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AO. VII, 4

Beschwörungsseremonien, ihre Bedeutung.

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6 die zur Linken eines „Baldachins", dessen Bedeutung noch unklar ist, veranstaltet werden und noch mehrere andere, 7 Behälter werden aufgestellt mit Honig, Öl, Butter, Wein - Wasser angefüllt und andere Zurüstungen sind vorgeschrieben. Wenn nun diese Zurüstungen bereit gestellt sind, soll der Beschwörer den Sonnenaufgang abwarten. Sobald die Sonne aufgegangen ist, soll sich der König im Wasser waschen, ein reines Opfergewand anziehen und sich ins Waschhaus sehen. Der Beschwörer soll nun vor dem König alle Räucherbecken anzünden, Dornen auflegen, die Lammopfer insgesamt opfern, die bestimmten 3 Fleischstücke der Gottheit darbringen, eines davon mit Feinmehl und Zypresse bestreuen, Rauschtrank, Milch, Wein für Ea, Samas, Marduk spenden, einen Mehlhausen hinschütten, Besprengungen vornehmen, eine Totenspende den Anunnaki spenden usw. Die wenigen Restzeilen sind leider verstümmelt.

Es ist selbstverständlich, daß jede Vorschrift dieses Rituals, jedes Gerät und jede Nüance von besonderer Bedeutung war, irgend einen Sinn hatte, auch wenn wir ihn nicht in jedem Falle, oder auch nur in den wenigsten Fällen heute schon verstehen. Das ganze Ritual ist aufgebaut auf dem Bestreben, die überirdischen Gewalten in sinnenfällige Beziehung zur heiligen Handlung zu bringen und so muß in jedem Glied dieser langen Kette irgend eine geheimnisvolle Anspielung gesucht werden, die den Sinn und die Berechtigung seiner Anwendung erweist. Glücklicherweise haben wir zwei Texte, die das unmittelbar beweisen, indem sie die einzelnen im Ritual zur Verwendung kommenden Geräte usw. in Beziehung zu bestimmten Gottheiten bringen, also wie ein Kommentar zu den Ritualvorschriften selbst betrachtet werden können und zwar beziehen sich diese - leider wie so viele gerade der wichtigsten Terte nur unvollkommen erhalten - sowohl auf das Ritual des Wahrsagers, wie auf das des Beschwörers 1, besonders der lettere scheint ausschließlich diesem erläuternden Zwecke gedient zu haben, während der erstere den Beschluß des Textes bildet, der die Entstehung der Wahrsagekunst, die persönlichen Vorausseßungen für ihre Ausübung schildert.

Wenn es z. B. in dem lezteren Text heißt:

Zypresse Gott Adad,

Spezerei Gott Ninib, Räucherbecken Gott Jb, Fackel Gott Gibil (Feuergott!), Gips Sturmsonnengott, Asphalt Flußgott, Chulduppu Gott Kuschu, Lebendes Schaf Gott Gi

1) Zimmern, Beiträge, S. 120 und 124.

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Mittel der Beschwörung: Zahlen.

AO. VII, 4 usw., so gibt das die Erklärung dafür, warum in dem Ritual die einzelnen Gegenstände Verwendung finden: weil die mit ihnen in Beziehung stehenden Götter durch sie mit in die Entsühnungshandlung hereingezogen werden, weil die von ihnen symbolisierten und vertretenen göttlichen Kräfte dadurch den Zwecken des Beschwörungspriesters dienstbar gemacht werden. Direkt als Gottheiten werden einzelne dieser Gegenstände wie Honig, Chulduppu und Bilder aus Gips und Asphalt in dem S. 23 paraphrasierten Text erwähnt, sie werden in den Toren des Hauses aufgestellt,,,um jegliches Böse zu vertreiben".

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Die Mehrzahl der im Ritual für die Entfühnung des Königs verwendeten Gegenstände kehrt fast bei allen anderen Beschwörungsritualen wieder, so vor allem der ganze Opferapparat: das Schlachtopfer, dessen 3 stets der Gottheit zukommenden Fleischstücke, das Räucherbecken mit Zypresse, Ceder und Mehl. Die Brote, Wein, Rauschtrank, Honig, Butter, Milch, Öl, Feinöl, Datteln, Salz; das Waschbecken, bestimmte Gefäße, die Fackel, die „lebenden Schafe", die starken Kupfer", die Felle von großen Stieren", das dunkle Kleid des Beschwörers, das reine Gewand des Entsühnten u. a. m. Bedeutungsvoll, weil im System der Weltenlehre begründet, und dazu berufen, die Wirksamkeit der Geseße im großen Weltenraum auch für die Entsühnungshandlung zu gewinnen, sind die Zahlen: 7 Altäre, 7 Räucherbecken, 7 Lammopfer, 7 Fackeln usw. entsprechen der Siebenzahl der Planeten, 3 Altäre, 3 Räucherbecken, 3 Lammopfer sollen wohl ursprünglich die große Trias Anu, Bel, Ea, die die 3 Räume des Weltalls verkörpern, dann aber die Gegenwart der drei Hauptgottheiten des Beschwörungsrituals Ea, Samas und Marduk versinnbildlichen. Bei den Broten spielt wie bei den Schaubroten des Alten Testaments die Zwölfzahl die Hauptrolle, entweder werden 1×12 Brote aufgelegt entsprechend der Zwölfzahl der Mondwechsel im Laufe des Sonnenjahres bezw. der Zwölfteilung des Tierkreises, oder aber 3 12 36, den 36 Dekanen × entsprechend.

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Besondere Hervorhebung verdient der babylonische technische Ausdruck für die Entfühnung, der eigentlich abwischen" bedeutet, der auch in die alttestamentliche Terminologie übergegangen ist. Für das babylonische Beschwörungsritual darf sicher die zu Grunde liegende sinnliche Bedeutung festgehalten werden. Das beweist schon das eine, daß der Ausdruck nicht nur bei Personen, sondern auch bei leblosen Gegenständen, wie bei einem Haus, gebraucht wird.

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Wasser. Ol.

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Er enthält die Andeutung einer symbolischen Handlung, die besagen joll, daß das, was den Menschen, oder die Sache verunreinigt hat, weggenommen wird. Das oben mitgeteilte Ritual schreibt zudem noch vor, daß das Weggenommene, die Unreinheit, zum Tore hinausgetragen werden soll.

Von allen symbolischen Vornahmen beim Beschwörungsritual ist aber die wichtigste und wirksamste die Waschung des Kranken und Besessenen mit reinem Wasser". Die ganze Serie, auf deren erster Tafel neben anderen das oben mitgeteilte Entfühnungsritual für den König steht, handelt vom Waschhaus", dem „Haus der Abwaschung". Man wird sich erinnern, daß oben von einer Zere= monie die Rede war, die auf freiem Felde in und vor einem Waschhaus sich abspielte, daß der König sich wiederholten Waschungen unterziehen mußte. Auch sonst spielt das reine Wasser" in den Ritualvorschriften eine große Rolle. Die symbolische Bedeutung ist ohne weiteres klar, es handelt sich um eine Reinigungszeremonie. Die Anwendung von Wasser hat aber eine tiefere religiöse, auf die Lehre sich stüßende Begründung. Wie schon von den anderen Inventarstücken des Rituals gesagt wurde, daß sie die Mitwirkung einer göttlichen Kraft bei der Beschwörungshandlung bezwecken und versinnbildlichen, so ist es auch bei dem Wasser und hier in ganz besonderem Maße, weil das Wasser das Element und der Repräsentant des eigentlichen und kräftigsten Helfers bei aller Dämonenbeschwörung, des Gottes Ea, ist. So wird neben gewöhnlichem Wasser, oder dem Wasser der Flüsse Euphrat und Tigris, die als heilig galten, speziell auch das Wasser von Eridu, dem Kultort Eas, oder Wasser von der Mündung der zwei Ströme (an der Eridu liegt), im Ritual vorgeschrieben.

Neben dem Wasser spielt bei den Dämonenbeschwörungen auch das Öl eine wesentliche Rolle. Es hat sogar eine besondere Priesterklasse gegeben, der die Salbung bezw. Einreibung mit Öl zur be= sonderen Aufgabe gemacht war. Daß das Ölritual sehr kompli= zierter Natur war, geht schon aus der Mannigfaltigkeit der verwendeten Ölsorten hervor. Neben dem Öl überhaupt, das als „rein“, „hell“,, „glänzend“ bezeichnet wird, werden unterschieden Feinöl, Olivenöl, Palmenöl, und viele andere, namentlich nach Baumarten differen= zierte Öle, die heute noch nicht alle genau bestimmt werden können.

In dem Sühneritual für den König ist eine symbolische Handlung nicht vorgesehen, die in anderen Vorschriften einen breiten Raum einnimmt, die Herstellung und Verwendung von Bildern.

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Verwendung von Bildern

AO. VII, 4 Dieser Seite des Beschwörungsrituals liegt die Vikariatsidee zugrunde und zwar in verschiedener Form: einmal sollen Götterbilder die Gegenwart und Wirksamkeit wohlwollender göttlicher Kräfte sinnenfällig dartun, jodann aber - und das ist der häufigere Fall vertreten die Bilder die Objekte der Beschwörung, die Dämonen, und werden benußt, um an diesen in effigie das Urteil zu vollziehen, oder aber, es werden Bilder von dem Kranken oder kranken Körperteilen angefertigt, an denen symbolische Handlungen vorgenommen werden. Von der Herstellung und Weihung von Götterbildern, die im Beschwörungsritual Verwendung finden sollen, handelt eine Reihe von rituellen Vorschriften1, die in ihrer ganzen Struktur, den technischen Ausdrücken sehr nahe sich mit den eigentlichen Beschwörungsritualterten berühren, aber doch viel Besonderes an sich haben.

In dem ersten dieser Texte, dessen Anfang fehlt, ist offenbar die Herstellung des Götterbildes (des Samos?) schon vorausgesezt und es handelt sich nunmehr um seine feierliche Weihung. Allerhand Opferzurüstung wird veranstaltet, ganz ähnlich wie bei dem Ritual für den König, Beschwörungsformeln werden rezitiert. Dann heißt es: Im Hause der Priester, wo das Götterbild hergestellt worden ist, soll neben der Opferzurüstung heiliges Wasser (Euphratwasser), gesprengt werden für Ea, Marduk und selbigen Gott“ (Samas?), 3 Räucherbecken mit Zypressen hingestellt, Sesamwein gespendet, selbigem Götterbild „Mundwaschung“, „Mundöffnung“ (Zeremonie speziell bei Einweihung von Götterbildern gebräuchlich) angetan, Räucherbecken, Fackeln an ihn herangebracht werden. Im Weihwasserbecken soll man ihn abwaschen und dann also zu ihm sprechen:

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Von dieser Stunde an sollst du vor Ea, deinen Vater, gehen, dein Herz sei fröhlich, dein Sinn sei freudig, Ea, dein Vater, sei angesichts deiner voll Jauchzens!

Dreimal soll der Beschwörer so sprechen und niederfallen und die Hände des Gottes ergreifen, ein Schaf ihn sehen lassen (?), eine bestimmte Beschwörungsformel auf dem ganzen Weg von dem Haus des Priesters bis zum Flusse vor dem Gotte her unter Fackelbeleuchtung hersagen. Am Flusse wird unter Opfervorrichtungen die Reinigung des Götterbildes vollzogen. Für eine große Zahl von Göttern

1) Zimmern, Beiträge, S. 138 ff.

2) Offenbar in der Rolle als Fürsprecher für den kranken Menschen, wie Marduk (vgl. S. 30).

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bei der Beschwörungszeremonie.

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werden dann Räucherbecken aufgestellt, Lammopfer dargebracht, jedesmal von neuem Mundwaschung“ und „Mundöffnung“ vollzogen. Der Schluß der Tafel fehlt.

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Von der Art und Weise, wie solche Götterbilder im Dienste der Beschwörung Verwendung fanden, erzählt ausführlich ein zweisprachig erhaltener, als „Beschwörung" bezeichneter Text1, in dem der Beschwörer redend auftritt. Da wird das Bild des Nergal dem Kranken zu Häupten, das Bild des Nusku zu Häupten an das (mit dem?) Kohlenbecken gestellt. Zwei Bilder von zusammengefügten Zwillingen von vollendeter Bildung, die den bösen Gallu-Dämon stürzen", werden zu Häupten des Kranken rechts und links, ein Bild des Lugal-girra, in den Verschluß des Hauses, Bilder des Schitlamtaea (Nergal) und der Narudu zu Füßen des Bettes ge= stellt. Auf daß nichts böses naht, stellte ich den „,Honiggott“ und den Latarag ins Tor, um jegliches Böse zu vertreiben, stellte ich das Chulduppu gegenüber dem Tor, kämpfende Zwillinge aus Gips bildete ich inmitten des Tores, kämpfende Zwillinge, zusammengekoppelte (?) aus Asphalt stellte ich an den Pfosten des Tores rechts und links auf, 2 Bilder von Wächtern, von Ea und Marduk, stellte ich inmitten des Tores rechts und links auf.“ „Die Beschwörung ist die Beschwörung Marduks, der Beschwörer ist das Mardukbild.“ Verhältnismäßig seltener findet sich die Verwendung von Bildern als Stellvertreter der Kranken und Besessenen bei der Entsühnungszeremonie. Im allgemeinen galt wohl die Regel, daß der Hilfesuchende persönlich sich der Manipulation des Rituals unterziehen mußte. Ob es Zufall ist, daß ein Ritual, in dem die Verwendung von Bildern der zu Entfühnenden vorgesehen ist, speziell für Vornehme bestimmt ist, läßt sich nicht bestimmt sagen. In diesem Fall wäre es als ein Vorzug anzusehen, wenn man sich beim Ritual durch sein Bild vertreten lassen durfte. Dieses Ritual 3 enthält auch sonst Bemerkenswertes. Der Anfang ist abgebrochen, wie überhaupt der ganze Tert sehr verstümmelt ist. Es muß zuerst von der Herstellung von 2 Bildern, dem eines Mannes und dem eines Weibes die Rede gewesen sein, außerdem scheint am Anfang die persönliche Gegenwart des zu entfühnenden Vornehmen bei einer Zeremonie „im Tore" vorausgesezt zu sein. Die erhaltenen Zeilen des Tertes beginnen mit einer Anrede des Beschwörers an die unbekannte dämonische Macht, die den Vornehmen bessessen hat:

1) Zimmern, Beiträge S. 168f.

2) Worte des Beschwörers.

3) Zimmern, Beiträge S. 49. Vgl. auch S. 50.

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