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gesunden Lehre bleibt, oder, wie Paulus abermals spricht, nicht festhält an derselbigen. Daher wundere ich mich oft und werde schier unwillig, wenn ich sehe, wie Hieronymus und Origenes den Namen von Kirchenlehrern sich erworben haben, und sind in Beiden nicht leicht drei Sprüche zu finden von der Gerechtigkeit des Glaubens, und aus ihrer Beider Schriften möchtest Du schwerlich einen Christen machen. So schweifen sie aus in figürlicher Deutung der Geschichten und im hochmüthigen Tande der guten Werke. Auch Augustinus würde kaum anders gelehrt haben, wenn nicht die Pelagianer ihn zuletzt geübt und auf die Gerechtigkeit des Glaubens getrieben hätten. Durch diesen Kampf und Übung wurde er ein wahrhaftiger Lehrer der Kirche und fast der einzige nach den Aposteln und ersten Vätern der Kirche. Nicht, dass ich die alten Kirchenlehrer herabsetzen und zerfleischen wollte, wie Hieronymus es nennt, aber ich glaube, wir seien Alle gewitzigt worden, dass wir der Väter Schriften mit Prüfung, und zwar mit der fleissigsten und schärfsten, lesen sollen, nach jener Vorschrift des heiligen Geistes: Prüfet Alles, und abermal: Prüfet die Geister: damit wir reine Thiere seien, die mit gespaltenen Klauen einhertreten. Die aber Solches nicht thun, bei Denen sehen wir, dass sie sich wägen und wiegen lassen vom Winde unsicherer Lehre und auf- und abgeschleudert werden von Meinungen, die stets neu ausgeboren werden, sie lernen immerdar und können nie zur Erkenntniss der Wahrheit kommen. Das aber sehen wir nicht allein, sondern wir haben's selbst erfahren, da wir in demselben Gewirre von Satzungen umhergetrieben wurden, bis Gottes Gnade uns in den Hafen gebracht und uns erbauet auf diesen starken Fels, auf dass wir wüssten,, was wir lehren, lernen und haben, und hinfort nicht also herumschwanken. Derhalben bitte ich Euch, mein lieber Herr Brentz, diesen Lehrpunkt von der Gerechtigkeit wacker und übergenug zu treiben in allen Stücken und wo Ihr nur könnt. Denn die Welt ist ja sonst von Schreibern, Schreiern und Druckern übervoll, die mit grosser Tapferkeit diesen Punkt verwahrlosen. Viele sodann verfolgen ihn; die Meisten aber, da sie nicht anders schaden können, verdunkeln und verfälschen denselben. Und Das ist kein Wunder. Denn das ist allein jene Ferse des Samens, welche wider die alte Schlange streitet und ihr den Kopf zertritt. Daher muss auch der Teufel dieser Lehre hinwiederum nachstellen, er kann nicht anders. Lasst ihn aber nur mit seinen endlosen und hartnäckigen Tücken Schaden thun, er wird sie doch nicht überwinden, noch zertreten können, wie geschrieben steht: Er wird dir den Kopf zertreten. Es heisst nicht: Du wirst ihm die Ferse oder den Kopf zertreten. Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit Euch. Betet für mich ! » Der Geist und Ton der Predigten Brentz' ist bei aller Lebendigkeit sanft und mild. Auch in dieser Hinsicht gilt von ihnen, was Luther von Brentz' Schriften überhaupt urtheilt. «Meine Schriften>> sagt Luther <<rauschen daher wie ein Platzregen, und ich wünschte wohl, dass ich so fein und lieblich regnen könnte wie Herr Philippus und Herr Brentius. Aber einerlei Geist hat mancherlei Wirkungen» (Mathesius). «Nicht den Brentz lobe ich»> schreibt Luther im oben gedachten Briefe «sondern den Geist, der in Euch lieblicher, sanfter und ruhiger ist. Weiter, so fliesst Eure kunstreiche Rede reiner, klarer und glänzender daher und bringt also mehr Rührung und Ergötzung. Dagegen die meine wirft, ausserdem, dass sie der Redekunst unerfahren ist und ungeschlachtet, nur einen Wald und Gemisch von Worten heraus und hat auch das Ungeschick, dass sie brausend

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und stürmisch als ein Fechter sich immer mit unzähligen Ungethümen balgen muss. Dahero, wenn ich Kleines darf mit Grossem vergleichen, so habe ich von dem vierfachen Geiste Eliä den Wind, das Erdbeben und das Feuer, das Berge zerreisst und Felsen zerbricht, Ihr aber und Eures Gleichen das stillsanfte, erfrischende Sausen der Luft empfangen. Also geschieht's, dass auch mir, geschweige Anderen, Eure Schriften und Worte annehmlicher sind. Doch tröste ich mich, dass ich denke, ja gewiss weiss, wie der himmlische Hausvater in seinem grossen Hause auch eines und andern harten Knechts bedarf gegen die Harten und eines rauhen wider die Rauhen, als eines groben Keils auf grobe Klötze. Und wenn Gott donnert, braucht er nicht nur den Regen zum Begiessen, sondern auch den Donner zum Erschüttern und den Blitz zur Luftreinigung, auf dass die Erde desto besser und reichlicher Frucht gebe.»

Brentz suchte in seinen Predigten nicht den Beifall des Volks, sondern dessen Heil und die Ehre Gottes. Dieser Standpunkt erhob ihn über die Verstimmung bei der Abnahme seines launenhaften Auditoriums. Einst kam Sebastian Pfauser, früher Hofprediger des Königs Maximilian von Böhmen und dann Pastor zu Lauingen an der Donau, nach Stuttgart. Mit dem sehnlichen Wunsche, Brentz zu hören, ging er in der Voraussetzung rarer Plätze früh in die Kirche, in der jener predigte. Aber die Kirche blieb zum grössten Theile leer, und als er eine ausgezeichnete Predigt gehört, konnte er sich nicht enthalten, nachher dem verehrten Manne in der Sakristei und auf dem Heimwege, wo er ihn begleitete, seine Verwunderung zu erkennen zu geben und hinzuzufügen: «Um so weniger Menschen willen würde ich kaum die Kanzel bestiegen haben.» Bald darauf kamen sie an einem Brunnen vorbei. Wisset Ihr wohl fragte hier Brentz «welches die grösste Tugend dieses Brunnens ist?» und als Pfauser die Antwort nicht wusste, fuhr Brentz fort: «Das ist das Lob dieses Brunnens, dass er immer gleich reichlich Wasser giebt, es mögen nun Viele oder Wenige aus ihm schöpfen. Er ist das Vorbild der Prediger göttlichen Wortes. Auch diese müssen sich unaufhörlich das Wasser des Lebens entquellen lassen, unbekümmert, ob sich viele oder wenige Durstige um sie her versammeln.>>

Brentz' Werke erschienen in unvollständiger Sammlung zu Tübingen. 15761590 in acht Foliobänden. Mit Ausschluss des 8. Bandes enthalten sie fast nur seine gründlichen Commentare zu beinahe sämmtlichen Büchern. der heiligen Schrift. - Homiliae CXXII in acta apostolorum. Hagen. 1535. fol. Deutsch: Hundert und zwei und zwanzig kurze Predigten über die Apostelgeschichte. Nürnb. 1564. fol. Homiliae in evangelium Lucae. Halae Suev. 1538. fol. Homiliae in evang. Joannis. Halae 1545. fol. Homiliae LXVI in 1. libr. Samuelis. Francof. 1554. fol. Wie man sich christlich zu dem Sterben bereiten soll; dass man Gott rechtschaffen dienen soll; wie das üble Nachreden für eine schwere Sünde zu halten sei, auf drei Sermone gestellet durch Johann Brentius. Wittenb. 1532. 8. Als Brentz' homiletisches Hauptwerk wird in der Regel die Postilla über die Evangelia, herausgegeben von Pollicarius, Frankf. a. M. 1550. fol., betrachtet. Sie ist indessen zugleich mit Heranziehung seiner Commentare gearbeitet, also nicht der treue Ausdruck seiner gehaltenen Predigten. Näher kommen dieser die Übersetzungen folgender Schriften: Pericopae evangeliorum Dominicalium expositae und pericopae evangeliorum quae usitato more in praecipuis festis legi solent. Beide deutsch herausgegeben von Jakob Gretter. Auslegung aller Evangelien cet.

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Auslegung der

durch Johann Brentz. Frankf. 1556. fol. Epistolae Dominicales. Deutsch von Gretter: Auslegung der Episteln cet. durch Joh. Brentz. Frankf. 1559. fol. Neueste Ausg. von Grunwald. Stuttgart 1855. 8. Epistel an die Römer in hundert und zwei und zwanzig Predigten. Nürnb. 1564. fol. Berühmt sind Brentz' katechetische Arbeiten: Katechismus oder Fragstücke des christl. Glaubens (der erste Katechismus der lutherschen Kirche, ein Jahr vor dem Catechismus Lutheri, 1528, erschienen; später Hagenau 1536. 8.). Catechismus pia et utili explicatione illustratus. Witeb. 1553. 8.

Siehe Joh. Just. von Einem, Leben und Schriften Joh. Brentii. Magdeb. 1733. 8. Jac. Friedr. Bleyschlag, Lebensbeschr. D. Brentii, Th. 1. Hall in Schwaben 1735. 4 (geht bis zum Jahr 1521). Joh. Brenz, nach gedruckten und ungedruckten Quellen von Jul. Hartmann und K. Jäger. 2 Bde. Hamburg 1840 u. 42. Vaihinger, das Leben und Wirken des Reformators Johannes Brentz. Stuttgart 1841. 8.

Sermon von dem Klaffen und Nachreden über die Worte Luca 6: Was siehest du ein Spreisslein in deines Bruders Auge u. s. w.

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Dieweil unser Herr Christus zuvor mit kurzen Worten das falsche hinterrückliche Urtheil und Verdammen der Menschen verboten hat, sprechend: Ihr sollt nicht verurtheilen, so werdet ihr nicht verurtheilt, ihr sollt nicht verdammen, so werdet ihr nicht verdammt; so nimmt er jetzt eben dieselbe Sache wiederum vor die Hand, streicht sie mit mehren, auch klügeren Worten heraus, bereitet sie so weit, dass er mit ernstlichen Scheltworten die Leute von dem Laster des Nachredens abschreckt und spricht: Was sichest du ein Spreisslein oder Eglein in deines Bruders Auge und des Balkens in deinem Auge wirst du nicht gewahr? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will das Spreisslein aus deinem Auge ziehn, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Denn dies ist der Menschen angeborene Art und Natur, dass sie ihr eigen Gebrechen und Laster gering achten, aber anderer Leute Laster hoch aufmutzen. Ihre Sünde entschuldigen sie und anderer Leute Sünde verklagen sie, und wird diese boshaftige Natur nicht allein hie mit den entlehnten Wörtern Spreisslein und Balken von unserm Herrn Christo angezeigt, sondern ist auch schmählich von den Weisen der Heiden angezogen und gehet über sie fast eine gemeine Klage von Jedermann. Einer sagt, es sei

*) Aus den oben angeführten drei Sermonen. Wittenberg 1532. 8. (Seitenzahlen fehlen.)

einem jeglichen Menschen als Einem, der einen Sack über die Achseln trägt; in das Hintertheil des Sackes, so auf dem Rücken hangt, legt ein Jeglicher seine eigenen Gebrechen und Sünden, und dieweil sie ihm nicht vor Augen hangen, so achtet er ihrer gering, gedenkt selten daran, ja vergisst ihrer oft gänzlich; in das Vordertheil, so ihm vor Augen hangt, legt er fremde Gebrechen und Laster, und dieweil er dieselben alle Zeit vor Augen trägt, so mutzt er sie hoch auf, kann ihrer nimmer vergessen, sie müssen an allen Orten ausgeschrieen sein und für die grössten Laster gehalten werden. Ein Anderer schreibt, nachdem der Mensch erschaffen sei worden, so hat Momus (welcher von den Heiden für einen Gott des Beredens und Beschnapperns gehalten ist) unter andern Stücken auch Dieses an des Menschen Erschaffung für einen grossen Mangel angezogen, dass seine Augen allein herausgerichtet sind und nicht auch inwändig hinein, und hat diese Ursach darauf gegeben, dass, dieweil die Augen allein herausgewendet sind und nicht auch hinein, so bringe es dem Menschen einen so grossen Nachtheil, dass er allein fremde Gebrechen erkennt und auf dieselben siehet, aber seine eigenen will er nicht erkennen, noch ansehen. Aber was bedürfen wir hierin viel der fremden Schrift Kundschaft, so doch uns die tägliche Erfahrung lehret und anzeiget, wie diese Ader fast in allen Menschen stecke, nämlich, seine eigenen Gebrechen verkleineren und ringern, aber fremde Gebrechen vergrössern und froh aufmutzen.

Es hat ein Mann irgend ein nötlich Weib. Hilf Gott, wohl fähet sich denn ein Klagen an über die nötliche Weise seines Weibes. Da muss das Spreisslein zusehnlich zu einem Balken wachsen. Ja freilich, das Eglein hat er bald in seines Weibes Auge ersehen, und des grossen Balkens, das ist, der Völlerei, Trunkenheit, Unsinnigkeit und Polterei will er in seinen Augen nicht gewahr nehmen. Sein eigen Gebrechen hat er sich auf den Rücken gehängt, aber seines Weibes vor die Augen. Herwiederum hat das Weib einen unbehobelten, rauhen Mann. Da muss es die ganze Nachbarschaft inne werden. Da ist des Klagens und Jammerns kein Ende. Da ist der Mann ein Tropf, ein Schelm, ein Phantast, und siehe, wenn man des Weibes Tugend will ansehen, so ist sie schwätzig, giftig, ungehorsam, widerbissig und aller Dinge unfleissig. Diesen Balken in ihren Augen kann sie nicht ersehen; aber des Spreissleins in ihres Mannes Auge hat sie bald gewahr genommen. Wie kommt's? Momus sagt, es komme daher, dass ihr die Augen allein heraus mit dem Gesicht gehen und nicht hinein in sie selbst gerichtet sind. Item, so eine Obrigkeit zu Zeiten einen Unterthan härtiglich straft, von wegen der Misshandlung, oder sonst nicht gleich dem Unterthanen seines Gefallens willfährt, da hat man das Spreisslein bald in dem Auge der Obrigkeit ersehen. Da muss sie tyrannisch sein, da ist sie ein Wütherich und lugt allein ihres Seckels. Herwiederum, so ein Unterthan zu Zeiten allein ein kleines Wörtlein wider die Obrigkeit geutzet, oder ungefährlich mehr, denn boshaftiglich wider gemeine Ordnung sündigt,

so wird es von der Obrigkeit gar bald für das grösste Laster (genannt crimen laesae majestatis) angezogen; das muss eine unnachlässliche, als eine Sünde in den heiligen Geist sein; da müssen Alle bare Bösewichte sein, und sie siehet darneben nicht den grossen Balken in ihrem Auge. Nämlich, ob man schon ihr zu Zeiten übel redet und aufrührig ist, so kann sie es auch wohl mit ihrem nachlässigen und boshaftigen Leben machen. Aber was die Obrigkeit misshandelt, das müssen Spreisslein sein, und was die Bauern misshandeln, das müssen eitel grosse vierschrötige Balken sein. Was bedarf's vieler Rede? Je ein Nachbar gegen den andern hält sich also, dass seine Sünden die geringsten sein und des andern die grössten. Seine Gebrechen sind Spreisslein, eines Andern sind Balken. Ein Kameel verschluckt er, einen Floh seihet er, und will Keiner seines eignen Balkens gewahr nehmen.

Nun, wozu ist's uns nütz oder noth, dass wir solche Art und Natur des Menschen wissen? Man bedarf's zwar uns nicht mit Schrift vorzumalen, wir wissen's selbst wohl und erfahren es täglich, dass diese boshaftige Ader in dem Menschen steckt. Wozu wird's denn uns vorgeschrieben? Antwort, nicht der Meinung, dass wir's sollen wissen, denn dazu bedürfen wir keiner Schrift, wir empfinden an uns selbst und erfahren an andern Leuten, dass uns diese Bosheit angeboren ist; sondern es wird uns darum vorgehalten, dass wir erstlich erkennen sollen, wie wir mit diesem Stück uns fast hoch an dem göttlichen Gesetz versündigen, hernach, so wir die Grösse der Sünde erkannt haben, dass wir der Sünde Arznei bei unserm Herrn Jesu suchen. Denn welcher fremde Gebrechen bei Fremden hoch aufmutzt und anderen Leuten übel redet, Der vollbringt und begeht mit einerlei Nachrede zum Wenigsten dreierlei schwere Sünde, zum Ersten, dass er seine eigene Sünde nicht wahrlich erkennt und sie nicht gründlich vor Gottes Angesicht berichtet. Denn wo Einer seine Sünde erkennet, wird er wohl so Viel damit zu schaffen gewinnen, dass er an die fremden nicht gedenkt, will geschweigen, dass er sich die Weile nehme, viele Stunden davon zu reden. Nun, wie sich selbst erkennen die grösste Kunst und Tugend ist, also ist sich selbst nicht erkennen die grösste Unwissenheit, Blindheit und Untugend, welches recht wohl an dem Publican (Zöllner) und Pharisäer im Evangelio Luc. 18. erscheinet. Denn der Publican, so sich selbst und seine Bosheit wohl erkennt und hierauf um Barmherzigkeit den Herrn anruft, brachte aus dem Tempel aus sein selbst Erkenntniss die Frömmigkeit, einen gnädigen Gott und den Himmel. Aber dagegen vergass der Pharisäer ganz und gar des Balkens, der Lästerung Gottes, des Stolzes und Übermuths in seinen Augen und wollte dem Publican sein Spreisslein aus dem Auge klauben. Da brachte er von dem Tempel die Bosheit, einen zornigen Gott und die Hölle sammt dem Teufel. Also eine grosse Tugend ist sein selbst Erkenntniss. Die andere Sünde, so im Nachreden begangen wird, ist diese, dass der Nachreder für die Missethat seines Nächsten nicht bittet, noch vor Gott dafür stehet.

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