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Nebukadnezar I.

AO. VI, 1 sierung Babylons als Stadt und Staat troß der Maßregeln Elams etwa von solchen neuen Eindringlingen ausging, können wir noch nicht feststellen. Aber selten hat bei solchen Zusammenbrüchen die altansässige Bevölkerung aus sich selbst die nötige Widerstandskraft entwickelt.

Auf jeden Fall aber tritt die neue Dynastie der Form nach als babylonische auf. Sie hat zunächst wohl vollauf zu tun gehabt, um allmählich das Land wieder zu heben und die zweifellos stark mitgenommene Hauptstadt herzustellen. Unter dem wohl dritten ihrer Mitglieder finden wir dann Babylon noch einmal in einer Lage, welche es den damaligen Verhältnissen entsprechend als erste Macht in den Euphratländern erscheinen läßt. Begünstigt war es dabei freilich durch die verhältnismäßige Ohnmacht aller Staaten, sodaß diese Zeit als eine der Auflösung erscheint. Ägyptens Macht war längst vorbei; der Chetastaat wie es scheint durch neue Einwanderungen gebrochen2, Assyrien arbeitete sich erst empor, so konnte Babylon unter Nebukadnezar I. noch einmal, und zum leßten Male, für kurze Zeit als erste Macht gelten. In Kämpfen mit Assyrien scheint Nebukadnezar (gegen Assur-risch-ischi) Erfolge gehabt zu haben, wie weit er seinen Einfluß bis nach Westen ausdehnte, ist nicht ganz klar, da die kurze Angabe, er habe das „Westland“ (Amurru) geplündert, vorläufig noch allein steht. Denkbar ist durchaus, daß er auf einem, aber nicht von sehr langdauernden Erfolgen begleiteten Zuge bis ans Mittelmeer gedrungen ist.

Es scheint auch als ob derjenige König von Babylon, der seinen Namen wieder angenommen hats, Nebukadnezar II. mehr als ein halbes Jahrtausend später, als er zum ersten Male jene Gegend als König von Babylon wieder bejezte, die Erinnerung an einen Zug nach dem Mittelmeere aufgefrischt hat, um seine Ansprüche auf das Land damit zu begründen.

Auch gegen Elam hat Nebukadnezar I. Erfolge gehabt, in mehrfachen Kriegen hat er den gefährlichen Nachbar im eigenen Lande besiegt und wohl auch die Hauptstadt Susa erobert. Dadurch kam er wieder in den Besiz der Mardukstatue und im Triumph wurde der Gott nach seiner Stadt zurückgebracht, wo nun wieder ein voll= berechtigter „König von Babylon“ regieren konnte. Bis dahin

1) Wenngleich eine völlige Zerstörung (s. unten S. 33) wohl nicht stattgefunden hatte.

2) AD. I, 12 S. 24.

3) Vgl. hierzu das oben S. 7 Ausgeführte.

AD. VI, 1 Letter Aufschwung Babylons. Die Chaldäer.

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scheint er sich rechtmäßig nur „Statthalter von Babylon“ genannt zu haben, ein Ausweg, der später in ähnlichen Fällen mehrfach begegnen wird.1

Das ist der lezte Aufschwung Babylons. Schon die Regierung des nächsten Königs von Assur hat wieder ein assyrisches Heer in den Mauern der Hauptstadt gesehen. Tiglat-Pileser I. eroberte Babylon und nun beginnt dasselbe Spiel von neuem, das wir soeben verfolgt haben: die assyrische Macht bricht noch einmal schnell zusammen, Elam kann wieder dieselbe Rolle übernehmen, die soeben Tiglat= Pileser an sich gerissen hatte, und die fremden Bevölkerungselemente überschwemmen mehr und mehr das Land.

Die Lage der Dinge spricht sich aus in dem Wechsel der Dynastien, welche die Königsliste nun verzeichnet. Drei Könige mit 21 Jahren bilden eine Dynastie des „Meerlandes“ (S. 22). Sie führen merkwürdigerweise Namen, welche auf kassitischen Ursprung ihrer Träger hinweisen. Dann folgen wieder drei mit 20 Jahren, welche als Dynastie von Bazi bezeichnet werden, wie ein gegen Elam hin ge= legener Gau heißt. Auch von ihnen führt einer einen Namen, der kassitischen Ursprung anzeigt. Endlich vertritt ein 6 Jahre regierender Elamit eine Dynastie für sich und zeigt damit, daß bei Verhinderung Assyriens wieder das östliche Nachbarland seinen Einfluß ausübt. Nur daß diesmal es sich nicht um eine Schußhoheit eines Königs von Elam, sondern um einen nur in Babylon regierenden elamitischen Eroberer zu handeln scheint.

Das ist das Ende des 11. und etwa der Anfang vom 10. Jahrhundert. Für das Stadtbild sind die spärlichen Angaben aus dieser Zeit wichtig, weil sie noch von dem Bestehen des alten Sargonpalastes melden. Von diesen sieben Königen wird berichtet, daß sie „im Palaste Sargons begraben“ wurden. Bis dahin muß also trop mancher Eroberungen die Stadt noch ein Aussehen gezeigt haben, welches Denkmäler aus der Zeit ihrer Begründung aufwies, und zwar nicht nur als gepflegte Überreste dergleichen kennt der Orient nicht sondern im Gebrauch befindliche. Das ist zwei Jahrtausende nach ihrer Entstehung.

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Die nächsten etwa zwei Jahrhunderte sind eine Zeit der fortschreitenden Festsehung der Chaldäer und wechselnder kleinstaatlicher Reibereien. Von jezt an vollzieht sich die Einwanderung, als deren Ergebnis wir in der Folgezeit das gesamte Land besonders mit chal

1) Vgl. S. 30. 39. Der alte Orient, VI, 1.

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Babylon als Kleinstaat,

AD. VI, 1 däischen Stämmen durchseßt finden, die unter ihren eigenen „Königen“ stehen, während die alten Städte auf ihr eigentliches Stadtgebiet beschränkt sind. Eines dieser Stadtgebiete ist das von Babylon, das ebenso wie alle andern seine chaldäischen Nachbarn es ist be= sonders der Stamm Dakuri (s. S. 36—42) — hat. Sein altes ge= schichtliches Recht besteht aber bei all der Ohnmacht fort und jeder der Könige und Häuptlinge trachtet danach „König von Babylon“ zu werden, um den historischen Anspruch auf die Herrschaft über das Land und die Welt zu erwerben, um ein Großkönig zu werden. Das Schwergewicht der politischen Entwicklung Vorderasiens liegt nun endgiltig in Assyrien und Babylons Schicksale werden von hier aus entschieden. Die Zeit bis zum Wiederanwachsen der assyrischen Macht unter Assurnasirpal hat nur gelegentliche Zusammenstöße mit Babylon gesehen, wir sind auch wenig über die Einzelheiten unterrichtet. Etwa von 885-854, also wesentlich gleichzeitig mit Assurnasirpal (883–861) hat in Babylon ein Nabuaplu-iddin regiert, der dem Assyrer mindestens gewachsen war und ihm am mittleren Euphrat sein Interessengebiet streitig machte. Aus den Ereignissen nach seinem Tode geht hervor, daß er ganz Babylonien besaß, daß ihm also alle Chaldäerstaaten gehorchten. Da Assurnasirpal der erste war, der seit längerer Zeit wieder bis ans Mittelmeer vordrang, so läßt sich der Zweck des babylonischen Vorstoßes als ebenfalls in den uns bekannten Lebensbedürfnissen (S. 27) eines größeren Reiches Babylon gelegen erkennen.

Die Selbständigkeit gegenüber Assyrien ging aber mit dem Tode dieses Königs verloren. Bei seinem Tode wurde sein Reich unter seine beiden Söhne geteilt, indem der eine Babylon mit dem Norden, der andere Südbabylonien in Erinnerung an alte Zeiten erhielt (vgl. S. 5). Es dauerte natürlich nicht lange bis der, welcher den Süden erhalten hatte, wo die chaldäischen Stämme dichter saßen, mit diesen über das Gebiet seines Bruders herfiel, wo die Stadt der Vorherrschaft lag. Dieser wandte sich nach Assyrien um Hilfe und Salmanassar II. beeilte sich die alte Schuzhoheit wieder zu gewähren (851). Salmanassar opferte in Babylon, Borsippa und Kuta, den drei Städten, welche von jezt an regelmäßig als die Kultusmittelpunkte des Königreiches Babylon genannt werden. Marduk-nadin-achi, der König von Babylon, regierte unter assyrischem Schuße wie einst Adad-schum-ussur (S. 31) und selbstverständlich bestand sein Reich nur aus dem Königreich Babylon im engeren Sinne.

AO. VI, 1

unter assyrischem Einflusse.

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Von nun an geht es herüber und hinüber mit Vorstößen chaldäischer Fürsten auf Babylon und Bemühungen Assyriens die errungene Stelle zu behaupten. Elam scheint in dieser Zeit keine ausschlaggebende Rolle gespielt zu haben. Das Schicksal Babylons hängt also vom Ende des 9. Jahrhunderts bis um 750 - von den assyrischen Zuständen ab. In dieser Zeit wird die vorder= asiatische Geschichte endgiltig eine assyrische.

Beim Tode Salmanassars ging in dem großen Aufstande viel von assyrischem Einflusse verloren, das stets umworbene Babylon geriet selbstverständlich unter den ersten in andere Hände. SchamschiAdad hatte daher auf mehreren Zügen das Verlorene wieder zu erobern. Im Anfange seiner Regierung hatte er den König Mardukbalat-su-ikbi zu bekämpfen, der ihm an der Spiße eines Heeres von Chaldäern, er war augenscheinlich ein Chaldäer - von in Baby= lonien ansässigen Aramäerstämmen, elamitischen1 und andern Hilfstruppen aus dem Gebiete Mediens (Namri) Widerstand leistete. Der Ausgang dieser Kämpfe wird in der uns erhaltenen Inschrift noch nicht erzählt. Dann ist es 813, im Todesjahre des Königs, und 812 zu Zügen nach Babylon und gegen die Chaldäer gekommen, auf denen der neue König Adad-nirari III. (812-783) dieselben Zustände wie unter Salmanassar herstellte, die er wohl auf mehrmaligen späteren Zügen aufrecht erhielt (796. 795 nach Nordbabylonien, nicht nach Babylon, 791 gegen die Chaldäer).

Die Zeit nach Adad-nirari brachte wieder einen Rückgang der assyrischen Macht, der im Westen mit einem Vorrücken Armeniens nach Syrien verbunden war und selbstverständlich Babylon wieder chaldäischen Eroberern in die Hände spielte, die hier als Könige von Babylon über ihre Stammesgenossen je nach ihren Machtverhältnissen herrschen konnten. Es hat jedoch auch nicht an Bemühungen seitens Assyriens gefehlt, seine Stellung zu behaupten. Mehrfach werden, wenigstens anfangs, noch Züge nach Chaldäa erwähnt, von deren Verlauf wir freilich noch nichts Näheres wissen. So 783 und 782, 777, 771 und 769 ein Zug nach Nordbabylonien.

Im Ganzen haben wir uns diese Zeit als eine der Kleinstaaterei in Babylonien vorzustellen, wo Chaldäerfürsten und Stadtgebiete ständig einander befehdeten und sich gegenseitig zu unterwerfen suchten. Ein Bild aus den Zuständen dieser Zeit gibt uns eine merkwürdige Urkunde, welche die Zerrissenheit der Verhältnisse

1) Elam erscheint also in einer gegen früher untergeordneten Rolle.

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Babylon als Kleinstaat aber als

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im grellsten Lichte zeigt. Sie stammt aus der Regierungszeit eines Königs Nabu-schum-ischk[un?] von Babylon, der vielleicht bis 748, auf jeden Fall aber in dieser Zeit regiert hat. Darin berichtet Nabu-schum-imbi, der Bürgermeister1 von Borsippa, über Bauten am Nebotempel und erzählt im Anschluß daran:

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,,AIS entstanden in Borsippa, der Stadt des Rechtes und der Ordnung, Umsturz, Verheerungen, Aufruhr und Revolutionen; unter der Regierung des Königs Nabu-schum-ischt(un], von Bit-dakuri, da kehrten die Bürger von Baby= Ion, Borsippa und Duschulti, die Anwohner des Users des Euphrat, alle Chaldäer, Aramäer, Bürger von Dilbat lange Zeit die Waffen gegen einander, schlugen sich gegenseitig und führten mit den Bürgern von Borsippa Kämpfe um ihre Landmark. Und Nabu-schum-iddin (der Vorsteher des Nebotempels, also der Führer der Priesterschaft), veranstaltete auf eigene Faust gegen Nabuschum-imbi, den Bürgermeister von Borsippa (einen Aufruhr). In der Nacht wie ein Dieb brachte er Gesindel, Banditen usw. zusammen und führte sie in den Nebotempel . Sie erregten Aufruhr. Aber die Bürger von Bor= sippa und andere, die zu Hilfe kamen, umstellten das Haus des Bürgermeisters und verteidigten es mit Bogen [und Pfeilen]."

Also die geistliche Partei versucht innerhalb der Stadt, um die sich der König nicht fümmert, einen Handstreich gegen die weltliche Macht. Das Bild vergleiche man mit solchen aus dem späteren italienischen und deutschen Mittelalter.

Als Gegenstück dazu mag eine Nachricht dienen, die so vereinzelt wie sie bis jezt steht, uns um so wichtiger als ein Zeugnis für die weltgeschichtliche Bedeutung Babylons ist. Salmanassar II., der Babylon und Babylonien wieder unter seinen Einfluß gebracht hatte (S. 34), berichtet von einer Gesandtschaft eines Landes Mußri, die ihm ,,Tribut", d. h. in diesem Falle Geschenke überbrachte. Der Name des Landes ist derselbe wie für Ägypten, was es damit für eine Bewandtnis hat, ist noch unklar. Zweifellos ist, daß es sich um ein Land des fernen Ostens handelt, denn das beweisen die überbrachten Geschenke: die zweihöckrigen Kamele und der an den Ohren als solcher erkenntliche indische Elefant. Dieses Land Mußri muß mindestens Baktrien oder gar ein nordindisches gewesen sein und die Gesandtschaft ist ein Gegenstück zu der Harun-al-Raschids an Karl den Großen. Der Zweck war natürlich, mit dem Herrn von Babylon freundschaftliche Beziehungen herzustellen und die Marduk

1) Man beachte die sich für die Verfassung dieser Schwesterstadt (vgl. AD. V, S. 20) Babylons ergebenden Aufschlüsse. In Babylon würde der König über solche Bauten berichten.

2) Also ein Chaldäerfürst! (Er ist König von Babylon).
3) Nordbabylonische Stadt.

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