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der Haushaltung und ihr zerstreutes Wesen, welches sie nicht überwinden konnte. Das arme junge Weibchen war zu bedauern. Bei dem besten Willen konnte sie doch nicht das Geringste handhaben, wobei sie nicht etwas verschüttet im Wege liegen ließ, auf etwas trat, oder etwas verkehrt machte. Das verdroß ihren Mann sehr." Bald kamen Kinder. „Ihr Mann störte sie mürrisch, wenn sie beim Warten des Kindes in einem Buche las." Er ver anlaßte sie, ihn bei seiner Profession zu unterstüßen, indeß ihre Gefühle in tausend poetischen Bildern herumflatterten." Nur Sonntags, wenn ihr Mann ausgegangen war, nahm sie, ihre Kleinen neben sich, eine Feder oder Buch in die Hand und erleichterte ihren Geist in dem freien Felde der Ideen." Die Nachbarschaft in Schwibus, wo sie wohnten, erfuhr sehr bald, daß die Hirsekorn Verse machen könne. Einen höhern Aufschwung nahm ihre Muse, als Friedrich's Thaten das Vaterland aufregten, und namentlich als ein alter Jugendfreund nach Schwibus zog und sie mit Büchern versorgte. Ihr Mann warf zuweilen die Bücher in's Feuer. „Tief gekränkt, wurde nun auch sie nachlässiger in ihrer sonst so rastlosen Sorge ihm zu genügen, und versäumte in schmerzlicher Zerstreuung die Sklavenarbeit, welche er ihr täglich auflegte.“

Eines Tages kam er von seinem Ausgang mit einem Räuschchen zurück, welches ihn sonst immer guten Muthes machte. Er warf beim Hereintreten mit luftiger Geberde den Hut auf den Tisch, schwang sich auf einem Bein herum, und rief: Vivat, es lebe der König von Preußen! Hörste, Louise! weißt du was Neues? Der König hat in seinen Landen die Erlaubniß zur Ehescheidung gegeben; was meinst du, wenn wir die Ersten wären, die sich scheiden ließen?" Seine äußerst erschrockene Frau konnte ihm hierauf nicht antworten, und er fuhr fort: „Na du hast doch nichts dawider, wenn wir den Anfang machen.“ „Ach Gott, du wirst doch das nicht thun!“ war ihre Antwort. „Ja ja, das werde ich wohl thun!" erwiderte er. „Und was ist denn für ein Unglück dabei, wenn man einander nicht leiden kann, ist's nicht besser als davon." Die Frau weinte jämmerlich, aber er sagte: „Höre Louise, weine nur nicht, das Weinen kann zu nichts helfen, es wird nicht anders, ich habe meinen Sinn darauf geseßt.“

Kurz die Scheidung erfolgte; 11 Jahr hatte die Ehe gedauert. Als fie, ohne zu wissen wohin, zum nächsten Thore hinausging, begleitete sie ihre Schwiegermutter dreiviertel Meilen weit, schluchzte und weinte neben ihr her, streckte oft ihre gefalteten Hände vor sich aus und rief: „ach meine liebe Schwiegertochter! daß Gott sich erbarme! du wirst recht aus dem Hause gestoßen!" Sie lebte dreiviertel Jahr hauptsächlich von den Almosen, die ihr ihre Gedichte eintrugen, als ein junger Schneidergesell Namens Karsch ihr seine Hand antrug. Sie willigte ein und zog mit ihm nach Fraustadt. „Sie

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überwand den Widerwillen, den ihr Mann ihr vom ersten Augenblick eingeflößt hatte;" er fand keine Arbeit und sein Mißmuth wurde durch die unverkennbare Kälte seiner Frau vermehrt." Er nahm seine Zuflucht zum Trinken und es kam zu heftigen Schlägereien. Mittlerweile verbreitete sich ihr poetischer Ruf nach Großglogau und auf den Rath ihrer Freunde zog sie 1755 mit ihrem Mann und ihren Kindern dorthin. Sie fand Zugang in vornehmen Häusern, in ihrem eigenen Hause war Noth und Elend. Ein Feldprediger, der sie 1758 besuchte, erzählte: „Wir fanden fie in einer armfeligen Wohnung. Zwei ihrer Kinder, die ältesten, gingen in zerrissenen Kleidern in der Stube umher. Das dritte saß vor ihr, und das vierte ganz kleine auf ihrem Schoß. Sie selbst aber saß unter dem Getümmel dieser Kinder und brachte eben eine Predigt, die sie in der reformirten Kirche gehört hatte, in Verse. Indeß wir uns mit ihr unterhielten, hatte sie einen halben Bogen ergriffen, mit dem sie uns beschenkte.“ Hier ist sein Inhalt: „Ihr Freunde von den Wissenschaften! Ihr kamet mich zu sehn, von der ihr viel gehört. Ihr saht die Dürftigkeit. Ich wurde nie belehrt, und keine Regel bleibt mir im Gedächtniß haften, ich bin nur von Natur, der zweiten Schöpferin, von ihr allein aus bin ich, was ich bin. Bier Kinder stören mich; doch das Geräusch von Kindern kann nicht den Trieb in mir und nicht das Feuer mindern. Mein Glück ist klein, doch groß genug für mich, und im Gesang ist mir der Gram nicht hinderlich. Ihr Freunde, die ihr euch die große Mühe nahmet, und mich so niedres Weib zu sehn nach Glogau kamet, euch geb' ein solches Glück freundschaftlich das Geleit, als euer Herz verdient und eure Redlichkeit, die ich aus euren Augen kenne, und die ich mich bereit zu euren Diensteu nenne."

Wir können uns der Bemerkung nicht erwehren, daß Frau Karschin lieber die zerrissenen Kleider ihrer Kinder hätte flicken sollen, statt eine Predigt in Verse zu bringen. Ein edler Freund brachte es dahin, daß Karsch von Glogau entfernt wurde. „Die Vermittlung ging zwar nicht den Weg Rechtens, allein die Karschin wurde dadurch frei und der schwersten Sorgen entladen." Obgleich ihr Mann wieder zurückkehrte, fand sie Gelegenheit, ein Gedicht an einen Baron Kottwiß zu richten, der sie reich beschenkte und ihr eine Bitte frei stellte. Sie antwortete augenblicklich, ihr heißester Wunsch wäre, nach Berlin zu kommen. Bald darauf kam ein stattlicher Reisewagen fie abzuholen. Ihr Mann machte unterwegs eine leidenschaftliche Scene, aber Kutscher und Bedienter achteten nicht darauf. So kam sie 25. Jan. 1761 in Berlin an.

Sobald man hier hörte, die Karschin sei angekommen, beeiferte sich Alles, dies Wunder von einem Weibe zu sehn: man schickte ihr Equipagen, gab ihr

Feste, kleidete sie prächtig, kurz man behandelte die 38jährige Frau wie eine Puppe. Ramler, Sulzer, Moses, Nicolai wurden ihre eifrigen Freunde; am lautesten wurde der Jubel, als Gleim Juli 1761 in Berlin ankam, und ihr den Beinamen Sappho gab. Sie machte ihm im folgenden Jahr einen Gegenbesuch*), und hielt sich einen vollen Monat in Halberstadt auf; er gab mit Sulzer ihre Gedichte heraus, und schaffte ihr dadurch eine reine Einnahme von 2000 Thlr. Auch suchte er sie zu bilden, machte sie mit dem Horaz bekannt: kurz ihre Gefühle wurden wach. „Ohne Regung, die ich oft beschreibe, ohne Zärtlichkeit ward ich zum Weibe, ward zur Mutter! Wie im wilden Krieg unverliebt ein Mädchen werden müßte, die ein Krieger halb gezwungen füßte, der die Mauer einer Stadt erstieg. Sing' ich Lieder für der Liebe Kenner, dann denk ich den zärtlichsten der Männer, den ich immer wünschte, nie erhielt! Keine Gattin füßte je getreuer, als ich in der Sappho sanftem Feuer Lippen küßte, die ich nie gefühlt." Sie nannte ihn Thyrsis und weihte ihm feurige Oden; zuletzt wurde es Gleim doch bedenklich, und er schrieb ihr: „In den Liedern an Thyrsis führt unsere Freundschaft oft den Namen Liebe, und sie ist auch nichts Anderes als Liebe der Gemüther; diese Liebe Ihres Thyrfis zu seiner Sappho ist in so hohem Grade, daß selbst Kleist eifersüchtig sein würde, wenn bei dieser Liebe auch Eifersucht wäre. Und wieviel sanftere Empfindungen giebt sie als die andere Liebe! In Liedern und größern Gedichten, z. B. in der Tragödie, kann diese nicht heftig genug vorgestellt werden; aber im Herzen, wertheste Freundin! wollen wir jener fanften den Vorzug geben, und ganz voll von derselben bin ich unveränderlich Ihr u. s. w.“ Auch mit Lessing versuchte sie brieflich anzubinden (Mai In Berlin wird man eines 1762), er ließ sich aber nicht darauf ein. Puppenspiels bald müde; auch die Karschin sollte das erfahren, und da sie fortfuhr, schlecht zu wirthschaften, war sie bald wieder in Noth.

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Die fritischen Arbeiten in den „Literaturbriefen“ wurden eifrig fortgesetzt, mit dem ausgesprochenen Zweck, zwischen Kunst und Wissenschaft zu vermitteln, und ein Publicum in der Art der Alten hervorzubringen. „So lange die Bücher," schreibt Sulzer, „blos in den Händen der Professoren, Studenten und Journalschreiber sind, dünkt es mich kaum der Mühe werth, für das gegenwärtige Geschlecht zu schreiben." Und ebenso Moses: „Da man in Deutschland noch immer gewohnt ist, entweder für Professoren oder für Schulknaben zu schreiben, so ist ein Mann, der für Liebhaber philosophirt,

*) Er hatte eben „Lieder nach dem Anakreon“ und „Petrarchische Gedichte“ herausgegeben. Kurze Zeit vorher hatte ihm Uz das Gedicht „die Kunst, stets fröhlich zu sein“, gewidmet, worin er sich gegen Wieland und die andern Frömmler rechtfertigte.

eine seltene Erscheinung. Mich dünkt, wenn unsere Schriftsteller die SchulEtikette vergessen und sich einen freiern ungezierten Ton angewöhnen wollten, so würde der Beifall nicht ausbleiben.“ Freilich verkannte er nicht die Bedenken des populären Tons: „Man trägt sich heutigen Tages mit der Grille, alle Wissenschaften leicht vorzutragen. Dadurch glaubt man die Wahrheit unter den Menschen auszubreiten, und sie wenigstens nach allen Ausmessungen auszudehnen, wenn man ihren innern Werth nicht vermehren kann.... Mich dünkt aber, es sei nichts so schädlich, als dieser königliche Weg zu den Wissenschaften." Es kam also darauf an, wirklich philosophische Köpfe und gründliche Gelehrte für den Berliner Verein zu gewinnen, denn auf die Länge konnten Moses und Nicolai allein nicht genügen, das begriffen sie selbst. Baumgarten, mit dem man noch am meisten verkehrte, obgleich er von der lateinischen Sprache nicht laffen wollte, kränkelte und starb bereits 26. Mai 1762, erst 44 Jahr alt. Dafür fand sich ein höchst erfreulicher Ersatz in einem jungen Schriftsteller, der eben neu in die Literatur eintrat.

Thomas Abbt war 25. Nov. 1738 zu Ulm geboren, Sohn eines wohlhabenden Perückenmachers, von P. Miller erzogen; er hatte seit 1756 zu Halle unter Jac. Baumgarten Theologie studirt, daneben aber Mathematik, Philosophie und schöne Wissenschaften, und war 1760 als a. o. Professor in Frankfurt a. D. angestellt worden. Von dort schickte er Dec. 1760 eine Abhandlung vom Tode für's Vaterland" an Nicolai ein, der sie im Anfang des folgenden Jahres drucken ließ. Sie kam für Preußen sehr zeitgemäß, denn es regte sich doch eine gewisse Opposition gegen die Unternehmungen des großen Königs, und Gleim's Ausspruch: „Berlin sei Sparta!" wurde nun durch einen geistvollen Schriftsteller auch dem schöngeistigen Publicum eingeschärft. Es war ein gedrungener und zugleich blühender Stil in dieser kleinen Schrift, die stark an das Studium des Tacitus erinnerte, und was an Reife der Bildung fehlte, wurde durch einen ungewöhnlichen Ideenreichthum erseßt. Moses und Nicolai waren sehr befriedigt, und warben den Verfasser für die Literaturbriefe; zwar erhielt er gleichzeitig einen Ruf nach Rinteln, hielt sich aber seiner weitern Ausbildung wegen mehrere Monate in Berlin auf, wo er im engsten Verkehr mit den beiden Freunden lebte. Er war von mittler, etwas unterseßter Statur; hatte schwarzes Haar, ein volles Gesicht, freundliche Augen; sein Ansehn nahm beim ersten Anblick ein. Er besaß das weichste Herz, jedem Eindruck offen, und war ein sehr guter Gesellschafter. Für die Ber liner wurde er u. A. dadurch wichtig, daß er ihnen einigen Sinn für Geschichte beibrachte, der ihnen bis dahin ganz gefehlt hatte. Was nur den Namen Geschichte hat," schrieb ihm Moses, „Naturgeschichte, Erdgeschichte, Staatsgeschichte, gelehrte Geschichte, hat mir niemals in den Kopf wollen,

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und ich gähne allezeit, wenn ich etwas Historisches lesen muß." Ausgeschlossen von dem wirklichen Leben der Völker, mußte der Jude sich eben an Metaphysik halten. Der Verkehr mit Abbt änderte das wenigstens einigermaßen.

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Auch mit den Schweizern hielten die Literaturbriefe die Verbindung fest, hauptsächlich durch Sulzer's Vermittelung. Iselin hatte 1760 „Philosophische und politische Versuche" herausgegeben, worin er die Verderbniß des Staats geschildert und zur Tugend aufgefordert hatte. Die Stiftungsfeier der Universität Basel hatte ihm gleichzeitig Gelegenheit gegeben, die besten Köpfe der Schweiz, Geßner, Hirzel, Schinz u. s. w., um sich zu sammeln; er hatte eine Reform der Universität beantragt, damit aber freilich stark angestoßen: der Rector hatte gerade als den größten Vorzug derselben hervor gehoben, daß sie seit längerer Zeit keines fremden Lehrers bedurft habe: „ein Vorzug, dessen sich wohl schwerlich eine hohe Schule in der Welt rühmen könne." Bei dieser Gelegenheit war die Gründung der helvetischen Gesellschaft" verabredet worden, die zwei Jahre später zu Schinznach erfolgte: der Hauptstifter neben Iselin war Hirzel, damals 36 J. alt und einer der beliebtesten Aerzte von Zürich. Er schrieb 1761 die Wirthschaft eines philosophischen Bauers" (Kleinjogg): eine Schilderung der ländlichen Thätigkeit in ihren wirklichen Zuständen, die wohlthätig gegen die französirenden Schäferidyllen abftach; einer der ersten Versuche, das Ideal in den wirklichen Dingen. nachzuweisen. Die helvetische Gesellschaft sprach als ihren Hauptzweck aus, die Gesetze und Staatsveränderungen der Eidgenossenschaft sowohl als die Sitten und die Gelehrsamkeit ihrer Bürger in den verschiedenen Zeitaltern der Republik nach den echten Grundsäßen der Geschichtskunde in ihr wahres Licht zu setzen, und ihre Bemerkungen zum Besten des Vaterlandes fruchtbar zu machen." Auch Moses wurde aufgefordert, Mitglied derselben zu werden, und sprach seinen Dank sehr gerührt aus.

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Wie mit der Schweiz, so knüpften die Literaturbriefe Verbindung mit dem fernsten Nordosten des Vaterlandes an. Königsberg war bisher vom Gang der deutschen Literatur wenig berührt worden; nun erregten fast gleichzeitig zwei Königsberger Schriftsteller die Aufmerksamkeit der deutschen Beurtheiler, Hamann und Kant: der Erstere, durch die Vermittelung der Literaturbriefe, um einige Jahre früher.

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3. G. Hamann war 27. Aug. 1730 zu Königsberg geboren. Sein Vater, ein angesehener Chirurg, der altstädtische Bader", hatte bei seiner Erziehung vielleicht zu viel gethan, indem er ihn von Privatlehrern in allen möglichen Dingen unterrichten ließ: außer den alten Sprachen wurden auch die neueren, namentlich Französisch und Italienisch betrieben. Noch nicht 16 Jahr alt, April 1746, durfte er die Universität beziehn, wo er sich dem

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