignorantia, sed permanente superbia de virtute, qua dicebant, non deest, qui faciat, sed deest, qui jubeat, addidit legem praeceptis moralibus erudientem, ceremonialibus aggravantem: ut habita scientia et cognita impotentia confugeret homo ad divinam misericordiam et gratiam postulandam, quae data est nobis de adventu Christi: ideo post legem naturae et scripturae subsequi debuit incarnatio Verbi. Cfr. Möhler: Symbolik. 6. Auflage. S. 79 ff.

rein aus der Hand Gottes hervorgegangenen Stammeltern nicht erlassen werden. Ebenso wenig kann dieses aber auch bei ihren Nachkommen geschehen. Sie sind freie Wesen, und frei sollen sie sich für Gott bestimmen. Die Freiheit ist das köstlichste von den Gütern, die Gott den geistigen Wesen mit ihrer Natur verliehen hat und die er nicht zurücknehmen kann, wenn er diese nicht selbst vernichten will. Selbst das Böse hat ein gewisses Recht, zu bestehen, wenn es auch der Ruin der Natur und das größte Unglück des Geistes ist: denn es ist frei durch den subjektiven Willen gesezt und besteht mit diesem. Diese Wahlfreiheit war beim Eintritte des Christenthums vorhanden und bleibt in der ganzen geschichtlichen Entwicklung desselben. Daß sie aber den ersten Damm desselben bilden mußte, erhellt aus der Natur der Sache. Volenti non fit injuria, wenn er verloren geht.

Zu diesem mehr allgemeinen Hinderniß der Verbreitung des Christenthums traten aber dann auch noch besondere, in der individuellen Gestaltung der Messiasidee und Messiashoffnung ruhende. Die Menschheit, in die Aeußerlichkeit herausgetreten, in die Sinnlichkeit versunken, vermochte nur schwer die einfache Erhabenheit des Christenthums und Jesu Christi selbst zu würdigen.

Bitter hatte das israelitische Volk in allen, besonders aber den lezten Zeiten den Druck der politischen Verhältnisse gefühlt. Um so lieber erwartete es im Messias den Befreier aus denselben; um so weniger fand es Grund, die in den Prophetien vorkommenden Schilderungen eines kommenden Königs und Herrschers und Helden geistig zu fassen. Der Messias sollte bei seiner Ankunft das Reich Davids, seines Ahnen, wieder aufrichten, alle Völker der Erde seinem Scepter unterwerfen, die Juden zu großen Fürsten seines großen Reiches machen. Man konnte nicht unterscheiden zwischen der ersten und zweiten Ankunft des Sohnes Gottes, zwischen dem irdischen und himmlischen Jerusalem 11).

11) Cfr. Luc. 1, 32; Apostelgesch. 1, 6. Dazu die Ansicht des Herodes und Sueton: Vita Oct. Aug. c. 9, 4 und die Targumisten zu I. Samuel 2, 10; II. Samuel 23, 3. Isaias 10, 27; 16, 1. Jeremias 23, 5 2c.

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