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man ihn weiter im nämlichen Haus, Thür ein und aus, Treppe auf und ab, und als man ihm die Binde abnahm, befand er sich in einem großen Saal. Der Saal war zwar ringsum mit schwarzen Tüchern behångt, und auf den Tischen brannten Wachskerzen. Der Künstler aber, der nebenstehende Abbildung dazu verfertiget hat, *) sagt, es sey beffer, er lasse das Tageslicht hinein, der Scharfrichter sehe alsdann auch beffer zu seinem Geschäft. Denn in der Mitte saß auf einem Stuhl eine Person mit entblößtem Hals und mit einer Larve vor dem Gesicht, und muß etwas in dem Mund gehabt haben, denn sie konnte nicht reden, sondern nur schluchzen. Aber an den Wänden standen mehrere Herren in schwarzen Kleidern und mit schwarzem Flor vor den Angesichtern, also daß der Scharfrichter keinen von ihnen gekannt håtte, wenn er ihm in der andern Stunde wieder begegnet wåre, und einer von ihnen überreichte ihm fein Schwerdt mit dem Befehl, dieser Person, die auf dem Stühllein saß, den Kopf abzuhauen. Da wards dem armen Scharfrichter, als wenn er auf einmal im eiskalten Wasser stünde bis übers Herz, und sagte, das soll man ihm nicht übel nehmen. Sein Schwerdt, das dem Dienst der Gerechtigkeit gewidmet sen, könne er mit einer Mordthat nicht entheiligen. Allein einer von den Herren hob ihm aus der Ferne eine Pistole entgegen, und sagte: ,,Entweder, Oder! Wenn ihr nicht thut, was man euch heißt, so seht ihr den Kirchthurn von Landau nimmermehr." Da dachte der Scharfrichter an Frau und Kinder daheim, und wenns nicht anders seyn *) Bezieht sich auf die Abbildung im rheinl. Haus: freund. Eine andere fiehe im rheinl. Bildermann.

kann, sagte er, und ich vergieße unschuldiges Blut, so komme es auf euer Haupt, und schlug mit einem Hieb der armen Person den Kopf vom Leibe weg. Nach der That, so gab ihm einer von den Herrn einen Geldbeutel, worin zwei hundert Dublonen waren. Man band ihm die Augen wieder zu, und führte ihn in die nämliche Kutsche wieder zurück. Die nämlichen Personen begleiteten ihn wieder, die ihn gebracht hatten. Und als endlich die Kutsche stille hielt, und er bekam die Erlaubniß auszusteigen, und die Binde von den Augen abzulösen, stand er wieder, wo die drei Månner zu ihm gesessen waren, eine Stunde herwårts Nanzig auf der Straße nach Landau, und es war Nacht. Die Kutsche aber fuhr eiligst wieder zurück.

Das ist dem Scharfrichter von Landau begegnet, und es wåre dem Hausfreund leid, wenn er sagen könnte, wer die arme Seele war, die auf einem so blutigen Weg in die Ewigkeit hat gehen müssen. Nein, es hat niemand erfahren wer sie war, und was sie gesündiget hat, und niemand weiß das Grab.

Der Staar von Segringen. Selbst einem Staaren kann es någlich seyn, wenn

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er etwas gelernt hat, wie viel mehr einem Menfchen. In einem respectabeln Dorf, ich will fagen, in Segringen, es ist aber nicht dort geschehen, sondern hier im Land, und derjenige, dem es begegnet ist, liest es vielleicht in diesem Augenblick, nicht der Staar, aber der Mensch. In Segringen der Bär

bier hatte einen Staar, und der wohlbekannte Lehrjung gab ihm Unterricht im Sprechen. Der Staar lernte nicht nur alle Wörter, die ihm sein Sprachs meister aufgab, sondern er ahmte zuleht auch selber nach, was er von seinem Herrn hörte, zum Exempel: Ich bin der Barbier von Segringen. Sein Herr hatte sonst noch allerlei Redensarten an sich, die er bei jeder Gelegenheit wiederholte, zum Erem pel: So, so, la, la; oder par Compagnie, (das heißt so viel als: in Gesellschaft mit andern); oder : wie Gott will; oder: du Dolpatsch. So titulirte er nåmlich insgemein den Lehrjungen, wenn er das halbe Pflaster auf den Tisch strich, anstatt aufs Tuch, oder wenn er das Scheermesser am Rücken abzog, anstatt die Schneide, oder wenn er ein Gütterlein verheite. *) Alle diese Redensarten lernte nach und nach der Staar auch. Da nun täglich viel Leute im Hausweil der Barbier auch Branntwein aus= schenkte, so gabs manchmal viel zu lachen, wenn die Gåste mit einander ein Gespräch führten, und der Staar warf auch eins von seinen Wörtern drein, das sich dazu schickte, als wenn er den Verstand davon håtte, und manchmal, wenn ihm der Lehrjung rief: Hansel, was machst du? antwortete er: du Dolpatsch! und alle Leute in der Nach= barschaft wußten von dem Hansel zu erzählen. Eines Tages aber, als ihm die beschnittenen Flügel wieder gewachsen waren, und das Fenster war offen, und das Wetter schön, da dachte der Staar: Ich hab jest schon so viel gelernt, daß ich in der Welt kann *) Gütterlein so viel als: Fläschlein; hier Arzneiglas. Verheien so viel als: zerbrechen.

waren,

fortkommen, und husch zum Fenster hinaus. Weg war er. Sein erster Flug gieng ins Feld, wo er sich unter eine Gesellschaft anderer Vögel mischte, und als sie aufflogen, flog er mit ihnen, denn er dachte: Sie wissen die Gelegenheit hier zu Land besser als ich. Aber sie flogen unglücklicher Weise alle miteinander in ein Garn. Der Staar sagte: Wie Gott will. Als der Vogelsteller kommt, und sieht, was er für einen großen Fang gethan hat, nimmt er einen Vogel nach dem andern behutsam heraus, dreht ihm den Hals um und wirft ihn auf den Boden. Als er aber die mörderischen Finger wieder nach einem Gefangenen ausstreckte, und denkt an nichts, schrie der Gefangene: „Ich bin der Barbier von Segringen." Als wenn er wüßte, was ihn retten muß. Der Vogelsteller er= schrack anfänglich, als wenn es hier nicht mit rech= ten Dingen zugienge, nachher aber, als er sich erholt hatte, konnte er kaum vor Lachen zu Athem kommen; und als er sagte: Ey Hansel, hier hått' ich dich nicht gesucht, wie kommst du in meine Schlinge? da antwortete der Hansel: „,par Compagnie." Also brachte der Vogelsteller den Staar seinem Herrn wieder, und bekam ein gutes Fanggeld. Der Barbier aber erwarb sich damit einen. guten Zuspruch, denn jeder wollte den merkwürdigen Hansel sehen, und wer jegt noch weit und breit in der Gegend will zur Ader lassen, geht zum Barbier von Segringen.

Merke: So etwas passirt einem Staaren felten. Aber schon mancher junge Mensch, der auch lieber

herumflankiren, als daheim bleiben wollte, ist ebenfalls par Compagnie in die Schlinge gerathen, und nimmer heraus kommen.

Wie man in den Wald schreit, also schreit es heraus.

Ein Mann, der etwas gleich sah, aber nicht viel

Komplimente machte, kommt in ein Wirthshaus. Alle Gäste, die da waren, zogen höflich den Hut oder die Kappe vor ihm ab, bis auf einen, der ihn nicht kommen sah, weil er gerade die Stiche zählte, die er im Mariaschen von seinem Nachbar gewonnen hatte. Und als er eben das Herz-Uß durch die Finger schob und sagte: zwei und fünfzig und eilf find drei und sechzig, und bemerkte immer den Fremden noch nicht, der etwas gleich sah, fragte ihn der Fremde: ,,Herr, für was sehet ihr mich an?" Der Gast sagte:,,Für einen honetten Mann; was weiß ich von Euch?" Der Fremde sagte:,,das dank euch der Teufel." Da stand der Gast vom Spieltisch auf und fragte:,,für was sieht denn der Herr mich an ?" Der Fremde sagte: „für einen Flegel." Darauf sagte der Gast:,,daß danke dem Herrn auch der Teufel. Ich merke, daß wir einander beide für den Unrechten angesehen haben." Als aber die andern Gåste merkten, daß doch auch in einem feinen Rock ein grober Mensch stecken könne, sezten fie alle die Hüte wieder auf, und der Fremde konnte nichts machen, als ein andermal manierlicher seyn.

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