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Mein Herz ist bereit, Gott, mein Herz ist bereit, dass ich singe und lobe. Ps. 57. Dem aber, der überschwänglich thun kann, über Alles, das wir bitten und verstehen, nach der Kraft, die da in uns wirket, dem sei Ehre in der Gemeinde, die in Christo Jesu ist, zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Predigt am zwei und zwanzigsten Sonntage nach
Trinitatis.*)

Text: Matth. 18, 22-35.

Wir lesen Genes. 32 und 33, nachdem der allmächtige Gott dem Esau seine beiden grössten Dignitäten und Herrlichkeiten entwandt, nämlich die Erstgeburt und den Segen, und dieselben dem Jakob, seinem Bruder, geschenkt (welches ein gross Geheimniss ist dass der Segen nicht komme aus fleischlicher Geburt, sondern aus Gnaden durch Christum, durch welchen wir erstgebornen Kinder Gottes werden) ward Esau dem Jakob feind und verfolgte ihn bis in den Tod; wie denn immer Feindschaft ist zwischen dem Volk des Gesetzes, so aus Verdienst will gerecht werden, und zwischen dem Volk des Glaubens, so aus Gnaden hoffet selig zu werden. Musste demnach Jakob vor Esau fliehen und kam in Mesopotamien aus Gottes Versehung, da er Ehre und Gut erwarb. Als er nun wiederkam und wusste, dass ihm sein Bruder feind war, brauchte er herrliche Mittel, denselben zu versöhnen 1. Betet er die ganze Nacht, denn Esau zog ihm entgegen mit 400 Mann; 2. sendet er Boten vor ihm her und lässt seinem Bruder sagen: Dein Knecht Jakob lässt dir sagen: Ich bin bis daher lange aussen gewesen, lass mich Gnade vor deinen Augen finden; 3. spricht er: Ich will meinen Bruder mit Geschenk versöhnen; sendet demnach vor ihm her 200 Schafe, 200 Ziegen, 40 melkende Kühe, 30 säugende Kameele mit den Füllen und 20 Eselinnen mit den Füllen; 4. theilet er seine Kinder in zwei Haufen zu ihren Müttern, die mussten vor ihm hergehen. Da nun Esau kam, traten die Mütter herzu mit ihren Kindern und verneigten sich, erstlich Lea mit ihren Kindern, zuletzt Rahel und Joseph; Jakob aber neigte sich sieben Mal vor seinem Bruder. Esau aber fiel Jakob um den Hals, küsste ihn und weinte und sprach: Was willst du mit allem deinen Heer, das mir begegnet ist? Jakob sprach: Dass ich Gnade finde vor meinem Herrn. Esau sprach: Ich habe genug, mein Bruder, behalte, was du hast. Jakob sprach: Habe ich Gnade funden vor dir, so nimm's von meiner Hand; denn ich sahe dein Angesicht wie Gottes Angesicht. Nimm den Segen von mir. Also nöthigte er ihn, dass er's nahm.

In dieser herrlichen Historia, wiewohl so viele Geheimnisse darin sind als Worte (tot mysteria, quot verba), so ist sie doch vornehmlich ein Spiegel brüderlicher Versöhnung. Denn mit seinem Exempel hat

*) Postilla. T. II. S. 492.

uns der Erzvater den rechten Weg gezeiget, wie man die Feinde überwinden und versöhnen soll. Erstlich mit dem Gebet. Denn wenn Jemandes Wege dem Herrn wohl gefallen, so macht er auch seine Feinde mit ihm zufrieden, Prov. 16. 7. Darnach durch Mittelspersonen, die ihm sagen müssen: Lass mich Gnade vor deinen Augen finden. Eine heilsame Zunge ist ein Baum des Lebens, eine heilsame Zunge heilet die feindseligen Wunden. Drittens durch Geschenke und Mildigkeit, so aus herzlicher Liebe gehen, und ist gewisslich Jakob's Geschenk ein fürstlich Geschenk. Eine heimliche Gabe stillet den Zorn und ein Geschenk in den Schoos, id est acceptum munus (d. i. ein angenommenes Geschenk) bricht den grimmigen Zorn, Prov. 21, 14. Prov. 18, 16: Donum hominis dilatat viam ejus et ante principes spatium ei facit. Das ist: Das Geschenk des Menschen macht ihm Raum und bringet ihn vor die grossen Herren. Ist aber nicht vom unrechten Geschenk zu verstehen, vom Lohn der Ungerechtigkeit, das hat Gott nicht geboten, sondern von solcher Gabe, damit man sich Freunde machet und die Herzen ihm mit Liebe verbindet und überwindet. Viertens durch Demuth und Sanftmuth. Seine Kinder neigen sich vor ihm, und er selbst neigt sich sieben Mal, ehe er an ihn kommt Davon sagt Chrysostomus: Nihil mansuetudine vehementius. Das ist: Es ist nichts Stärkeres, denn die Sanftmuth. Dadurch gewinnt Jakob seinen zornigen Bruder, dass er ihm um den Hals fällt und weinet, und ist der alte Groll und Feindschaft gar vergessen, und dessen zum Zeugniss nimmt Esau das Geschenk. Ebendasselbe will uns auch der Herr im heutigen Evangelium lehren, welches ist erstlich ein Gnadenspiegel, in welchem uns Gott, der Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, in einem schönen Bilde zeiget sein Vaterherz, wie gern er Sünde vergiebt den Bussfertigen und nicht allein Sünde hinwegnimmt und durch seine Gnade tilget, sondern überdies noch gerecht macht und den Sünder gerecht spricht, schenkt ihm Christi Gerechtigkeit, lässt ihn nicht allein los aus dem ewigen Gefängniss, sondern nimmt ihn auch auf in die ewige Seligkeit. Denn hie stehet: Er liess ihn los und die Schuld erliess er ihm auch. Es wäre uns die Vergebung der Sünden Nichts nütze, wenn er uns nicht die Gerechtigkeit schenkte. Es wäre uns auch die Loslassung Nichts nütze, wenn er uns nicht für das ewige Gefängniss die Seligkeit schenkte. Darum haben wir Zwiefaches empfangen von der Hand des Herrn, und sehen allhier, dass Gottes Gnade viel mächtiger ist, denn die Sünde, und dass Gott viel reicher ist an Barmherzigkeit, denn wir mit Sünde überhäuft sind Das ist der Gnadenspiegel.

Zum Andern ist dieses Evangelium auch ein rechter Christenspiegel, in welchem das ganze Christenthum eigentlich ist abgebildet, denn das ganze christliche Wesen bestehet in zwei Stücken, im Glauben und in der Liebe. Der Glaube handelt mit Gott und erlangt in Christo Vergebung aller Schuld. Die Liebe handelt mit dem Nächsten und ist des Glaubens Frucht, dadurch der Glaube lebendig und thätig ist, vergiebt dem Nächsten und duldet seine Gebrechen.

Denn wenn ein Mensch Gottes Huld hat und empfindet seine Gnade in seinem Herzen, so kann's nicht fehlen, er muss auch des

Nächsten Huld haben. Wer Gottes Frieden hat, der suchet auch Frieden unter den Menschen.

Das ist die rechte Probe eines wahren Christen. Denn grosse Kunst, Geschicklichkeit, Sprachen, Weisheit, grosse Thaten, die machen keinen Christen. Solche Gaben haben die Heiden auch. Aber der Glaube, der durch die Liebe thätig ist, unterscheidet Christen und Heiden. So viel sind wahre Christen, so viele ihrer herzliche Liebe haben, leben in Frieden und Einigkeit, auch in brüderlicher Versöhnung, wie der Herr spricht: Daran wird man erkennen, dass ihr meine Jünger seid. Denn es hat ja der ewige Sohn Gottes nicht umsonst gesagt: Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heissen. Hinwider: Unselig sind die Unfriedsamen, denn sie werden des Teufels Kinder heissen. Selig sind die Barmherzigen, sie werden Barmherzigkeit erlangen. Und: Unselig sind die Unbarmherzigen, denn sie werden keine Barmherzigkeit erlangen; wie an an diesem Schalksknechte zu sehen.

Wollen demnach dies Evangelium in der Furcht des Herrn betrachten und dasselbe in diese zween Hauptpunkte fassen und erstlich besehen den Gnadenspiegel von der hochtröstlichen Gnade und Vergebung Gottes.

Zum Andern den Christenspiegel von der Vergebung des Nächsten und brüderlichen Versöhnung.

Gott wolle uns mit einem sanftmüthigen und friedsamen Geiste begnaden, diesem Evangelio von Herzen zu glauben, in Frieden und Einigkeit zu leben, auf dass wir Gottes Kinder sind und in Ewigkeit bleiben mögen. Amen.

Der erste Theil.

Das erste Stück ist ein Gnadenspiegel, das ist, was Gott für einen Process und Ordnung hält in unserer Bekehrung und Rechtfertigung; denn die Bekehrung ist ein lauter Gnadenwerk.

1. Giebt er unsere Sünde zu erkennen und fordert Rechnung;
2. Zeigt er uns die Menge der Schuld, dass wir nicht bezahlen
können;

3. Wirkt er in unsern Herzen durch's Wort wahre Busse;

4. Vergiebt er die Sünde aus Gnaden.

In diesen vier Punkten besteht das ganze Werk der Bekehrung und Rechtfertigung.

Das Himmelreich ist gleich einem Könige, der mit seinen Knechten rechnen wollte. St. Petrus hat dem Herrn Christo zu diesem Gleichniss Ursach gegeben mit seiner Frage; denn als er gehört hatte von dem Herrn Christo, was man mit dem gefallenen Bruder für einen Process halten solle, nämlich, dass man ihn erst allein strafen solle, will er sich nicht bessern, soll man ihn im Beisein zweier oder dreier Zeugen strafen, will's nicht helfen, solle man's der Gemeine sagen, will er aber die Gemeine nicht hören, soll er gehalten werden wie ein Heide, der kein Theil am Reiche Gottes habe, und dies Urtheil soll im Himmel kräftig sein. Da das St. Petrus höret, fragt er den Herrn, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben? Ist's genug sieben Mal? Es ist gleich

Beste, Kanzelredner. III.

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wohl Wunder, dass Petrus seinem Bruder sieben Mal zu vergeben willig ist. O lieber Gott, wenn Mancher nur ein Mal zu gewinnen wäre oder zwei Mal! Kommt er zum dritten Male wieder, so sagen wir: Ab amico reconciliato cave, das ist: Hüte dich vor einem versöhnten Freunde. Der Herr spricht: Nicht sieben Mal, sondern siebenzig Mal sieben Mal, das ist 490 Mal, das ist, so oft er dich beleidigt, wie es der Herr selbst auslegt Luc. 17: Wenn dein Bruder des Tages sieben Mal wider dich sündigt und des Tages sieben Mal zu dir käme und spräche: Es gereut mich, so sollst du ihm vergeben

Darauf setzet der Herr dieses Gleichniss und lehrt damit in Summa, dass an Gottes Vergebung des Nächsten Vergebung hange, und könne eine ohne die andere nicht sein.

1. Wir haben aber hier erstlich zu betrachten die nothwendige Lehre, dass Gott mit uns als mit seinen Knechten wegen der grossen unzahlbaren Schuld dermaleinst Rechenschaft halten werde. Und damit sich Niemand zu entschuldigen habe, so hat er allen Menschen seinen Willen, Gesetz und Gebot in ihr Herz geschrieben, damit er uns taglich erinnert, dass wir seine Knechte seien, ja auch die Rechnung hat er einem jeden Menschen in sein Gewissen gelegt, welches ihn anklagt und seiner Sünde erinnert (denn es fordert uns Gott auf viererlei Weise zur Rechnung: 1. in unserm Gewissen, 2. in unserm Kreuz, so er zuschickt, 3. im Tode, 4. am jüngsten Gericht). Und hat ein jeglicher Mensch in ihm selbst einen lebendigen Zeugen des letzten grossen Gerichts Gottes, da alle Menschen von Adam an bis auf den letzten erscheinen werden und des letzten Urtheils erwarten müssen. Frage dein eigen Herz, das wird dir's sagen, ob dich Gott nicht als seinen Knecht durch dein eigen Gewissen zur Rechnung fordere, und überlege deine Schuld selbst, so wirst du bekennen müssen, dass du der Knecht seist und der grosse Schuldige, der seinem Herrn die zehntausend Pfund schuldig ist, das ist zehntausend Talenta. Ein Talentum macht sechshundert Ducaten, zehntausend Talenta machen sechszig Tonnen Goldes. So viel geistlicher Schulden hat ein Jeglicher auf seinem Halse: denn wir haben wider ein jedes Gebot wohl zehntausend Mal gesündigt.

Zwo grosse Schuldposten haben wir Alle, Erbschuld und selbstgemachte Schuld. Die Erbschuld ist so gross, dass sie Niemand ausrechnen kann. Niemand kann's ergründen oder verstehen, Jerem. 17. Die selbstgemachten Schulden sind unzählig, Ps. 19: Wer kann wissen, wie oft er fehlet?

Solche grosse Schuld legt uns die heilige Schrift mit deutlichen Worten aus, dass wir wohl verstehen können die unzählige Menge und unerträgliche Last unserer Sünde. Darum sagt der König Manasse: Meiner Sünden sind mehr denn Sand am Meere. Wer kann den Sand am Meere zählen, der kann auch seine Sünden zählen. Die Schuld ist so gross, dass wir darunter zu Grunde gehen. Ps. 38: Meine Sünden gehen über mein Haupt, wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer worden, ihrer ist so Viel, dass wir sie nicht alle wissen. Ps. 19: Wer kann merken, wie oft er fehlet? Verzeihe mir auch die verborgenen Fehle. Ps. 90: Unsere Missethat stellest du vor dich, unsere unerkannte Sünde in's Licht vor dein Angesicht.

Vor diesem Lichte des Angesichts Gottes kann sich auch der geringste sündliche Gedanke nicht verbergen. Alle Propheten und Apostel klagen über diese Schuld. Moses Genes. 6, Job 9 und 14, David Ps. 14. 38. 51. 130. 143, Jesaias 1, 64, Jeremias 6: Wie ein Born sein Wasser quillet, also quillet auch ihre Bosheit; Ezechiel 16, Daniel 9, Römer 3. 7.

Darum auch der heilige Job den Menschen nennt einen Gräuel und Schnöden, der das Unrecht in sich säuft wie Wasser; so viel Tröpflein Wasser er in sich getrunken, so viel Sünde hat er gethan. Und am 9. spricht er: Hat er Lust, mit Gott zu rechten, so kann er ihm auf Tausend nicht Eins antworten. Wer will denn einen Reinen finden bei Denen, da Keiner rein ist? Ist doch all unser Tichten und Trachten von Jugend auf böse, Genes. 6. Welches St. Paulus auslegt, dass fleischlich gesinnt sein sei eine Feindschaft wider Gott. Vom Haupt bis auf die Fusssohlen ist nichts Gesundes an uns, sagt der Prophet Jesaias am I. Unser Herz ist ein Brunquell alles Bösen, Jerem. 6. Wie ein Born sein Wasser quillet, so quillet unser Herz die Sünde.

Und in Summa, es wohnet in unserm Fleisch nichts Gutes, wir sind aus sündlichem Samen gezeuget, unsere Mütter haben uns in Sünden empfangen. Wir haben Alle gesündigt und mangeln des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollen. Wir sind Allesammt abgewichen, Allesammt untüchtig worden, da ist Keiner, der Gutes thue, auch nicht Einer. Alle unsere Gerechtigkeit ist wie ein besudelt Kleid. Wir verwelken Alle wie Blätter, und unsere Sünden führen uns dahin wie ein Wind. Das ist das erste Werk, das Gott in unserer Bekehrung thut. Diese Lehre von der grossen Schuld unserer Sünde, und dass uns Gott zur Rechnung fordern werde, soll uns dienen:

a) Zur Warnung vor Sicherheit; denn Viele sind ihrer, die Muthwillen treiben ohne alle Scheu und denken, Gott werde es nimmermehr sehen, davon der ganze zehnte Psalm redet.

b) und zur wahren Demuth und zur wahren Busse, zur Erkenntniss der Sünde, auf dass wir desto begieriger werden der Gnade Gottes. Denn je mehr Demuth vor Gott, je mehr Gnade, das ist also bei Gott und Menschen. Je geschlageneres und zerbrocheneres Herz, je mehr Gott mit seiner Gnade darinnen wohnet.

2. Das andere Werk, das Gott in unserer Bekehrung thut, ist, dass uns Gott zu erkennen giebt, dass kein Mensch auf Erden die Sünden. wegnehmen, oder durch sich selbst seine grosse Schuld bezahlen kann. Denn so lautet der Text: Da er nun nicht hatte zu bezahlen, hiess der Herr verkaufen ihn, sein Weib, Kind und Alles, was er hatte, und bezahlen.

Dieser Knecht ist aller Menschen Bild, und weil er sonst nicht hatte zu bezahlen, soll er und alle seine Kinder leibeigene Knechte sein ewiglich; sie sollen mit ihrem Leib und Leben, mit ewiger Dienstbarkeit, das ist, mit der ewigen Verdammniss bezahlen. Hier kann kein Bruder dem andern helfen, Ps. 49. Und weil dieses armen Knechts seine Kinder auch sollen verkauft werden zur höllischen Dienstbarkeit der Verdammniss und ewigen Todes, deutet der Herr auf Adam, unser

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