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Drachenkopf und Drachenschwanz.

AO. VIII, 1 auch das der übrigen Planeten Schwankungen unterworfen, was zu der gleichen Erscheinung für ihren Umlauf führt. Am deutlichsten tritt das wieder beim Mond hervor, der in jeder Beziehung am leichtesten zu beobachten ist. Seine Bahnebene ist wie die der Erde zur Ekliptik geneigt und seine Bahn durchschneidet daher ebenso wie bei der Erde die Ekliptik an zwei Punkten, die also für die Mondbahn dasselbe sind wie die Tagesgleichenpunkte für die Bahn der Sonne (d. h. Erde). Auch diese Punkte stehen nicht fest, sondern rücken genau wie die Tagesgleichenpunkte durch die ganze Ekliptik herum. Das geschieht in ungefähr 19 Jahren, so daß also innerhalb dieser Zeit ein Ausgleich des Mond- und Sonnenjahres stattfindet, insofern der Neumond wieder auf den= selben Punkt und damit denselben Tag des Sonnenjahres fällt. Dieser 19 jährige Ausgleich ist der Grundsaß des sogenannten Zyklus Metons, der seine Bezeichnung von dem Manne hat, der ihn in Athen einführte. Denn im Gebrauch war er schon im ältesten Babylonien.

Der Schnittpunkt der Mondbahn mit der Ekliptik_bei_zunehmendem Monde wird von der mittelalterlichen Astronomie als Drachenkopf, der des abnehmenden als Drachenschwanz bezeichnet und diese Bezeichnung wird gelegentlich jezt noch angewandt. Ihr Ursprung ist natürlich mythologischer Natur und weist sofort auf die Vorstellung hin, wonach bei Mondfinsternissen ein Ungeheuer den Mond verschlingt. Die Astrologie gibt weitere Aufschlüsse, denn sie kennt dieselbe Vorstellung auch für die übrigen Planeten= bahnen und in astrologischen Karten, welche für die Stellung des Horoskops eingerichtet sind, wird für jede der Planetenbahnen auch eine verstellbare Schlange angebracht, welche als Durchmesser die Bahn ihres Planeten durchschneidet, so daß also Kopf und Schwanz auf die beiden Schnittpunkte fallen. Daraus folgt also, daß jeder Planet den Kampf mit dem Drachen zu bestehen hat, der Kreislauf eines jeden ist eben das Spiegelbild von dem der andern.

Mond, Sonne und die fünf Planeten sind die eigentlichen Verkünder des göttlichen Willens oder der Weltordnung, ihre Bahn ist das himmlische Spiegelbild des Erdreichs in unsrer Welt. Die Vorstellung von den sieben Klimas unsrer Erde, welche bis ins Mittelalter hinein durch die Araber die Geographie beherrscht hat, zeigt deutlich, daß sie von den sieben Stufen des Tierkreises 1 d. H.

1) AO. III, 2/3 S. 37.

AD. VIII, 1

Die sieben Stufen der Ekliptik.

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den Umlaufsstufen der sieben Wandelgestirne hergenommen ist. Denn in praktischen Erfahrungen war sie nicht begründet und konnte sie nicht begründet sein. Der Tierkreis ist das eigentliche Beobachtungsgebiet der astrologischen Himmelslehre und von seinen Erscheinungen leitet daher die Wissenschaft des alten Orients ihre Lehren vor allem ab. Nach dem Grundsaße der Harmonie oder Entsprechung muß alles der unmittelbaren Beobachtung nicht Zugängliche doch die Erscheinungsformen zeigen oder gezeigt haben, wie sie dort vorgezeichnet sind im „Buche des Himmels“.

Die Erde mit ihren sieben Klimas und der Tierkreis mit seinen sieben Stufen sind also Spiegelbilder und sie werden dargestellt in den siebenstufigen Zikurrat oder Stufentürmen der babylonischen Tempel, die also eine Vorstellung von dem „Berge der Länder", d. i. dem irdischen und himmlischen Erdreiche (Tierkreis) geben sollen. Es sind Pyramiden, in denen man in sieben, um den Kern herumführenden und wohl spiralenförmig verlaufenden „Stufen“ bis zur Spize hinaufgehen konnte, wo der Gott auf seinem Throne sizend zu denken ist, wie bie oberste Gottheit, Anu oder El, d. i. „Gott" im Nordhimmel oder Luftreich d. h. dem über dem Tierfreis gelegenen, also an dessen höchste Stufe stoßenden Teile des Himmels, dem Lufthimmel1, auf ihrem Throne sigt.

Die Vorstellung von diesen sieben Stufen, die, sich verengend, nach oben führen, ist ohne weiteres verständlich und durch die verschiedene Umlaufszeit der sieben Wandelgestirne gegeben; die unterste gehört deshalb Saturn, der die längste Umlaufszeit hat (30 Jahre), die folgenden in sich verengernden Kreisen: Juppiter (ungefähr 12 Jahre), Mars, Sonne (d. h. Erde), Venus, Merkur und Mond. Dem Monde gehört die höchste, und ist also die vollkommenste Erscheinung des Gestirnhimmels. Seine Erscheinungsformen zeigen am deutlichsten das Wesen aller Umlaufseinzelheiten.

Unsre Erde und ihr Himmel sind die sichtbare, jezige Welt. Diese ist geworden und entwickelt sich weiter. Sie ist als geworden nicht von Ewigkeit her und wird in ihrer Erscheinungsform nicht bis in Ewigkeit bestehen. Wie die sieben Kreise nach oben führen, so muß auch ihre Entwicklung in gleichem Laufe sie größerer Vollkommenheit entgegenführen, denn der Entwicklungsgang, den sie durchmacht, muß ebenfalls ein Abbild der Entwicklung alles Seienden darstellen. Unsre jezige Welt ist also das Erzeugnis eines

1) AD. II, 2/3 S. 26. 38 Anm.

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Weltentwickelung. Weltzeitalter.

AO. VIII, 1 solchen Entwicklungsgangs, der aus der Ewigkeit in die Unendlichfeit, aus deren Nichts zur Vollkommenheit führt, das Wesen dieser Welt wird bestimmt durch den Standpunkt, den sie auf diesem Wege einnimmt, wie das Verdienst eines frommen Pilgers, der einen Stufenturm ersteigt, durch die Gnade der Gottheit gegeben ist, welchem die erstiegene Stufe gehört. Sie ist in mehreren Stufen entstanden und wird auch noch mehrere durchlaufen, ehe sie auf dem Gipfel anlangt; sie steht also gewissermaßen auf einer der nach dem Muster des Tierkreises erschlossenen sieben Stufen des großen Weltenraumes, oder sie ist eine der verschiedenen Welten, welche je auf einer dieser Stufen sich entwickeln. Denn jede höhere Stufe bedeutet auch eine Umgestaltung, bis die höchste Vollkommenheit, die der Gottheit, erreicht wird.

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Was vom Raume, gilt auch von der Zeit. Das Durchlaufen einer Stufe durch eines der Gestirne ist das Zeitmaß, und dadurch wird eben die Zeit gebildet - als Ausfluß göttlichen Wirkens. So viele Welten, so viele Weltzeitalter, die natürlich in ihrer Art als Entsprechungen" der an den Gestirnen beobachtbaren Zeiten vorauszusehen sein würden. So viele von diesen großen Weltzeitaltern der Entwicklung des großen Alls verstrichen sind, so viele hat auch unsre Welt bereits zurückgelegt in dem Kreislauf ihres eigenen Bestehens, so daß das Spiegelbild vollkommen wird: da, wo unsre Welt in ihrer augenblicklichen Entwicklung steht, also in ihrer zeitlichen innerhalb ihres eigenen Bestehens, auf der entsprechenden Stufe steht sie auch im ganzen großen Kosmos,

Bekannt ist die Lehre von den vier Weltzeitaltern1, welche das Griechentum durch Hesiod übernommen hat und die dann in der klassischen Überlieferung eine ebensolche Rolle spielt (Ovids Metamorphosen) wie in der apokalyptischen der Bibel (Daniel). Danach hat unsre Erde drei Zeitalter durchlebt, „jezt wird das vierte durchlebt“. Nach der Lehre von der Entsprechung muß man annehmen, daß dann noch drei weitere folgen müßten, wenn die Lehre von der Siebenteilung zu Grunde gelegt ist. Ebensogut kann

1) Sie brauchen, als Ergebnis der wissenschaftlichen Berechnung, nicht dasselbe zu sein wie die astronomischen Zeitalter (die je einem Tierkreiszeichen entsprechen), welche wir tatsächlich in der altorientalischen Geschichte feststellen können (AO. III, 2/32 . 32. 33). Inwieweit beides durch einander bedingt ist, kann hierbei dahingestellt bleiben und steht auch nicht fest. Innerhalb der Grundvorstellung sind auch wohl sehr verschiedene Berechnungsweisen, d. h. Auslegungen der Grundvorstellung anzunehmen.

AD. VIII, 1

Weltzeitalter nach Hesiod.

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aber eine andre Ausspinnung des Systems mit ihrer Zahl der Himmel rechnen, von denen besonders die Neunzahl oder auch die Zwölf oder endlich die Fünf, d. h. die der Planeten ohne Mond und Sonne, in Betracht kommen. Zwischen Fünf und Sieben muß die altorientalische Lehre schwanken, je nachdem sie die Mondoder Sonnenlehre zugrunde legt (S. 11, Anm. 4). Es scheint, als ob die Mondlehre, welche die altbabylonische Anschauung vertritt,

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vorauszusehen ist, denn Hesiod scheint das zu erwartende fünfte Zeitalter als das lezte anzusehen und bei der Zugrundelegung des Pentagramms der fünf Planeten ergibt sich die Reihenfolge der Zeitalter, so wie sie nach den Metallen bezeichnet werden. Denn diese Reihenfolge ist: das goldene des Chronos-Saturn, das silberne, erzene, das jezige, welches als das eiserne gekennzeichnet wird. Möchte ich nicht das fünfte Geschlecht erleben der Menschheit". Wenn in der Reihenfolge des Pentagramms mit Saturn begonnen

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1) Edda, Roser, AD. III, 2/32 S. 38 Anm.

2) Die Etrusker kennen zwölf Zeitalter (den 12 Tierkreiszeichen entsprechend), die aber wohl nicht diese Zeitalter oder Wonen unserer Welt sind, sondern Unterabteilungen eines dieser Äonen. Hier sind ihre Vorstellungen im einzelnen noch nicht ganz klar.

3) AD. III, 2/3 G. 38.

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4) Hesiod, Werke und Tage S. 109 ff. Das Eisen spielt wohl in der älteren Anschauung keine Rolle und ist deshalb spätere Ausführung der Vorstellung.

Alter Orient. VIII, 1.

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Weltschöpfung in mythologischer Darstellungsform. AO. VIII, 1

wird d. h. mit der untersten Stufe der ältesten Welt, so er=

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Mond

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Sonne gibt sich: 1. Saturn Gold; 2. Mars Silber; 3. Venus Bronze; 4. Juppiter. Sein Metall steht nicht fest - wenigstens nicht nach babylonischer Anschauung, aber tatsächlich ist er (Marduk) der Regent und Demiurg der jezigen Welt und des Zeitalters der Herrschaft Babylons und seiner Lehre.

Hierzu stimmt dann genau die im babylonischen Schöpfungsepos niedergelegte Lehre von der Entstehung der Welten. Denn dieses schildert die Entstehung unserer Welt in vier Stufen, deren vierte die von Marduk-Juppiter beherrschte ist.

Es sind kosmische Vorgänge, welche das Weltschöpfungsepos schildert und zwar aus der Anschauung der altorientalischen Welt heraus mit astraler Auffassung und in mythologischer Darstellungsform. Als Epos macht es von dem Mittel dieser Dichtgattung Gebrauch, die handelnden Gestalten in heroischer Auffassung auftreten zu lassen d. h. sie wie Heldengestalten oder vermenschlichte Götter sich zu denken. Dem gegenüber steht der reine Mythus, welcher die Götter als Götter auffaßt und schildert und ihr Walten und Handeln nicht ins Menschliche übersezt. Dieser Mythus wird daher im Babylonischen, wo die Götter vor allem astral sind, auch die astrale Auffassung betonen und stets erkennen lassen.

Es gibt noch eine andre Form der Behandlung kosmischer Vorgänge: das Lehrgedicht. Auch diese, rein abstrakte oder „wissenschaftliche" Behandlungsweise des Stoffes und der Frage vom Ursprung der Welt hat ihre Ausbildung erhalten und ist uns in einem Beispiele erhalten. Wir besißen den Anfang einer poetischen1 Darstellung der Entstehung des Weltalls, das auf jede verkörperte Darstellung der kosmischen Begriffe und vor allem auf jedes Eingreifen von als Personen gedachten göttlichen Gestalten verzichtet, sondern völlig im Tone eines Lehrgedichtes, wie es die altgriechische Naturphilosophie hervorgebracht haben könnte, oder wie es in Rom von Lucrez vorliegt, die Entstehung der Welt aus natürlichen Vorgängen heraus schildert und dabei die einzelnen kosmischen Begriffe, die verschiedenen Teile oder „Reiche" des Weltenraumes rein be= grifflich auffaßt ohne alle mythische Personifizierung in Göttergestalten. Während in der Mythologie es heißt: es entstand Anu, Bel, Ea, es werden geschaffen (erzeugt von den göttlichen Eltern)

1) Die Poesie scheint überall die ursprüngliche Darstellungsform zu sein. Auch Rom und Griechenland haben das Lehrgedicht vor der belehrenden Prosa.

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