ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

entweder mit seiner früheren Frau, oder mit Stella, oder mit allen beiden wieder vereinigt denkt, dass die Sache doch nicht lange hält und die liebe Abwechselung den alten Aventurier weiter treibt (ähnlich drückt sich Nikolai aus in einem Briefe an Merck, 28. Dez. 75, siehe Wagner a, 79). Wer die Sache anders ansieht, lese nur Fernando's Gespräch mit seinem Verwalter, und was dieser über Fernando's früheres Leben sagt. Alle drei Frauen spielen eine jämmerliche Rolle, und die Scene, wo Fernando seiner schnippischen Tochter gegenüber den Galanten spielt, hat etwas Ekelhaftes. Wie Wilhelm Scherer gar aus diesem Stücke,,Muth des reinen Lebens" zu trinken versteht, ist mir unfassbar.

Jacobi scheint sein Missfallen an dem Stücke mit deutlichen Worten ausgesprochen zu haben. Goethe gab zuerst ebenfalls eine kräftige Antwort, hielt sie aber auf Drängen der Johanna Fahlmer zurück. An diese schreibt er, wol im April (G. a. J. F., S. 79):,,Sie sind recht lieb ich hab meine

[ocr errors]
[ocr errors]

Antwort an Fritz zurückgehalten, denn sie war wirklich mistisch. wild könnte ich wol über Fritzen werden, bös nie!" Jacobi hatte die Absicht, persönlich in Frankfurt einzutreffen; darauf deutet ein für uns unverständliches Billet Goethe's an die Fahlmer vom 23. April (G. a. J. F., S. 80): „Ich verstehe kein Wort davon, beste Tante, nicht ein Wort grosser Gott, es geht uns bunt, sehr bunt und doch ist's mir wie ein

Lichtstrahl dass Fritz kommt

sogar unerwartet. Was

kann, was soll ich sagen! Sein letzt Billet erinner ich mich nicht. Wir müssen nun wol harren, ich fühl, was in Ihnen vorgeht."

Aus dem Briefe, den Goethe an Jacobi über dessen ungünstige Aufnahme der Stella wirklich abgeschickt hat, ist uns durch Jacobi Einiges erhalten (G. u. J., S. 54). Er wirft Jacobi Unglauben vor, verlangt seine Stella zurück und schreibt: ,,Wenn Du wüsstest, wie ich sie liebe und um Deinetwillen liebe!"

Wo liegen nun die persönlichen Verhältnisse Jacobi's, an welche die Stella sich anlehnen oder welche sie darstellen soll? Jacobi, in der glücklichsten Ehe lebend, stand in einem innigen und nur durch den Tod getrennten Freundschaftsbunde zu der trefflichen Johanna Fahlmer, der späteren Frau Georg Schlosser's. Diese, eine Stieftante Jacobi's, war ein Jahr jünger als er selbst und stand mit Jacobi von früh an im innigsten schwesterlichen Verkehr. Als Jacobi 10. März 1819 starb, schrieb sie in ihr Tagebuch (G. a. J. F., Vorwort): „Heute starb mein brüderlicher, schon bei meiner Geburt in meiner Wiege mich begrüssender Gespiele und Freund durch's ganze Leben Friedrich Heinrich Jacobi." Auf sie geht es, wenn in Jacobi's Lebensnachricht (J. a. B. I, V. IX) steht: „Er hatte von Kindheit an, mehr als jeden Andern, den Umgang einer Person gleichen Alters, die eine Halbschwester seiner früh verstorbenen Mutter war, geliebt." In Jacobi's Briefwechsel wird sie,,Adelaide" genannt (siehe Anmerkg. J. a. B. I, 148).

Nach gemeinsam verlebter Jugend ging 1758 Johanna Fahlmer mit ihren Eltern nach Mannheim, um dieselbe Zeit Jacobi nach Frankfurt und Genf. Als Johanna, die unterdess ihren Vater verloren, 1776 mit ihrer Mutter nach Düsseldorf zurückkehrte, traf sie ihren Jugendfreund in glücklicher Ehe mit ihrer Freundin Betty von Clermont und blieb in inniger Beziehung zu beiden. Diese Verhältnisse liegen Jacobi's Woldemar deutlich zu Grunde. Später, 1770, verliess Johanna dauernd Düsseldorf und lebte zuerst kränkelnd in den Bädern Spaa und Aachen. Nach überstandener Krankheit schreibt sie in ihr Tagebuch: „Eine grosse Krisenzeit meines Lebens, auch anderer als physischer Leiden."

Seit 1772 bis zu ihrer Verheirathung mit Georg Schlosser lebte Johanna Fahlmer in Frankfurt, regelmässige längere Besuche den Düsseldorfer Freunden abstattend.

Diese Beziehungen waren Goethe gut bekannt, sowol früher durch Johanna Fahlmer und Jacobi's Frau, als nachher durch

Jacobi selbst. Das eigenthümliche Verhältniss Jacobi's, seiner Frau und Johanna Fahlmer's zu einander interessirte ihn. So schreibt ihm Betty Jacobi 6. Nov. 73 (G. a. J., S. 9): „Dass die Tante und ich unsern ebenen und graden Weg neben einander ohne Stumpen und Stolpern gehen, ist wahr, obgleich noch wol immer ein Räthsel für den Herrn Doktor Goethe Lobesan."

Als er daher seine Stella, in der ebenfalls das Verhältniss zweier Frauen, obgleich in völlig anderer Weise, zu einem Manne dargestellt wird, an Johanna Fahlmer und Jacobi schickte, konnte er die angeführten Worte gebrauchen, er konnte sagen, dass ihm Stella um Jacobi's willen lieb sei, und er konnte glauben, dass das Drama durch Johanna Fahlmer's Hand Jacobi doppelt so lieb sei. Soweit geht die Beziehung, weiter nicht. Sonst sind zwischen den in der Stella geschilderten Beziehungen und denjenigen Jacobi's lauter Gegensätze, keine Berührungspunkte; Fernando hat keinen Tropfen Jacobi'schen Blutes in sich und ebenso weder die prosaisch-sentimentale Madame Sommer, noch die ätherisch-kindliche Stella etwas gemein mit Betty Jacobi oder Johanna Fahlmer. In dieser Untersuchung scheint mir der philologische Drang, überall Beziehungen, Anlässe, Motive zu finden, auf falsche Wege gerathen zu sein. W. Scherer hat aus den Freiburger Jacobibriefen eine Jugendsünde Jacobi's ermittelt und verwebt alsbald diese Sache mit den Ereignissen in der Stella. Als ob dieses Vergehen Jacobi's, - wenn es überhaupt erwiesen ist, mit einer Liebesgeschichte verglichen werden könnte, wie sie zwischen Fernando und Madame Sommer gespielt hat!

Ebenso unwahrscheinlich ist es, wenn Urlichs die Worte in der Stella (Act IV, Sc. 1): „Weisst Du den Nachmittag im Garten, bei meinem Onkel? Wie Du zu uns hereintratst? Wir sassen unter den grossen Kastanienbäumen hinter dem Lusthaus!" auf den Pempelforter Garten bezieht, in dem, nach Schaumburg (Jacobi's Garten, Aachen 1873), grosse Kastanienbäume und zwei Lusthäuschen waren; als ob ein Garten mit

Noch

Kastanienbäumen nothwendig Pempelfort sein müsste! unwahrscheinlicher ist Urlichs' Annahme, der violinspielende Fernando beziehe sich auf Jacobi. Diese Annahme stützt Urlichs auf eine Aeusserung in einem Briefe Le Sage's an Jacobi (J. a. B. I, S. 4), wonach Jacobi musikalisch gewesen sein müsse. Mir ist im ganzen Leben Jacobi's Nichts von dessen musikalischen Fähigkeiten bekannt, und in der beigezogenen Stelle giebt Le Sage seinem Freunde nur den väterlichen Rath, um seine Gesundheit zu schonen, seine Mussestunden nicht, wie Jacobi gewohnt war, zu ernsten philosophischen Studien zu verwenden, sondern zur Erholung entweder zu musiciren mit seinen Landsleuten (die wenigstens dieses Talent besässen), oder in Gesellschaft zu gehen (,,Il me semble donc, que vous feriez mieux d'employer vos soirées ou à faire de la musique avec les compatriotes qui ont au moins ce talent-là“ —). Der gute Le Sage hielt jeden Deutschen für musikalisch, also auch Jacobi.

Auch alle anderen von Urlichs angeführten Aehnlichkeiten, z. B. zwischen Stella's Pflegerin Sara und Johanna Fahlmer's Erzieherin Bogner, scheinen mir zu weit hergeholt.

Ich glaube schliesslich auch, dass, wenn Jacobi und die ihm Nahestehenden in der Stella seine Verhältnisse zum Theil wiedererkannt hätten, wenigstens eine oder die andere Stelle in dem reichen Briefwechsel jener Tage sich darauf bezöge. Dies ist aber nicht der Fall.

So reducirt sich der Anlass der zwischen den Freunden kurze Zeit dauernden Verstimmung auf Jacobi's sittliche Bedenken gegen Goethe's Drama.

Das von Leopold Wagner verfasste, allgemein Goethe zugeschriebene Pasquill,,Prometheus, Deukalion und seine Recensenten" konnte die Freundschaft nicht erschüttern. Jacobi war, wie er selbst sagt, der Einzige unter Goethe's Freunden, der nicht an Goethe's Autorschaft glaubte. Siehe Jacobi's Briefe an Wieland 22. März (J. a. B. I, 205) und 22. April (J. a. B. I,

213). Jacobi schrieb indess über die Sache an Goethe (G. a. J. F., S. 75).

Die nächste Zeit sendet Goethe, der bald darauf mit den Brüdern Stolberg in die Schweiz reist, blos Grüsse durch Johanna Fahlmer, so den 16., 22., 26. Mai (G. a. J. F., 82).

Im Juni ist Jacobi in Köln und erinnert sich in einem Briefe vom 14. Juni der schönen, gemeinsam verlebten Stunden des vorigen Juli.

Goethe sendet unterdessen seine ,,dritte Wallfahrt" und ein Lied an Jacobi, wofür dieser 12. Aug. dankt.

Wie wir wissen, hat Jacobi seinen Roman schon im August 74 angefangen. Jetzt schickt er seine fertig gewordene Arbeit durch Johanna Fahlmer zur Begutachtung an Goethe. Dieser schreibt darüber an die Fahlmer Urlichs setzt das Billet in den August (G. a. J. F., S. 91): „,Hier Fritzens Arbeit, ich möcht' nicht gern, dass er so gedrückt würde, und doch sind so gute Sachen drin."

Damit hören die eigentlichen Briefe fast auf, meistens nur einzelne Grüsse. Goethe trifft den 7. Nov. in Weimar ein; damit lässt er viele Beziehungen früherer Zeiten fallen. Jacobi's herrliche Idee von einem ächten, wahren und dauernden Verhältniss zu Goethe erleidet eine Enttäuschung nach der andern. Im November war Jacobi sehr krank; Wieland schreibt ihm eifrig; Jacobi's Urtheil in Bezug auf Goethe hat schon etwas Kühles. Er schreibt an diesen 23. Nov. (J. a. B. I, 230): „Mit Goethe und Ihnen ist es genau so gegangen, wie ich es vorausgesehen hatte. Es wird sich von selbst nach und nach Alles in die Richte senken, und was schadet's, wenn's dabei auch hie und da ein wenig kracht und erschüttert."

22. Nov. schreibt Goethe an J. Fahlmer (G. a. J. F., S. 99): ,,Fritz war krank, hör' ich, die holde Seele. Wieland hat ihm viel geschrieben. Ich schreibe ihm auch wol noch heut." Von diesem Brief steht Nichts in der Sammlung; er wird wol auch

2

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »