ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Sinne faffen, sondern wie sie die Vernunft begreift. Diese himmlische Venus muß der Denker sich hüten, mit der irdischen, mit der Schönheit zu verwechseln, die nur auf dem Unvermögen beruht. Wenn es Wesen, die eine Vorstellungskraft haben, natürlich ist, sich nach Vorstellungen zu sehnen, so ist es vernünftigen Wesen eigen, nach solchen Vorstellungen zu streben, die in einander gegründet sind. Zerrüttete Begriffe und Widersprüche streiten ebenso wider die Natur des denkenden Menschen, als der völlige Tod aller Vorstellungen. Hierin liegt der mächtige Reiz, mit welchem die Vollkommenheit alle Geister an sich zieht, und soweit eine positive Kraft über ihre Einschränkung erhaben ist, soweit ist das Vergnügen an der verständlichen Vollkommenheit über das Vergnügen an der finnlichen, oder wie wir Irdischen sie nennen, an der Schönheit, erhaben." -- Lessing begnügte sich, die gute Schreibart des Werks zu rühmen.

Die Richtung der Zeit ging gegen das Uebergewicht der altfranzösischen Bildung; auch dieser schloß sich Moses an. „Die Franzosen, welche seit Malebranche keinen einzigen metaphysischen Kopf aufzuweisen haben, sahen wohl ein, daß die Gründlichkeit ihr Werk nicht sei; sie machten daher die Artigkeit der Sitten zu ihrem einzigen Augenmerk, und übten den spöttischen Wiß gegen die, welche tiefsinnigen Betrachtungen nachhingen und in der großen Welt nach einer gewissen übertriebenen Zärtlichkeit des Geschmacks nicht zu leben wußten. Die wenigen Weltweisen, die dieses Volk noch hatte, fingen an ihre runzlige Stirn aufzuheitern und wurden artig. Endlich lachten sie auch artig. Sie schrieben Werke pour les dames, à la portée de tout le monde u. s. w., und spotteten sehr wißig der düstern Köpfe, deren Schriften noch etwas mehr enthielten als das schöne Geschlecht lesen will. Die ehrlichen Deutschen spotteten mit. Und wie konnten sie anders? Sie, die gern die Hälfte ihres Verstandes dahin geben, wenn ihnen die Franzosen nur zugestehn wollen, daß sie zu leben wissen. Werden denn die Deutschen niemals wissen. ihren eignen Werth erkennen? Wollen sie ewig ihr Gold für das Flittergold ihrer Nachbarn eintauschen?“

Doch war es ein Franzose, der Moses zu neuem tieferem Nachdenken anregte. Rousseau's neue Preisschrift: Discours sur l'origine et les fondemens de l'inégalité parmi les hommes wurde 10. Juli 1755 von Lesfing angezeigt („er ist noch überall der kühne Weltweise, welcher keine Vorurtheile, wenn sie auch noch so allgemein gebilligt wären, ansieht, sondern geraden Weges auf die Wahrheit zugeht. Sein Herz hat an allen seinen speculativen Betrachtungen Autheil, und er spricht folglich aus einem ganz andern Ton als ein feiler Sophist;") und Moses beschloß sie zu übersehen, zum Theil, um sich im Ausdruck zu üben. Er wurde Nov. 1755 damit

fertig, und widmete es dem Freunde *). In der Vorrede vergleicht er Rousseau, der den Menschen wieder zum Naturzustand zurückführen will, mit einem Erwachsenen, dem seine Pflegemutter die Geschichte seiner Kindheit erzählt: „er hört die Beschäftigung seines spielenden Alters, er hört sogar die losen Streiche, die er dem Bedienten gespielt, mit Vergnügen, und ist nicht abgeneigt, diesen Stand der Unschuld seinen männlichen Jahren vorzuziehn." Moses zeigt ganz richtig den Irrthum, der darin liegt, den Naturzustand, d. h. den dem ewigen Wesen des Menschen entsprechenden, als einen zeitlich früheren aufzufassen. „Der Strom seiner Einbildungskraft hat Rousseau so sehr mit sich fortgerissen, daß er nicht selten über das vorgesteckte Ziel hinwegrennt, und uns auf den Gedanken bringt, er habe mehr verheeren als aufbauen wollen." Aehnlich sprach sich Haller aus: ein allzu heller Verstand könne zur Verrückung führen; doch nahm er großen Antheil an dem Buch, während er sich über Voltaire nur mit Abscheu äußerte: „Wiß, Ironie, flüchtige Gelehrsamkeit, herzhafte Bejahung ohne Beweis und brennender Haß gegen die Offenbarung, dünn verschleiert mit einiger Achtung für die Tugend und dem allgemeinen Glauben an Gott. Ueberall sprühen Funken von dem verzehrenden Feuer dieses Steptikers."

"

Die Seelenlehre und ihre Anwendung auf die Religion blieb der Lieb lingsgegenstand der Popularphilosophie: in diesem Sinn schrieb damals Spalding (Bd. 1, S. 646) Briefe über die richtige Vorstellung der deïstischen Grundsäte;" 3. Gttl. Krüger (geb. 15. Juni 1715 zu Halle, im Waifenhaus erzogen), Arzt und Professor zu Helmstädt (seit 1751, †1759), Verfasser eines Lehrbuchs der Naturgeschichte und verschiedener Auffäße über Erfahrungsseelenlehre, in derselben Zeit die „Träume“, ein eigenthümlich allegorisches Werk, das damals vielen Beifall fand und den Geschmack an psychologischen Studien sehr vermehrte. Der bedeutendste Schriftsteller dieser

Gattung war Reimarus.

Herm. Sam. Neimarus war 22. Dec. 1694 in Hamburg geboren, wohin der Vater, Theolog und Schullehrer, aus Kiel eingewandert war. Auf feine Erziehung hatten namentlich Brockes und Alb. Fabricius, dessen Schwiegersohn er später wurde, eingewirkt. In Sena hatte er seit 1714 studirt, war 1716 Adjunct in Wittenberg geworden (in dieser Zeit

*) „Mein empfindliches Herz ist Ihnen bekannt, und Sie wissen, wieweit es dem Gefühl der Freundschaft offen steht. Sie haben oft bemerkt, wieviel Macht ein freundschaftlicher Blick von Ihnen auf mein Gemüth gehabt hat, wie er vermögend gewesen ift, allen Gram aus meiner Bruft zu verbannen und mein Gesicht plötzlich mit fröh. lichen Mienen zu beziehn.“

"

machte er die übliche gelehrte Reise durch Holland und England -), 1723 Rector in Wismar, 1727 an Edzardi's Stelle Professor des Hebräischen am Gymnasium zu Hamburg, wo er bis an sein Lebensende verblieb. Ein höchst geachteter Schulmann, ein Gelehrter im vollsten Sinne des Worts (Ausgabe des Dio Cassius 1752), hatte er seine Studien nicht auf die Philologie beschränkt, sondern in der Literaturgeschichte, Rechtswissenschaft und Naturlehre sehr erhebliche Kenntnisse gewonnen. 3m Ganzen hielt er sich auf dem Wolffischen Standpunkt, auf dem er sich jedoch frei bewegte: seine Abhandlungen von den vornehmsten Wahrheiten der natürlichen Religion" 1755; seine „Vernunftlehre als Anweisung zum richtigen Gebrauch der Vernunft“ 1756, und später seine Allgemeinen Betrachtungen über die Triebe der Thiere" standen im Kreise der Schule im höchsten Ansehn. Aber in diesen Schriften zeigt er nur sein exoterisches Denken; die geheimsten Ueberzeugungen seines Innern legte er in einem Manuscript nieder, an dem er schon vor 1747 arbeitete, und das er bis an sein Lebensende ausfeilte: „Apologie oder Schußschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes"; der schärfste Angriff gegen die offenbarte Religion überhaupt und gegen das Christenthum insbesondere, der je in Deutschland gewagt ist, und der nach dem Tode des Verfassers durch Leffing als Wolfenbüttelsches Fragment berühmt geworden ist. Daß der ernste und gewissenhafte Mann dieses Werk in seinem Pult verschlossen hielt, hat Strauß gerechtfertigt: „Man darf nur darauf sehen, was Reimarus in seiner Stellung zu Hamburg gewesen ist und geleistet hat, um sehr begreiflich zu finden, daß er sich nicht entschließen konnte, alles das durch ein offenes Hervortreten mit seinen religi ösen Ueberzeugungen nicht etwa nur auf's Spiel zu setzen, sondern ohne Weiteres zunicht zu machen. Er wußte sich mit allen Fähigkeiten ausgerüstet, ein musterhafter Familienvater, ein wirksamer Jugendlehrer, ein tüchtiges und einflußreiches Glied der bürgerlichen Gesellschaft zu fein; eine gesicherte, ehrenhafte äußere Stellung war seinem ganzen Wesen Bedürfniß; selbst seiner schriftstellerischen Eigenthümlichkeit fehlte die rasche Schreib- und Streitfertigkeit, die ihm, sobald er einmal sein Schweigen brach, zur Abwehr unentbehrlich gewesen wäre. Dagegen war es eben dieses Ernste und Gewichtige, diese feste Beharrlichkeit in Reimarus' Wesen, was ihn zu der Selbstüberwindung befähigte, welche dazu gehört, um ein ganzes Leben hindurch eine so innige Ueberzeugung, ein so warmes Pathos in sich zu verschließen, durch kein Wort, keine Miene den draußen Stehenden Anlaß zum Verdacht zu geben.“ „Lieber wollte er gar nicht sprechen, als, sprach er einmal, nicht ganz und unumwunden sprechen.“ Und Reimarus selbst sagt: „Wer würde wohl in einer so ernsten Sache wider seine eigene Ueberführung öffentliche Handlungen begehen, die ihm ein Etel und ein Aergerniß sind; wer würde seine wahre Meinung, dafür er

sich sonst gar nicht zu schämen hätte, vor seinen Freunden und Anverwandten beständig verhehlen; wer würde seine eigenen Kinder in solche Schulen schicken, da sie nach seiner Einsicht von der wahren Religion, die er selbst zu haben vermeint, zu einem blinden und verderblichen Aberglauben geführt werden:

wenn er solches Alles nicht aus großer Furcht für den Verlust seiner ganzen zeitlichen Wohlfahrt zu thun genöthigt wäre? Die Herren Prediger mögen gewiß glauben, daß ein ehrlicher Mann seinem Gemüth keine geringe Qual anthun muß, wenn er sich sein ganzes Leben stellen und verstellen muß. Was soll er aber anfangen, da die meisten Menschen, worunter er lebt, mit Haß und Bosheit gegen den Unglauben von der Priesterschaft erfüllt sind? Man würde ihm Freundschaft, Vertraulichkeit, Umgang, Handel und Wandel, ja alle Liebesdienste versagen, und ihn als einen ruchlosen und abscheulichen Missethäter vermeiden. Welcher gute Bürger würde seine Tochter wissentlich einem Unchristen zur Ehe geben? und wie würde die, so in seinen Armen schläft, wenn sie dereinst ihres Mannes wahre Meinung vom Christenthum erführe, nach ihrer Schwachheit ängstlich thun und den Herrn Beichtvater anflehn, daß er doch ihren auf solche verdammlichen Wege gerathenen Mann bekehren möchte? Was für eine herrliche Parentation würden ihm die Herren Prediger noch nach seinem Tode halten? Was ist also an der Heuchelei so vieler vernünftiger Menschen anders schuld, als der mit so manchem zeitlichen Unglück verknüpfte Glaubenszwang, welchen die Herren Prediger vermöge ihrer Schmähungen und Verfolgungen den Befennern einer natürlichen Religion bis an ihren Tod anlegen?"

Als lebendiges Beispiel dieses Glaubenszwangs ging Edelmann (Bd. 1, S. 645) in Berlin einher, den Moses Oct. 1755 aufsuchte: er fand ihn gedrückt, ängstlich, und dabei fade und unbedeutend; sein eigenes Gemüth hatte der vielverfolgte Mann nicht zu reinigen vermocht. Freilich muß man auch etwas auf den Gegensatz des Teisten und Pantheisten rechnen.

In jenen Angriffen gegen das Christenthum tritt nicht die metaphysische Seite, sondern die moralische hervor. Freilich kam es dem gründlichen Kenner der Natur auch darauf an, die ganze Wundertheorie zu beseitigen: die Hauptsache aber war, das Gewissen dieser Welt gegen eine überirdische Sittlichkeit zu retten, die durch den Katechismus geheiligt, nun eben durch die große Dichtung des Messias dem guten Geschmack von Neuem empfohlen wurde. Das Recht und die Sitte mußte anfangen gegen die Aesthetik mißtrauisch zu sein.

Es sind in Lessing's Tagebüchern zahlreiche Spuren vorhanden, daß er sich gerade damals lebhaft mit diesen religiösen Streitfragen beschäftigte, doch mehr historisch; sein Innerstes hatten sie nicht berührt, und er suchte

überhaupt noch immer vergebens nach einem Mittelpunkt für seine geistige Existenz. Der Eindruck, den die Zerstreutheit seines Treibens auf die Andern machte, wurde noch geschärft durch die Paradoxie, mit der er über sich selbst zu spotten liebte, durch sein Lob der Faulheit, durch seine Versicherung, sein einziger Grundsatz sei, keine Grundsäße zu haben; es käme doch bei Allem „nischt“ heraus u. s. w., und so darf man sich nicht wundern, wenn Sulzer 18. April 1755 an Bodmer schreibt: „Lessing ist ein Mischmasch aus Gutem und Schlechtem, und noch vor dem Scheidewege. Er kann ganz gut oder auch schlecht werden. In seinen Reden ist er viel besser als in seinen Schriften, und er scheint mir viel Verstand zu haben. Aber er hat auch noch viel Jugend, und eine Anzahl älterer und jüngerer Halbgelehrten arbeiten daran, ihn schlecht zu machen. Ich kann ihm nicht beikommen.“ Gleichwohl war der Umfang von Leffing's Thätigkeit gerade damals nicht unbedeutend.

Vorab nahm er die früher abgebrochenen Studien über die Geschichte des Theaters wieder auf. Die theatralische Bibliothek (das erste Stück erschien Det. 1754) enthielt Abhandlungen über die bürgerliche Tragödie und das rührende Lustspiel, für welches sich Lessing im Sinn Gellert's erklärte. Auch diese Kritik war nur die Vorbereitung zur Production, denn schon arbeitete Lessing an der Sara Sampson. Außerdem gab er eine Biographie Thomson's, dessen Stücke er später übersezte. und des Schauspieldichters Destouches († 5. Juli 1754); einen Auszug aus verschiedenen Tragödien Seneca's, dessen theatralische Bedeutung er doch höher stellte als die neuern Franzosen und die Gottschedianer, und aus einer spanischen „Virginia“, deren heroischen Stoff er in's Bürgerliche zu übertragen schon damals vorhatte. Ferner überseßte er Remond de St. Albine's Lehrbuch der Schauspielkunst, für welche er nach festen Gefeßen suchte, Riccoboni's († 6. Dec. 1753) Geschichte der italienischen Schaubühne: eine geistreiche Polemik gegen die conventionellen Formen der französischen Komödie, und Dubos über die theatralischen Vorstellungen der Alten.

Allein diese theoretischen Arbeiten waren für Leffing nur die Vorstudien zur praktischen Thätigkeit. April 1755 erschienen Bd. 5 und 6 seiner Schriften, welche außer einigen ältern Stücken den „Freigeist“ und „Miß Sara Sampson" enthielten. Der Freigeist, deffen Stoff Lessing schon lange mit sich herumtrug, verrieth auch technisch einen großen Fortschritt. Zwar hat das Stück etwas Lehrhaftes: die Empfehlung der Toleranz gegen alle religiösen Ansichten, sobald nur das Herz auf dem rechten Fleck sitt, gerade wie 24 Jahre später im Nathan; auch sieht der Parallelismus der drei Paare: die beiden Freier, die beiden Mädchen, die beiden Bedienten, ein wenig nach der Schablone

Schmidt, Julian, Geschichte des geistigen Lebens. II.

8

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »