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Welt wurde dem deutschen Künstler erschlossen. 1743 ist die Frauenkirche, 1751 die katholische Kirche vollendet. 1747-1758 malt Canaletto seine reizenden Landschaften. Vortreffliche Meister leiten die strebsame Jugend. Täglich entfaltet die Oper die Pracht rauschenden Sinnengenusses.

Der Sohn eines armen Schuhflickers zu Stendal in der Altmark, geb. 9. Dec. 1717, hatte sich Windelmann auf der Schule seiner Vaterstadt durcharbeiten müssen, bis es ihm im 18. 3. gelang, in das Kölnische Gymnasium nach Berlin zu kommen. Während seines dortigen Aufenthalts machte er einmal eine Fußreise nach Hamburg, um aus der Bibliothek des Fabricius, welche daselbst versteigert wurde, einige der besten Ausgaben alter Classiker zu erstehn.

Ostern 1738 ging er auf die Universität Halle, wo er zwei Jahre blieb, und hauptsächlich von der Unterstütung seiner Landsleute lebte: trotzdem setzte er eine Reise nach Dresden durch, um die dortigen Kunstschätze zu betrachten. Bisher hatte sich seine Kunstkenntniß hauptsächlich auf den „Neueröffneten adeligen Ritterplay" in der Bibliothek seiner Vaterstadt be= schränkt. Angeblich studirte er Theologie, in der That aber die alten Sprachen. Seine Bücherkenntniß war schon damals so groß, daß ihn der Kanzler v. Ludewig zum Ordnen seiner Bibliothek bestellte. Um's Jahr 1740 entschloß er sich zu einer Wanderung nach Paris und Rom: die Mittel hoffte er in den Klöstern zu finden, gegen das Versprechen, katholisch zu werden. Aber die Kriegsunruhen nöthigten ihn schon in Frankfurt zur Rückkehr.

Darauf trieb er sich einige Jahre als Informator umher, in Osterburg, bei Halberstadt, auch in Jena, wo er hauptsächlich den Bayle excerpirte, bis er 1743 ein Conrectorat in Seehausen in der Altmark annahm. Die Einfünfte waren so karg, daß er bei wohlhabenden Bürgern sich Freitische erwirken mußte. Er studirte die Classiker so eifrig, daß er selbst in den Winternächten, nachdem er bis Mitternacht gearbeitet, im Pelz in seinem Lehnstuhl schrieb, um früh um vier bei der Lampe weiter zu studiren, und um sechs schmutzigen Kindern das ABC beizubringen. Auch in den neuern Spra

chen hatte er Fertigkeit erworben.

Juni 1748 schrieb er an den Grafen Bünau (vgl. Bd. 1, S. 449) auf Nöthenitz bei Dresden, und bat um eine Stelle in deffen Bibliothek: die Bitte wurde ihm gewährt, wiewohl mit einem sehr fargen Gehalt. Herbst 1748 kam er in Nöthenig an: sein Hauptgeschäft war, Auszüge aus den Chroniken für die deutsche Reichsgeschichte des Grafen zu machen. — Seine gelehrten Studien setzte er eifrig fort, die Hauptsache aber war ihm der häufige Besuch in dem nahe gelegenen Dresden: er hatte sich den Eingang zur Galerie auch in den Tagen, wo sie gewöhnlich verschlossen war,

zu verschaffen gewußt. Er machte mit einigen Künstlern Bekanntschaft, die dort arbeiteten, und hatte einen Augenblick die Idee, sich noch selbst der Kunst zu widmen, die er jedoch seines vorgerückten Alters wegen bald aufgeben mußte.

Auf der Galerie lernte er Hagedorn kennen, den jüngern Bruder des Dichters (geb. 14. Febr. 1712 zu Hamburg), einen großen Kunstliebhaber, seit 1737 in fursächsischen Diensten, der sich seit 1752 bleibend in Dresden aufhielt; ferner Lippert, geb. zu Meißen 2. Sept. 1702. Ursprünglich zum Handwerk eines Beutlers bestimmt, hatte er auf der Wanderschaft sich bestimmen lassen, sein Talent zum Zeichnen zu üben, und in der Meißner Porcellanfabrik Beschäftigung gefunden; dann hatte er sich nach Dresden gewandt, wo ihm seine Methode des Planzeichnens 1739 eine Lehrerstelle bei den k. Pagen verschaffte. Er erfand für die Nachahmung alter Basten eine eigne Masse, aus deren praktischer Anwendung die berühmte Sammlung entstand, deren Abdrücke 1755 in die Taktyliothek aufgenommen wurden. Später machte man ihn zum Aufseher der Antiken.

So belehrend der Umgang mit diesen Männern für Winckelmann war, so wirkte doch ungleich anregender auf ihn die Freundschaft mit dem Maler Deser, der damals in der Blüthe seines Strebens stand. Geb. 17. Febr. 1717 zu Preßburg, hatte er seit 1730 die Wiener Akademie besucht und sich in der Modellir- und Bildhauerkunst gebildet. Durch ein Bild, das Opfer Abrahams, erwarb er im 18. 3. die goldene Prämie. Ende 1739 kam er nach Dresden, wo er namentlich des Gr. Bünau Gunst genoß; 1745 heirathete er. Deser gab dem Enthusiasmus seines gleichaltrigen Freundes die feste Richtung, fixirte seine Vorliebe für den allegorischen Sinn der Kunst und gab ihm zugleich die erste Anleitung für den historischen Faden der Kunstentwickelung.

Der gefeiertste Maler Dresdens war Dietrich, geb. 30. Oct. 1712 zu Weimar, in Dresden ausgebildet, der 1742 auf königliche Kosten Italien und die Niederlande bereist, in Rom sich bereits großen Ruf verschafft hatte, und nun als Hofmaler und Professor der Akademie angestellt war: der gesuchteste Künstler der Zeit, ein Talent ersten Ranges ohne eigentliche Schöpferkraft, der allen Stilen gerecht wurde. Man freut sich noch heute der schönen Technik dieses unendlich fruchtbaren Künstlers.

Allein so ausgiebig der Aufenthalt zu Dresden an neuen Kunstanschauungen war, so wurde dadurch die Sehnsucht Winckelmann's nur noch ge= steigert, in den Mittelpunkt alles Kunstlebens vorzudringen, die Antike an der Quelle zu studiren, in Rom als Römer zu leben. Um welchen Preis dies allein möglich war, hatte er sich nie verhehlt, und er war seit lange bereit, ihn zu zahlen.

Unter den vornehmen Fremden, die von Dresden aus Nöthenitz besuchten, um sich in der Bibliothek des Grafen umzusehen, war auch der päpstliche Nuntius, Mgr. Archinto. Er lernte Winckelmann's gediegene Kenntnisse schätzen, und machte ihm den Vorschlag, nach Rom zu gehn, mit der Aussicht einer Stelle auf der Vaticanischen Bibliothek: aber unter der Bedingung des Uebertritts. Winckelmann hatte sich schon lange mit dem Gedanken getragen, nur machte ihn die Besorgniß, seinem Gönner, dem Gr. Bünau, zu mißfallen, unschlüssig, und die Unterhandlungen, welche der Beichtvater des Königs, Pater Rauch leitete, zogen sich zwei Jahr hin: Archinto wollte so wohlfeil als möglich kaufen.

In seiner unsterblichen Abhandlung hat Goethe ganz richtig auf den heidnischen Sinn aufmerksam gemacht, der sich aus dem Enthusiasmus für die Antike bei Winckelmann entwickeln mußte. Es entsprang daraus aber nicht blos Gleichgültigkeit gegen die Confessionen, sondern eine entschiedene Vorliebe für den italienischen Katholicismus der Renaissance, wie er auf der Gemäldegalerie zu Dresden sich darstellte. Wer unbefangen Correggio's Madonnen betrachtet jene fast ausschweifend sinnliche Lust, in der Himmel und Erde freudetrunken das Evangelium der allgemeinen Seligkeit verkünden; jenes Gewirr heiter bewegter Engelgestalten, die nur an die antiken Amoretten, in keiner Weise an die christlichen Seraphim erinnern, der wird sich überzeugen, daß sich Winckelmann in dieser bunten Fabelwelt viel mehr zu Hause fühlen mußte, als in den Vetstuben des Pietismus, in den Disputirübungen der Orthodoxen und Nationalisten, oder unter den Nebelgebilden der Klopstock‍schen Dichtung. Beide Männer waren Idealisten, aber ihre Ideale wiesen sie auf die entgegengesetzten Wege.

,,Nullum ingenium magnum sine mixtura dementiae“, schrieb Winckelmann damals an einen vertrauten Freund. „Man muß die gemeine Bahn verlassen, um sich zu erheben. Die Liebe zu den Wissenschaften ist's allein, die mich bewegen konnte, diesem Anschlag Gehör zu geben. Gott und die Natur haben wollen einen großen Maler aus mir machen, und beiden zum Trot sollte ich Pfarrer werden. Nun ist Pfarrer und Maler an mir verdorben. Allein mein ganzes Herz hängt an der Kenntniß der Malerei und Alterthümer. Hätte ich noch das Feuer und die Munterfeit, die ich durch heftiges Studium verloren, so würde ich weiter in der Kunst gehn; nun habe ich nichts vor mir als die griechische Literatur. Ich finde keinen Ort als Rom geschickter, dieselbe weiter, und, wenn es sein könnte, auf's Höchste zu treiben. In Bezug auf die conditio sine qua non bei dem Antrag des Pater Rauch, so streiten sich Eusebia und die Musen bei mir, aber die Partei der Letzteren ist stärker. Die Vernunft, die das Gegentheil in solchem Fall thun sollte, tritt derselben bei. Sie ist bei mir der Meinung, man könne aus Liebe zu

den Wissenschaften über etliche theatralische Gaukeleien wegsehn, der wahre Gottesdienst sei überall nur bei wenigen Auserwählten zu suchen. Ich glaube, daß ich berechtigt bin, das Vorhaben mit mir nach meinen Begriffen und Gewissen zu deuten. Ich glaube nicht den Pater durch meine reservationes mentales zu betrügen, ich kann dieselben durch der Jesuiten eigne Lehre in diesem Punkt vertheidigen. Gott aber kann kein Mensch betrügen. Der Finger des Allmächtigen, die erste Spur seines Wirkens in uns, das ewige Gesetz und der allgemeine Ruf ist unser Instinkt; ihm mußte ich aller Widersetzlichkeit ungeachtet folgen. Hierin bestand bis auf Mosen Gesetz und Propheten. Die folgenden göttlichen Offenbarungen erhalten ihre Ueberzeugung nicht durch den todten Buchstaben, sondern durch göttliche Rührungen, die ich, wie vielen Gläubigen geschehn, billig auch an mir in stiller Anbetung erwarte *)."

Endlich aber mußte der Entschluß doch gefaßt werden. Im Sommer 1754 trat Winckelmann förmlich zur katholischen Kirche über, in peinlicher Besorgniß, was der Graf dazu sagen würde. Dieser zeigte sich als Weltmann, aber die Ausführung des Versprechens einer königlichen Pension, und damit die Reise nach Italien, verzögerten sich. Oct. 1754 verließ er Nöthenig und zog nach Dresden zu Deser, um ganz der Kunst zu leben. — In der neuen Confession fand er mitunter freilich noch andere Dinge, als er aus Correggio's Madonnen gelesen. „Mein Vater," schreibt er einmal, „hatte mich zu keinem Katholiken machen wollen, er hat mir gar zu dünnes empfindliches Knieleder gemacht. Ich merke, es fehlt mir noch viel zu meiner Seligkeit. Wenn ich mit der rechten Hand das Kreuz machen soll, so meldet sich die linke. Den Aschermittwoch bin ich eingeäschert worden; ich zuckte, aus Furcht es unrecht zu machen, mit dem Kopf, der geheiligte Dreck wäre mir beinahe in's Maul geschmiert worden. Ich habe auch gebeichtet, allerhand schöne Sachen, die sich besser in Latein als in der Fraumuttersprache sagen lassen. Sieben Vaterunser und sieben Ave soll ich beten; zum Unglück kann ich das Ave nicht, Paternoster brauche ich nicht. — Sollte ich dir nicht bald Lust machen, ein Katholik zu werden?"

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*) „Wenn dieser treffliche Mann, der sich in der Einsamkeit gebildet hatte, in Gesellschaft zurückhaltend, im Leben und Handeln ernst und bedächtig war, so fühlte er vor dem Briefblatt seine ganze natürliche Freiheit, und stellte sich öfter ohne Bedenken dar, wie er sich fühlte. Man sieht ihn besorgt, beängstet, verworren, zweifelnd und zaudernd, bald aber heiter, aufgeweckt, zutraulich, kühn, verwegen, losgebunden bis zum Cynismus, durchaus aber als einen Mann von gehaltenem Charakter, der auf sich selbst vertraut, der, obgleich die äußern Umstände seiner Einbildungskraft so mancherlei Wählbares vorlegen, doch meistens den besten Weg ergreift." (Goethe.) /

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Es wird von Interesse sein, etwas über sein Aeußeres zu erfahren. Er war von mittlerer Größe. Er hatte eine niedrige Stirn, eine etwas gebogene spitze Nase, und kleine schwarze tiefliegende Augen, die auf den ersten Anblick seiner Physiognomie etwas Düsteres gaben; aber um seinen Mund, obgleich er etwas starke Lippen hatte, schwebte ein anmuthiger Zug, naments lich wenn er durch ein interessantes Gespräch belebt wurde.

Pfingsten 1755 hatte Windelmann die „Gedanken über die Nachahmung der griechischen Kunstwerke" vollendet, die ihm vergönnt war dem König selbst zu überreichen *). Er hatte nur 50 Abdrücke machen lassen, die verschenkt wurden: gleich darauf griff er sie in einer Gegenschrift an, und vertheidigte sie in einer dritten. Diese kleinen Kunstgriffe unterstüßten wirksam den innern Werth des kleinen Werks. In der Form oft barock, im Detail nicht unabhängig von den Liebhabereien der Dresdner Freunde, in der Terminologie ganz auf die Lehrgebäude der Schweizer begründet, eröffnet die kühne kleine Schrift doch ganz neue Gesichtspunkte: Verachtung gegen den französischen Geschmack und gegen Bernini; Spott gegen die philisterhaften Sitten des deutschen Volks, die alle Freiheit der Bewegung hemmen; und ein stolzer Idealismus, der auch wie Klopstock nach dem Göttlichen strebt, aber das Göttliche nur in dem höchsten Ausdruck des Sinnlichen findet. Beide Männer richteten einen Cultus der Freundschaft auf, aber Winckelmann war darin fast ganz antik, während Klopstock die Wärme des Gefühls fast nur in der gemeinsamen Andacht suchte. So stehn sich alle ihre Ideale gegenüber. „Die Schönheit ist der Jubegriff, die eigentliche Substanz alles Göttlichen, welches den Himmel und die Erde, die Natur und das Leben erfüllt. Tie höchste Schönheit ist in Gott. Den höchsten Gebilden der idealen Schönheit ist der Zug der Selbstgenügsamkeit eigen, welche auf der Tiefe, Selbständigkeit und Vollkommenheit ihres Wesens beruht, das alles Irdische in sich vernichtet. Am vollkommensten offenbart sich die Schönheit im Zustand der Ruhe, wenn kein Affect die Klarheit der Seele trübt, wenn das Zünglein der Wage weder zum Schmerz noch zur Fröhlichkeit hinneigt, und der Geist sich in die tiefe Stille selbstvergessener Befriedigung und Sammlung zurückzieht. Der vaticanische Apoll, der den Trachen mit Zorn und Geringschäßung erlegt, bleibt der schönste der Götter, denn der Zorn malt sich nur in den aufgeblähten Najenläppchen und die Verachtung in der hinaufgezogenen Oberlippe. Den Affect stellt ein weiser Künstler immer nur als eine momentane Abweichung von dem normalen Gemüthszustand der Ruhe dar, zu welcher jeder edle Geist zurückstrebt.“

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*) Gleichzeitig schrieb Hagedorn die Lettre à un amateur de la peinture.

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