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pflicht sie klingt! Sie ruft einer gleichfühlenden Echo, selbst wenn keine da ist, selbst wenn sie nicht hoffet und wartet, daß ihr eine antworte.

Sollte die Physiologie je so weit kommen, daß sie 5 die Seelenlehre demonstrierte, woran ich aber sehr zweifle, so würde sie dieser Erscheinung manchen Lichtstrahl aus der Zergliederung des Nervenbaues zuführen; sie vielleicht aber auch in einzelne, zu kleine und stumpfe Bande verteilen. Lasset sie uns jetzt im ganzen, als ein helles 10 Naturgesetz annehmen: Hier ist ein empfindsames Wesen, das keine seiner lebhaften Empfindungen in sich einschließen kann, das im ersten überraschenden Augenblick, selbst ohne Willkür und Absicht jede laut äußern muß. Das war gleichsam 15 der letzte, mütterliche Druck der bildenden Hand der Natur, daß sie allen das Gesetz auf die Welt mitgab: empfinde nicht für dich allein, sondern dein Gefühl töne!" Und da dieser letzte schaffende Druck auf alle von einer Gattung einartig war, so wurde dies Gesetz Segen: 20 „deine Empfindung töne deinem Geschlecht einartig, und werde also von allen, wie von einem, mitfühlend vernommen!" ... Diese Seufzer, Diese Seufzer, diese Töne sind Sprache: es gibt also eine Sprache der Empfindung, die unmittelbares Naturgesetz ist.

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25 Daß der Mensch sie ursprünglich mit den Tieren gemein habe, bezeugen jetzt freilich mehr gewisse Reste als volle Ausbrüche; allein auch diese Reste sind unwidersprechlich. Unsre künstliche Sprache mag die Sprache der Natur so verdränget, unsre bürgerliche 30 Lebensart und gesellschaftliche Artigkeit mag die Flut und das Meer der Leidenschaften so gedämmet, ausgetrocknet und abgeleitet haben, als man will: der heftigste Augenblick der Empfindung, wo und wie selten er sich finde, nimmt noch immer sein Recht wieder und 35 tönt in seiner mütterlichen Sprache unmittelbar durch Akzente. Der auffahrende Sturm einer Leidenschaft, der plötzliche Überfall von Freude oder Froheit, Schmerz und Jammer, wenn sie tiefe Furchen in die Seele graben, ein übermannendes Gefühl von Rache, Verzweiflung, Wut, 40 Schrecken, Grausen usw.: alle kündigen sich an, und jede nach ihrer Art verschieden an. So viel Gattungen von

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Fühlbarkeit in unsrer Natur schlummern, so viel auch Tonarten Ich merke also an, daß je weniger die menschliche Natur mit einer Tierart verwandt, je ungleichartiger sie mit ihr am Nervenbaue ist, desto weniger ist ihre Natursprache uns verständlich. Wir verstehen als 5 Erdentiere das Erdentier besser als das Wassergeschöpf, und auf der Erde das Herdetier besser als das Waldgeschöpf, und unter den Herdetieren die am meisten, die uns am nächsten kommen. . . . Eigentlich ist diese Sprache der Natur eine Völkersprache für jede Gattung unter sich, 10 und so hat auch der Mensch die seinige.

Nun sind freilich diese Töne sehr einfach; und wenn sie artikuliert und als Interjektionen aufs Papier hinbuchstabiert werden, so haben die entgegengesetztesten Empfindungen fast einen Ausdruck. Das matte 15 Ach! ist sowohl Laut der zerschmelzenden Liebe als der sinkenden Verzweiflung; das feurige O! sowohl Ausbruch der plötzlichen Freude als der auffahrenden Wut, der steigenden Bewunderung als des zuwallenden Bejammerns; allein sind denn diese Laute da, um als Inter- 20 jektionen aufs Papier gemalt zu werden? Die Träne, die in diesem trüben, erloschnen, nach Trost schmachtenden Auge schwimmt wie rührend ist sie im ganzen Gemälde des Antlitzes der Wehmut; nehmet sie allein und sie ist ein kalter Wassertropfe! bringet sie unters Mikroskop und 25 ich will nicht wissen, was sie da sein mag!

Wenig sind dieser Sprachtöne freilich; allein die empfindsame Natur, sofern sie bloß mechanisch leidet, hat auch weniger Hauptarten der Empfindung, als unsre Psychologien der Seele als Leidenschaften anzählen oder 30 andichten. Nur jedes Gefühl ist in solchem Zustande, je weniger in Fäden zerteilt, ein um so mächtiger anziehendes Band: die Töne reden nicht viel, aber stark. Ob der Klageton über Wunden der Seele oder des Körpers wimmere; ob dieses Geschrei von Furcht oder Schmerz aus- 35 gepreßt werde; ob dies weiche Ach sich mit einem Kuß oder einer Träne an den Busen der Geliebten drücke alle solche Unterschiede zu bestimmen, war diese Sprache nicht da. Sie sollte zum Gemälde hinrufen; dies Gemälde wird schon vor sich selbst reden! sie sollte tönen, nicht 40 aber schildern!...

In allen Sprachen des Ursprungs tönen noch Reste dieser Naturtöne; nur freilich sind sie nicht die Hauptfäden der menschlichen Sprache. Sie sind nicht die eigentlichen Wurzeln, aber die Säfte, die die Wurzeln 5 der Sprache beleben.

Wollen wir also diese unmittelbaren Laute der Empfindung Sprache nennen, so finde ich ihren Ursprung allerdings sehr natürlich. Er ist nicht bloß nicht übermenschlich, sondern offenbar tierisch: das 10 Naturgesetz einer empfindsamen Maschine.

Aber ich kann nicht meine Verwunderung bergen, daß Philosophen, das ist Leute, die deutliche Begriffe suchen, je haben auf den Gedanken kommen können, aus diesem Geschrei der Empfindungen den Ur15 sprung menschlicher Sprache zu erklären: denn ist diese nicht offenbar ganz etwas anders? Alle Tiere bis auf den stummen Fisch tönen ihre Empfindung; deswegen aber hat doch kein Tier, selbst nicht das vollkommenste, den geringsten, eigentlichen Anfang zu einer menschlichen 20 Sprache. Man bilde und verfeinere und organisiere dies Geschrei, wie man wolle; wenn kein Verstand dazu kommt, diesen Ton mit Absicht zu brauchen, so sehe ich nicht, wie nach dem vorigen Naturgesetze je menschliche, willkürliche Sprache werde. Kinder sprechen Schälle der 25 Empfindung, wie die Tiere; ist aber die Sprache, die sie von Menschen lernen, nicht ganz eine andre Sprache?...

2.

Doch ich tue keinen Sprung. Ich gebe dem Menschen nicht gleich plötzlich neue Kräfte, keine sprachschaffende 30 Fähigkeit wie eine willkürliche qualitas occulta. Ich suche nur in den vorher bemerkten Lücken und Mängeln weiter.

Lücken und Mängel können doch nicht der Charakter seiner Gattung sein, oder die Natur war 35 gegen ihn die härteste Stiefmutter, da sie gegen jedes Insekt die liebreichste Mutter war. Jedem Insekt gab sie, was und wieviel es brauchte: Sinne zu Vorstellungen und Vorstellungen in Triebe gediegen; Organe zur Sprache, so viel es bedorfte, und Organe, diese Sprache zu ver

stehen. Bei dem Menschen ist alles in dem größten Mißverhältnis Sinne und Bedürfnisse, Kräfte und Kreis der Würksamkeit, der auf ihn wartet, seine Organe und seine Sprache. Es muß uns also ein gewisses Mittelglied fehlen, die so abstehende Glieder der Ver- 5 hältnis zu berechnen.

Fänden wir's, so wäre nach aller Analogie der Natur diese Schadloshaltung seine Eigenheit, der Charakter seines Geschlechts, und alle Vernunft und Billigkeit foderte, diesen Fund für das gelten zu lassen, was er ist, 10 für Naturgabe, ihm so wesentlich als den Tieren der Instinkt.

Ja fänden wir eben in diesem Charakter die Ursache jener Mängel und eben in der Mitte dieser Mängel, in der Höhle jener großen Ent- 15 behrung von Kunsttrieben den Keim zum Ersatze, so wäre diese Einstimmung ein genetischer Beweis, daß hier die wahre Richtung der Menschheit liege, und daß die Menschengattung über den Tieren nicht an Stufen des Mehr oder Weniger stehe, sondern 20 an Art.

Und fänden wir in diesem neugefundnen Charakter der Menschheit sogar den notwendigen genetischen Grund zu Entstehung einer Sprache für diese neue Art Geschöpfe, wie wir in den Instinkten 25 der Tiere den unmittelbaren Grund zur Sprache für jede Gattung fanden, so sind wir ganz am Ziele. In dem Falle würde die Sprache dem Menschen so wesentlich, als er ein Mensch ist. Man siehet, ich entwickle aus keinen willkürlichen oder gesellschaftlichen Kräften, son- 30 dern aus der allgemeinen tierischen Ökonomie.

Und nun folgt, daß, wenn der Mensch Sinne hat, die für einen kleinen Fleck der Erde, für die Arbeit und den Genuß einer Weltspanne den Sinnen des Tiers, das in dieser Spanne lebet, nachstehen an Schärfe, so 35 bekommen sie eben dadurch Vorzug der Freiheit; eben weil sie nicht für einen Punkt sind, so sind sie allgemeinere Sinne der Welt.

Wenn der Mensch Vorstellungskräfte hat, die nicht auf den Bau einer Honigzelle und eines Spinngewebes 40

bezirkt sind und also auch den Kunstfähigkeiten der Tiere in diesem Kreise nachstehen, so bekommen sie eben damit weitere Aussicht. Er hat kein einziges Werk, bei dem er also auch unverbesserlich handle; aber er hat 5 freien Raum, sich an vielem zu üben, mithin sich immer zu verbessern. Jeder Gedanke ist nicht ein unmittelbares Werk der Natur, aber eben damit kann's sein eigen Werk werden.

Wenn also hiermit der Instinkt wegfallen muß, der 10 bloß aus der Organisation der Sinne und dem Bezirk der Vorstellungen folgte und keine blinde Determination war, so bekommt eben hiermit der Mensch mehrere Helle. Da er auf keinen Punkt blind fällt und blind liegen bleibt, so wird er freistehend, kann sich eine Sphäre der Be15 spiegelung suchen, kann sich in sich bespiegeln. Nicht mehr eine unfehlbare Maschine in den Händen der Natur, wird er sich selbst Zweck und Ziel der Bearbeitung.

Man nenne diese ganze Disposition seiner Kräfte, wie man wolle, Verstand, Vernunft, Besinnung usw. 20 Wenn man diese Namen nicht für abgesonderte Kräfte, oder für bloße Stufenerhöhungen der Tierkräfte annimmt, so gilt's mir gleich. Es ist die ganze Einrichtung aller menschlichen Kräfte, die ganze Haushaltung seiner sinnlichen und erkennenden, seiner er25 kennenden und wollenden Natur; oder vielmehr es ist die einzige positive Kraft des Denkens, die mit einer gewissen Organisation des Körpers verbunden bei den Menschen so Vernunft heißt, wie sie bei den Tieren Kunstfähigkeit wird, die bei 30 ihm Freiheit heißt, und bei den Tieren Instinkt wird. Der Unterschied ist nicht in Stufen oder Zugabe von Kräften, sondern in einer ganz verschiedenartigen Richtung und Auswickelung aller Kräfte. Man sei Leibnizianer oder Lockianer, Search 35 oder Knowall, Idealist oder Materialist, so muß man bei einem Einverständnis über die Worte, zufolge des vorigen, die Sache zugeben, einen eignen Charakter der Menschheit, der hierin und in nichts anders bestehet....

Ist nämlich die Vernunft keine abgeteilte, einzeln40 würkende Kraft, sondern eine seiner Gattung eigne Richtung aller Kräfte, so muß der Mensch sie im ersten

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