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und Marduk vorangingen. Nun reißt Uragal den Anker des Schiffes los. Sechs Tage und sieben Nächte rast der Sturmwind 1), die Herolde ) schreiten über Berg und Tal, der Pestgott Dibbara hat die Wirbelwinde entfesselt, der Gott Adar läßt die Kanäle überströmen, die Götter_des unterirdischen Wassers senden gewaltige Fluten herauf, lassen die Erde erzittern, das Licht wird in Finsternis verwandelt. Aber die Anunaki erheben ihre Fackeln und lassen das Land von ihrem Glanze erglühen.

Indeffen steigt die Flut immer höher und höher, der Bruder sieht nicht nach dem Bruder, die Menschen kümmern sich nicht mehr umeinander. Alle Menschen gehen zu grund, ihre Leichen bedecken das Wasser wie Baumstämme. Selbst die Götter fürchten sich vor dem Wasser und flüchten in den höheren Himmel, wo sie sich wie Kettenhunde am Himmelsgitter niederfauern; denn die Götter, die von Menschengedanken gemacht sind, müssen sich auch die schlechteste Behandlung gefallen lassen. Das wird hier recht offenbar.

Da schreit die schönstimmige Belitilu oder Anatu, die Göttermutter, wie ein kreisendes Weib und alle Götter mit ihr; denn sie bereuen, die Sintflut beschlossen zu haben: „Wäre der Tag doch zu Lehm3) ge= worden, da ich in der Versammlung der Götter Böses befahl. Wie befahl ich den Schlachtensturm zur Vernichtung meiner Menschen, daß wenn ich meine Menschen gebären lasse, sie wie Fischbrut das Meer erfüllen." So klagen und weinen die Götter, indem sie mit den Anunaki auf dem asru *) sizen. Schon dauert die Flut sechs Tage und sieben Nächte, die ganze Menschheit ist zu Erde geworden. Aber am siebten Tage legte sich die Flut, die wie ein gewaltiges Kriegsheer gekämpft hatte. Der Sturm ließ nach, das Meer wich in seine Ufer zurück.

Sobald das Tageslicht gekommen war, erzählt Atrahasis weiter, betete ich, öffnete ein Luftloch, und das Tageslicht fiel auf die „Mauer meiner Nase". Am andern Tage stieg eine Insel auf, und das Schiff steuerte auf das Land Nisir zu, das am untern Zab liegt. Ein Berg hielt es dort fest. Als das Schiff dort sechs Tage gelegen, ließ Atrahasis eine Taube fliegen. Sie konnte keinen Ruheplatz finden und kam wieder zum Schiff zurück. Danach ließ er eine Schwalbe hinaus, aber auch sie kehrte zum Schiff zurück. Der Rabe aber, der zum dritten Versuch diente, fah das Schwinden des Waffers, krächzte und kam nicht wieder. Nun verläßt Atrahasis, nachdem er allem Getier, das er im Schiff bei sich hatte, die Freiheit gegeben, mit den Seinen das Schiff, errichtet auf dem Berg Nifir einen Altar, schlachtet Schafe zum Opfer nach den vier Winden und sezt adagur-Gefäße je sieben und sieben auf und legt unter

1) Wo bleibt da das Schiff?

2) Andre übersetzen Chronträger".

3) fragliche Uebersetzung.

4) A. Jeremias, A. T. O., S. 36 versteht darunter den Tierkreis.

sie Schilfrohr, Zedernholz und Weihrauch 1). Die Götter riechen aber den angenehmen Duft und sammeln sich wie Fliegen um den Opferaltar.

Auch Istar, die hehre Göttin, kommt heran und richtet am Himmel die großen Bogen 2) auf, die ihr Vater Unu geschaffen hatte, und sprach : ,,Seht, ihr Götter, diese hier! So gewiß ich den Edelsteinschmuck meines Halses nicht vergesse, will ich mich dieser Tage erinnern und in ferner Zukunft nicht vergessen. Wenn die Götter an das Schlachtopfer herangehn, soll Bel nicht herankommen, weil er sich nicht besann und die Sturmflut machte und die Menschen zum Strafgericht bestimmte."

Auf Iftars Anregung wird hierauf ein zweiter Rat der Götter gehalten, in dem es bald zum gewohnten Streit kommt. Bel ist darüber erzürnt, daß der Flut Einhalt geschehen ist; denn sein Wille war, kein Mensch sollte im Strafgericht leben bleiben. Weiter klagt er darüber, daß Ea dem Atrahasis zur Rettung geholfen; Ea aber macht Bel zum Vorwurf, daß er unüberlegt gehandelt und ohne Unterschied alle Menschen vernichtet habe. Er meint: „Dem Sünder lege seine Sünde auf, den Missetäter lasse seine Missetat tragen, aber mache ihn los, daß er nicht abgeschnitten werde. Schicke Löwen und Leoparden, Pest oder Hungersnot, aber keine Sturmflut, die alle Menschen vertilgt. Hätte sich doc Uru erhoben und das Land hingeschlachtet! Ich habe kein Geheimnis der Götter verraten. Den überklugen Utnapistim ließ ich Traumbilder schauen. So vernahm er das Geheimnis der Götter."

Nach dieser Rede raten die Götter Eas Rat, und Bel wendet seinen Sinn. Er geht in das Schiff hinein, ergreift Atrahasis an der Hand und macht einen Bund mit ihm, der mit seinem Weib vor ihm niederkniet. Bel segnet sie und spricht: Dormals war Utnapistim ein Mensch, nun soll er und sein Weib wie die Götter sein 3)." Da nahmen sie mich und ließen mich fern an der Mündung der Ströme wohnen." Also ward Atrahasis der Stammvater der alten Babylonier, die das Meerland besiedelten.

Ein Rückblick auf alle die Göttersagen, die hier in möglichster Vollständigkeit mitgeteilt sind, wird wohl am Plage sein. Sie verraten uns nicht, wie viel Hamiten und Semiten von der den Menschen von Anfang an vertrauten Wortoffenbarung nach Babylonien mitgebracht haben. Wohl ist die alte Ueberlieferung mit den Kindern der aus der Sintflut geretteten Menschen aus dem Quellgebiet der Flüsse des armenischen Hochlandes, dem Lauf. des Wassers folgend, in die Ebene herabgestiegen *), sodaß die Abkunft der neuen Menschheit von Norden her

1) Jensen hat hier simgir oder Myrte, nach andern soll es das wohlriechende ondropogon Schönanthus oder Kamelheu sein.

2) Jensen versteht unter nimmis Intaglios d. i. Gemmen.

3) Hier ein deutlicher fingerzeig, woher viele Götter der Babylonier gekommen sind. 4) Vergl. Dillmann, A. d. W. 1882, S. 438.

auch bei den Babyloniern ein feststehender Zug ist. Mit den Völkern aber gehen ihre Ueberlieferungen, und Babylonien kann nicht, wie mehrere Gelehrte annehmen, die Heimat der Sintflutgeschichte sein. Aber bei den meisten Völkern wurde die ursprüngliche Ueberlieferung Stück für Stück verloren oder durch menschliche Zutaten unkenntlich gemacht und verdorben. Das geschah zu derselben Zeit und in dem Maße, wie der Aberglaube der Vielgötterei sich verbreitete, die durch die alte Ueberlieferung als Lug und Trug gestraft ward. Je ferner aber das Bild des Einen lebendigen unsichtbaren Gottes im Andenken der Menschen gerückt wurde, desto freier wurde die mythologische Dichtung, desto dringender auch das Verlangen, das ursprünglich bewunderte Werk der Schöpfung und Erhaltung der Welt und aller Weltwesen auf verstandesgemäße und verständliche Entwickelung zurückzuführen. Daher stellen die heidnischen Mythologieen die erste Gestalt des Rationalismus auf dem Gebiete der Religion dar. Er kennt kein Wunder, weil er keinen allmächtigen Gott kennt. Seine Götter tragen das Bild der Menschen an sich, für die und aus denen sie gemacht sind, und sie können nicht anders. Sie müssen ganz im Bereich des menschlichen Erkenntnisses und der menschlichen Willkür bleiben. Man macht mit ihnen, was man will. Gefallen fie nicht mehr, so werden sie abgesetzt, und neue Dichtungen treten an ihre Stelle, heute wie vor fünftausend Jahren.

Betrachtet man diese Entwickelung, so wird auch die andere Tatsache verständlich, daß der Rationalismus und der Subjektivismus unserer Zeit stets auf Seiten der Mythologieen und nicht auf Seiten der göttlichen Offenbarung steht. Sogar in scheinbaren Nebendingen finden sich die gleichgestimmten Seelen der Menschenkinder alter und neuer Zeit zusammen. So beschränken sie beide die Dauer und Ausdehnung der großen Flut so viel als möglich gegen das ausdrückliche Zeugnis der hl. Schrift und der Erdkunde.

Uebrigens finden sich immer neue Terte der verschiedenen babylonischen Sintflutsagen. So erzählt ein Tert aus der Bibliothek Asurbanipals, daß Atrahasis im Gespräch mit Ea an den Jammer erinnert, den die Strafen der Götter über die Menschheit gebracht haben. Hungersnot, Dürre, Unfruchtbarkeit, Seuche, Mißwachs sei über sie gekommen, zuletzt die Sintflut, weil die Sünden der Menschen nicht abnahmen, sondern noch ärger wurden. Dieses Stück ist entschieden älter als Atrahasis Bericht, weil hier ein Teil der ursprünglichen Ueberlieferung erhalten ist, nämlich was die Ursachen der Sintflut angeht, wovon der Hauptbericht eigentlich nichts weiß. Nur am Schluß verrät der Streit der Götter etwas davon.

fünfter Abschnitt.

Schrift und Sprache der Babylonier und Assyrer.

1. Die Schrift.

Nach mehreren Zeugnissen ist die Schreibekunst bereits vor dem Ereignis erfunden worden, das die Babylonier abubu oder die große Flut nennen. Chronos befiehlt Atrahasis, die alten Schriften nach Anfang, Mitte und Ende in Sippara zu vergraben; und dem König Asurbanipal ist es eine freude, Steinschriften aus der Zeit vor der Sintflut zu lesen. Es wird auch sonst auf die Aussprüche der alten Weisen wie eines Enmeduranki und andrer hingewiesen. So kann uns auch nicht zweifelhaft sein, welchem Volk die Ehre dieser Erfindung gebührt. Es sind die Kinder Hams, die im Anfang Vorderasien und Aegypten besiedelten. Nur steht es noch in Frage, ob die Aegypter von ihren stammverwandten Nachbarn, den Sumero-Akkadiern, oder umgekehrt, ob die Sumero-Akkadier von den Aegyptern gelernt haben, was uns heute in Erstaunen setzt? Wir lassen diese Frage hier unerörtert und begnügen uns mit der Vermutung, daß beide Völker aus derselben Quelle geschöpft haben, und mit der Gewißheit, daß diese beiden Völker sich sehr nahe stehen, sich e ines Ahnherrn rühmen, beide der Schrift kundig, beide hoch gebildet.

Dieser beiden Völker Schrift war eine Bilderschrift. Daher kann die semitische Buchstaben- oder Lautschrift, die durch die Vermittlung der Phönikier, Griechen und Römer unsere Schrift geworden ist, ebensowohl aus der ägyptischen wie aus der sumero-akkadischen Schrift entstanden sein. Nach Hommel 1) soll das semitische Alphabet um die Zeit zusammengestellt sein, als die Semiten noch Nomaden waren; und trifft diese Vermutung bei den Hebräern zu, bei denen nach dem Zeugnis der hl. Schrift Moseh zuerst geschrieben hat. Das war in der Steppe der peträischen Halbinsel, wo die Hebräer als Hirtenvolk umherzogen.

Einige Beispiele mögen das Verhältnis von Bilder- und Lautschrift verdeutlichen. Das Zeichen

lesen die Babylonier alpu Ochse, die Hebräer nannten dasselbe Zeichen alef, sprechen es aber nicht alpu oder alef aus, sondern a und wir nach ihnen unser A.

1) Sem D. u. Sp. I, S. 169. Grundriß S. 111.

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bei den Babyloniern bitu das Haus, bei den Hebräern bajith, bei uns b.

babylonisch gimillu das Kamel, hebräisch gimel, unser Laut g. bab. daltu die Türe, hebr. dalet, unser d.

bab. idu die Hand, hebr. jod, jad, unser i j. A bab. nunu der Angelhaken, hebr. nun S, unser n. 4 bab. inu das Auge, hebr. ghain O, unser gh.

bab. risu der Kopf, hebr. resch, rosch 9, unser r.

In der Tat kommen alle diese Sachen, die wir hier im Bild sehn, bei Nomaden im täglichen Leben vor, nicht nur der Zeltpflock und die Hürde, sondern es erinnern Haus und Türe nur an die Zelte der Hirten, nicht aber an ein festgebautes Haus. Damit wird schon deutlich sein, daß die alten Babylonier wenigstens für jede Sache oder Silbe ein besonderes Zeichen haben mußten, die späteren Semiten aber mit einigen zwanzig Zeichen alle Worte ihrer Sprache schreiben konnten. Während uns etwa zwölftausend Zeichen der Babylonier und Assyrer bekannt find, haben es die Chinesen, ihre Nachfolger, schon auf fünfzigtausend gebracht. So wenig wir wissen, von wem diese überaus schwierige Schreibweise erfunden worden ist, so wenig ist uns über den Erfinder der Buchstabenschrift etwas bekannt. Bezold ist geneigt 1), eine sehr frühe Zeit noch vor Moseh dafür anzunehmen, wo zunächst ein altsemitisches Alphabet gefunden wurde, aus dem sich später das phönikische, hebräische und aramäische Alphabet entwickelten. Das letztere findet sich auch auf assyrischen Urkunden.

Die Anfänge der hamitischen Schreibkunst suche ich in der Vorzeit, da die Hamiten noch nicht in Aegypter, Hethiter und Sumero-Akkadier getrennt, sondern noch eine familie oder Stamm der Kuschiten waren. Seine Zweige trennten sich später auch räumlich und entwickelten sich selbständig in jeder Kultur, auch nach Schrift und Sprache, sodaß die Schreibkunst in Aegypten wie im Khattiland und Babylonien ihre eigentümliche Ausbildung erfuhr. Wie lange das gegenseitige Verstehen anhielt, ist ungewiß. Im fünfzehnten vorchristlichen Jahrhundert schrieben ägyptische Statthalter und die Könige von Mitanni und von Babel Steinbriefe in babylonischer Keilschrift an den Pharao von Aegypten; aber wir haben schon früher vernommen, daß ein Dolmetsch mitgesandt

wurde.

Die Schreibzeichen der Sumero-Akkadier sind wie die Hieroglyphen der Aegypter ursprünglich wirkliche Bilder; aber sie haben eine doppelte Bedeutung. Das Bild des fisches bezeichnet nicht allein einen Fisch,

1) N. u. B., S. 78.

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