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AO. VII, 4

So heißt es:1

bei der Beschwörungszeremonie.

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Das Lamm, als Stellvertreter für einen Menschen, das Lamm gibt er (der Priester) für dessen Leben. Den Kopf des Lammes gibt er für den Kopf des Menschen, den Nacken des Lammes gibt er für den Nacken des Menschen, die Brust des Lammes gibt er für die Brust des Menschen. (Die Fortseßung ist abgebrochen).

Oder:

Ein männliches Schaf, ein weibliches Schaf, ein lebendes Schaf, ein totes Schaf soll sterben, ich aber möge leben.

Neben dem Lamme kommt auch ein junges Schwein als stellvertretendes Opfer für den Menschen vor3:

Ein junges Schwein gib als Stellvertreter hin, indem du das Fleisch und Blut hingibst, mögen sie (die Götter) es annehmen, als ob es sein (des Menschen) Fleisch und Blut wäre.

Die Opferung eines Schweines, eines rituell unreinen Tieres, beruht auf dem Gedanken, daß gerade unreine Gegenstände die stärkste magische Kraft haben können. Andererseits spielt wohl auch die Vorstellung mit herein, daß als Stellvertreter eines unreinen“ Menschen zunächst nur ein gleichfalls „unreines" Tier in Frage kommen kann. Das unreine Tier gilt dann als das Sinnbild des unreinen Menschen, wie ja auch dem ganzen Ritual bei der Verwendung von Bildern oder Tieren als Stellvertretern des Menschen der Gedanke zu Grunde liegt, daß die dem Menschen anhaftende Unreinigkeit auf seinen Stellvertreter übergehen soll. Auch hier kann man an die Teufelaustreibung Marc. 4 denken (vgl. oben S. 24).

Dieser komplizierte symbolische Apparat, der zur Bekämpfung der Dämonen in Szene gesezt wurde, war wirkungslos, wenn ihn nicht das gesprochene, oder soweit die eigentliche Formel in Betracht kommt * nach Vorschrift des Rituals - „geflüsterte“ Wort unterstüßte. Die Menge der Beschwörungsformeln, die dem Priester zu Gebote stand, muß eine ganz ungeheure gewesen sein. Schon die bereits veröffentlichten, und noch mehr die bereits ausgegrabenen Texte repräsentieren ein überaus stattliches Material. Einen Begriff von dem wirklichen Umfang des Formelinventars der

1) Thompson II, 50 f. 3. 41 ff. (vgl. Zimmern, Keilinschriften u. Bibel G. 26 f.).

2) MVAG 1905. 3 G. 71.

3) CT XVII. 6. 10 ff. (Thompson II S. 18 ff.).

4) Von sonstigen rituellen Vorschriften über die Rezitation der Formel sei hervorgehoben, die sie oft dreimal wiederholt, daß sie dem Kranken ins Ohr, oder auf den kranken Körperteil hingesprochen werden sollen.

30.

Zwiegespräch zwischen Ea und Marduk,

AD. VII, 4 babylonischen und assyrischen Priesterkollegien bekommt man erst, wenn man bedenkt, daß von den unzähligen Formeln, die in den Ritualen vorgeschrieben und nach den Anfangsworten zitiert sind, nur ganz vereinzelte unter den uns bis jezt zugänglichen Terten vorhanden sind.

Auch dem Inhalt nach sind die Beschwörungsformeln überaus mannigfaltig. Neben eigentlichen Beschwörungen, Apostrophen an den Dämon, finden sich überaus häufige Anrufungen, die an die Götter gerichtet sind, in Form von Gebeten, Hymnen und Litaneien, Rezitationen, die unmittelbare Begleitterte der unterdessen vorzunehmenden symbolischen Handlung sind; namentlich in den Einleitungsworten zu größeren Formeln wird häufig in poetischer Sprache das Treiben der Dämonen geschildert, ihre Herkunft, ihr Wesen erörtert, gelegentlich werden auch Stücke epischen Charakters in diese Einleitungen verwoben.

Ein stereotyper Bestandteil der Beschwörungsformel, der namentlich in gewissen Serien fast in jeder Beschwörung, wenn auch oft nur in abgekürzter Form wiederkehrt, ist das sog. Zwiegespräch zwischen Marduk und seinem Vater Ea: Marduk sieht, wie die Menschen auf der Erde unter dem Treiben der Dämonen zu leiden haben und begibt sich in das Haus seines Vaters Ea: ‚Mein Vater, ein böser Fluch hat wie ein Dämon einen Menschen befallen.“ Ausführlich berichtet er dann, meist wörtlich die in der Beschwörungsformel schon mitgeteilte Schilderung wiederholend, die Not des Menschen und bekennt, daß er nicht wisse, wodurch jener Mensch sich verfehlt habe und was seine Genesung ermögliche. Ea wehrt das in ihn gesezte Vertrauen, daß er wohl Rats wisse, mit echt orientalischer Bescheidenheit ab:

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Mein Sohn! Was wüßtest du nicht, was könnte ich dir noch mehr sagen, Marduk! Was wüßtest du nicht, was könnte ich dir noch weiter sagen? Was ich weiß, das weißt auch du. Geh' aber hin, mein Sohn Marduk!

Und er entläßt ihn mit ausführlichen Anweisungen zur Entfühnung und Heilung des Kranken.

Diese häufig vorkommende Szene zeigt deutlich, daß auf Ea, den Herrn der reinen Beschwörung, unter dessen speziellem Schuß der Beschwörungspriester steht, aller Erfolg der Beschwörung zurückgeht. Häufig wird auch eine Beschwörung von Eridu“, d. i. der Kultort Eas, vorgeschrieben, ein Beschwörer sagt einmal direkt von sich: Der große Herr Ea hat mich gesandt, seinen Zauberspruch hat er mir in den Mund gelegt." Die Bedeutung Eas für das Be

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Götter des Beschwörungsrituals.

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schwörungsritual liegt in seiner Stellung in der Lehre begründet: Ea ist der Vertreter des Wasserreiches, er ist der Herr des Apsu, des himmlischen und des irdischen Ozeans (beachte die Rolle des ,,reinen Wassers" im Ritual), er ist aber auch der Gott der Weisheit, der alles Wissen, namentlich das A und O aller Babylonischen Weisheit, die Kenntnis der Sterne, ihrer Bewegungen und ihre Deutung den Menschen kundtut, der Herr der Geschicke.

Der Vermittler zwischen den Menschen und Ea ist sein Sohn Marduk, in Eridu von ihm geschaffen, der „Sproß der Menschheit", der Demiurg, der Adapa (Adam), der die Erde und die Menschen erschaffen hat und dessen Beruf es ist, seine Kreatur zu erhalten. Die spätere Theologie hat Marduk als Stadtgott von Babel zum Herrn aller Götter gemacht. In den Beschwörungstexten ist es aber immer der alte Marduk von Eridu, der Sohn Eas, der in Betracht kommt.

An Eridu, an der Mündung der Ströme gelegen, knüpft ein viel diskutiertes mythologisches Stück an, das eine Beschwörung der Utuffi Serie 1) eröffnet. Weitere mythologische Stücke gehören dem Kreis der Weltschöpfungserzählungen an, ein anderes, das die 16. Tafel der Utukkiserie einleitet, schildert anknüpfend an die 7 bösen Dämonen die Bedrängung des Frühjahrsmondes durch die Aquinoktialstürme und seine Befreiung durch die Frühjahrssonne.

Unter den Göttern, die vom Beschwörungspriester zur Unterstüßung seiner Handlung angerufen werden, ist gelegentlich fast die ganze Schar der oberen und unteren Götter vertreten. Aber schon im Ritual treten namentlich drei, Ea, Samas und Marduk, in den Vordergrund. Von Ea und Marduk war eben die Rede. Die Rolle des Samas erklärt sich jedenfalls aus seiner Stellung als „Richter des das oben und unten ist“. Das Beschwörungsverfahren trägt ja nicht selten direkt das Gepräge eines hochnotpeinlichen Prozesses, in dem der betroffene Mensch auftritt gegen seine Peiniger, den Dämon oder den Zauberer und sein Recht sucht:

Es geschehe Lösung, o Samas, du Richter! Löse o Samas, Herr des das droben und das drunten, da du Leiter der Götter, König der Länder bist, geschehe Recht auf dein Wort!

In der Beschwörungsserie „Maqlu“ - „Verbrennung" werden naturgemäß der Feuergott und zwar Gibil, Nusku oder Gischbar am häufigsten angerufen. Sie treten dann in der Rolle des Richters, die eigentlich Samas zukommt, auf:

1) Tablet,,K", CT XVI, pl. 46, 3. 183 ff. Thompson I, S. 201 ff.

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Beschwörungsformeln.

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Zu dir, Feuergott der du die Zauberer und die Zauberinnen_ver= brennst, die Schlechtigkeit, den Samen des Zauberers und der Zauberin_ver= nichtest, der du die Bösen vernichtest, rufe ich zu dir, wie zu Samas, dem Richter: Schaffe mir Recht, laß Entscheidung über mich ergehen! Verbrenne den Zauberer und die Zauberin. Friß meine Feinde, verzehre meine Widersacher, dein schrecklicher Tag möge über sie kommen! Wie das Wasser im Schlauch durch Ausschütten, so mögen sie vergehen. Wie absplitternde Steine mögen ihre Finger abgehauen werden, nach deinem erhabenen Befehl, der unabänderlich ist, und deiner treuen unwandelbaren Gnade1.

Beispiele von einleitenden Beschreibungen des Treibens der bösen Dämonen sind oben gegeben worden (S. 14ff). Wir kommen nun zu dem wichtigsten Teil, der Beschwörungstexte, der eigentlichen Formel, die in direkter oder indirekter Rede sich an den zu be= schwörenden Dämon richtet. Unter diesen sind einzelne von symbolischen Handlungen begleitet, auf die ihr Text anspielt, andere sind reine Beschwörungsformeln, deren Wirkung allein im ge= sprochenen Wort liegt.

Von der ersteren Gattung sind namentlich in der Serie Schurpu einige interessante Beispiele erhalten. Es handelt sich in der 5. und 6. Tafel um eine ganze Reihe symbolischer Verbrennungszeremonien mit begleitender Formel, so z. B. 2:

Wie diese Zwiebel abgeschält und ins Feuer geworfen wird, der brennende Feuergott" sie verbrennt, wie sie in ein Beet nicht mehr gepflanzt, mit Furche und Gräbchen nicht mehr umzogen wird, im Boden nicht mehr Wurzel schlägt, ihr Stengel nicht mehr wächst, das Sonnenlicht nicht mehr erblickt, wie sie auf den Tisch eines Gottes oder eines Königs nicht mehr kommt, so werde der Fluch, der Bann, die Pein, die Qual, Krankheit, Seufzen, Sünde, Missetat, Frevel, Vergehen, die Krankheit, die in meinem Leibe, meinem Fleisch, meinen Gliedern sißt, wie diese Zwiebel abgeschält! Heutigen Tages verzehre sie „der brennende Feuergott", der Bann weiche, ich aber möge das Licht schauen!

Unter ähnlichen begleitenden Formeln wird Dattel, Palmenrispe 2c. verbrannt (vgl. S. 28).

Ein anderer Text 3 der gleichen Serie lautet:

Ich, der Oberpriester, zünde das Feuer an. Das Kohlenbecken zünde ich an, werfe die Lösung hinein. Der heilige Priester Eas, der Bote Marduks bin ich. Das Kohlenbecken, das ich angezündet, lösche ich aus, das Feuer, das ich angebrannt, dämpfe ich, das Getreide, das ich darauf geschüttet, ersticke ich 5. Wie ich das Kohlenbecken, das ich angezündet, auslösche, das Feuer, das ich angebrannt, dämpfe, das Getreide, das ich darauf geschüttet, ersticke, so möge Siris, die Gott und Menschen befreit, den Knoten, den sie geschürzt, lösen! Das gebundene Herz seines Gottes und seiner Göttin sei dem NN., Sohn des 2) Nach Zimmern, Beiträge S. 28 ff. 5) nämlich seine Glut.

1) Maqlu I, 110 ff. 3) ib. S. 34 ff.

4) ramku.

6) Weingöttin.

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Beschwörungsformeln.

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NN, wieder gelöst! Sein Vergehen werde verziehen, heutigen Tages mögen sie (die Götter) es tilgen, mögen sie ihn lösen!

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Den Höhepunkt erreicht die ganze Beschwörungshandlung mit der Rezitation der eigentlichen Bann- und Fluchformel gegen den Dämon. Am häufigsten wird eine ganz kurze Formel gebraucht: Im Namen des Himmels sei beschworen, im Namen der Erde sei beschworen! Das ist die kürzeste Ausdrucksweise, die alles in sich schließt: alle guten Mächte des Himmels und der Erde werden gegen den Dämon angerufen. Dieser Grundgedanke kommt in den verschiedensten Formulierungen zum Ausdruck, es werden alle großen Götter angerufen:

Im Namen der großen Götter beschwöre ich dich!

oder einzelne Gottheiten und Göttergruppen, wie Ningirsu-Ninib mit den Anunnaki Unterweltsgöttern, oder in Form einer Litanei eine größere oder kleinere Zahl von Gottheiten. Diese Anrufungen werden häufig eingeleitet oder beschlossen durch ausdrückliche Verwünschungen und Befehle an den Dämon, sich schleunigst aus dem Staube zu machen. So lautet der Schluß einer Beschwörung aus der Utukku-Serie:

(Der Priester:) Ein böjer Utukku, ein böser Alu, ein böser Ekimmu, ein böser Gallu, ein böser Gott, ein böser Rabisu, ein böser Mensch, ein böses Auge, ein böser Mund, eine böse Zunge, aus dem Leib des Menschen, des Sohnes seines Gottes, mögen sie entweichen, aus seinem Leibe herausfahren!

(Der Kranke:) Meinem Leibe sollen sie nicht nahen, vor mir sollen sie nichts Böses verüben, hinter mir sollen sie nicht wandeln, in mein Haus sollen sie nicht herein kommen, meinen Zaun sollen sie nicht durchbrechen, in mein Wohngemach sollen sie nicht herein kommen.

(Der Priester): Im Namen des Himmels fei beschworen, im Namen der Erde sei beschworen! Bels, des Herrn der Welt, sei beschworen! Beltis, der Herrin der Welt, sei beschworen! Ninibs, des starken Kriegers Bels, sei beschworen! Nuzkus, des erhabenen Boten Bels, sei beschivoren! Sin's, des „Tronfolgersohnz" Belz, sei beschworen! Istar, der Herrin der Völker, sei beschworen! Adads, des Herrn, dessen Getöse günstig ist, sei beschworen! Samas, des Herrn des Gerichts, sei beschworen! Der Anunnaki, der großen Götter, sei beschworen!

Einmal (Utuffi V, Col. II, 10ff.) wird der böse Aschakku bei nicht weniger als 30 Göttern und göttlichen Kräften beschworen.

1) Die Anrufung des ,,Namens" der Gottheit ist gleichbedeutend und gleich wirksam, wie die Anrufung der Gottheit selber. In dem „Namen“ ist alles Wesen und alle Kraft der Gottheit konkret zusammengefaßt. Daher der magische Gebrauch der Formel ein „Namen“. 2) Tafel V 45 ff.

3) Vor jedem Gottesnamen wiederhole: „im Namen“ Der Alte Orient. VII, 4

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