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Tragödien Schillers rückten Iffland, Kozebue und Consorten mit dem ungeheuren Quantum ihrer schnell. fertigen Productivität hervor und behaupteten wenigstens in ihrer Epoche das Feld, wie es heutzutage Benedir und die Birch - Pfeiffer behaupten. Auch das Bedeutende muß in reichlicher Menge vorhanden sein, wenn es auf die Welt einen durchgreifenden Einfluß ausüben soll; der Baum der edlern Dichtung muß voll Früchte stehen, damit das Volk sich wirklich von ihm nähren könne, und nicht auch, um seinen starken Appetit zur Noth zu befriedigen, gemeinere Kost dars neben aufsuchen müsse. Wie fruchtbar war nicht das Drama der Spanier in seiner Blüthezeit, wie ungemein ergiebig die Productivität des englischen Drama's sowohl im Zeitalter der Elisabeth und Jacob's I., wie in jenem der Restauration! Die reflectirte Bildung ist freilich nicht fruchtbar, und unsere Dichter, so Großes und Ursprüngliches sie geleistet, sie stehen mit ihren Schöpfungen doch immer zum Theil auf dem Boden der Reflexion.

Doch zurück zu Gottsched, von dem wir uns jegt so viele Schritte weit entfernt. Schon er vertrat, so lange vor Schiller, den bedenklichen Grundsah, daß der leichtgezimmerte Thespiswagen, gleich dem acheront’schen Kahn, nur Schatten und Idole tragen könne, daß das rohe Leben sich nicht herandrängen, der Schein die Wirklichkeit nicht erreichen, die Natur der höheren Regel der Kunst weichen müsse. Nur war sein Schein ein falscher, der der rednerischen Phrase, seine Kunst nicht blos eine Schugwehr gegen die robe, sondern ein Gegen

fag zur echten Natur - und die Idole seiner Bühne nicht heroische Schatten, sondern steife Puppen mit lächerlich affectirten Heldengebärden.

Und fremd, durchaus fremd mußte vor Allem den Deutschen die Tragödie des Théâtre français bleiben.

Die französische Kunstform ist eine durchweg a ris stokratische. Wie es eine feine Legislatur des Anstandes, der Convenienz für die Lebensformen der vornehmen Gesellschaft giebt, so erzeugte sich eine ähnliche Gesergebung der höheren Schicklichkeit für die Poesie. Sobald man einmal die Form in so feine Facetten zuschleift, so wird zulegt aller Inhalt herausgeschliffen, es bleibt dann nur die reine Form. Dies macht eben das Wesen der in's Aeußerliche getriebenen Vornehmheit aus. Wo gab es aber für den feinen Tact, die aristokratische Haltung eine schwierigere Probe, wo konnte sie sich glänzender bewähren, als auf dem Boden der tragischen Verwicklung? Im gewöhnlichen Leben - da ist es nicht allzuschwer, den Anstand nicht zu verlegen und sich in den Formen der guten Gesellschaft tadellos zu bewegen; wenn aber die Helden in der Tragödie, mitten im Sturm des Affectes, in den härtesten Conflicten noch das Maß der courfäbigen Sitte und des edelsten Anstandes einhielten wenn sie sich so weit beherrschen konnten, auch hier der Form nicht zu vergessen: so war dies das höchste Lebensideat, welches der Crême der Gesellschaft in der Kunst und Poesie vorgehalten werden konnte. Nicht die Leidenschaft selbst in ihrer erschütternden Gewalt, sondern die Schicklichkeit, die auch im Affecte

sich nicht vergißt, das Problem des Anstandes, das unter den schwierigsten Voraussegungen so glänzend gelöst wird dies war der eigentliche Gegenstand der französischen Tragödie.

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Die Lebensformen des französischen Hofes und Adels waren die allgemeine Norm für die ganze europäische Aristokratie geworden. Wie ehedem die Romantik des mittelalterlichen Ritterthums mit ihren phantastischen Idealen von Frankreich aus durch alle Länder und insbesondere nach Deutschland drang, wie dieses ehedem die Convenienz der Rittersitte und die Stoffe der Dichtung von dem französischen Ritterstande empfing: so wurde die kühle, glatte, frivole Noblesse der Renaissance jezt ebenso mustergiltig, so ungeschickt und steif auch die deutschen Junker ihr Wesen nachahmen mochten. War es daher zu verwundern, daß die erclusive Gesellschaft auch überall den französischen Geschmack in der Kunst theilte, da diese nichts Anderes, als das aristokratische Ideal in dem Gewande der Antike zur Darstellung brachte? Die Allgemeingiltigkeit des französischen Kunstprincips war also für die höheren Classen eine unbedingt ausgemachte Sache. Aber auch für die Nation? Diese blieb wohl jenen Lurusartikeln der dramatischen Kunst gegenüber ziemlich indiffe rent. Sie harrte noch auf ihre Poesie, sie wartete noch schweigend auf ihre Dichter, die „der dunklen Gefühle Macht" einst wecken sollten, die noch in dem Herzen des Volkes ungeahnt schliefen. Wie sich die Fürsten, der Adel amüsirten wie konnte die Nation daran lebendigeren Antheil nehmen? Einmal arrangirten jene zu

ihrem Bergnügen eine große Parforcejagd, wo sie durch Korn und Wiesen mit der wilden Meute seßten - ein andermal saßen sie mit ihrer Suite und ihren vornehmen Gästen im Theater und bewunderten die erhabe nen Gesinnungen im Cid des großen Corneille. Das Volk durfte dort nicht murren, und konnte auch hier die ästhetischen Entzückungen dieser „durchlauchtigsten Gemüthsergögung“ nicht aufrichtig theilen. In früheren Zeiten war es dem Volke gestattet, von Gallerien aus den Festgelagen der Großen zuzusehen; so durfte auch jezt, als die Gottsched’sche Schule die französischen Tragödien verdeutschte, das große Publicum Zeuge sein, wie dem Adel und der hoffähigen Gesellschaft die Delicatessen jener classischen Literatur mundeten. Aber diese ftumme Betheiligung war noch kein wirkliches Mitge nießen. Um doch etwas zu haben, begnügte sich das bürgerliche Publicum vorläufig mit dem gedankenlosen Schaugepränge der Spectafeloper, oder es ließ sich das Hausbrod der rohen Volkskomödie, mit derben Späßen gesalzen, von seinem Hanswurst vorschneiden bis Gottsched diesen feierlich von der Bühne verbannte.

Auf das aristokratische Parfum in dem französischen Kunststyl verstand sich nun der Leipziger Professor wohl nicht dazu war er trøg seiner vornehmen Connerionen doch zu sehr eine bürgerliche Natur.

Ihm war es nur um einen festen Canon für die Poesie und so sah er denn auch in jenen Mustern nichts als dies: die verwirklichte Regel, die reinlich abgezirkelte Form. Daß das französische Drama in ganz bestimmten culturgeschichtlichen Voraussetzungen wurzele und als

eine specifisch nationale Erscheinung aufzufaffen sei dies überstieg durchaus seine Fassungskraft. Ihm leuchtete nur das Eine dabei ein, daß es feste Handhaben für die Technik, die Mache des Drama's darbiete,

und in diesem Sinne empfahl er es auf's dringendste zur Nachahmung. Was wußte er von den tieferen Bedingungen des dichterischen Schaffens, von jenem feinen Wurzelgeflecht, durch welches die Poesie mit Volksideen, Zeitanschauungen, Culturformen zusammenhängt!

Sobald sich einmal echte Dichter einstellten, dann erst kam man auch über die Geseze des Schaffens ins Klare. Man erkannte darin gar bald jene still organifirende Kraft, die mit der Bescheidenheit und Sicherbeit der Natur, nicht mit dem Hochmuth der Gelehrtbeit auftritt, und aus einer geheimen Naturbasis, von innen heraus waltet und wirkt. Dieser Naturboden ist der lebendige Volksgeist selbst, der sich namentlich in der Poesie wirksam und thätig erweisen muß. Daher die Mannigfaltigkeit des poetischen Geschmacks, da dieser durch die nationalen Unterschiede bedingt ist oder besser gesagt: daher der Reichthum in der productiven Kraft des Schönen. Im Anfang des 18. Jahrhunderts hatte man noch von der Berechtigung des Nebeneinan= derbestehens verschiedener nationalen Geschmacksrichtungen keinen Begriff. Les goûts ne peuvent être différens, sans cesser d'être bons sagt Batteur. Es könne nur Einen Geschmack geben, nämlich den richtigen, so wie es nur Eine mathematische Wahrheit giebt. Das scheint sehr einleuchtend zu sein; aber

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ist denn die

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