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AO. VIII, 1

Weltschöpfung im Lehrgedicht.

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Sin, Schamarsch, Istar, heißt es hier: es entstanden Eridu und Babel (vom Standpunkte der Lehre von Babylon aus) als Anfang der Welt d. h. als erste Grundlage gedacht, welche dann zur jeßigen Erde ausgestaltet wird. Nur Marduk, der Gott von Babylon, erscheint als einziger Schöpfer d. h. Ausgestalter der Welt, aber als seine Welt entstanden" ist. Die verschiedenen Weltteile werden dabei mit den Namen ihrer Kultstätten in Babylonien bezeichnet jeder Tempel stellt den Teil der Welt dar, welcher seinem Gotte gehört:

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"

Das heilige Haus, das Götterhaus 1,

2

war an heiliger Stätte nicht geschaffen,

Baum nicht gewachsen.
Unterbau nicht gebaut,
Ansiedlung nicht erbaut,
Zusammenleben nicht ermöglicht,
Etur nicht gebaut,

Rohr nicht gesproßt,
Ziegel nicht gelegt,
Haus nicht gemacht,
5 Ansiedlung nicht gemacht,
Nippur nicht geschaffen,
Uruk nicht geschaffen,

der Ozeans nicht geschaffen,

E-anna nicht gebaut,

Eridu nicht gebaut;

des heiligen Hauses, des Götterhauses

Stätte nicht geschaffen.

10 Die Länder allesamt waren Meer,
der Boden (?) der Insel war Wasserfluß:

7

Ungal-dul-azag bewohnt,

da wurde Eridu geschaffen, Sagila® erbaut,
Sagila, welches inmitten des Ozeans
Babel wurde geschaffen, Sagila vollendet;

15 die Anunnaki 8 zugleich erschaffen,

die heilige Stadt, ihren Freudensiß, benannten sie Hehr.
Marduk fügte ein Rohrgeflecht auf dem Wasser zusammen,

1) Im Weltall eben die Welt als Siß und Betätigung der Götter; dann ein Begriff wie „Olymp“.

2) Die babylonischen Paläste und Tempel stehen auf einer künstlichen Erhöhung. Der Weltbau, das „Götterhaus“, ist das Vorbild für einen jeden solchen Bau, der einen Mikrokosmos vorstellen soll.

3) Nippur, die Stadt Bels des „Herrn der Länder“, steht also hier für das „Erdreich" am Himmel (Tierkreis) wie auf der Erde. Ekur ist der Name des Tempels von Nippur, er soll das irdische Erdreich im besonderen vertreten, während Nippur mehr das himmlische ist.

4) Uruk und E-anna, die Stadt und der Tempel mit dem Kulte der Istar und des Anu, als Vertreter des Luftreichs im gleichen Sinne wie Nippur des Erdreichs.

5) Das Wasserreich"; Eridu, die Stadt Eas.

"

6) Name des Tempels von Babylon: die aus der Wassertiefe (als Berg)

sich erhebende Erde.

7) König der heiligen Wohnung", Beiname Marduks. 8) Die „Götter" des oberen Weltteiles (Nordhimmel), hier deutlich rein begrifflich für diesen gesezt.

9) Als Gerüst für eine „Aufschüttung“, einen „Damm“, der aus Rohr

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Das Schöpfungsepos von Babylon.

AO. VIII, 1

Erde machte er,

schüttete sie auf das Rohrgeflecht.

Damit er den Göttern einen Siz der Behaglichkeit verschaffe,

20 Menschen schuf er.

Aruru Menschengeschlecht

mit ihm erschuf;

machte er auf Erden,

Tiere des Feldes, lebendige, im Felde erschuf er,

den Tigris und Euphrat schuf er,

ihre Namen

nannte er wohl.

25 Gras (?), Halme der Wiesen, Rohr und Schlingpflanzen schuf er, das Grün des Feldes schuf er,

die Länder, Wiesen

die Wildkuh, ihr Junges, das Kalb,

Fruchtbaumpflanzungen

und das Schilf;

das Schaf, sein Junges, das Lamm der Hürde,

und Haine,

ten es.

machte er,

30 Ziegenbock und Gazellenbock (?)

Der Herr Marduk schüttete am Rande des Meeres
[eine Schichtung] von Rohr und Erdmasse (?)

ein

eine Rampe auf,

ließ er entstehen,

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Hier ist auf jede mythologische Einkleidung verzichtet, nur Marduk erscheint als „Demiurg“, als schaffender Gott, insofern er der entstandenen Welt ihre Gestalt und Ordnung verleiht. Das ist aber nichts als die babylonische Wendung vom schaffenden Gotte überhaupt. Es ist nicht der Stadtgott von Babylon, der aus der übrigen Götterschar auserwählt wird, um die Welt zu regieren, sondern es ist Marduk als Inbegriff aller Gottheit überhaupt. Es ist nur Mangel an sprachlicher Durchbildung des Ausdrucks oder — absichtliches Verfallen in die allgemein verständliche Ausdrucksweise, welche hier nicht einen abstrakten Gottesbegriff einsegt.

Das Gegenstück hierzu bildet das Schöpfungsepos von Babylon, welches in sieben Gesängen oder auf sieben Tafeln in epischer Form die Entstehung der Welt mythologisch ausgestaltet, also als das Treiben und Kämpfen einer Götterschar darstellt, deren jeder eine kosmische Kraft oder einen Teil des Weltalls darstellt. Die einzelnen Tafeln sind aus zahlreichen Bruchstücken zusammengeseßt, die aus den Abschriften aus der Bibliothek Assurbanipals herrühren lagen und Erde aufgeschüttet wird. Einen solchen stellt der Tierkreis über dem „Ozean“ am Himmel, das Erdreich auf Erden dar; AD. III, 2/32 S. 27. Man vgl. die Entstehung der Tiberinsel in der römischen Legende.

AO. VIII, 1 Die Weltschöpfungslegende bei Berossus.

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und sich ausnahmslos im Britischen Museum zu London befinden. Es war der um die Anfänge der Erforschung der Londoner Sammlungen hoch verdiente G. Smith, der auf sie sowie auf die meisten Stücke der epischen und mythischen Dichtung der Babylonier die Aufmerksamkeit gelenkt hat. Sie sind jüngst neu und soweit bis jezt wieder aufgefunden, vollständig von dem Beamten des Britischen Museum L. W. King herausgegeben und erklärt worden.

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Wir können aus einem Bruchstücke des sogenannten GilgameschEpos feststellen, daß es im wesentlichen seine Gestalt bereits in der Zeit der ersten Dynastie1 von Babylon“ erhalten hatte und können das gleiche ohne weiteres auch für das Schöpfungsepos annehmen. Die Entstehung muß also bereits wesentlich früher fallen — sie fann auch schon der Zeit „Sargons von Agade" angehören. Auf jeden Fall bringt sie die Vorstellung von Babylon als dem „Nabel“, d. h. als Hauptstadt und Mittelpunkt der Welt, zum Ausdruck und sezt damit also eine entsprechende Bedeutung der Stadt Marduks in weltlicher wie geistiger Herrschaft voraus.

Es finden sich noch manche Lücken im Texte, welche das Verständnis des Zusammenhanges erschweren. Die Schöpfungslegende, welcher der für den Seleukidenkönig Antiochos III. schreibende Priester Berossus in seinem Werke über die Geschichte Babylons gefolgt ist, scheint mancherlei geboten zu haben, was in unseren sieben Tafeln nicht steht. Nach dem erhaltenen Auszuge zu urteilen, ist man geneigt zu vermuten, daß er einer weniger in epischen Einzelheiten und mehr nach der Form des Lehrgedichtes neigenden, wenn auch mythologisch gehaltenen Darstellung gefolgt sei. Es heißt in dem Auszug, der uns dann bei Eusebius erhalten ist:

„Er (Berossus) sagt, es habe eine Zeit gegeben, wo alles Finsternis und Wasser war und damals hätten wunderbar und eigentümlich geartete und aussehende Lebewesen existiert: Menschen mit zwei auch vier Flügeln und zwei Köpfen, mit einem Körper aber zwei Köpfen, einem männlichen und weiblichen und zweigeschlechtig, männlich und weiblich. Ebenso andere Menschen, die einen mit Ziegenschenkeln und Hörnern3, andere mit Pferdefüßen, wieder andere mit dem Hinterteile von Pferden und dem Vorderteile von Menschen, also centaurenartig anzusehen. Auch Stiere mit Menschenköpfen und Hunde mit vier Leibern, die hinten in einen Fischschwanz ausgingen und Pferde mit Hundeköpfen. Ferner Menschen und andere Tiere mit Köpfen und Leibern von Pferden und Fischschwänzen und andere Lebewesen

1) AO. VI, 1 G. 20.

2) Vgl. Platos Entstehung der Geschlechter durch Trennung doppelgeschlechtiger Wesen, die nach der Wiedervereinigung (Liebe) streben.

3) Vgl. die Pangestalten (Se'irim).

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Der Uranfang der Dinge im babylonischen Epos. AO. VIII, 1 mit verschiedenartigen Tiergestalten. Außerdem auch Fische und Kriechtiere und Schlangen und andere wunderbare Lebewesen mit untereinander vertauschten Gestalten. Von diesen seien Abbildungen im Heiligtum Belz1 vorhanden. Über sie alle habe ein Weib geherrscht mit Namen Omorka2, was auf chaldäisch tamat heiße und „Meer“ bedeute und den gleichen Zahlenwert habe wie Selene (Mond).

Als alles so beschaffen war, sei Bel gekommen und habe das Weib in der Mitte gespalten und aus ihrer einen Hälfte die Erde, aus der andern den Himmel gemacht, die in ihr lebenden Tiere aber beseitigt .

Als aber Bel das Land unbewohnt und unfruchtbar sah, habe er einen der Götter befohlen, ihm den Kopf abzuschlagen, mit dem herausfließenden Blute die Erde zu mischen und Menschen und Tiere zu bilden, welche vermöchten die Luft zu ertragen. Bel habe aber auch die Gestirne, sowie Sonne, Mond und die fünf Planeten gebildet".

Eigentümlich ist diesem Berichte die Schilderung der Urwesen, welche in der noch nicht in Erde und Himmel geschiedenen Vorwelt, die einen chaotischen Charakter trägt, leben. Sie entsprechen den elf Ungeheuern, welche im Schöpfungsepos Tiamat als Hilfstruppen hat, aber sie werden dort nur namentlich aufgeführt und Berossus scheint ihrer mehr gekannt zu haben. Auch sind dort manche, genannt (so Skorpionmenschen), die hier nicht erwähnt werden. Nach seiner Angabe folgt er den als Wandgemälde zu deutenden Darstellungen in Sagila, dem Marduktempel.

Im übrigen besteht kein Widerspruch zwischen den beiden Darstellungen, in der Hauptsache ist Berossus, was zu andern Angaben bei ihm stimmt, den gleichen oder den inhaltlich sehr ähnlichen Urkunden gefolgt, wie sie auch uns vorliegen.

Das Schöpfungsepos beginnt mit dem Uranfang der Dinge:
Als droben nicht bestand der Himmel,

drunten die Erde noch nicht war;

als Apsu und zugleich ihr mitwaltender

Sohn,

Mummu (und) Tiamat, die Erzeugerin von ihnen allen,

5 ihre Wasser in eins vermischten;
als Rohrstand noch nicht vereint,
als der Götter entsprossen

als sie noch nicht waren,
da entstanden die Götter

10 Luchmu und Lachamu

Rohr noch nicht gewachsen,
noch keiner,

ihre Tätigkeit noch nicht ausübten,
inmitten .

gingen hervor

Groß werden die Zeiträume
Anschar und Kischar werden geschäffen

Lang dehnten sich die Zeiten,

14 Anu, ihr Sohn,

außer ihrem

es

1) Dem Marduktempel (Sagila, AD. V, 4 S. 19).

2) Verunstaltet aus ummu-chubur, worüber s. unten S. 26 Anm. 3.

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Am Anfang besteht das Chaos, es sind in ihm noch vereint in eins die drei Gottheiten, welche durch Trennung dieses Urwesens entstehen: Apsu, der Vater, Tiamat, die Mutter, und Mummu, der Sohn. Die Namen der beiden Eltern bedeuten Ozean und Meer, sie sind in ihrer Vereinigung, vor der Trennung in besondere Wesen, das als Wasser vorzustellende Chaos. Beider Sohn ist Mummu.

Wir haben in griechischer Überlieferung (bei Damascius, de principiis) die Erklärung der mit diesem und den im folgenden genannten Göttergestalten oder kosmischen Begriffen verbundenen Vorstellungen erhalten. Die betreffende Angabe geht deutlich auf einen mit dem unsern gleichlautenden Text zurück:

„Die Babylonier nehmen nicht einen Ursprung aller Dinge, sondern zwei an: Taute und Apason, indem sie Apason zum Manne der Taute machen, diese aber Mutter der Götter nennen. Ihr einziger Sohn sei Mohmis, den ich für das geistig vorstellbare Weltall halte, wie er aus den beiden Elementen entstanden ist. Ferner sei aus ihnen eine neue Generation entsprossen: Lache und Lachu und dann eine dritte Kissor und Assor. Von diesen dann drei Anu, Jllil und Aos. Der Sohn von Aos und Dauke sei Bel gewesen, den sie als den Weltenbildner ansehen.“

Mummu ist danach die mit Sinnen begreifbare Welt, welche aus dem mit menschlichen Sinnen nicht vorstellbaren Chaos entstanden ist. Um die damit verbundenen Spekulationen zu verstehen, muß man die Eigenart orientalischer Wissenschaft berücksichtigen, welche in einer uns als Spielerei anmutenden Weise Wortanklänge zur Bildung philosophischer Ausdrücke verwendet und tiefdurchdachte Probleme in eine uns als Wortspiel erscheinende Form gießt. Mummu ist die Welt, die zuerst vorstellbar ist, d. h. die einen Raum und eine Zeit hat, denn beides sind die Vorbedingungen menschlicher Vorstellung. Das Wort mummu bezeichnet im Babhlonischen das Wissen, denn bei mummu ist der Ausdruck für das, was wir als eine Akademie oder Universität bezeichnen würden. Die Be= griffsspielerei mit „Vorstellung“ und „Verstand" liegt dabei etwa zu Tage. Im Arabischen ist das gewöhnliche Wort für „wissen“ 'alam. Davon ist eine Ableitung 'âlam „die Welt“, und im Hebräischen heißt 'ôlâm die Ewigkeit". Mit andern Worten, vom Begriffe wissen" sind die beiden Bezeichnungen abgeleitet, welche

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