Stellen solcher alter Gedichte nach der jeßigen Sprachbildung und Denk und Gefühlsweise nicht selten platt und gemein, ja oftmals lächerlich erscheinen würden. ,,Unsere Aufgabe war es also," heißt es weiter,,,den Geist des lieblichen Dichters aufzufassen, seine erhabenen Gedanken, seine tiefen Gefühle zu verstehen und in einem verånderten Kleide wiederzugeben, Daher kam es, daß, mit gebührender Pietåt und möglichster Beibehaltung des alten Typus, doch manche Strophe, ja ganze Lieder völlig umgearbeitet wurden, ja daß in manchem Ges sange kaum ein Vers unverändert blieb." Wenn gleich es nun uns, und wahrscheinlich Manchen, die sich am veralteten Ausdruck und an der Form der das maligen Poesie nicht stoßen, sondern den wahren Gehalt inniger Empfindung und tiefer Anschauung wohl herausfinden, lieber gewesen wåre, einen unveränderten, getreuen Abdruď der hl. Seelenlust, wie Silefius fie schrieb und herausgab, zu erhalten da, wie die Herausgeber selbst gestehen,,,bei folchen Bearbeitungen bei aller Sorgfalt immer viel Characs teristisches des Originals verloren geht, und weil ohne bedeutende Verluste an Gedanken und eigenthümlicher Schönheit Tein guter Schriftsteller, besonders in gebundener Sprache, übersetzt werden kann"; so können wir doch mit ihnen nicht weiter darüber rechten, da sie sich einmal eine andre Aufgabe gestellt hatten; nur müssen wir erklären, daß durch diese Bearbeitung eine neue Ausgabe des Originaltertes nicht überflüßig geworden ist. Sollte die bl. Seelenluft ein Ans dachtsbuch unsrer Zeit werden, so war eine zeitgemäße Bearbeitung nothwendig, und wir erkennen an, daß diese im Ganzen recht gut gelungen und der Kindlichkeit und der mit ihr verbundenen Kraft des Gefühls nicht zu sehr verflachend nahe getreten ist; nur håtten die Herausgeber sich dann auch nicht so strenge an das Quantum des Tertes halten dürfen, sondern manche von den vielen Modifikationen eines Gedanleus, der sich oft in mehreren Liedern wiederholend ergießt, auslassen, und dafür das Lied, in dem er sich am vollsten und kräftigsten austönt, aufnehmen, überhaupt nur das Beste auswählen und zusammenstellen follen. Gehen wir nun auf die Gedichte selbst über, um durch fie den Dichter keunen zu lernen, der verjüngt uns in dies sem Buche entgegentritt. Wir können im Allgemeinen diese lyrischen Klänge nicht beffer bezeichnen, als wenn wir sie ein feuriges Liebewerben einer frommen Seele um Jesu den Ges liebten nennen. Die Seele ist personifizirt, als Braut und Liebende steht sie dem Bräutigam und Liebenden gegenüber, fie denkt nichts, als ihn, sucht nichts, als ihn, in seiner Liebe ist sie selig. Im ersten Buche ist die Sehnsucht vorherrschend, es ist die Adventsstimmung der Seele, die weiß, daß der Ges liebte kommt, ihn aber noch nicht besiht; der Gedanke an ihn erfüllt fie ganz: Keine Stunde kann vergeh'n, Daß ich nicht gedeuk' an dich, Daß ich nicht muß innig fleh'n: Die Sehnsucht steigert sich zum Verlangen, zur Begierde uach Jesus, die Seele macht sich auf, das göttliche Kind zu suchen? Soll unter den Linden Mein Herze dich finden? Soll ich zum Apfelbaume geh'n? Die Büsch' und die Wälder, Mit sehnlichen Mühen Durchsuchen, durchziehen? Soll ich ersteigen Fels und Höh'n? u. s. w. Sie finder den Geliebten nicht, und bricht nun in Klage aus: Jesu, liebevoller Gott, Wie läßst du mich so lang' im Tod! Wann kommst du denn einmal zu mir? und nun beginnt sie mit allen süßen Namen ihn zu rufen, fie verachtet alle Pracht und Kleinodien der Erde: Jesus Christus soll allein Ewig meine Liebe sein; sie verspricht ihn zu lieben, bis ihr das Herze bricht. Der Aufgang der Sonne mahnt sie, daß ihre Sonne noch nicht aufgegangen; sie hålt Nachfrage bei allen Geschde pfen, bei Feldern und Matten, bei allen Blumen, bei den kühlen Bronnen, bei den Vögeln, bei Sonne, Mond und Firmament, und schließt seufzend: Ach Gott, wo soll ich weiter fragan, Er ist bei keiner Kreatur! Wer führt mich über die Natur? Wer schafft ein Ende meinen Klagen? Muß mich erheben über mich, Dann, hoff ich, wird es mir gelingen, Nun ist das bange Sehnen geftillt, die Seele bereitet sich vor auf des Herrn Geburt, sie rufet Schäfer und Hirten auf, Palmen, Delzweig' und Myrthen zu streuen, denn der ewige Friedensfürst kommt; nun preiset sie Maria, die Gebenedeite, und ruft dem Heiland entgegen: Willkommen, Knabe himmelrein; Willkommen, liebes Kind! freut sich seiner Holdseligkeit, ltebkoset ihn mit zärtlichen Worten, und froblocket: Geboren wird auf's neu die Welt, Es thaut, was Frost zusammenhält, Erquidlich und linde, Es singen die Lüfte, Es tönen die Grüfte Es lebt und regt sich Berg und Thal. Nun vergleicht die liebende Seele Jesus mit einer Blume, kann sich nicht satt sehen an der Schönheit des Geliebten, preißt seine Augen, seine Wangen, Lippen, Haare, Stirne, liebt keinen andern Klang als den seines Namens; und ers füllt von dem Wunder der Liebe Jesu, betet sie: Jesus, der heiligen Liebe Gott! Neig' dich zu mir, Ich sehne mich, Göttlicher, bis zum Tod Nach dir, nach dir! Der du für mich verwundet bist, Durchbohr' mein Herz, Herr Jesus Christ, Verwund' auch mich! Im zweiten Buche leidet die bråutliche Seele alle Schmerzen der Geißelung, des Kreuzgangs, der Kreuzigung mit; des Dulders Angesicht, seine Wunden, seine Füße, Arme und Hände werden Veranlassung ihrer Klagen. Seine Augen redet sie an: Ihr sanften Augen, mein geliebtes Himmelslicht, Das meinem Bräutigam und Heiland jego bricht, Ihr Augen voll Geduld, So göttlich klar und hold, Was traget denn die Schuld, Daß ihr nun brechen wollt? Die Kraft der Leiden Christi aber fühlend fleht fie: Die Seele Christi heil'ge mich, Sein sanfter Geist verklåre mich, Sein Leichnam, der für mich verwund't Der mach' mir Leib und Seel' gesund. Mit dem Geliebten ist sie selbst gekreuzigt, und sie bricht in das schöne Lied aus: Mit Jesus Christus ist mein Leben Und meine Lieb' an's Kreuz gegeben! Daß nichts mir mehr an ihr gefällt, Weil meine Lieb' gekreuzigt ist! Das dritte Buch beginnt mit einem herrlichen Jubels sang über die Auferstehung des Herrn; wir führen die zweite Strophe an: Sein Leiden, Kreuz und alle feine Noth Ist sieggekrönt, Und gnädig ist uns unser Gott! Herrlich und rein Geh'n wir nun ein, Jesu gleich, In sein himmlisch Freudenreich! |