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Haupt- und Staatsaction unserer gemeinen Komödianten," so heißt es da, ist kaum so voll Schniger und Fehler wider die Regeln der Schaubühne und gesunden Vernunft, als dieses Stück Shakespeare's ist." Und als ob an diesem Wort noch nicht genügte, empfängt der Löwe Shakespeare in einer späteren Nummer noch folgenden Eselshufschlag: Der Julius Cäsar, der noch dazu von den Meisten für Shakespeare's bestes Stück gehalten werde, habe so viel Niederträchtiges (d. h. Niedriges) an sich, daß ihn kein Mensch ohne Ecel lesen könne!!" So urtheilte man damals in Deutschland. Es war dies freilich nur ein roberer, brutalerer Nachhall der Voltaire'schen Kritik über Shakespeare.

Neben dieser übelbehandelten Shakespeare - Uebersegung fehlt es aber auch nicht an Versuchen, sich der Antike in selbstständigeren Studien zu nähern. So ging schon Joh. Elias Schlegel, ein Schauspieldichter der Gottsched'schen Schule, in einzelnen, feineswegs verdienstlosen Uebersehungen und Nachbildungen (Orest und Pylades, die Trojanerinnen, die Elektra nach Sopho fles) directer auf das Alterthum zurück; was aber hier noch Schulpoesie war, wurde bald Sache der dichterischen Begeisterung. Nicht lange mehr währte es, da rauschte der Bardenhain um den Lehrling der Grie chen," und selbst der Gesang Thuisfons, sowie der Prophetenhymnus, der von den Palmen um Phiala erscholl, strömte in feierlichen griechischen Rhythmen dahin. Und während sich Gottsched noch in eitler Autoritat wiegte da fristete ein armer Schustersohn, Winfelmann mit Namen, sein dürftiges Dasein als Con

Baner: Von Gottsches bis Schiller.

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rector in Stendal, trug aber schon das Ideal des Alterthums, mit glühender Sehnsucht umfaßt und gehegt in Herz und Geist, um dann später das volle Verständniß der Antike von der bildenden Kunst auch auf die Poesie wiederstrahlen zu lassen. Winkelmann war der erste Prophet des tieferen, in's Herz der Antike blickenden Kunstsinns in Deutschland; in den begeisterten Schilderungen seiner Kunstgeschichte beseelten sich die marmornen Götter, wie im Glanze eines magischen Fackelscheins, zu geisterhaftem Leben und so dürfen wir uns nicht mehr wundern, sie bald nachher auch poetisch beseelt auf dem deutschen Parnaß wiederzufinden. Nachdem Winckelmann und nach ihm Lessing in Laokoon's brechendes Auge forschend geblickt, verstand man auch auf der Bühne das Schicksal in jenem großen, antiken Sinne, als die hohe, gewaltige Macht, welche den Menschen erhebt, wenn sie den Menschen zermalmt."

Von Gottsched bis zu Winkelmann, von diesem bis zu Göthe! Von der theatralisch aufgespreizten, falschen Antike der gallicisirenden Bühne bis zur echten, verstandenen, wiedererweckten in der Kunstforschung und in der Poesie

welch' ein Fortschritt des leise sich entwickelnden, in der Stille reifenden Geistes! Aber was für Kämpfe gehen diesen Schönheitssiegen voraus ! Welche Titanenschlachten verbrausen, ehe der neue Olymp sein Haupt in wolkenloser Reinheit emporhebt! Von welchen Schreckgestalten wird der erwachende Genius der deutschen Poesie, gleich dem Orestes geängstigt und gestachelt, ehe er seine Iphigenia findet, ehe die keusche

Priesterin des reinen Ideals die Hand jühnend legt auf sein fieberheißes Haupt . . .

Gleichwohl sind diese Siegesmomente der Schönheit für die Entwickelung des deutschen Drama's weniger interessant, als jene Gährungen und Kämpfe, jene titanischen Aufwallungen, jene Proteste des deutschen Genius gegen den einengenden Pferch der deutschen Eristenz.

Es ist wahr die Gottsched'sche Zeit hatte keinen Geschmack, so sehr sie sich auf einen solchen steifte, weder einen guten noch einen schlechten - sie schmeckte eben nach gar nichts, wie ungesäuertes und ungesalzenes Brot, wie lauwarmes Wasser. Woher hätte der edle Geschmack auch kommen sollen? War man damals eines freudigen Aufschwungs, einer höheren Auffassung des Lebens fähig? Nein!

Von Gottsched bis herab auf Schiller's Jugendzeit wie schlimm war es da mit den Zuständen des deutschen Volkes beschaffen! Alles Selbstgefühl, aller männliche Stolz, alle freie selbstständige Regung wurde aus dem Deutschen durch die Orthodoren und Pieti= ften herausgepredigt, durch die hundert kleinen Souveräne herausregiert, und nun auch in der Literatur durch die Doctrin und Kritik des Gottschedianismus herausrecensirt. In der Religion, im Staat, in den socialen Einrichtungen, in der Kunst überall war der Deutsche unfrei, und was das Schlimmste war, er knirschte nicht einmal gegen seine Fessel und fügte sich geduldig darein. Die Theologen führten das Princip

der christlichen Demuth bis in die äußerste Consequenz der tiefsten Selbstverachtung: der Fromme sab sich als eine elende sündhafte Creatur an und froch vor Gott im Staube; die Frömmigkeit war keine Erhebung, sondern die tiefste Erniedrigung des Gefühls. Was Wunder, daß dann später eine um so heftigere Reaction erfolgen mußte, und das durch die theologische Zucht zurückgedrängte menschliche Selbstgefühl sich mit prometheischem, mit Faust'schem Troß gegen den Himmel empörte! Der Deutsche nun, wie ihn die Theologen innerlich zugerichtet, war so ganz gemacht zum musterhaften Unterthan, der sich ruhig treten ließ, und der nichtsnußigen Wirthschaft an den damaligen deutschen Höfen ohne das lei= seste Knurren zusah. Er, den der Pietismus vor Gott kriechen lehrte, lag um so fügsamer vor Serenissimo im Staube, die tiefste Unterthänigkeit erging sich damals in den ausschweifendsten Ausdrücken, die sich denken lassen. Vor einem großen Fürsten sich zu beugen, das hat noch einen Sinn, er vertritt Me Idee eines mächtigen Staates, und man huldigt dann dem Machtbegriff in seiner Person. Mochte auch Ludwig XIV. das stolze, fast freche Wort aussprechen:,,l'état c'est moi,“ mochte er auch sein Hofleben mit einem Ceremoniell umschränken, das die Komödie fortgesetter Hul digungen an jedem Tage erneuerte; man dachte sich doch immer den großen Staat, die imponirende Machtstellung nach Außen dazu, und so war die Huldigung nicht ganz gedankenlos, sie behielt auch Haltung, Noblesse und feinen Anstand. Wie ganz anders in Deutschland, wo der unglückselige westphälische Friede aus den

Reichsständen lauter Souveraine gemacht hatte, und die kleinen Herren sich zu der eitelsten Scheingröße aufblähten! Was war die despotische Willkür eines Ludwig, in der doch immer Zweck und großer Styl war, gegen die patriarchalischen Brutalitäten und Landesvatersünden dieser kleinen Herren, was die freche, aber elegante Frivolität des französischen Hofes gegen den derberen, roheren Auftrag der Liederlichkeit an den deutschen Fürstenhöfen! Ein guter Theil jener kleinen Fürsten bestand aus rohen Wüstlingen, ein anderer aus plumpen Pedantea: denn wie das deutsche Wesen überhaupt stark zur Pedanterie hinneigt, so gab es auch Pedanten auf dem Fürstenstuhl. Am bedenklichsten war aber die Mischung dieser beiden Elemente: auf der einen Seite Lockerheit der Sitten und Maitressenwirthschaft, auf der anderen der Landesvater mit Ostentation herausgekehrt — patriarchalische Elemente eingemischt in die nach französischem Schnitt eingerichtete Etikette jene faule Gemüthlichkeit, die sich bei gewiss sen feierlichen Anlässen eine kleine Thräne mit dem Batisttuchh aus dem Augenwinkel wischen will, wenn sich ihr das erlogene Unterthanenglück in den überschwänglichsten Huldigungen zu Füßen wirft . . .

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Mußte da nicht eine Zeit kommen, wo sich gegen diese ungeheure Lüge endlich die lange zurückgedrängte Leidenschaft empörte, um sich freilich nicht im Leben, aber doch in der Poesie Luft zu machen? Noch schwebte dem Eleven Schiller die devote Lüge der Schulrede auf den Lippen, wenn er im Prüfungssaale seinem Fürsten gegenüberstand - aber in seinem Herzen grollte es: In

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