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die dafür wenig genug von dem alten Schein aufrecht erhielten. Wir dürfen darum mit den Kriegen des 4. Jahrhunderts v. Chr. schließen.

Mit zwei wenig besagenden Ausnahmen sind also die ägyptischen Könige der vorptolemäischen Zeit nicht über die S. 11 erwähnten natürlichen Grenzen des eigentlichen Syriens, den Euphrat und die Gebirgskette des Amanus, hinausgekommen. Syrien hat feine nennenswerten Gebirge und Flußläufe, die anders als von Norden nach Süden sich erstrecken, also keine genügende natürliche Verteidigungslinie gegen einen Feind, der vom Süden her einrückt. Um jo bezeichnender ist es, daß die ersten natürlichen Grenzen für die Beutelust der Pharaonen aller Zeit eine so wirkungsvolle Grenze waren.

Diese Übersicht wird hinreichend die am Eingang aufgestellte Behauptung illustrieren, daß das alte Ägypten niemals ein so friegerischer Staat war, um in den Kulturländern Vorderasiens als Eroberer energisch auftreten zu können. Die Verhältnisse haben es ein paarmal zu einer sehr bescheidenen, von den mittelalterlichen Herrschern Ägyptens (z. B. den Mamelukenfürsten) oft überbotenen, Rolle als Eroberer von Syrien gebracht, doch war diese nur einmal von Dauer (S. 16) und das schon durch ein stärkeres Heranziehen der fremden Elemente im Heerwesen, wie es scheint.

Ausdrücklich muß ich erwähnen, daß vor 600 v. Chr. auch nicht ein Versuch Ägyptens vorliegt, als Seemacht aufzutreten. Es wirft ein trauriges Licht auf manche moderne Geschichtsbücher, daß eine Möglichkeit der Unterwerfung Griechenlands und der ägäischen Inseln durch Pharaonen in der mykenischen Zeit in ihnen besprochen wird. Dazu fehlten Ägypten ja alle Vorbedingungen, das Holz zum Schiffsbau, wie der Schifferstand zur Bemannung. Die plumpen Nilkähne haben häufig Soldaten entlang der Küste bis nach Palästina gebracht, aber zum Kampf mit phönizischen, europäischen u. s. w. Schiffen, auf der offenen See, waren sie ungeeignet und zu wenig zahlreich. Die Feigheit des Ägypters trat besonders auf dem Meer hervor; die große grüne Flut" in deren dunklem Abgrund die satanische Weltschlange lauerte, war ihm noch unheimlicher als dem Juden. Deshalb überließ er stets den Seehandel von und nach Ägypten zu neun Zehntel fremden Schiffern, besonders den Phöniziern. Vgl. oben, S. 10. Darum hat kein Pharao sich je auf Züge über „das große Meer" eingelassen, und das Land in seiner mächtigsten Periode war nicht im stand, sich der fortwährenden Belästigung durch kleinasiatische und europäische Seeräuber zu erwehren, wie wir sie als etwas ganz Gewöhnliches bei Homer

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(d. 14, 257) beschrieben finden. So recht deutlich erscheint diese Hilflosigkeit bei der ältesten Erwähnung der Seeräuberplage in den Amarnatafeln, wo wir erfahren, daß die Lukki oder lycischen Seeräuber alljährlich Ägypten heimsuchten, so regelmäßig wie die Zugvögel. Später wechselten die Namen der Piratenvölker, das Elend blieb dasselbe, da man den Plünderern nicht in ihre Heimat folgen konnte. Die Prunkinschriften wissen ihnen gegenüber keinen höheren Ruhm als daß „die in die Flußmündungen Eingedrungenen“ öfter abgefangen worden seien. Der Phönizier war man so zu wenig sicher, um sie und ihre Flotten nach auswärts zu verwenden. So ist auch das Mißtrauen gegenüber den griechischen Kauffahrern des 7. und 6. Jahrhunderts v. Chr. zu verstehen. Man hat das ganz irrig als allgemeinen Fremdenhaß und Abneigung gegen die fremde, speziell die westliche, Kultur ausgelegt und übersehen, daß anderseits der Karawanenhandel mit Syrien zu Lande vollkommen frei war, wie es z. B. die Bibel (Genesis 37 2c.) schildert. Genau so wie die ostasiatischen Völker durch ihre Hilflosigkeit zur See und die Gewissenlosigkeit der europäischen Seefahrer zu einer mißtrauischen Absperrungspolitik gegen= über den fremden Teufeln" geführt wurden, mußten die Ägypter sich helfen. Hier wie dort finden wir Vertragshäfen mit unter eigener Regierung stehenden „, settlements" der Fremden (Naukratis!). Der griechische Seefahrer war ja ein ebenso verwegener wie ver schmigter Geselle, der geborene Korsar, stets bereit, aus einem friedlichen Kaufmann sich in einen Seeräuber und Sklavenjäger zu verwandeln, wo sich Gelegenheit bot. Diesen Leuten gegenüber war Ägypten geradezu wehrlos und konnte sie kaum auf seinem eigenen Grund und Boden überwachen, niemals auf der offenen See. Erst durch die starken Verbindungen mit Griechenland um 600 scheint darin etwas Wandel geschaffen worden zu sein; eine gewisse Seemacht ist offenbar damals entstanden. Aber die von Herodot be= richtete Unterwerfung Cyperns unter die Könige des 6. Jahrhunderts wird doch wohl eher ein freiwilliger, der Furcht vor den Babyloniern entsprungener Anschluß gewesen sein als eine Eroberung durch jene gewiß bescheidene, offenbar im Ausland gebaute und mit Ausländern bemannte Flotte Nechos und seiner Nachfolger. In der griechischen Welt jener Zeit spielte das Geld des reichen Ägyptens eine wichtigere Rolle als die ägyptische Flotte, und die saïtischen Pharaonen haben gewiß nur mit Subsidien in die Politik des ägäischen Meeres eingegriffen, so wie das Perserreich in der Zeit seines Niederganges mit seinen goldenen Bogenschüßen". So finden wir

es bei den Griechen geschildert und so wird es auch in älterer Zeit gewesen sein. Gewiß haben die ägyptischen Herrscher ihren politischen Einfluß an den Küsten der Osthälfte des Mittelmeeres häufig zur Geltung gebracht; schon die Seeräuberplage mußte sie dazu zwingen. Aber dabei bedienten sie sich gewiß nicht der Kriegsschiffe, sondern des Goldes aus ihren nubischen Bergwerken und ihrer reichgefüllten Getreidemagazine. Solcher Einfluß ist nun manchmal wirkungsvoller als der großer Heldenhaftigkeit, aber die Erfolge können natürlich nicht rühmend den Denkmälern anvertraut werden. Um Ägyptens Einfluß im ägäischen Meer feststellen zu können, müßten wir einmal die Akten des Finanzministeriums finden, die uns vielleicht über die Zwecke der besonders um 1500 öfter erwähnten Gesandtschaften aus den Keftoländern (d. H. dem Gebiet der mykenischen Kultur) aufklären würden. Jene mächtigste Zeit Ägyptens unter den Thutmosiden hat jedenfalls es nicht einmal gewagt, die Phönizien gegenüberliegende, wegen ihres Kupferreichtums besonders begehrenswerte1 Insel Cypern (Arasa, keilschriftlich Alaschia genannt) sich zu unterwerfen; noch weniger ist dies bei den späteren Herrschergeschlechtern wahrscheinlich (s. v.).

Gegen die ersten Darlegungen der unkriegerischen Natur Ägyptens hat sich seinerzeit mancher wohlgemeinte aber ungeschickte Widerspruch erhoben. Die idealistische Betrachtungsweise mancher Ägyptologen der älteren Schule empfand es als ungerecht und als persönliche Beleidigung, einem so bedeutenden Kulturvolk kriegerische Tugenden abzusprechen und ihm nur eine bescheidene Rolle unter den Weltmächten zuzuweisen. Heutzutage ist es nicht mehr nötig, sich mit solchem Widerspruch ausführlich zu befassen. Für den Freund und Bewunderer des alten Ägyptens sollte aber immerhin darin keine Enttäuschung liegen, daß dieses Volk nie die Rolle gut gespielt hat, in der Hunnen, Mongolen u. s. w. am erfolgreichsten aufgetreten sind; Ägyptens Play in der Kulturgeschichte der Menschheit bleibt um so sicherer bestehen, obwohl auch hier man sich vor Übertreibung in der Einschätzung zu hüten hat.

1) Die ältesten asiatischen Besizungen der Ägypter sind die Kupferbergwerke nahe beim Berg Sinai. Ihre Bearbeitung läßt sich bis in die 3. Dynastie verfolgen und wird durch die absolute Metallarmut Ägyptens verständlich. Natürlich darf man daraus nicht schließen, die Ägypter hätten zugleich die Sinaiwüste samt ihren nomadischen Bewohnern beherrscht. Das hätte sich wohl überhaupt nicht durchführen lassen und war nicht beabsichtigt. Jene Kronbergwerke waren vereinzelte, nur von Bergleuten und einer militärischen Bedeckung bewohnte Vorposten Ägyptens und zogen keine Eroberungen mit sich. (Nachtrag zu S. 12-13.)

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Inhalt.

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Irrige Anschauungen der Griechen und Römer über große Eroberer aus der älteren Zeit Ägyptens; Sesostris und Tearkos S. 3. Gründe dieser Irrtümer S. 4. Warum die älteren Ägyptologen diesen Phantasien folgten S. 5. Keine absichtliche Verlogenheit der Pharaonen nachweisbar; wie die scheinbaren Lügen der Prunkinschriften zu verstehen sind S. 6. — Unkriege= rische Natur des ägyptischen Volkes S. 7. Die in verschiedenen Zeitaltern verwendeten fremden Söldner der alten Ägypter (besonders Nubier, Beduinen. Libyer, Nordländer) S. 7/10. Der Ägypter wagte sich nicht in die Fremde S. 10. Vorteile und Nachteile der Pharaonen als Angreifer in Asien S. 11 Älteste Berührungen mit Asiaten in Dynastie 1 erwähnt S. 12. bedeutendheit der erwähnten Kriegshändel S. 13. Größere Kriege des Snefrui und Apopy S. 13/14. Palästina tributpflichtig S. 14. Warum die 12. Dynastie keine Eroberungen in Asien versuchte S. 15. Der Einfall der Hykussos (S. 15) führt zur Beanspruchung des größeren Teiles von Syrien während 400 Jahre S. 16. Unsicherheit dieses Besizes S. 17. Amosis und Thutmosis I. als die ersten Eroberer der 18. Dynastie S. 18. Thutmosis III., der bedeutendste Krieger unter den Pharaonen; seine 14 Feldzüge; Konflikt mit Mitanni E. 19. Die Grenzstadt Nî unter ihm und seinen Nachfolgern. Auftreten der Chetiter; Rückgang der ägyptischen Herrschaft S. 20. Verfall dieser Herrschaft im Zeitalter der Amarnabriefe S. 21. Eingreifen Sethos I. (S. 21) und Ramses II. S. 22. Die folgende Abgrenzung des ägyptischen und chetitischen Besißes S. 23. — Verfall desselben; Erneuerung durch Ramses III. und Raubzug nach Norden S. 24. — Neuer Verlust des Besizes; Schoschenk I. (Sisak der Bibel) und die Verhältnisse, die ihn nach Palästina führten S. 25. Die Wehrhaftigkeit des neuen libyschen Kriegerstandes und seine Unverwendbarkeit nach außen; Schwäche der Herrscher äthiopischer Abfunft S. 26. Versuche einer aggressiven Politik der ersten saïtischen Könige (Pfammetich I.? Necho II.); ihre Nachfolger in der Defensive gegen das neubabylonische Reich. Wachsende Abhängigkeit von griechischen Söldnern. Die Perserherrschaft und die Erhebungen des Kriegerstandes dagegen S. 27. Verkommen der Kriegerklasse unter den ptolemäischen Königen und Entnationalisierung Ägyptens. Schlußübersicht S. 28.

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Ägyptens Schwäche zur See; die Seeräuberplage S. 29. Einfluß des ägyptischen Geldes, nicht der Waffen, in den Mittelmeerländern S. 31.

Nachtrag zu S. 14--15. Eine kürzlich gefundene Inschrift lehrt, daß der kriegerischste Pharao der 12. Dynastie, Usertesen III., doch Kämpfe in Palästina (und vielleicht sogar darüber hinaus) geführt hat. Vermutlich lagen die politischen Verhältnisse günstiger für ihn als für seine Vorgänger, aber jener Feldzug brachte keinen dauernden Besiß oder Besizanspruch. Überhaupt scheint es ein bloßer Raubzug (vgl. S. 11) gewesen zu sein (um dem in Nubien beschäftigungslos gewordenen Heer etwas zu thun zu geben?).

Literatur. Vgl. die verschiedenen Geschichten Ägyptens und als Spezialarbeit über die hier besprochenen Fragen: W Max Müller, Asien und Europa nach den altägytischen Denkmälern, 1894.

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