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Alle Rechte vorbehalten.

Vorrede.

„An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten. Unsere Harfen hingen wir an die Weiden, die darinnen find. Denn daselbst hießen uns singen, die uns gefangen hielten, und in unserm Heulen fröhlich sein: Lieber singet uns ein Lied von Zion! Wie sollten wir des Herrn Lied singen im fremden Lande ?“

Mit diesem Klageton führt uns Psalm 137 bei dem Volk von Juda ein, das gefangen nach Babylon gebracht war und zu dieser Zeit seinem Schmerz in bittern Tränen Ausdruck gab. Jett ist sein alter Trok gegen den lebendigen Gott geschmolzen wie Eis in der Frühlingssonne. Jest kann das Volk wieder weinen und heulen, wenn es an Zion gedenkt, das zerstört ist und Gottes Tempel beraubt und zerbrochen. Über singen kann es jetzt nicht, noch auf der Harfe spielen, so sehr auch die Heiden ohne Mitleid und ohne Verständnis für das Leiden des seltsamen Volkes danach verlangen. Das können die Kinder Babels nicht begreifen, wie ein Mensch, dem es zeitlich gut geht, der genug zu essen und zu trinken und kein schweres Arbeitsjoch zu tragen hat, ein immerwährendes Verlangen nach dem verlorenen Glück fühlt, nach einem Glück, das nicht mit Händen zu greifen, nicht mit Gold zu kaufen ist, nämlich Gottes Angesicht zu schauen und seine schönen Gottesdienste zu besuchen.

Der Schmerz des jüdischen Volkes ist um so größer, als es sich täglich sagen muß, daß der Herr ihm billig zürnt um aller seiner Sünden willen, und daß seine Wohltaten dies Volk täglich beschämen und um so tiefer beugen. Schaut es nach Abend hin, da liegt die heilige Stadt, der es nicht vergessen kann. Schaut es nach Morgen hin, da winkt eine Hoffnung, die ihm Gottes Gnade eröffnet hat; denn von dort soll nach siebzig Jahren der Hirte, der Erlöser kommen, der seiner Gefangenschaft ein Ende machen wird, wenn er auch ein fremder ist. Denn Babels Volk hat kein Mitleid mit Juda; wenn sie auch beide stammverwandt find und in der Sprache einander verstehen, so ist doch eine hohe Mauer zwischen ihnen aufgerichtet und wird bleiben, bis die Heiden selbst verlangen, von dem Einen ihnen unbekannten Gott und seinen herrlichen Verheißungen zu hören.

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Juda genießt diese Wohltat auch in der fremde. Seines Gottes. Boten sind mit ihm in die Gefangenschaft gezogen und halten Gottes Verheißungen lebendig und aufrecht, das gebeugte Volk wieder zu trösten, daß es wie ein Baum gedeihe, der an den Wasserbächen gepflanzt ist. Auch zu dem alten großen Volk von Babel neigt sich der lebendige Gott, indem er es bald mit seinen Gerichten heimsucht wie Israel und Juda, bald sein Wort ihm verkünden läßt. Ninive hörte schon auf eines Propheten drohende Stimme und tat Buße. Babel aber hört viele Propheten und sieht das Volk Gottes selbst in seiner Mitte nach Gottes Geboten wandeln und bleibt dennoch in seinen gewohnten Sündenwegen. Das ist ein kleines Bild aus der langen Reihe der Beziehungen zwischen zwei stammverwandten Völkern, die uns beide sehr nahe angehn; denn von dem einen haben wir die Grundlage unserer geistigreligiösen Kultur, von dem andern die unserer menschlich-natürlichen Bildung empfangen. Sie gleichen zwei Strömen, einem großen und einem kleinen, deren Quellen ganz nahe bei einander liegen. Oft nähern sie sich, als wollten sich ihre Waffer vermischen. Dann streben sie wieder nach verschiedenen Richtungen, um sich von neuem einander zu nähern. Durch dieses Gleichnis werde der geneigte Leser auf die folgenden Darstellungen aus dem Morgenland vorbereitet. Nach dem Morgenland zieht eine tiefe Sehnsucht viele Christen und Juden aller Zeiten. Das Morgenland ist der Juden Heimat, und das Heil kommt von den Juden. In das Morgenland führt uns die heilige Schrift, weil dort der lebendige Gott manchmal und mancherlei Weise zu den Vätern geredet hat durch die Propheten, zuletzt aber durch seinen Sohn, den er zum Erben über alles gesetzt hat.

Auch der Verfasser hat sich, wie sein „Palästina und Syrien" be= zeugt, eingehend mit dem Morgenland beschäftigt. Dor mehr als zwanzig Jahren studierte er Eberhard Schraders „Die Keilinschriften und das alte Teftament“, dazu das Buch von Friedrich Delißsch „Wo lag das Paradies ?". Auch viele andre Schriften ließen ihn heimisch werden im Morgenland, bis der Streit um Bibel und Babel kam, der unser ganzes Volk erregte. In diesem Streit das Wort zu ergreifen, dazu fühlte sich der Verfasser nicht berufen. Er vernahm die Stimmen von beiden Seiten und merkte bald, was eine Verständigung ungemein erschwerte. Es wurden die Urkunden über Geschichte und Kultur von Babylonien und Affyrien auf keiner Seite unserm Volke zugänglich gemacht, und das Volk konnte sich in dem Streit der Gelehrten kein Urteil bilden. Die Zeitungen und öffentlichen Vorträge trugen den Streit in immer größere Kreise und bis in die Häuser hinein; aber die wenigsten wußten, worauf es ankam. Doch fiel mancher mit seinem christlichen Glauben in große Bedrängnis und Versuchung, während für andere die Wissenschaft der Affyriologie die beste Waffe im Streit wider den Christenglauben zu werden versprach.

Unter solchen Erwägungen wurde die folgende Darstellung der babylonisch-affyrischen Geschichte und Kultur unternommen und ausgeführt. Viele Schriften der Gelehrten beider Seiten wurden zu dieser Arbeit benutzt, und doch ist diese Schrift nicht für die Gelehrten geschrieben, es sei denn hier und da zu zeigen, wo etwa der Bogen zu straff gespannt und über das Ziel hinaus geschossen war. Der Verfasser dachte bei seiner Arbeit vielmehr an die Gebildeten in unserm Volk. Er möchte ihnen allen zeigen, wie wenig Grund zu der Annahme einiger Gelehrten vorliegt, als könnten die reinen Quellen der hl. Schrift aus dem trüben Sumpf entsprungen sein, mit dem die Urkunden des babylonisch-assyrischen Heidentums nach der Seite religiöser Erkenntnis und sittlicher Haltung treffend verglichen worden sind. Wir haben das Nebeneinanderstellen der Bibel und dieser alten Urkunden in keiner Weise zu scheuen. Dabei kann das Buch der Bücher nur an Achtung und Ansehn gewinnen. Wir sind daher auch den Gelehrten dieser und der vorigen Zeiten für die überaus mühevolle Entzifferung der Urkunden allen Dank schuldig; und der Verfasser kann es nicht unterlassen, an dieser Stelle solchen Dank abzustatten, auch wenn er in Auslegung und Anwendung dieser Urkunden öfters anderer Meinung ist, als ihre Uebersetzer.

Insbesondere sage ich Herrn Profeffor Hommel aufrichtigen Dank für die Mühe, mit der er einen Entwurf dieser Schrift geprüft und dessen Ungenauigkeiten an vielen Stellen gebeffert hat. Trotzdem weiß der Verfasser sehr wohl, daß er auch jetzt noch die Nachsicht seiner Leser in Anspruch nehmen muß. Er wünscht nur, es möge dem geneigten Leser die gleiche Erfahrung wie dem Verfasser beschert werden, daß ihm, je tiefer er in die alten Urkunden von Babylonien und Assyrien eindringt, desto heller das Licht der ewigen Wahrheit aus der hl. Schrift entgegenstrahle. Dann wird er ebensolche erhebende Freude an dem Lesen dieses Buches haben, als seine Abfassung dem Verfasser eingetragen hat.

Marburg im Juli 1906.

E. v. Stard.

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