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gegen den Ackerbau und gegen die Schreibekunst der alten Sumero-Akkadier, so auch gegen die Sitten oder Unsitten dieses Volkes, teilweise auch gegen seinen Gößendienst. Demnach muß die Uebereinstimmung ein zelner Geseze bei Hammurabi und Moseh auf eine Zeit zurückgeführt werden, wo die Semiten noch nicht in Babylonien eingedrungen waren. So auch Grimme und ähnlich J. Jeremias am Schluß seines trefflichen Büchleins1), wo er Arabien als Vermittler zwischen hebräischem und babylonischem Recht annimmt.

Vergleicht man aber das Bundesbuch Israels mit den Gesetzen Hammurabis nicht nur auf den Wortlaut, sondern auf den inneren Gehalt, so läßt sich mit A. Jeremias behaupten, daß in Hammurabis Gesehen nicht ein einziger religiöser Gedanke zu finden ist, daß sie alle rein weltlicher Art nach Ursprung und Absicht sind, während sich das Gesetz Israels vor allem auf den Dienst des Einen unsichtbaren Gottes bezieht, der in den Gesetzen Hammurabis nur wie ein Märchen aus alten Zeiten auftritt. Von Gott ist mehrere Male darin die Rede, aber niemals von seiner Verehrung. Gott ist ein Wort ohne Inhalt geworden. Aber auch von dem Dienst der Gößen ist dort selten die Rede. Abgesehn von der Einleitung und dem Schluß wird nur im Sak 182 eines Göten namentlich gedacht. Wo bleibt da der von Hommel erfundene Monotheismus der Hammurabidynastie 2) ?

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An andere Mängel erinnert A. Jeremias 3), durch die Hammurabis Gesetze weit hinter die Geseze Israels zu stehn kommen, nämlich daß nirgends die böse Begierde bekämpft, nirgends die Selbstsucht durch Altruismus lautet auf deutsch tausendmal schöner: Liebe deinen Nächsten als dich selbst eingeschränkt wird; daß nirgends das religiöse Motiv sich findet, wodurch die Sünde als der Leute Verderben erkannt wird, weil sie der Furcht Gottes widerspricht. Dazu kommt noch manches andre Gebrechen. Beide Geseksammlungen enthalten Strafbestimmungen für allerlei Vergehen, aber Israels Gesetz ist in Abmessung der Strafen viel gelinder, viel menschenfreundlicher als die Gesehe Hammurabis. Ferner ist das siebente Gebot in Babel so gut wie vergessen. Nur die allerschwersten Uebertretungen desselben werden noch mit Strafen bedroht. Während in Israels Gesetz die Ehre der Jungfrau beschützt wird, beschäftigt sich bereits 800 Jahre vorher Hammyrabi mit den Rechtsverhältnissen der Tempeldirnen!

Daß die Sitten der semitischen Babylonier und der Hebräer vielfach übereinstimmen, ist nach den oben angeführten Gründen ganz selbstver ständlich; denn beide sind ursprünglich ein Volk. Hier wie dort nahnt ein Mann, dem seine Frau keinen Erben geboren, eine Nebenfrau, meist die Dienerin der Hauptfrau, wie die hl. Schrift von Abraham und Jakob

1) M. u. H. S. 35 u. 62.

2) Die altisr. Ueberlieferung S. 117.
3) A. C. O. S. 266.

u. a. berichtet. Wenn bei diesen hebräischen Patriarchen die ungebrochene Naturweise des Orients zutage tritt, so haben wir an den betreffenden Berichten nicht nur das Gepräge der Wirklichkeit zu beachten, fondern empfangen auch ein Zeugnis von der Geduld Gottes, der sein Heilswerk nicht auf Heilige, sondern auf Sünder richtet und sein Haus auf Erden nicht mit Heiligen, sondern mit Sündern baut und doch alles herrlich hinausführt, was er sich vorgenommen hat.

Die sittlichen Zustände aber, die der Koder Hammurabis bei dem babylonischen Volk vorausseķt, sind bereits weit unter die bei den gleichzeitigen Patriarchen der Hebräer gesunken. Ueberall haben es diese Gefete der Babylonier mit grausamen, selbstsüchtigen, wollüftigen Menschen zu tun, was durch den König selbst bestätigt wird, da er als seine Absicht kundgibt, er wolle den wirtschaftlich Schwachen vor Ausbeutung durch den wirtschaftlich Starken schützen. Ob nun die harten Strafen dieses Koder das babylonische Volk auf eine höhere Stufe der Sittlichkeit gehoben haben, ist hier nicht zu untersuchen. Jedenfalls werden sie nicht umsonst gebraucht sein, wenn sie das babylonische Volk nur auf der Stufe erhalten haben, auf der es zu Hammurabis Zeiten stand, um noch den letzten Rest sittlicher Kraft aus besseren alten Tagen auf die nachfolgenden Geschlechter zu vererben. Bei andern Völkern werden die Strafgesete bald gemildert, bald verschärft; aber weder in Babel noch in Assur gibt es einen zweiten Strafkoder, der dem Hammurabis` an die Seite getreten wäre.

Auffallend ist auf den ersten Blick, daß in Hammurabis Gesetzen der Blutrache nicht einmal Erwähnung geschieht, während sie in Israel noch tausend Jahre später nach dem Gesetz Mosehs und des Volkes Gewohnheit ausgeübt wurde. Die Antwort oder den Schlüffel zu diesem Rätsel gibt uns die Lebensweise beider Völker. Die Babylonier hatten als Ackerbau treibendes Volk feste Wohnsite in Städten und Dörfern. Da gibt es ordentliche Obrigkeit, Richter und Gerichte und ihre Diener. Ifrael aber war zu der Zeit der Patriarchen in Kanaan, dann in Gosen und in der Wüste Sinai und wieder in Kanaan zum Teil ohne Ackerbau und lebte mit seinen Herden nomadisierend. Der Hirte aber ist häufig einsam, fern von größeren Wohnstätten der Menschen. Wird er belei digt, beschädigt, an Leib und Leben angegriffen, so ist er zunächst auf die Selbsthilfe angewiesen. Darum aber sind die Hebräer noch lange kein roher Nomadenhaufen gewesen, wozu ihn theologische Antisemiten stempeln wollen, als wären seine religiösen Anschauungen und seine Sitten nicht über die der wilden Naturvölker erhaben gewesen. Dieses Märchen ist für die Zeit der Erzväter durch Hammurabis Geseze, für die Zeit Mosehs durch die Tafeln aus dem Tell el Amarna selbst bei den Leuten widerlegt, die die hl. Schrift erst an zweiter Stelle vernehmen.

Wie weit sich die Vorliebe für Babylonien erstreckt, selbst hinüber

auf das Sprachgebiet, ersieht man aus der Behauptung H. Windlers 1), das Wort „erkennen“, das in der hl. Schrift einen besondern Sinn hat, fei aus der babylonischen Sprache entlehnt. Doch kommt dasselbe Wort mit derselben Bedeutung auch in der Sprache der Araber, der Griechen und Römer vor, ehe diese Völker noch mit Babylonien in Verbindung getreten waren 2). Dies Wort foll nicht nur eine Handlung verdecken, die auch bei heidnischen Völkern nicht leicht mit ihrem einfachen Namen genannt wird, sondern es besteht nach Vilmar auch eine innere geheime Verwandtschaft zwischen dem geistigen Erkennen und dem leiblichen Erzeugen.

Geht es aber nicht an, einen unmittelbaren Einfluß Babyloniens auf Israel zu beweisen, so wird ein mittelbarer behauptet. Syrien und Palästina standen zwar zu Mosehs und Jofuas Zeiten unter ägyptischer Herrschaft, aber die Statthalter des Pharao sprachen babylonisch und schrieben weder mit Hieroglyphen noch mit hieratischen oder demotischen Schriftzeichen, sondern mit babylonischer Keilschrift, die weder der Ueberbringer noch der Empfänger der Steinbriefe lesen konnte. Der Fürst von Mitanni, einem Land der Hethiter, westlich von Assyrien gelegen, gab seinem Briefträger einen targumaanu oder Dolmetsch mit, der dem Aegypterkönig den Inhalt des Briefes übertragen mußte. Nach H. Winckler ist Mitanni gleich Naharina, d. i. Naharaim Aram oder Mesopotamien 3). Ob mit diesen Briefen der überwiegende Einfluß grade von Babylonien bewiesen wird, kann dem recht zweifelhaft werden, der mit andern erwägt, daß der Dolmetsch aramäisch und nicht bel lisani genannt wird.

Wieder ein andrer Gelehrter *) hält zwar daran fest, daß der Vorzug Israels vor andern Völkern nicht zu leugnen sei; er weiß auch, daß derselbe nicht auf dem Gebiet menschlicher Kraft und Bildung, sondern auf dem Gebiet der Religion liegt. Aber er gibt zu, daß viele babylonische Elemente in die israelitische Religion eingedrungen seien, und meint, diese Vermischung habe in der Zeit der Besißnahme des Landes Kanaan stattgefunden, das damals mit babylonischer Kultur und Religion durchsetzt gewesen sei. Israel habe mitten in der Entwickelung der Völker des westlichen Asiens gestanden und von den um Jahrtausende älteren Kulturvölkern, den Aegyptern, Phönikiern und Babyloniern kulturelle, literarische und religiöse Elemente in sich aufgenommen, aber sie im Glauben an den Einen heiligen und gnädigen Gott Himmels und der Erde umgeprägt“ und durch das Feuer des göttlichen Geistes „geläutert"; aber dieser Glaube habe sich auch in Israel erst in allmählicher Entwickelung unter viel Kampf mit animistischen, polytheistischen und

1) H. G. S. 26, Anm. 1.

2) Dergl. Vilmar, Erkl. der Gen. S. 61 u. 62.
3) Vergl. E. Schrader, U. d. W. 1888, S. 588.

Sellin in d. evang. Kzeitung für Oesterreich 1903.

naturalistischen Elementen aus vorigen Zeiten durchgesett. Aber in dieser Auslaffung zerstört eine Hand, was die andere gebaut hat. Hier wird den Leugnern jeder göttlichen Offenbarung der erste Grundsatz preisgegeben, der unbedingt festzuhalten ist, daß zu keiner Zeit und an keinem Ort, so lange Menschen auf dieser Erde leben, der Monotheismus sich aus dem Polytheismus entwickeln konnte 1). Und wie will ein Gelehrter, der einer selbst auf naturwissenschaftlichem Gebiet unerwiefenen Entwickelungslehre huldigen zu müssen glaubt, das eine erklären, woher mit einemmale der göttliche Geist kam, der die bis dahin heidnischen Anschauungen läuterte und umprägte? Ist denn läutern und umprägen des Heidnischen genügend, um nur eine einzige göttliche Offenbarung zu ersetzen, wie daß der lebendige und allmächtige Gott durch sein Wort das Weltall ins Dasein gerufen hat?

Auch A. Jeremias 2) und Fr. Hommel 3) stehen ähnlich wie Sellin. Wenn dem alten Israel ein henotheistischer Sterndienst aufgezwungen wird, so übersehen solche Gelehrten, daß in Israel zu keiner Zeit Einigkeit in Sachen der Religion vorhanden war. Während Jakob dem lebendigen Gott diente, stahl Rahel) ihres Vaters Göhen. Mit demfelben Eifer, mit dem Israel des ursprünglichen Polytheismus verdächtigt wird, streitet ein andrer für den latenten Monotheismus der Babylonier. Mit meisterhafter Cogik und Ironie zerstört J. Oppert ") die Träume eines berühmten Gelehrten: „Wenn Jauumal ein Verehrer Jahves ist, warum ruft er denn Samas und Marduk an?"

Wenn aber H. Winckler ) Polytheismus und Monotheismus gleicherweise als aus Menschengedanken geboren faßt, so bezeugt er nur, daß es für den Geschichtsforscher, wie er ihn versteht oder haben will, überhaupt keine göttliche Offenbarung gibt. Auf dem Gebiete der Religion achte ich, darf viel weniger als auf andern Gebieten menschlicher Erkenntnis Halbheit oder Unentschiedenheit geduldet oder gar ein Friedensbund mit dem Unglauben geschlossen werden; denn dabei wird nicht nur jede göttliche Offenbarung geleugnet, sondern auch gewisse religionsgeschichtliche Tatsachen, die der vielgeliebten Entwickelungstheorie im Wege stehn, werden bei Seite geschoben und einfach tot geschwiegen.

Wußten doch noch die Priester im ägyptischen Theben, wie Herodot und ein Denkmal bezeugen 7), daß ein einiger Gott sei, der keinen Anfang gehabt habe und kein Ende haben werde. Diesen Gott bekennen ganz alte ägyptische Terte als den einzigen Erzeuger im Himmel und auf

1) Vergl. S. 8.

U. E. O. S. 84 u. 338.

3) Grundriß 2. S. 174 20.
4) Gen. 31, 19.

5) 3. f. A. 1903, S. 241, 303 20.

6) Abraham a. B. S. 31 2c.

M. Duncker a. a. Ø. I, 38.

Erden, der selbst nicht erzeugt sei; als den einen wahren und lebendigen Gott, der von Anfang war, der alle Dinge machte und selbst nicht gemacht wurde. So lehrten die thebaischen Priester noch zu einer Zeit, wo das ägyptische Volk bereits im Aberglauben und Göhendienst gefangen lag. Woher hatten die ägyptischen Priester ihre Erkenntnis des Einen wahren Gottes? Doch nicht aus sich selbst, am wenigsten aus dem Aberglauben des sie umgebenden Volkes. Vielmehr hatten sie einen Rest der ursprünglich allen Menschen gemeinsamen Gotteserkenntnis in treuer Ueberlieferung bewahrt. Wenn auch dieser Rest später verloren wurde, so wird es den ägyptischen Priestern ähnlich wie Aaron gegangen sein, zu dem das Volk sprach 1): Auf, mache uns Götter, die vor uns hergehn." Das Volk verlangt nicht nur in Israel, sondern auch in Aegypten und Babylonien für seinen Gottesdienst etwas Sichtbares und Greifbares. Wo dann die Priester wider besseres Wissen solchem Verlangen nachgeben und irgend welche Geschöpfe zur Ehre der Anbetung erheben und an die Stelle des unsichtbaren Schöpfers sehen, da werden sie selbst mit der Zeit in die Finsternis des Aberglaubens gezogen, die sie begünstigt haben.

Auch A. Jeremias sprach auf der zweiten internationalen Vereinigung für allgemeine Religionsgeschichte zu Basel von einer „monotheistischen Unterströmung in Babylon"; also etwas ähnliches vielleicht wie in Aegypten? Er meinte: Die babylonische Religion war ursprünglich Anbetung der Sterne. Die Sterne sagten den Eingeweihten ron göttlichen Dingen." Woher weiß das A. Jeremias? Hat er davon in den tausenden von Aufzeichnungen der babylonischen Sternseher gefunden? Ich nicht, und ich bin des ganz sicher, daß die babylonischen Sternseher auch gar nichts von göttlichen Dingen, sondern ganz allein die Antworten auf Fragen über weltliche Dinge in den Sternen suchten, vielleicht in gutem Glauben, daß sie finden würden, was sie suchten. Aber A. Jeremias fährt fort: „Die Sterne offenbarten ihnen den göttlichen Willen, und die Wissenden bildeten die religiöse Vorstellung in der Richtung des Monotheismus aus, indem sie entweder die zahlreichen Götter einem höchsten Gott streng unterordneten oder gar eine große göttliche Macht annahmen, von der die einzelnen Götter Ausstrahlungen sind." Hier begibt sich auch A. Jeremias auf das Gebiet der freien Dichtung; denn der Babylonier fah in der Wirklichkeit die verlorene Mühe, alle Götter einem unterzuordnen und sang in seinen Göttermythen nur vom Streit der Götter unter einander. Oder wenn er einmal einen höchsten Gott annahm, so gab er diese Ehre bald diesem, bald jenem Gott. Wo bleibt da der Monotheismus? Hernach wendet sich 2. Jeremias wieder der Wirklichkeit zu: „Der Polytheismus des babylonischen Volkes ist nur eine Popularisierung des Astralsystems, und

1) Ex. 32, Į 2c.

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