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Klagelied an Bel bei Landesnot.

AO. VII, 3

Er wischte ab meinen Rost,

Meine trübe Leibesgestalt

Beim göttlichen Strom,

machte mich glänzend wie Rotgold.

wurde hell.

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woselbst das Gericht der Menschen gehalten wird, die (Sklaven)kette abgenommen.

wurde mir das (Sklaven)mal abgewischt, In den Rachen des Löwen, der mich verschlingen wollte, hat Marduk Gebiß gelegt.

Ähnliche Klagetöne, wie wir sie im bisherigen bei den Leiden eines einzelnen vernommen haben, finden sich nun auch in Klageliedern, die sich auf eine Notlage des gesamten Landes, veranlaßt durch feindliche Invasion, beziehen. So in der bereits oben S. 7 f. mitgeteilten Klage Nebukadnezar's I., so z. B. auch in einem Klagelied an Bel1, das in seinem ersten Teile die unwiderstehliche Allmacht des Schöpfergottes Bel besingt, der über seine Kreatur ver= fügen kann wie es ihm beliebt, und dann fortfährt:

Herr des Landes, Bel, unerschütterlicher,
Vater Bel, deine Augen, die da blicken,

wie lange will sich dein Herz nicht beruhigen?

wie lange wollen sie sich nicht beruhigen?

wie lange?

wie lange?

Der du dein Haupt mit einem Tuch verhüllst,
Der du deinen Nacken in deinen Schoß legst,
Der du dein Herz wie eine Tonne zudeckst, wie lange ?
Gewaltiger, der du deine Finger in deine Ohren steckst, wie lange?
Vater Bel! Sie sind überwältigt, sind vernichtet.

Herr des Landes! Das Mutterschaf stößt sein Lamm von sich,

Wie lange noch wird in deiner treuen Stadt

die

Ziege ihr Zicklein. die Mutter, die es geboren, ihr Kind von sich stoßen? ihr Kind, von sich stoßen?

Das Weib des Helden die junge Tochter, [Die Gattin] ihren Gatten von sich stoßen? [O Vater Bel!] Himmel und Erde sind niedergeworfen,

Licht ist nicht vorhanden.

Herr des Landes! Die Sonne geht über dem Lande glänzend nicht auf. [O Vater] Bel! Der Mond geht über dem Lande leuchtend nicht auf. Sonne und Mond gehen über dem Lande glänzend nicht auf. O Vater Bel! Da du nach innen riefst, die Leute innen tötetest du; O Herr des Landes! Da du nach außen riefst, die Leute außen tötetest du; da du in die Täler riefst, mit Blut wurden sie angefüllt;

in das Innere des Landes riefst, zu Trümmerhügel machtest du es. (Es folgt zum Schlusse eine lange Litanei, in der eine große Anzahl von Göttern angerufen wird, durch ihre Fürbitte das erzürnte Herz Bel's zu be=

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Schlußbemerkung.

AO. VII, 3

Stellen die im vorstehenden mitgeteilten Proben von babylonischen Hymnen und Gebeten auch nur einen kleinen Ausschnitt dar aus der großen Anzahl von Texten dieser Art, die uns gegenwärtig schon zur Verfügung stehen, so ermöglichen sie hoffentlich doch einen guten Einblick in diesen Zweig der babylonischen religiösen Literatur, der vor manchen anderen auf das besondere Interesse auch weiterer Kreise rechnen kann.

Zur Literatur.

Weitere Proben von babylonischen Hymnen und Gebeten findet man am bequemsten zugänglich gemacht bei Jastrow, Religion Babyloniens und Assyriens I, 393 ff., wobei freilich die gebotenen deutschen Übersetzungen, je nach dem verschiedenen Charakter der früheren Bearbeitungen der betreffenden Texte, wie sie dem Verfasser zur Verfügung standen, ihrem Werte nach sehr ungleich sind. Ein Mangel bei diesen von Jastrow mitgeteilten reichhaltigen Proben ist ferner, daß hier die rhythmische Gliederung der Hymnen, auf deren Hervorkehrung oben besonderer Wert gelegt wurde, so gut wie gar nicht zum Ausdruck kommt. Vgl. ferner u. a.: Hehn, Hymnen und Gebete an Marduk (in Beiträge zur Assyriologie V, 3); Böllenrücher, Gebete und Hymnen an Nergal (Leipziger semitistische Studien I, 6).

Die in diesem Hefte gebotenen Übersetzungen stellen zugleich eine verbesserte Neuausgabe dar der von mir vor nunmehr zwanzig Jahren in meiner Schrift,,Babylonische Bußpsalmen", Leipzig, Hinrichs 1885, gelieferten Übers segungen, indem die meisten der in jener Schrift behandelten Psalmen auch in diesem Hefte, und zwar in verbesserter Gestalt, Aufnahme gefunden haben.

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Der Alte Orient.

Gemeinverständliche Darstellungen

herausgegeben von der

Vorderasiatischen Gesellschaft.

7. Jahrgang, heft 4.

Wegen der vielfach erweiterten Neudrude empfiehlt es sich, fortab nach Jahrgang, Heft und Seitenzahl zu zitieren, ev. noch mit hochstehender Ziffer die Auflage andeutend, also: AD. V, 2 S... bez. AD. IV, 44 S. . .

1

Als die Wogen im Kampf um Babel und Bibel am höchsten gingen, wurden nicht wenige Stimmen laut, die nicht genug sich tun konnten in der Erhebung der babylonischen Religion auf Kosten der biblischen, wie sie speziell im Alten Testament zum Ausdruck kommt. Namentlich waren es die im vorigen Heft von H. Zimmern behandelten Gebete und Hymnen, die als Zeugen der babylonischen Religion immer wieder gegen ganz heterogene Stücke des Alten Testamentes aufgerufen worden sind. Von der Religion der Babylonier, von der offiziellen Staatsreligion, wie sie in Lehre und Kultus zum Ausdruck kommt, gilt aber dasselbe, was von jedem Religionssystem gilt, daß sie nicht zusammengeworfen werden darf mit gelegentlichen Ausflüssen einer subjektiven Religiosität, daß sie vielmehr von dieser grundsäglich zu unterscheiden ist. Niemand wird einen Seneca als Repräsentanten der staatlich anerkannten Religionslehre des kaiserlichen Kom hinstellen oder in Platos Dialogen konforme Äußerungen des gleichzeitigen, griechischen Volksglaubens erblicken oder etwa aus den Schriften der Mystiker des 15. Jahrhunderts auf gleichzeitige kirchliche Anschauung und Übung schließen. Eine subjektive Religiosität hat es überall neben der offiziellen Religion gegeben. Nirgends darf man sie mit dieser zusammenwerfen. Sie steht ihr so fern, wie die Vorstellungs- und Empfindungswelt sittlich und geistig überragender Persönlichkeiten der der Masse des Volkes fernsteht.

Das Typische und Wesentliche in der babylonischen Religion kommt nirgends reiner und unmittelbarer zum Ausdruck als in den Dämonenbeschwörungen, Zeichendeutungen und ihrem Ritual. Da haben wir die praktische Kehrseite der theoretischen Spekulationen über das Verhältnis von Himmel und Erde, Jenseits und Diesseits, Gott und Welt.

Zweifellos ist in Babylonien die Praxis das Produkt der Lehre und nicht umgekehrt. Alles was wir von Kultus und Volksglauben wissen, ist Verdolmetschung, Versinnbildlichung der Lehre, des Systems, seine Anwendung auf den praktischen Fall. Das

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