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wohl zugehet, und hält sich nicht leichtfertig und üppig, sondern ist auf beide Part bereit und willig, kann sich in Glück und Unglück schicken. Denn wo der heilige Geist nicht ist, da wollen die Leute sich in Traurigkeit und Gefährlichkeit ungebärdig stellen und zu voraus, wenn es ihnen wohlgehet, und sie auf der Buhlschaft oder Freiheit sind, da narret man, da kälbert man und treibet allen Muthwillen, dass es oft Schande zu hören ist. Also Alexander säuft sich voll und ersticht Clitum, Themistocles lässt sich nach seinem eroberten Sieg von nackenden Weibern auf einem Triumphwagen fahren, Nero setzt sich mitten unter die Sänger. Summa, dass wir's kurz und deutlich machen, wenn ein ehrbarer Mann auf der Gasse mit der Laute oder Fidel geht und jauchzet und schreiet wie ein Esel, Das ist zu Viel und heisst ungebärdig. Dem lieben David eignet die heilige Schrift diese Tugend zu, dass er, wie ihm sein junges Söhnlein gestorben, habe er's Gott befohlen (2. Sam. 12.). Dessgleichen, da er vom Reich gestossen und im Elend war, rächte er sich nicht (2. Sam. 15. 16.), und da er gleich wiederum in's Reich kommt und es wiederum einnimmt, thut er's viel weniger, wird nicht stolz (2. Sam. 20.), vergisset nicht, dass er ein Schafhirte gewesen ist, wie der Bischof zu Eborach in England, so eines Fleischers Sohn gewesen, sich überhebet und zwischen den zweien mächtigen Herren, Carolo V., römischem Kaiser, und Henrico, Könige in England, einherpranget und, wie man gläublich sagt, jedem Herrn einen Arm oder Hand auf ihre Achsel geleget, aber auch hernach im Gefängniss jämmerlich und elendiglich gestorben ist.

Ein solcher sittlicher Lehrer in der Kirche, ob er schon nicht alle Sprachen kann, richtet er doch mehr aus, denn ein Polterer und Schnarcher und bewährt und beweiset damit, dass er ein Haus, Tempel und Wohnung des heiligen Geistes sei. Folget:

Die Liebe suchet nicht das Ihre.

Dies ist nun die siebente Tugend, und ist Das die Meinung: Die Liebe ist nicht vortheilhaftig, geizig, tendelhaftig, nachgreifig, sie machet nicht aus dem Evangelio oder aus ihrem Amte einen Kretschmar oder Schenkhaus und Heinzebank, sondern sie vergisst ihres eigenen Nutzens und Geniesses und siehet an den gemeinen Nutzen und die Erbauung und Besserung der Kirchen und der lieben Jugend. Aber die Kirchen und Rathhäuser werden oft mit solchen Miethlingen und vortheilhaftigen Fresslingen beschweret und belästiget, die oft wenig Gutes ausrichten, sondern verrathen sich, dass sie nicht aus der Wahrheit sind und haben weder den Glauben, noch den heiligen Geist. Der Apostel Paulus nennt sie Ventres, Bauchdiener und Kretschmar oder Weinschenken, die den Wein verfälschen, sehen nur, wo sie bleiben, dass sie reich werden. Darum kann es nicht fehlen, sie müssen dem Teufel in seine Netze, Stricke und Garne gerathen, lehren und regiren sich in's höllische Feuer, wie Bileam und Dionysius.

Der Apostel Andreas und Eunomius wollten sich in ihrer Verfol

gung nicht vom gemeinen Pöbel vertheidigen lassen, auf dass der gemeine Friede der Kirche nicht möchte zerrüttet und gestört werden. Also findet man noch ihrer Viele, die da ehrliche und annehmliche Dienste oder conditiones, so ihnen fürgetragen und angeboten, abgeschlagen, da sie gleich gute Besserung gehabt, allein darum, dass sie den Ihrigen möchten länger dienen und für sein, zu welchen sie Gott berufen. Und Diese sind aus dem heiligen Geiste. Folget die achte Tugend:

Die Liebe lässt sich nicht erbittern.

Die Liebe hat ein gutes, süsses, recht festes und verständiges Herz. Es thut ihr (der Liebe) nicht wehe, wenn es Andere besser haben, sondern sie lässt ihr an ihrem Catone, Glück und Zustand, Amt und Namen genügen. Item, sie glaubt auch nicht leichtlich einem Verächter und Öhrenbläser und lässt ihr nicht die Ohren vollbläuen und legt ihr freundliches und sanftmüthiges Herz nicht ab, wird nicht unfreundlich und lässt nicht ab, Gutes zu thun und höret nicht auf, ihre befohlenen und aufgetragenen Amtsgeschäfte, wegen der Unthaten und Undankbarkeit der Leute, auszurichten. Denn wenn Gott unsere Herzen durch den Geist Gottes zufrieden macht, dass sie ihre Freude an Gott haben und in ihrem Amte zur Ruhe sind und sind süss, lieblich und freundlich gegen Jedermann, so Jedermann, so pflegt der Satan, der bittere, herbe Geist, die Herzen mit Neid und Feindseligkeit oder Eifer zu verbittern und unruhig zu machen, wenn wir uns mit Anderen und Andere mit uns sich vergleichen. Item, solchen Geist, Frieden und Freude zerstört der Satan oft durch ein unnütz Maul, das Einem die Ohren vollbläuet, läuft Einem zu Ohren, klaget über Pfarrer, Obrigkeit, Richter, richtet Bitterkeit, Streit und Mord an. Derhalben, wer da will ein geruhiges und sanftmüthiges Herz und Gemüth haben, Der lasse ihm nur nicht leichtlich und ohne besondere, grosse Ursach die Ohrenbläser und Verräther Mundmähre oder Mundwerke und neue Zeitung zutragen, höre sie nicht und glaube ihnen nicht bald. Fallax anus rumorum chori, sagt der Poet; ein böses, alt betrüglich Weib kann viel Unfug und Lärmens anrichten.

Diese Tugend will der Apostel Paulus sonderlich und fürnehmlich von Timotheo haben (1. Timoth. 5.), dass er ja nicht leichtlich und ohne grosse, wichtige und erhebliche Ursache den Verräthern und Ohrenbläsern, wenn sie einen Kirchendiener anklagen mögen, glauben wolle. Und Quintus frater vermahnet den Ciceronem, er wolle des Epicharmi Spruchs eingedenk sein, der also sagt: μeμvýow άлioτεiv, memento diffidere. Trau, schau; fide, vide. » Die Welt ist spitzig und verlogen, Trau, schau', so wirst du nicht betrogen. «<

Denn der Teufel hat auch seine Apostel. Darnach pflegt der Teufel ihrer Viele aus den Frommen durch Undank der Bösen und Gottlosen zu verbittern. Denn die Welt will, noch kann die Wohlthaten, so ihnen doch treulich und wohl fürstehen, nicht erkennen. Und wenn

vor

Einer die Welt sanft bis gen Rom trüge, und setzte sie unsanft der Stadt nieder, so ist doch Alles vergessen und aller Dank verloren.

Das erfahren alle frommen und guten Leute, Beides, im Regiment und in der Kirche. Denn es geht doch, wie der Fuchs soll gesagt haben: Was in der Welt recht ist, will ich nicht unrecht machen, als er für den Lohn seiner Wohlthat und Erledigung des Bauern von der Schlange seinen Balg daran strecken musste, wie die Fabel von der Schlange dem Bauer und dem Fuchs (davon die Unsern gut Geschirr gemacht haben) vermag. Aber die Liebe siehet Solches nicht an, auf Dank und Loben wird sie nicht bitterer, höret auch nicht auf um Undanks willen. Aber sie erkennet im Geiste die Wohlthaten, so sie von dem Sohne Gottes umsonst und aus lauter Gnaden empfangen hat. Darum fährt sie fort, Allen und Jedermänniglich Gutes zu thun, wie sich denn der liebe Messias durch die Undankbarkeit der Seinigen nicht verbittern lässt. Ach, Herr, verleihe neben dem Glauben auch Geduld, wenn wir leiden ohne Schuld. Amen.

16. Erasmus Sarcerius,

der Sohn eines durch Metallhandel wohlhabend gewordenen Bürgers, war zu Annaberg am 19. April 1501 geboren. Er besuchte die Schulen zu Annaberg und Freiberg, die Universitäten zu Leipzig und Wittenberg. Ein Schüler der Reformatoren, besonders Luther's, erfasste er das neu verkündete Evangelium mit allen Kräften. Er verbreitete es zugleich mit gründlichen Sprachkenntnissen in seinen Schulämtern zu Lübeck, Rostock, Wien und Grätz. In Lübeck, wo ihn 1530 Bugenhagen zum Subrector einsetzte und wohin er später in's Conrectorat zurückberufen wurde, stand er in inniger Freundschaft mit dem Rector und nachmaligen Superintendenten Hermann Bonnus, dem er vorzüglich in dialectischen und rhetorischen Studien Vieles verdankt. 1536 wurde er Rector zu Siegen im Gebiete des Grafen Wilhelm von Nassau und bald darauf (spätestens 1539) Pastor daselbst und Superintendent der Grafschaft Nassau. Nicht nur im Lande, sondern mit Erlaubniss des Grafen weit und breit umher begründete und organisirte er das luthersche Kirchenthum. In Cöln, wohin er zu gleichem Zweck mit Melanchthon u. A. 1543 berufen wurde, hatte seine Wirksamkeit freilich nur geringen Erfolg. Treu und fest an der lutherschen Lehre haltend ward er durch das Interim 1548 aus seiner bisherigen Stellung vertrieben. Nachdem er eine Zeit lang als Privatmann in Annaberg gelebt, folgte er einem Rufe zum Pastor an der Thomaskirche und zum Professor an der Universität nach Leipzig. 1552 wurde Sarcerius mit Philipp Melanchthon und Valentin Paräus erwählt, die sächsische Confession im Namen der lutherschen Lehrer auf dem Concil zu Trident zu übergeben. Die Kriegsrüstung des Herzogs Moritz unterbrach diese Mission. Schon in Nürnberg erhielten die drei Theologen Befehl, nach Leipzig zurückzukehren. Im folgenden Jahre übernahm Sarcerius das Amt eines mansfeldischen Superintendenten und Predigers zu Eisleben. Mit Entschiedenheit und Strenge reinigte er die Landeskirche von unlutherschen Lehren und Gebräuchen. Auf einer unter seinem Vorsitz gehaltenen Landessynode wurde die Lehre seines Vorgängers, Georg Major, von der Nothwendigkeit der guten Werke zur Seligkeit verdammt. Die Prediger aber, welche diesem Urtheil sich nicht unterwerfen wollten, u. a. ein Landpfarrer Stephan Agrikola, mussten das mansfeldische Gebiet verlassen. Im August 1557 wurde Sarcerius von den Herzögen zu Sachsen mit Schnepf, Strigel, Stössel und Mörlin zu dem vom Kaiser Ferdinand ver

anstalteten Colloquium in Worms deputirt. Als hier Julius Pflug als Präsident der katholischen Stände von den anwesenden lutherschen Theologen gefordert hatte, von den Zwinglianern, Osiandristen, Adiaphoristen und Synergisten sich feierlich loszusagen, erklärten sich Sarcerius und seine Mitdeputirten sogleich dazu bereit. Melanchthon aber wollte die Zwinglianer, Adiaphoristen und Synergisten und Brentz die Osiandristen vor einer näheren Untersuchung der Sache nicht verurtheilt wissen, und so zerschlugen sich die Unterhandlungen. 1559 ging Sarcerius als Superintendent und Senior des geistlichen Ministeriums nach Magdeburg, wo er schon den 29. November desselben Jahres, nachdem er nur vier Predigten gehalten, an der Steinkrankheit starb. Seine Gattinn Christine, die ihm eilf Kinder gebar, war ihm, in Folge der Geburt eines todten Knaben, vorangegangen. Sein Sohn Wilhelm Sarcerius gerieth als Pastor zu Eisleben in den Flacianischen Irrthum, wurde entsetzt und starb als Hofprediger zu Mansfeld. Von S.s' Töchtern verheirathete sich Juliane mit dem berühmten Historiker Matthäus Dresser.

Erasmus Sarcerius ist als eine wahre Seule der alten lutherschen Kirche zu betrachten. Zeitgenossen und Historiker können seine lautere Frömmigkeit, Gelehrsamkeit, Festigkeit und bischöfliche Wachsamkeit nicht genug rühmen. »Ich möchte fast sagen<< so führt Albinus in der Meissnischen Chronik einen älteren Zeugen über ihn ein »dass die Sonne leichter von ihrem Laufe, als Erasmus von dem Bekenntniss der Wahrheit abgelenkt werden kann.« Arnold nennt ihn einen Jeremias seiner Zeit und Nicander feiert ihn in dem Wortspiele:

Erasmus Sarcerius. Sic murus sacer eras.
Sicut eras sacer in vita rebusque secundis,
Firmus in adversis, sic quoque murus eras.

Bemerkenswerth ist Es' ganz besondere Gabe, in Privatgesprächen zu überzeugen und für Christus zu gewinnen. Er war sich dieser Fähigkeit dankbar bewusst und äusserte, er habe über Tisch und überhaupt im Privatverkehr Mehre bekehrt, als in seinen Predigten. Dieses Urtheil darf nicht zum Nachtheile der letzteren ausgelegt werden. Dresser nennt sie mit Recht gelehrt, scharf, brennend, umfangreich und gehaltvoll. Das angeführte Zeugniss bei Albinus rühmt von ihnen, dass sie wahrhaft Stacheln in den Gemüthern der Zuhörer zurückgelassen. Selbst der Jesuit Gretser nennt ihn »einen nicht obscuren Prediger.« Richtig ist das Urtheil Verheyden's (Effigies theologorum qui Antichristum oppugnarunt. Hagae 1602): »E. S. war ein ausgezeichneter Redner, ein didactischer Theolog, welcher mit Hülfe der Philosophie, nach einer bestimmten Methode die heiligen Dinge behandelte,« sobald man unter Philosophie nicht mehr als Logik versteht. Letztere hat S. gründlich studirt und auch in seinen, meistens sehr übersichtlich in »Artikel« zerlegten, textgemässen, Predigten angewandt. Die über die evangelischen und epistolischen Perikopen gehaltenen sind in dialogischer Form abgefasst und verhältnissmässig die kunstlosesten von allen, wiewohl auch bei ihnen die dialectische Grundlage vorhanden ist.

Seine wichtigsten Schriften sind: Methodus divinae Scripturae loca praecipua explicans. Basileae 1528. 8. Dialectica. Marpurgi 1537. Rhetorica. Marburgi 1537. Postilla in evangelia dominicalia et festivalia. Francof.

*) Nicander, Ecclesia Mansfeldica, Islebiae 1674.

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