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Heiligtümern; und die Erscheinungen des Himmels werden nirgends mit denen der Erde gleich geseßt, sonden die lekteren werden als eine Wirkung der ersteren betrachtet. Der Grundirrtum solcher gelehrten Ausführungen ist gewöhnlich die Annahme, als sei das Götterwesen ein Stück der Kultur, während dasselbe überall den Rückgang und Abfall von einer früheren und höheren Stufe der Kultur darstellt, abgesehn davon, daß in Babylonien die unmittelbare Verbindung der Himmelserscheinungen mit den irdischen Vorgängen in vielen Fällen zu einer Quelle groben Betruges wurde, den die Gelehrten doch nicht für Kultur ausgeben können. Wie wenig abhängig aber die hebräische Anschauung des Himmels von der babylonischen ist, mag schon gleich hier erwähnt werden, indem die Babylonier und Assyrer, wie auch H. Winckler oben sagte, an erster Stelle stets den Mond verehren und ihn für größer und wohltätiger als die Sonne achten, während in der heil. Schrift klar und deutlich geschrieben steht, daß die Sonne das große Licht des Tages, der Mond aber das kleine Licht der Nacht ist 1). Woher wußten das die Hebräer, da doch beide Gestirne unserm Auge gleich groß erscheinen und selbst in unsern astronomischen Meßinstrumenten nur den kleinen Unterschied von 311,8 zu 311,9 zeigen?

Die Geschichte weist uns darauf hin, daß ein Teil der Nordsemiten, die in Babylonien einwanderten, und auch die, die später nach Affyrien zogen, bereits Göhendiener waren. Die Gelehrten sagen uns, sie seien dem Sterndienst ergeben gewesen und hätten den Mondgott Ai und den Morgen- und Abendstern verehrt 2),warum nicht auch die Sonne, verschweigen sie, obwohl gerade sie in Babylonien und Assyrien mit dem semitischen Namen Schemesch Samas, samsu zu allen Zeiten genannt worden ist. Die Semiten aber, die in Babylonien blieben und sich mit den Sumero-Akkadiern vermischten, nahmen zu ihrem eignen Aberglauben auch noch den des unterworfenen Volkes an, so verworren dieser auch war. Bald wurde bei ihnen Anu, Anun, Nun als Gott des Himmels angesehn, bald Sin, bald Ea oder Enki, bald Samas.

Aber nicht alle in Babylonien eingewanderte Semiten waren in heidnischem Aberglauben befangen. Das erhellt schon aus der Wahrnehmung, daß viele Namen dieser Einwanderer nicht mit einem Götzennamen, wie es sonst in Babylonien Gebrauch war, sondern mit el ilu, d. i. Gott, zusammengesetzt sind. Noch zur Zeit Hammurabis finden sich Contafeln mit den Namen Jahvi-ilu, Jakub-ilu, Jaschub-ilu, Jsma-ilu, Mutafa-ilu, Sar-ilu 3). Freilich hätten diese Namen gar keinen Sinn, wenn der gelehrte Mann recht hätte, der behauptet, ilu oder el bedeute nicht Gott, sondern Ziel. Aber derselbe Gelehrte meint auch,

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der Name Jahve sei ein uraltes Erbteil der kananitischen Stämme, aus denen nach Jahrhunderten die zwölf Stämme Israels hervorgehn follten, während die eigne Ueberlieferung Israels die Kinder Abrahams und die Kananiter auf das strengste von einander scheidet; aber gerade das ist dieses Gelehrten eigentümliche Liebhaberei, Israel und Kananiter zu vermischen. Wir aber bleiben mit andern dabei: el bedeutet bei den Hebräern, ilu bei den Babyloniern und Affyrern nichts anderes als Gott; und was die andre Frage betrifft, so findet sich auf einer Tontafel aus der Zeit Sinmuballits, des Vaters von Hammurabi, das Wort Jahun-ilu, das bald es eristiert Gott", bald „Jau ist Gott" übersetzt wird. J. Oppert 1) überseht Japiel „Gott ist schön“, Jaupiel „Gott ist gnädig“, Jauumel „es lebt Gott, es ist ein Gott, es befiehlt ein Gott" und teilt die Beweisstücke dazu mit. Das erste ist ein Kaufvertrag:

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Sechs Morgen feldes in

nach oben grenzend an Asatia, nach_unten an Jaupiel; drei Morgen Land libitasimi neben dem Feld von Ribatu... Tochter zusammen neun Morgen Landes in Khalkhat."

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Das zweite ist eine Schenkungsurkunde:

"Zwölf Morgen Feldes in Subirti neben Imelimi; ein halber Morgen drei Ruten Park neben Japiel. Simimini hat sie der Pikartu, seiner Tochter, geschenkt. Harsatu ist der Gläubiger der Pikartu, aber sie wird das Vorrecht vor ihrem Bruder behalten. In Gegenwart von Jkibu, Sohn des Abihar. Ladimilkit, Sohn des Salik. Rimusu, Sohn des Naramsin. Zimiya und Aradilesu, Söhne des Kinibbasi. Samas-nafir, Sohn des Samasuklu, des Schreibers.“

Das dritte ist ein Brief des Jauumel:

An Ibiningirsu schreibe ich dieses, ich Jauumel. Mögen die Götter Samas und Marduk dir langes Leben schenken. Wie du weißt, habe ich einer Sklavin ihre Freiheit wiedergeben müssen. Ich schulde ihr ihr Mitgebrachtes. Viel hat sie von mir bekommen, mein ganzes Vermögen hat sie mich gekostet. Außerdem muß ich den Aradistar entschädigen. Sende mir daher die drei Drachmen, für die du gutgesagt, und die zwei Drachmen deiner eignen Schuld für den Sesam nach dem babylonischen Vertrag, so kann ich den Aradistar richtig bezahlen. Wende dich nicht an Aradistar. Ich werde ihm seine Forderung richtig abtragen."

Wenn die Namenfrage El und Jahve wirklich strittig ist, so mögen die Gelehrten solchen Fall unter sich austragen. Ich halte mit Grau und Hommel daran fest, daß die Hebräer ihren Einen Gott nicht aus Babel geholt haben und von dort nicht holen konnten, weil er dort unbekannt geworden war. Die Semiten aber, die ihn in alter Zeit dorthin gebracht, nahmen ihn auch wieder mit, als sie auswanderten, oder verloren ihn dort, wenn sie im Lande blieben und sich in den sumero-akkadischen Götterglauben immer mehr hineinziehn ließen. Dieser war schon vor der semitischen Einwanderung vollkommen ausgebildet, wie auch die Tatsache nahe legt, daß die Götter der Babylonier und Affyrer nicht nur von alters her sumero-akkadische Namen haben, sondern auch samt ihren Tempeln bis in die lehten Zeiten des Reiches Namen aus dieser

1) 3. f. A. 1903, S. 295.

Sprache erhielten, während nur zwei oder drei Götter, wie wir später sehn werden, auch einen semitischen Namen neben ihren sumero-akkadischen führen.

Um aber auf den oben erwähnten Gottesnamen Jahve, in Luthers Uebersetzung Jehova geschrieben oder mit „Herr“ übersetzt, noch einmal zurückzukommen, so ist der Einwand, Moseh habe, als er die Offenbarung Jahves empfing, unter dem Volk Midian gelebt, ganz und gar abgetan, seit, wie wir oben hörten, nachgewiesen ist, daß dieser Name älter als Moseh, ja uralt ist. Moseh aber vernimmt in der Wüste Midian, daß der Allmächtige und Ewige von nun an mit diesem Namen genannt sein will 1).

Wohl klingen uns auch aus dem Heidentum Reste der ursprünglichen Gotteserkenntnis entgegen, wie von Melchisedek,_dem_König zu Salem, der ein Priester des höchsten Gottes heißt 2). Die Entdeckung, daß in diesem Namen wie in Adonisedek der Name des phönikischen Gottes Sydyk verborgen sein soll, tut seiner religionsgeschichtlichen Stellung keinen Eintrag; denn hat Melchisedek auch in seinem Namen das Heidentum stecken, so betet er dennoch den lebendigen Gott an und fühlt sich eines Glaubens mit Abraham.

Oder es wird Babel das stolze Wort in den Mund gelegt ®): „Ich will dem Allerhöchsten mich gleichstellen", ein Wort, das ohne diese ursprüngliche Gotteserkenntnis keinen Sinn hätte. Aber Babel soll nach dem einen Gelehrten einen „latenten“, nach dem andern einen „ethischen“ Monotheismus gehabt haben! Das sind die Märchen, an denen sich einige Gelehrte unserer Tage ergötzen. Auch sagt einer von ihnen mit recht unangenehmem, weil gänzlich ungerechtfertigtem Anklang an die christliche Lehre von der göttlichen Dreieinigkeit: „Nergal, Nebo und Ramman sind eins in Marduk." Mit demselben Recht, mit dem diese vier Namen zusammengestellt sind, lassen sich nicht nur vier andre Götternamen zusammenstellen, sondern eine ganze Reihe; denn die Hauptgötter, Sin und Samas, Ea und Bel, Ninib und andre sind dabei gar nicht berücksichtigt. Und mit Recht urteilt K. Bezold ): „Ich halte es für überflüssig, diesem babylonischen Monotheismus auch nur ein Wort hinzuzufügen." Denn warum hat jener Gelehrte nur Götter, nicht auch Göttinnen herangezogen 5)P Sobald der Eine lebendige Gott in der religiösen Erkenntnis und Empfindung verdunkelt oder in den Hintergrund der Seele gedrängt wird, tritt eine Vielheit an seine Stelle, in der bald dieser, bald jener Name den ersten Plak einnimmt, ohne daß dabei ein latenter" oder ein „ethischer" Monotheismus

1) Exod. 3, 13. 6, 3.

2) Gen. 14, 18.

3) Jef. 14, 14.

4) Bab.-ass. K. S., S. 34.

5) Fr. Hommel, Grundriß, S. 51.

herauskommt. Auch haben andre Gelehrte nicht Nergal, Nebo, Ramman und Marduk als zusammengehörig angesehn, sondern Ea, Marduk und Gibil oder Unu, Bel und Ea, wie schon Damaskius, der leşte Neuplatoniker, um 500 n. Chr. Anos, Illinos und Aos, d. i. Anu, Jlu und Ea als die Götter der Babylonier nennt; und „diese drei find eins in Sin" könnte man mit besserem Recht behaupten, wie oben von Marduk gesagt war. Denn vom 1. bis 5. Tage heißt der Mond Anu, vom 6. bis 10. Ea, vom 11. bis 15. Bel, sonst aber Sin 1). Oder es treten ihm Marduk und Erua zur Seite. Den Titel „Vater der Götter" tragen Ea, Asur und Bel, wie denn bei den Affyrern Marduk keiner großen Ehre genießt, sondern Asur, Sin und Samas als die höchsten Götter angesehn werden.

Schon dieses mannigfaltige Schwanken mahnt daran, daß wir es in der gesamten Götterlehre der Babylonier und Assyrer nicht mit einem wohldurchdachten und folgerichtig ausgebildeten System zu tun haben, sondern allermeist mit menschlichem Machwerk, mit willkürlicher Dichtung, ja auch mit Narrenwerk, wie Jensen treffend ausgeführt hat 2). Mit Recht sagt Homburg ): „Die Götter Babels sind nicht von Ewigkeit her wie der Gott Ifraels und der Christen.“ Von Anfang an ist bei den Babyloniern wie bei andern_heidnischen Völkern nichts als das unbestimmte und unbestimmbare Chaos, dichte Finsternis und das dumpfe Brausen der Wasser. Alle ihre Götter sind in der Zeit entstanden. Sie leben in und vom Wechsel des Lichts und der Finsternis. Schon hierin scheinen sie ein Abbild einiger himmlischen Gestirne, die im warmen Süden mit seinen hellen Nächten dem Menschen näher stehn als im Norden, auch weil der Südländer mit Vorliebe der kühleren Nacht sich freut. Die Götter aber sind tatsächlich ein Abbild der Menschen, die sie erdacht haben; und damit tragen sie die Urkunde über die Ärt ihrer Entstehung offen vor sich her. Sie stehn in all ihrem Tun und Lassen weder über dem Menschen noch über der Natur *). Sie haben wie Menschen Geheimnisse vor einander, sie leben in Haß, Neid und Streit gegen einander. Sie sind nichts weniger als heilig, sondern voller Schande und Laster; und grade diese „ethische“ Seite ist ein vollgiltiger Beweis dafür, daß diese Götter aus menschlichen Vorstellungen und Begriffen geboren sind. Die Göttermutter Iftar läßt ihre Redeschen oder Tempeldirnen mit ihrer Unzucht männliche Besucher für das Heiligtum anlocken, sie selbst ist der Unzucht ergeben und verläßt in ihrer Untreue einen ihrer Buhlen nach dem andern, nämlich göttliche und menschliche Buhler. Wo bleibt da der „ethische“ Monotheismus der Babylonier?

1) Fr. Hommel A. u. A., S. 399.

2) Kosmol. S. 141.

3) Reichsbote v. 1902.

4) Gegen Tiele a. a. O., S. 538.

Die ursprünglich hohen Gedanken von der Gottheit und die lehten Reste des alten kindlichen und köstlichen Glaubens werden bei der fortbildung der Vielgötterei unter den Menschen mehr und mehr aufgegeben. Das Göttliche wird in die dunkle Tiefe der menschlichen Sündenkreise herabgezogen, bis alle Schandtaten der Menschen, auch die unmenschlichste Grausamkeit mit dem Beispiel gleichgestimmter Götter zugedeckt werden kann. So sind der Götter Namen gut zum fluchen und Beschwören, zum Erschrecken und Verderben der Menschen, zum Morden durch Gift oder Dolch, und was die babylonischen Priester sonst noch fertig brachten 1).

Damit sich aber diese Götter und Göttinnen in keiner Hinsicht von den Menschen, die sie verehren, unterscheiden, werden ihnen Boten und Sklaven und Sklavinnen und Hunde zugesellt. Sie tragen und brauchen menschliche Waffen, wohnen bald im Götterberg Arallu, der im Norden liegt, bald in ihren Tempeln. Jener heißt auch Harsagkurkura oder sad matate der Länderberg". Daselbst ist auch der „Höllenberg“ mit seinem Klagegeschrei 2).

Wenn oben darauf hingewiesen wurde, daß die Semiten, die in Babylonien einwanderten, zum Teil dem Sterndienst ergeben waren, so soll damit nicht gesagt sein, daß sie diesen Dienst nach Babylonien gebracht hätten. Daß dieser Dienst vielmehr den alten Sumero-Akkadiern bereits zu der Zeit, da die Semiten einwanderten, wohl bekannt und von ihnen geübt war, zeigen nicht nur, wie schon oben bemerkt, die Namen der Götter und ihre Beziehungen zu Firsternen und Planeten an, sondern auch die sehr alte Keilschrift, die für Dingir, d. i. Gott oder Himmel, den achtstrahligen Stern als Zeichen hat 3). Demnach ist Gott und Stern für die Sumero-Akkadier so zusammengehörig, als wären sie ein und dasselbe.

Daneben hat jede Stadt ihre eigne Gottheit, Patron oder Schuhgott, eine Tatsache, die darauf schließen läßt, daß die Vielgötterei zugleicher Zeit an verschiedenen Örten entstanden sein muß; und dieser Umstand, daß dieselben Götter und Göttinnen, die alle in der Unterwelt Eharsagkurkura geboren sein sollen, an verschiedenen Orten unter verschiedenen Namen verehrt werden, erschwert sehr eine durchsichtige Darstellung, aber er spricht auch gegen die beliebte Annahme, als liege den Göttergeschichten ein System zu Grunde. Alle Mühe, die bei den Beweisversuchen für diese Behauptung ange= wendet wird, muß verlorene Mühe sein. Ueberall sehen wir die freie Dichtung walten und wenig Wahrheit in den wechselnden Gestalten. Denn neben den Schußgöttern gab es auch Hausgötter, die ihr beson

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