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sei, dürfen wir bei Deuterojesaja nicht voraussetzen. Wir stehen hier also vor einem psychologisch nicht erklärbaren Rätsel. Das Problem löst sich, sobald wir hier einen von auswärts übernommenen Stil vermuten. War es damals in Babylonien Sitte, in dieser Art von den Göttern zu reden, so konnte unser Verfasser sich dem unbedenklich anschließen, ohne Gefahr zu laufen, daß man Beweise von ihm forderte.

Diese Vermutung eines aus der Fremde entlehnten Stiles läßt sich noch wahrscheinlicher machen, wenn man auf einige weitere Dinge achtet, die man bisher verkannt hat. Erstens wird in diesen Stücken der Polytheismus vorausgesetzt. Wer von den Göttern Beweise erbittet und sich mit ihnen in eine Disputation einläßt, hält sie für lebendige Wesen. Gewiß ist das für Deuterojesaja nur eine stilistische Einkleidung. Aber auf diese Einkleidung wäre er von sich aus niemals verfallen, da er ja immer wieder die Nichtigkeit der Götzen betont und ihre Existenz leugnet. Wie konnte ein so strenger Monotheist auch nur hypothetisch das zugeben, was er sonst aufs schärfste bekämpfte? Will man ihm diese Selbstverleugnung nicht zutrauen, so muß man einräumen, daß er hier eine Stilform von anderen übernommen hat. Ohne sich über die Voraussetzungen klar zu werden, die seinem eigenen Standpunkt im Grunde widersprechen, achtete er nur auf die Konsequenzen, - die alleinige Gottheit Jahves und die Ohnmacht der Götzen die sich grade mit Hülfe dieser Disputationen leicht deutlich machen ließen.

Noch krasser tritt zweitens der ursprünglich polytheistische Charakter zutage in der Tatsache, daß Jahve von sich in der ersten Person Pluralis redet: Mögen sie herbeibringen und uns verkünden das, was sich begeben wird (41 22ff.). Man darf zum Verständnis dieser Stelle nicht auf 43sff. verweisen, wo eine andere Situation geschildert wird: Die Völker haben sich versammelt, ihnen gegenüber stehen die Israeliten. Jahve will seinem Volke, das Augen hat und doch blind ist, das Ohren hat und doch taub ist, klar machen, daß die Heiden keine Orakel haben. Daraus sollen sie den Schluß ziehen auf die Nichtigkeit der Götzen. Dieser Hauptgedanke wird nicht deutlich ausgesprochen, er geht aber aus der Pointe des ganzen Stückes hervor: da werdet ihr erkennen und mir glauben und

einsehen, daß ich es bin; vor mir ist kein Gott gebildet und nach mir wird keiner sein (4310). Wir vermissen nicht nur die Götter in dieser Szene, sondern wir verstehen auch nicht, wie Jahve sagen kann: Das Frühere mögen sie uns hören lassen (439). Es sollte heißen: Das Frühere mögen sie euch hören lassen. Denn nicht Jahve, sondern Israel soll überzeugt werden. Daß sich Jahve hier mit seinem Volke zusammenfaßt, ist stilistisch sehr hart. 438ff. ist also nicht verständlicher, sondern noch unverständlicher als 41 22 ff., wo Jahve und die Götter die einzigen Personen sind, die auftreten. Es ist gar kein Grund vorhanden, die Israeliten hier stillschweigend zu ergänzen. Nehmen wir an, Deuterojesaja habe diesen Stil entlehnt und ursprünglich habe etwa ein Gott wie Marduk gesprochen, der ja um seiner Schicksalstafeln willen besonders als Orakelgott berühmt war, so würde man aus dem wir auf eine mit Marduk zusammengehörige Götterpartei schließen, aber keineswegs auf die Babylonier. Bei Deuterojesaja ist die erste Person Pluralis nur noch ein stilistisches Überbleibsel (wie Gen. 126), das von ferne an den polytheistischen Ursprung erinnert.

Drittens scheint es, als ob der Verfasser auch hier (wie bei dem Hofstil) vom babylonischen Sprachschatz abhängig sei. In demselben Zusammenhang, wo ausgeführt wird, daß kein heidnischer Gott die Zukunft vorausgesagt habe, heißt es: Zion hat einen jiwa: siehe, da sind sie ja! und Jerusalem gebe ich den. Doch diese1, da ist kein Mann und von diesen weiß keiner Bescheid (4127f.). Nach dem Kontext können die beiden nicht übersetzten Wörter nichts Anderes bedeuten als Propheten: Jahve hat Zion einen Propheten gegeben, während die Götter keinen Propheten aufweisen können. Diese Behauptung müßte man auch dann aufstellen, wenn man keinen Beweis dafür beibringen könnte. Eine Korrektur erscheint mir unnötig, weil das dem hebräischen 18 genau entsprechende babylonische Äquivalent mahru (wörtlich der Erste) ebenfalls Prophet heißt. Am Schluß des Schöpfungsmythus Ínuma íliš sagen die großen Götter, als sie dem Tiâmatbändiger Marduk die fünfzig Titel verliehen haben: Sie mögen festgehalten werden, und der mahru möge sie offenbaren, der Weise und der Kun

1. Lies 1 DUHм.

dige (mudu) mögen sie zusammen überdenken1. Dies Zusammentreffen der Bedeutungen von 7128 und maḥru, die an sich nicht nahe liegen, kann unmöglich auf Zufall beruhen.

Deuterojesaja muß sich vielmehr auch hier ebenso wie beim Hofstil an babylonische Vorbilder angelehnt haben. Sobald wir einen Stil annehmen, dürfen wir die Aussagen nicht mehr pressen. Die ewigen Orakel, von denen die Babylonier in ihren Göttertexten reden mochten, beanspruchte unser Verfasser für Jahve und verstand sie von irgendwelchen Weissagungen der früheren Propheten, die zwar nicht von Cyrus direkt, wohl aber vom eschatologischen Helden sprachen. Ich behaupte übrigens nur, daß die festgeprägte Kunstform der Götterdisputationen entlehnt sei und im Zusammenhang damit ein paar Einzelheiten, die mit diesem Orakelstil eng verwachsen sind. Die Gedanken dagegen, die in dieser Form dargestellt werden - und das ist das Wertvollste sind das originale Eigentum unseres Verfassers. So zeigt sich Deuterojesaja auf Schritt und Tritt abhängig von nicht-israelitischen Traditionen.

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Man kann diese These an einem weiteren Beispiel erhärten. Ein im zweiten Teil des Jesaja häufig wiederkehrendes Attribut Jahves ist in der Heiland (433. 11. 4521. 4926. 6016. 638). Dies Prädikat ist an sich ganz begreiflich. Aber rätselhaft ist ein Satz wie der: Du bist ein verborgener Gott, ein Gott Israels, ein Heiland (4515). Das Epitheton des verborgenen Gottes ist in Israel nicht verständlich. Es kann nur durch fremden Einfluß erklärt werden und muß von einem fremden Gott auf Jahve übertragen sein. Woher es stammt und was es bedeutet, läßt sich bei einem so geringen Material nicht mit Sicherheit entscheiden. Beachtenswert ist aber, daß verborgener Gott und Heiland in der zitierten Stelle neben einander stehen. WENDLAND hat durch eine Fülle von Belegen gezeigt, daß im hellenistischen Hofstil ebenso wie im Neuen Testament mit dem Begriff des Jeos owτng die Epiphanie des (zuvor verborgenen) Gottes verbunden ist. Überdies gilt der Helfer stets als ein

1. KB VI, 1. S. 38 Z. 22 f. 2. ZNTW V. S. 335 ff. Es sei auch erinnert an die Vorstellung von dem Licht der Welt (vgl. o. S. 307), die vielleicht in dieselbe Sphäre gehört.

Weltheiland: damit meine Hülfe (Jahves owτngia) reiche bis ans Ende der Welt (496). Vielleicht dürfen wir hier die erste Spur des später so lebendigen Stiles erkennen.

§ 29. Israel als Ebed Jahve.

Knecht Jahves kann, wie ein flüchtiger Blick in das Lexikon lehrt, jeder Verehrer Jahves, jeder Israelit heißen. Es begegnet uns im Alten Testament als Beiwort der Patriarchen, Könige, Priester, Propheten und der Frommen überhaupt. Aus dem Worte allein kann man nicht erschließen, was für eine Person an der betreffenden Stelle gemeint ist, da es völlig farblos ist. Um desselben Grundes willen ist es gänzlich ungeeignet, als Terminus technicus verwandt zu werden. Trotzdem wird man nicht leugnen können, daß es im Deuterojesaja tatsächlich einen technischen Sinn erhalten hat: Dort soll unter dem Ebed nicht jeder beliebige Israelit, sondern eine ganz bestimmte Größe verstanden werden. Hier stehen wir gleich am Eingange unserer Untersuchung vor einem großen, unlösbaren Rätsel. Denn diese Begriffsentwicklung hat sich nicht im Licht der Geschichte vollzogen und kann darum nur ungenügend erklärt werden. Wahrscheinlich müssen wir, wie so oft, eine Abkürzung eines einst volleren Ausdrucks annehmen. Wie er auch ursprünglich gelautet haben mag, ob der himmlische oder der göttliche oder der eschatologische Knecht Jahves, jedenfalls bezeichnet das Wort bei Deuterojesaja den Knecht Jahves, den jedermann kennt.

Fragen wir nun: Wer war der Ebed? können wir ihn noch genauer bezeichnen? so scheint sich eine klare und unzweideutige Antwort aus Stellen wie 418ff. 4310ff. 441ff. 454. 4820. 498 zu ergeben, wo er direkt Israel genannt wird. GIESEBRECHT hat nun mit allem Nachdruck die These zu beweisen gesucht, der Knecht Jahves sei überall als das Volk Israel zu verstehen. Da außerdem, wie GIESEBRECHT (S. 128 ff.) gezeigt hat, die Aussagen über Israel zu einem großen Teil denen entsprechen, die über den Ebed gemacht sind, so scheint es in der Tat naheliegend, Israel an allen Stellen mit dem Ebed zu identifizieren. Zwingend ist dieser Schluß jedoch nicht, da Deuterojesaja, abgesehen von der bestimmten Ebedfigur, auch andere Personen

als Knecht Gottes bezeichnen konnte. Wir müssen von vorneherein mit der Möglichkeit rechnen, daß er vielleicht verschiedene Ebedgestalten kennt, die wir genau auseinanderhalten müssen. Diese Möglichkeit würde zur Gewißheit dann, wenn sich die Deutung des Ebed auf Israel nicht überall durchführen ließe.

Wenn der Ebed und Israel identisch sind, so kann jenem unmöglich eine Wirksamkeit an diesem zugeschrieben werden. Wie reimt sich mit diesem logisch-unanfechtbaren Schluß Jes. 495f.: Aber jetzt sprach Jahve zu mir, der mich von Mutterleib zu seinem Knecht geschaffen, um Jakob zu sich zurückzuführen und Israel zu sich zu sammeln1so ward ich geehrt in den Augen Jahves und mein Gott ward meine Stärke, und er sprach »Zu gering ist es, dafür daß du mir Knecht bist, die Stämme Jakobs wieder herzustellen und die Bewahrten Israels wieder zurückzuführen, ich will dich vielmehr machen zum Licht der Heiden, damit meine Rettung sei bis ans Ende der Welt«. Liest man diese Worte so, wie sie lauten, wird niemand daran zweifeln, daß dem Ebed Jahve zwei Aufgaben zuerteilt werden: erstens als die geringere das Volk Israel aus dem Exil heimzuführen, zweitens als die größere das Licht der Heiden zu sein. >>Redet demnach«, so muß selbst GIESEBRECHT zugestehen (S. 43), »der Text seinem einfachsten Verständnis nach von einem Knecht Gottes, bei dessen Entstehung Jahve schon sein Absehen darauf gericht hatte, Israel aus dem Exil zurückzuführen und Jakob zu sich zu sammeln, dann ist der Knecht unweigerlich als Mittel und Werkzeug bei der Zurückführung gedacht«<, also »enthält der Vers, wenn Israel der Knecht ist, eine Absurdität«. Der Ebed muß hier folglich von Israel getrennt und als Einzelperson aufgefaßt werden3.

GIESEBRECHT entzieht sich dieser Schlußfolgerung, indem er mehrfach streicht. Nach ihm wird der ursprüngliche Text so rekonstruiert: Aber jetzt hat Jahve gesprochen, der von Geburt mich zum Knecht ihm schuf, und ich stehe hoch in Jahves Gunst, und mein Gott ward meine Stärke: »Zu gering ist es, aufzurichten Jakob und die Bewahrten Israels zurückzuführen, so mache ich dich zum Licht der Heiden, daß mein Heil gelange

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3. Von einer Unterscheidung zwischen Israel xarà лveʊμa und Israel xarà σάqxα kann natürlich im A.T. keine Rede sein.

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