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ten, was wir glauben oder denken sollten. Aber die Einwürfe! — ohne Zweifel giebt es manche, die für uns unwiderleglich find; aber nennen Sie mir ein System, wo es deren keine giebt, und sagen Sie mir, mein Bester, wie und wofür ich mich entscheiden soll! Guter junger Mann, Sie scheinen mir so wohlerzogen zu sein; nur aufrichtig mit fich selbst! ich bitte Sie!"*)

Ich lasse Sie, mein lieber Freund, unter dem Eindrucke, den dieses Ihnen wohlbekannte Wort auf Sie gemacht hat. Ich füge blos noch hinzu, daß, wenn ich's mir habe angelegen sein lassen, dem Gefühle gegen den Verstand sein Recht zu verschaffen, dieses nicht geschehen ist, um es zu mißbrauchen und in das andere Extrem zu fallen. Hüten wir uns vor der Pedanterie des Systems! fie paßt wenig für den Menschen. Ich werde nur für jene Dinge auf das Gefühl zurück, gehen, die wirklich in seinem Gebiete liegen, und Ihr Verstand wird sich über seinen Antheil nicht zu beklagen haben; denn weit entfernt, da einen Feind zu finden, wird ek vielmehr einen Verbündeten gewinnen.

III.

Es ist ein Fehler, wie man ihn häufig bei denen findet, die religiöse Gegenstände besprechen, daß sie mit Einwürfen anfangen, und zwar mit solchen Einwürfen, die gewöhnlich aus der Unbegreiflichkeit der Geheimnisse hergenommen sind. Das ist bequem, aber es ist nicht nach den gewöhnlichen Regeln einer freien Dialektik. Bei der Untersuchung der Wahrheit eines Dinges fängt man immer damit an, daß man die Gründe prüft, warum an dessen Existenz zu glauben sei. Nach diesem kommt man an die Einwürfe; denn wenn die Gründe zu glauben so zahlreich sind, daß sie vollkommen überzeugen, was sollen dann noch Einwendungen? In der That, es ist Grundsaß, daß allemal, wenn ein Saß durch die gehörigen Beweise dargethan ist, keine Einwendung, wie sie auch immer sein mag, und wäre sie auch unlösbar, in den Weg treten darf; es sei denn, daß der Widerspruch in den Obersägen liegt. Ferner gehen die Einwürfe gewöhnlich nie auf die Natur der Sache selbst, die man prüft; um aber ihr Gewicht und ihren Werth genau zu beurtheilen, ist es nöthig, vorerst diese Sache selbst durch die Gründe ihrer Existenz zu kennen, und dann ist es häufig der Fall, daß die Einwürfe schon in der Auseinanderseßung ihre Lösung finden.

Das wäre also die Regel, die wir unabänderlich befolgen müßten. Ich will aber gern davon abgehen zu Gunsten eines oder zweier Ein

*) Lettre à M. . ., édit. in 18. de 1793. t. 33. p. 261.

würfe, von denen Sie gerade sehr eingenommen zu sein scheinen, und die sich in der That als Vorfragen ansehen lassen.

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„Wozu aber all' dieser Aufwand von Erörterungen?" sagen Sie. Wie ist es möglich, daß eine Wahrheit, die berufen ist, die Welt wieder neu zu gestalten, eine Wahrheit, nach welcher wir dereinst so strenge gerichtet werden sollen, daß unser ewiges Glück oder Unglück davon abhängt, nicht aller Welt so klar ist wie die Sonne? Warum bedarf fie der Beweise, und wie kann sie es dulden, daß noch Einer sei, der nicht glaube?"

Diesen Einwurf habe ich schon Anfangs in dieser Einleitung berührt, hier aber ist es an der Stelle, ihn zu widerlegen. Ich glaube, es mit wenigen Worten thun zu können.

Drei Gründe werden hinreichend sein; mögen Sie ihnen mit Aufmerksamkeit folgen.

Die unmittelbare und innere Evidenz, wie Sie dieselbe verlangen (es giebt nämlich auch eine mittelbare und äußere Evidenz der Religion, die aus der Gesammtheit der Gründe gewonnen wird, und die hinreicht, um ihre Auctorität zu rechtfertigen), ist unmöglich; sie schließt einen Widerspruch in fich. Weil die Religion eine Gemeinschaft des Menschen mit Gott ist, so muß es nothwendig irgend einen Zustand dieser Gemeinschaft geben, der dem menschlichen Verstande, wenigstens theilweise, unbegreiflich bleibt. Der Mensch ist ja sich selbst nicht einmal ganz begreiflich; Alles, was in der Natur ihn umgiebt, ist ebenso, wie er selbst, mit einem geheimnißvollen Schleier verhüllt. Die Evidenz, dieses Wort, welches wir so oft im Munde führen, liegt, gleichwie das Glück, mehr im Wunsche und in der Hoffnung, als in der Wirklichkeit. Wo ist sie hier auf Erden? ich frage Sie. Ich könnte Ihnen aber weit eher sagen, wo sie nicht ist. Welch' seltsamen Betrug üben Gewohnheit und Unkenntniß! Eben weil wir im Geheimniß leben, sehen wir dasselbe nicht.*) Wir sind in dasselbe mitten

*) Die meisten Menschen bilden sich ein, die Ursachen der gewöhnlichen Naturerscheinungen gut genug zu kennen, und wenn man sie um den Grund fragt, so glauben sie, daß man mit ihren Antworten zufrieden sein müsse, wiewohl sie nichts sagen, was man nicht schon weiß. Woher kommt es, daß aus einem Ei ein Küchlein entsteht? Das kommt von der Wärme der Henne, die es brütet. Das ist klar; nichts ist gewöhnlicher; dabei muß man blei ben! Woher kommt es, daß ein Weizenkorn keimt und die Erde durchbohrt, um nach unten seine Wurzel auszubreiten, und nach oben seinen Stengel hervorkeimen zu lassen? Das ist der Regen und die Feuchtigkeit, die alles dies macht; mehr ist dazu nicht nöthig. Oder wenn ihr mit dieser Antwort nicht wollt zufrieden sein, so fragt diejenigen, die man gewöhnlich für Philosophen hält. Die sprechen von Feuchtigkeit und Wärme, Begriffe, die doch sehr klar find; diese beiden Dinge seien die reichhaltigen Grundürsachen der

hineingestellt, wir athmen es, wir rühren es an, wir leben und weben in ihm; aber maschinenmäßig hingleitend an der Oberfläche der Dinge, gewissermaßen abgestumpft durch die Gewohnheit, sehen wir nicht, von welcher Unermeßlichkeit wir der Mittelpunkt find, und man muß schon gelehrt sein, um zu wissen, daß man nichts weiß. Wenn die Dinge in der Welt nicht wären, wie sie jezt sind, sondern gerade umgekehrt, so würden sie uns ganz natürlich und evident scheinen, und das, was sie in ihrem gegenwärtigen Zustande sind, würde uns vorkommen wie die Summe aller Dunkelheit und aller Geheimnisse. Woher kommt es, daß die religiösen Dinge uns geheimnisvoller scheinen, als die Natur? weil wir uns nicht in fie hineingelebt haben; in sich selbst sind sie es nicht mehr, als auch die anderen. Ich gehe noch weiter und sage, sie erklären Manches in der Natur, was uns verborgen ist, und entschleiern die Geheimnisse sogar dort, wo sie mit mehr Recht sich finden müßten, in Gott. Wie kann demnach unser Verstand, der noch nicht einmal sich selbst kennt, noch etwas von dem, was ihn umgiebt, damit beginnen, daß er eine Evidenz in Gott haben will? Wenn die Einsicht in den Plan der materiellen Schöpfung ihm durchaus verwehrt ist, wie kann er dann noch vorhaben, das Verständniß der ewigen Rathschlüsse Gottes in der geistigen Ordnung an sich zu reißen? Zu fragen, warum die Religion nicht so evident ist, wie das Tageslicht, das ist dasselbe, als wenn man fragte, warum Gott selbst in seinen Eigenschaften und Rathschlüssen dem Menschen nicht begreiflicher ist, als die Natur in ihren Wirkungen und Geheimnissen. Soll vielleicht das Wesen Gottes dem Menschen klarer sein, als der Mensch sich selbst in seiner eigenen Beschaffenheit, ja sogar in seinem eigenen Verstande, diesem Thoren, der da hinstrebt nach der Evidenz in Gott? Jedoch, haben wir die Evidenz nöthig, um ihn kennen zu lernen und in seiner Religion zu ihm zu gelangen? Ei, gewiß nicht! Wir bleiben ja unser ganzes Leben ohne jene Evidenz, und glauben dennoch nicht, daß wir irre gehen. Machen wir es also in religiösen

Erzeugung und der Verwesung aller Körper, u. s. w. Solche schöne Worte oder doch ähnliche hat man schon gehört, als man noch kind war, und zwar von Männern, die bei uns viel galten, die unsere Lehrer waren. Damals fam es darauf an, gelehrig zu sein, und so mußten wir es ja glauben, ganz ohne alle Prüfung; wir mußten es gut behalten, und wieder gut auffagen. Man hat also dieses geistlose Zeug geglaubt und so oft wiederholt, daß man nicht mehr umhin kann, es zu glauben und wieder Andere zu lehren. Wird man wohl zweifeln? wird man prüfen? Aber wie weit würden wir da zurückversezt! es ist zu spät, wir haben keine Zeit mehr! Jedoch fragt man uns um unsere Meinung; so ist es denn unsere Schuldigkeit, zu antworten und unser Urtheil zu sagen."

(Malebranche, Traité de morale, t. I. chap. 6.)

Dingen, wie wir es mit den natürlichen Dingen zu machen pflegen! Schon in der Natur glauben wir Gott zu sehen, und welcher verständige Mensch sieht ihn da nicht! Freilich, er ist dort verborgen, und nicht Alle sehen ihn. Sollen wir deswegen zweifeln, ihn kennen zu lernen? und wenn wir einem Atheisten begegnen, soll uns das ein Grund sein, nicht auf den Lobgesang des Universums zu lauschen? Nun wohl! warum sollte es anders sein in der Religion? Wenn wir einigen entschieden Ungläubigen begegnen (und es giebt deren sehr wenige), warum sollte uns das zur Entschuldigung dienen, daß wir selbst nichts sehen und hören wollten? Denn nur etwas könnte hinreichen, uns die Augen zu öffnen und uns zu überzeugen, oder doch wenigstens zu erschüttern. Gott hätte uns einen schärferen und umfassenderen Verstand geben und es uns dadurch leichter machen können, ihn zu begreifen; das gebe ich zu. Aber wenn er das gethan hätte, so wäre der Grenzstein der Evidenz doch höchstens nur etwas weiter gerückt; immer würde uns etwas, 0 was sage ich etwas! der Unendliche selbst würde uns dunkel und unerklärlich bleiben in seinem Wesen und seinen Rathschlüssen. Somit bliebe der Ungläubigkeit, falls sie sich nur der Evidenz zu unterwerfen hätte, immer noch ein Spielraum übrig. Selbst Gott kann dieses nicht ändern! denn es ist ein Widerspruch, daß das Endliche das Unendliche begreife und umfasse. Wenn der menschliche Geist das Wesen Gottes erforschen und verstehen könnte, so wäre der intelligente Mensch Gott gleich; denn zwei intelligente Wesen, die sich gegenseitig und in gleichem Maße begreifen, sind gleich. So beweiset es schon unser Verstand, daß die Religion theilweise über den Verstand hinausliegt. Ich sage theilweise*); denn wenn wir auch keinen Anspruch haben auf Evidenz, so haben wir doch Anspruch auf Klarheit, und zwar auf eine solche, die für den Verstand entscheidend ist. Läge die Religion ganz außer dem Bereiche unseres Verstandes, so würde sie nicht passen für verständige und urtheilende Wesen, wie wir sind; sie wäre also falsch. Könnten wir sie aber andererseits mit unserem Verstande vollständig begreifen, so wäre sie außerhalb Gottes, und abermals falsch. Es bleibt daher nichts übrig, als daß sie sich einerseits der menschlichen Erkenntniß anpasse, und andererseits in der unermeßlichen Tiefe der göttlichen Erkenntniß sich verliere; daß fie folglich theilweise klar, und theilweise dunkel sei, und daß das Maß ihres Lichtes und ihrer Dunkelheit in Verhältniß stehe zu der Stufe der Annäherung zu Gott hin, auf welche wir uns durch die Vervollkommnung unserer Natur erhoben haben. Das ist der Fall in der christlichen Religion, aber auch nur in ihr.

Der zweite Grund, der der Evidenz in der Religion widerspricht,

*),,Ex parte, per speculum, in aenigmate." (I. Corinth. 13, 12.)

ist folgender: Die Religion ist wesentlich eine Ehrenbezeugung und Huldigung, ein Beweis der Unterwürfigkeit gegen Gott. In dieser Huldigung soll der Mensch das, was ihn am meisten von der übrigen Welt unterscheidet, was ihn eigentlich zum Menschen macht, Gott zum Opfer bringen, nämlich seine Erkenntniß, seinen Willen, seine Freiheit. Würde aber diese Huldigung durch die Evidenz uns abgenöthigt, so wäre sie nicht mehr die eines intelligenten und freien Wesens, d. h. sie wäre keine Huldigung mehr, sondern nur ein Sichgehenlassen unserer materiellen Natur. Wenn die religiöse Wahrheit, der Inbegriff aller Vollkommenheiten, Gott, gleich beim ersten Blick sich offenbar zeigte und klar wie die Sonne sich sehen ließe, so würden wir seinem gewaltigen Zauber nicht widerstehen können. Unser Verstand, unser Wille, unsere Freiheit wären plößlich gestürzt und vernichtet; es gäbe weder Verdienst noch Mißverdienst mehr, und unsere Verbindung mit Gott wäre nicht einmal so edel, wie das Verhältniß mit dem Geringsten von Unseresgleichen.*) Man muß sogar sagen, daß unsere ganze Stellung hier auf Erden umgekehrt, daß alle unsere natürlichen Beziehungen zu einander zerrissen und daß wir vertieft wären in eine fortwährende Ekstase, wo aller Widerstand unmöglich, alle Freiheit aufgehoben und jede Ueberlegung oder Rückkehr abgeschnitten, d. h. wo das Leben erloschen, und Gott, die Quelle unseres Seins, unser Tod wäre. Eine Religion, die für die menschliche Natur so wenig paßte und die Geseze derselben so wenig achtete, könnte unmöglich von dem Urheber eben dieser Na. tur, der ihr jene Geseze vorgeschrieben hat, herrühren. Im Gegentheil, die Religion, welche die natürlichen und unwandelbaren Fähigkeiten des Menschen, Erkenntniß und Willen, in Thätigkeit seßt, die der menschlichen Freiheit einen Spielraum läßt, die die Erkenntniß zum Dienste der Erkenntniß, den Willen zum Dienste der Liebe geschicht macht, das ist eine Religion, die ein Gepräge der Wahrheit an sich trägt, welches deutlich von ihr Zeugniß giebt. Darum braucht es denn auch weder eine unwiderstehliche Evidenz, noch ein undurchdringliches Dunkel zu geben. Wohl aber muß Raum sein für die Untersuchung, es muß da sein ein Gegenstand des Verdienstes und die Möglichkeit des Einen und des Anderen; alsdann übt sich die menschliche Thätigkeit, die Huldigung beginnt, Pflicht und Schuldigkeit werden erfüllt, das gegenseitige Verhältniß zwischen dem Menschen und Gott wird hergestellt und der

*) Ebenso ist es mit einer Angelegenheit, die die Heiligen, ja auch die Engel_betrifft, nämlich daß sie im Himmel Gott besigen. Haben sie sich diesen Besit etwa durch einen Versuch erobert? und ist etwa dieser Besiß dermaßen vollständig, daß er keinen Zuwachs kenne? Weit gefehlt! Gerade in diesem ewigen Zuwachs wird das Glück des Himmels bestehen: Ibunt de claritate in claritatem.

Pbiloforh. Stud. 4. Aufl. 1. Bd.

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