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wird scherzhaft Clerdon als der älter und Hausvater gewordene

Allwill hingestellt.

Das Resultat der Untersuchung ist also, dass Goethe zwar eine Reihe von Charakterzügen für Allwill hergeben musste, Allwill aber trotzdem als der typische Charakter für die ganze Gattung der Allwille gezeichnet ist.

Jacobi giebt richtig seinen eigenen Antheil an der Allwillfigur an in seiner schon erwähnten Antwort auf den Brief von D. R. (J. W. I, 353): „Dass ich den Charakter Allwill's so glänzend entworfen und Alles hineingelegt habe, was sich von löblichen Dingen damit reimen liess, das ist gewiss nicht zum Nachtheil der guten Sache geschehen. Um bei dieser seltsamen Gattung von Schwärmern einiges Gehör zu finden, muss man sich bezeigen als Einen aus ihrer Mitte, als Einen, der zu Allem, was sie hochschätzen, reichlich den Zeug hat, und der auch nicht zu zärtlich ist, um sogar Ottern in die Hand zu nehmen und mit eigenen Augen zu betrachten und mit eigener Seele zu schätzen in seinem eigenen Sein ein jedes Ding."

V. Allwill als „moralisches Genie."

In Allwill wird das Genie nicht in Bezug auf die Kunst, sondern in Bezug auf die Lebensführung und die moralische Welt dargestellt.

Gervinus sagt (4. Aufl., Bd. 4, S. 518) darüber: „Er (Jacobi) zeigte das moralische Genie, das hier in das schönste Licht gerückt war, von zwei Seiten, mit jener Unparteilichkeit, zu der ihn seine ganze Unentschiedenheit ausserordentlich befähigte, und auf die er selbst sich grosse Stücke einbildete. Als darstellendes Werk ist Allwill durchaus unbedeutend; Jacobi hat nicht einmal Anlage, sich raisonnirend verständlich zu machen, geschweige darstellend anschaulich zu werden. Ueberall sieht man zu sehr wirkliche Verhältnisse durch, und doch herrscht Reflexion vor. Als Abbild der Geniemänner aber, als eine fortlaufende Charakteristik der Fauste jener Zeiten, die Jacobi in diesem einen Individuum zeichnen will, sind diese Briefe um so interessanter, als ihm bei dieser Gestalt vielfach Goethe gesessen hat."

Gegen dieses im Ganzen das Richtige treffende Urtheil ist zweierlei einzuwenden; einmal möchte ich die auch von Gervinus anerkannte Unparteilichkeit der Jacobi'schen Darstellung nicht auf seine „Unentschiedenheit" zurückführen. Jacobi war lebhaft gegen die schlimmen Seiten jener Geniemänner eingenommen; er erkannte diese Fehler ebenso scharf wie die Gegner des genialen Treibens, wie z. B. Lichtenberg; aber zugleich fühlte er sich diesen genialen Naturen, ihrem echten Kerne nach, 'verwandt, konnte sich ganz in sie hineinleben und daher

mit gleich treffenden Worten das Pro und Contra schreiben. Mit demselben Rechte könnte man Goethe Unentschiedenheit vorwerfen, der den Tasso und Antonio geschaffen. Zweitens ist es doch zu viel gesagt, wenn man einem Manne von Jacobi's philosophischer Bedeutung vorwirft, er habe keine Anlage, sich raisonnirend verständlich zu machen; liest man Gervinus' Darstellung von Jacobi's philosophischen Verdiensten, so gewinnt es für mich den Anschein, dass der Mangel an philosophischem Raisonnement auf der andern Seite liegt. (Vergl. z. B. Gervinus 4, 513:,,Wie er Jacobi denn weiterhin immer von einem System seiner Philosophie sprach, der doch nie nur eine systematische Abhandlung schreiben konnte etc.“).

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Die gewichtigen Stimmen, die sich im Romane gegen Allwill und dessen Moral verdammend vernehmen lassen, Sylli und Luzie, sollen am Schlusse des Abschnittes gehört werden. Zunächst suchen wir ein Bild der Allwille aus der im Roman zerstreut und in verschiedener Form gegebenen Darstellung zu gewinnen. Dabei soll auf die Verwandtschaft, die Allwill mit den Helden der Goetheischen Jugenddichtungen und mit dem jungen Goethe selbst hat, besondere Rücksicht genommen werden.

Wesen und Kern des moralischen Genies ist die Autonomie des Individuums, die Selbstherrlichkeit des Ich's, die Herrschaft des eigenen Herzens, dem man immer folgen, auf dessen Stimme man immer horchen soll.

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So ruft Allwill am Ende seines Briefes an Luzie aus (J. W. I, 198): „,0, schlage Du nur immer fort, mein Herz muthig und frei; dich wird die Göttin der Liebe es werden die Huldinnen alle dich beschirmen, denn du liessest alle - alle Freuden der Natur in dir lebendig werden; vertrautest unumschränkt der allgütigen Naturschenktest ihrem zartesten Lächeln jedesmal von Neuem dich ganz strömtest hin in verdachtlosem Entzücken: lerntest, empfingest von ihr, zu geben und zu nehmen, wie sie selbst." Daselbst 189: ,,Jedes Wesen

erspriesst in seiner eigenen Natur: Wird nicht auch die schöne Seele aus ihrem Keim sich immer schöner bilden? Was ist zuverlässiger, als das Herz des edel Geborenen?" (Diese Autonomie des Genies wird in Jacobi's Woldemar J. W. V, 78 noch bestimmter so ausgedrückt: „Durch das Genie giebt die Natur der Kunst die Regel, sowol der Kunst des Guten, als des Schönen. Beide sind freie Künste und schmiegen sich nicht unter Zunftgesetze; lassen sich durchaus nicht zum Handwerke erniedrigen und in den Dienst des Gewerbes bringen.")

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Dieser Stimme des eigenen Herzens folgen, heisst der Natur folgen, heisst eines Sinnes bleiben mit der Natur. Diese Geniemänner athmen die freie Luft der Lehren Rousseau's. Jacobi hat in Genf mit Freunden Rousseau's unmittelbar verkehrt (J. a. B. I, Lebensnachricht X). Er erkundigt sich auch noch von Düsseldorf aus angelegentlich nach demselben (Le Sage an Jacobi, 18. Okt. 63 [J. a. B. I, 9]: „Le vif interêt, que vous prenez à tout ce pui concerne notre fameux excitoyen etc." und J. a. B. I, 11 schreibt Le Sage an Jacobi: „Nous n'avons point actuellement de papiers intéressans concernant votre cher Rousseau.") Und in Betreff Goethe's brauche ich blos die Stelle aus einem Briefe Kestner's (G. u. W., S. 37) anzuführen: ,,in principiis ist er (Goethe) noch nicht fest und strebt noch erst nach einem gewissen System. Um Etwas davon zu sagen, so hält er viel von Rousseau, ist jedoch nicht ein blinder Anbeter von demselben."

Allwill (J. W. I, 187): „Glaube mir, Holde Liebe, das Beste ist, wir bleiben eines Sinnes mit der Natur. Ihr Wesen ist Unschuld, und wenn wir annehmen, was sie uns nach Zeit und Umständen in die Ohren raunt, werden wir uns so wohl befinden, als irgend Jemand unter dem Monde. Wir brauchen starke Gefühle, lebhafte Bewegungen, Leidenschaften!" J. W. I, S. 192: „Es wehet durch alle meine Empfindungen der lebendige Athem der Natur, der vermehrende, ewig neu gebärende lass ihn wehen." J. W. I, S. 192: „Deswegen über

lasst mich meiner guten Natur, welche verlangt, dass ich jede Fähigkeit in mir erwachen, jede Kraft der Menschheit in mir rege werden lasse. Freilich drängt sich's da wohl einmal: aber die freie Bewegung hilft durch, passt, sondert und vereinigt, bessert auch."

Dieses Streben, jede Fähigkeit in sich auszubilden, hat Werther so gut, wie Faust, Carlos - Clavigo so gut, wie Fernando.

So klagt Werther (G. W. XVI, 12): „Nur muss mir nicht einfallen, dass noch soviel andere Kräfte in mir ruhen, die alle ungenützt vermodern, und die ich sorgfältig verbergen muss. Ach, das engt das Herz so ein." Und S. 14:,,Wenn ich die Einschränkung ansehe, in welcher die thätigen und forschenden Kräfte der Menschen eingesperrt sind etc."

Faust:

,,In jedem Kleide werd' ich wol die Pein

Des engen Erdenlebens fühlen."

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So ruft Carlos im Clavigo aus (G. W. X, 49): „Wunderlich, mich dünkt doch, man lebt nur einmal in der Welt, hat nur einmal diese Kräfte, diese Aussicht, und wer sie nicht zum Besten braucht, wer sich nicht so weit treibt, als möglich, ist ein Thor."

Fernando in der Stella (I. Ausg., S. 65):,,Franz, ich muss fort! Ich wär' ein Thor, mich fesseln zu lassen. Dieser Zustand erstickt alle meine Kräfte, dieser Zustand raubt mir allen Muth der Seele, er engt mich ein! Was liegt nicht Alles in mir? Was könnte sich nicht Alles entwickeln ?"

Jeder Trieb in uns soll geweckt werden, die eigene Natur soll im Wechsel des Genusses und Leidens sich „ausleben.“

Allwill (J. W. I, 186): „Geniessen und leiden ist die Bestimmung des Menschen. Der Feige nur lässt sich durch Drohungen abhalten, seine Wünsche zu verfolgen, der Herzhafte spottet des; ruft: Liebe bis in den Tod! und weiss sein Schicksal zu ertragen."

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