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sonnenen Mischmasch machen, und seine elenden Dichterpofsen ebensogut für Wahrheit darlegen, als das ewige unlügenhafte Wort Gottes? Denn so ist es, lieber Herr Gevatter!" Bodmer nahm anfangs die Briefe in barem Ernst; als er erfuhr, daß sie nur Satire sein sollten, freute er sich, und so auch Klopstock, der lustige Pastor wollte aber wohl nach zwei Seiten

spotten.

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Lange hatte Bodmer den Dichter aufgefordert, zu ihm nach Zürich zu kommen: die Hoffnung, Fanny zu rühren, hatte ihn immer zurückgehalten. Endlich, da die übrigen Aussichten sich nicht erfüllen wollen (22. Nov. 1749), nahm er die Einladung an. „Ich will kommen, Sie bei den Gebeinen Ihres Sohnes zu sehen. Ich will kommen, Ihnen Ihre Thränen abzutrocknen." (Bodmer hatte kurz vorher sein letztes Kind verloren.) „Noch eine Frage, die einigermaßen bei mir zur Gegend gehört, denn mein Leben ist nun zum Punkt der Jünglingsjahre gestiegen wie weit wohnen Mädchen von Ihnen, mit denen ich Umgang haben könnte? Das Herz der Mädchen ist eine große, weite Aussicht der Natur, in deren Labyrinth ein Dichter oft ge= gangen sein muß, wenn er ein tiefsinniger Weiser sein will. Nur dürften die Mädchens so nichts von meiner Geschichte wissen, denn sie möchten sonst vielleicht sehr ohne Ursache zurückhaltend werden."

Bodmer war selig in dem Gedanken; in seinen Briefen schwärmt er von dem „heiligen Jüngling"; deffen Ankunft für sein ganzes Leben Epoche machen werde. „Komm!“ ruft er ihm zu, „offenbare die denkenden Züg' im sichtbaren Körper, daß wir mit unsern Augen das Wunder beglaubigen können, welches für unsere Tage bewahrt war: eine Seel' in dem Kerker des irdischen Stoffs noch gefangen, die des Messias Gedanken zu denken, die göttliche Liebe des menschenfreundlichen Gottes in dem unendlichen Umfang zu fühlen, und in den herrlichsten Tönen zu beleben vermochte!" Vor allen Dingen wollen wir ihn einige Tage allein und ohne Nebenbuhler genießen. Ich wollte ihm gern alle sanfte Ergötzungen machen, aber ihn vor den brausenden bewahren; vielleicht weil ich nicht fähig bin, an den brausenden Antheil zu nehmen.“

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Als seine Hauslehrerstelle in Langensalza aufhörte, kehrte Klopstock Mai 1750 vorerst zu seinen Eltern nach Quedlinburg zurück. Sein nächster Umgang war Gleim, der sein Stillleben in Halberstadt gern verließ, um die Nachbarschaft, wo er überall intime Freunde hatte und Mitglied aller poetischen Gesellschaften war, zu besuchen Leipzig, Halle (Laublingen), Berlin u. s. w. Der Sänger leichter Liebe (cben gingen seine Freunde damit um, ihn zu verheirathen, aber er konnte sich nicht entschließen) vertrug sich sehr wohl mit dem neuen Propheten, der sich gern von hübschen Mädchen anschwär

men ließ: „Ich will Ihnen nur sagen," schreibt Klopstock an Fanny, „daß es eine ungemein süße Sache ist (denn ich habe sie recht sehr und recht oft erfahren), wenn man von liebenswürdigen Leserinnen zugleich geliebkost und zugleich verehrt wird. Ich habe von Lazarus und Cidli oft vorlesen müssen, mitten in einem Ringe von Mädchen. Man hat mich mit Thränen belohnt. Wie glücklich war ich und ach! wie viel glücklicher würde ich sein — — !” —!“ Auch den Wein verschmähte er nicht, und bekränzte gern in lustigem Gelage die Becher mit Laub und Rosen.

Gleim verfehlte nicht, ihn seinen Bekanntschaften vorzustellen. Zunächst in Braunschweig, wo Klopstock die alten Leipziger Freunde wiederfand, sämmtlich am Carolinum angestellt: Gärtner (38 3.), als Professor der Beredsamkeit und Sittenlehre, hauptsächlich mit der Correctur deutscher Aufsätze beschäftigt; Zachariä (24 3.), eifrig in poetischen Schöpfungen thätig (Fabeln nach Burkard Waldis, Episteln, poetische Blicke in das Landleben u. f. w.), und Ebert (27 3.), englischer Sprachmeister des Erbprinzen; er war im Begriff, Young's Nachtgedanken zu überseßen, die Anfangs 1753 im Druck erschienen, und im Lager der zarten Seelen einen fast ebenso starken Eindruck machten als der Messias.

An der Spite sämmtlicher Lehranstalten in Braunschweig stand der Abt Jerusalem. Geboren 22. Nov. 1709 zu Osnabrück, Sohn des dortigen Superintendenten, hatte er im 16. Jahr in Leipzig Theologie studirt, im 21. Jahr zu Wittenberg die Magisterwürde erworben; dann hatte er sich zwei Jahre in Leyden aufgehalten, und, durch seine Neigung zum akademischen Leben bestimmt, zwei Edelleute auf die neugegründete Universität Göttingen begleitet, wo er drei Jahre blieb, und bei Münchhausen großes Ansehn gewann, der ihm auch die Mittel gab, nach London zu gehn, und ihn nach seiner Rückkehr (1740) zwei Jahre in Hannover aufhielt. 1742 wurde er vom Herzog von Braunschweig zum Hofprediger und Erzieher des Erbprinzen berufen. Er machte den Entwurf zum Carolinum - einer Mittelanstalt zwischen Gymnasium und Universität und blieb die Seele des Ganzen, wie er sich auch der Verbesserung des Armenwesens und anderer gemeinnützigen Einrichtungen lebhaft annahm. 1749 wurde er Doctor der Theologie und, an Mosheim's Stelle, Abt von Marienthal. — Jerusalem war aus Mosheim's Schule: lange nicht so gelehrt, aber von derselben weltmännischen Bildung. Er verachtete alle dogmatische Terminologie und alle Controversen; war von Mystik ebenso frei als von Zweifeln, und wußte seinen Predigten, bei mäßigem Inhalt, durch Würde und Vornehmheit des Vortrags Ansehn zu verschaffen. Ganz ein Mann der Mittelstraße, aber stattlich, und dabei ohne Vorurtheile: er war es z. B., der zuerst die Realien in den Schulunterricht aufnahm. Er

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hatte auch Sinn für die Kunst: seine Arbeitsstube war mit auserlesenen Kupferstichen geschmückt.

Jerusalem nahm vielen Antheil an Klopstock, und versprach ihm eine Stelle; zugleich erhielt er von dem dänischen Minister Bernstorf das Versprechen einer Pension. Klopstock schwankte: endlich wurde sein Entschluß durch einen Besuch in Magdeburg bestimmt, wohin ihn wiederum Gleim entführt hatte, und wo er mit Sack eine innige Freundschaft schloß.

Dort hielt sich nämlich Sulzer auf (Bd. 1, S. 597), der vor Kurzem in die Berliner Akademie aufgenommen war, geheirathet hatte, mit Ramler „Kritische Nachrichten aus dem Reich der Gelehrsamkeit“ herausgab — das erste Erzeugniß der Berliner Kritik-, und nun eine Erholungsreise in seine schweizer Heimath vorhatte. Eben hatte er deu Anfang des Noah herausgegeben, den Bodmer nach einem alten Plan rasch arbeitete, und von dem er überzeugt war, er werde ein größeres Publicum finden als selbst der Messias. Klopstock entschloß sich, ihn zu begleiten: Bodmer hatte auf sein Urtheil bei den Verbesserungen des Noah gerechnet.

13. Juli 1750 reisten sie ab. Klopstock führte ein Reisetagebuch, um seine Empfindungen zu fixiren. In Schaffhausen heißt es: „Hier im Angesicht des großen Rheinfalls, im Getöse seines mächtigen Brausens, auf einer holdseligen Höhe in's Gras gestreckt, hier preis ich euch, nahe und ferne Freunde, und vor Allem dich, du werthes Land, das jetzt mein Fuß betreten soll! Hier möcht' ich mein Leben zubringen, und an dieser Stelle sterben, so schön ist sie!

Weiter kann ich davon nichts ausdrücken. Hier kann man keinen andern Gedanken und Wunsch hegen, als seine Freunde um sich zu haben und beständig hier zu bleiben." 23. Juli kamen sie in Zürich an. „Ich bin die ganze Nacht in Ekstase gelegen,“ schreibt Bodmer gleich darauf, „mich alle Augenblicke von Neuem in der Wahrheit zu befestigen, daß Klopstock, Sulzer nun wirklich bei mir wären.“ Das Entzücken dauerte nicht lange. Bodmer hatte sich nach den Briefen einen blassen, schmachtenden, bescheidenen Jüngling vorgestellt ein Mann von derbem, gesundem Selbstgefühl trat ihm entgegen, mit klaren Augen, die nach der Wirklichkeit suchten, kühl und gemessen, der nicht die mindeste Neigung verrieth, sich in die Schönheiten des Noah zu vertiefen, und den das `einsame Leben mit dem alten polternden Kritiker und seiner blinden Frau schnell langweilte. Schon harrten seiner eine Menge junger Verehrer aus den angesehensten Familien; gleich den zweiten Tag hatten sie das stille Haus auf den Kopf gestellt, und den dritten lebte Klopstock mitten in der heitersten Geselligkeit. 30. Juli unternahmen sie die Fahrt auf den Züricher See, von der Hirzel (Bd. 1, S. 602) an Kleist (eben hatte er eine größere Ausgabe von dem „Frühling“ des Letteren veranstaltet) folgendes Bild entwirft:

„Unser neun Freunde entschlossen uns, Herrn Klopstock durch eine Lustschifffahrt die Schönheit der Gegenden am Züricher See und zugleich die Schönheit unserer Mädchen kennen zu lehren. Jeder von uns verband sich, ein Mädchen auszusuchen, welches freundschaftlicher Empfindungen fähig wäre und die Schönheiten der Natur und des Geistes fühlte*). Wir waren in der Auswahl glücklich; die meisten hatten den Frühling mit Ihnen gefühlt; einige kannten den Werth unsers theuersten Klopstock schon aus seinem göttlichen Gedicht . . . Klopstock würdigte meine zärtliche Doris an seiner Hand zu führen . . .**) Rahn war so glücklich, Schinzen's Schwester mit sich zu bringen. Sie hatte Reize genug, Klopstock seine erste Liebe wieder rege zu machen... Schinz kam in Begleit einer lebhaften Schönen, die aus eigenem Trieb ihren Geist durch das Lesen der besten Schriftsteller angebaut hat. Ihre sprechenden Blicke fordern dreist unsere Hochachtung, die wir ebensogern ungefordert ihren Vorzügen opfern. Sie hat alle die hohen Empfindungen, die Sie, mein Theuerster, in Ihrem göttlichen Gedicht schilderten, mit Ihnen gefühlt, und achtete mich hoch, nur weil Sie mich würdig fanden, in Ihrem Gedicht mich anzureden.“ U. s. w. „Klopstock rühmte die Schönheiten unsrer Gegenden; doch schien er weniger davon gerührt, als von der Mannigfaltigkeit der menschlichen Charaktere, die sein Scharsblick auszuspähen vorfand. Da lernte ich einsehn, warum Klopstock die meisten Gleichnisse in seinem göttlichen Gedicht aus der Geisterwelt hernimmt. Nie sah ich Jemand die Menschen aufmerksamer betrachten, er ging von einem zum andern, mehr die Mienen

*) „Hier ist es Mode," schreibt Klopstock 1. Aug. an Schmidt, „daß die Mädchen die Mannspersonen ausschweifend selten sprechen, und sich nur unter einander Visiten geben. Man schmeichelte mir, ich hätte das Wunder einer so außerordentlichen Gesellschaft zuwege gebracht."

**) „Dr. Hirzels Frau," schreibt Klopstock an Fanny's Bruder, „jung, mit vielsagenden blauen Augen, war die Herrin der Gesellschaft; Sie verstehn es doch, weil fie mir zugefallen war. Ich wurde ihr aber bei Zeiten untreu. Das jüngste Mädchen der Gesellschaft, das schönste unter allen, und das die schwärzesten Augen hatte, Mlle. Schinz, brachte mich sehr bald zu dieser Untreue. Sobald ich sie das erste= mal auf zwanzig Schritte sah, so schlug mir das Herz schon: denn es jah derjenigen völlig gleich, die in ihrem zwölften Jahr zu mir jagte, daß sie ganz mein wäre. Die Geschichte muß ich Ihnen nicht auserzählen. Ich habe dem Mädchen dies Alles gesagt und noch viel mehr. Das Mädchen in seiner siebzehnjährigen Unschuld, da es so unvermuthet so viel und ihm so nene Sachen hörte, vor denen es sein schwarzes schönes Auge mit einer so sanften und liebenswürdigen Ehrerbietung niederschlug, öfters große und unerwartete Gedanken sagte, und einmal in einer entzückenden Stellung und Hige erklärte, ich sollte selbst bedenken, wie hoch derjenige von ihm geschätzt werden müsse, der es zuerst gelehrt, sich würdigere Vorstellungen von Gott zu machen (Ich muß hier noch die Anmerkung machen, daß ich dem guten Kind auch sehr viel Küsse gegeben habe, die Erzählung möchte Ihnen sonst zu ernsthaft erscheinen.)“

zu beobachten als sich zu unterreden." Jemand spielt Clavier: „Klopstock belauschte auf den Gesichtern unsrer Mädchen den Eindruck, den die Musik machte; er schien danach bestimmen zu wollen, welche die Zärtlichste wäre.... Klopstock hatte durch seine einnehmenden Sitten und geistvolle Reden die allgemeine Hochachtung der Mädchen gewonnen, und sie wünschten alle aus den Fragmenten zum 4. und 5. Gesang etwas von ihm zu hören. Er willfahrte und las eine Stelle vor (vom Engel Eloa, der jeden großen Gedanken Gottes mit Donner begleitet), die in unsre Seelen noch nie gewohnte Wehmuth senkte. Die erste Vorlesung machte uns nach einer zweiten begierig; er las uns jet die hohe Liebesgeschichte, Lazarus und Cidli, wo er seine eigne Liebe für die göttliche Fanny im Auge gehabt zu haben scheint. Unfre Schönen fanden sich in einer ganz neuen Welt. Solche Gedanken hatte ihnen noch keiner ihrer Verehrer eingeflößt; sie belohnten unsern göttlichen Dichter dafür mit Blicken voll Liebe. Man wagte nicht über jene himmlische Liebe zu sprechen, bis einer von der Gesellschaft das Stillschweigen mit der gelehrten Anmerkung unterbrach, nirgend hätte er noch die platonische Liebe so prächtig geschildert gesehn! Klopstock verwarf diesen Beifall und versicherte, daß er hier ganz eigentlich die zärtlichste Liebe im Auge gehabt, die ungleich höher wäre als die Platonische Freundschaft; Lazarus liebte seine Eidli ganz und gar! Wir stimmten ihm aus vollem Herzen bei und Plato war nicht unser Mann.

Jezt übte der Wein seine schönste Kraft; die Vertraulichkeit wuchs mit der Fröhlichkeit; schelmische Scherze umgaukelten uns, ein fröhliches Gelächter begleitete sie. Da klangen die Gläser auf Ihre Gesundheit, mein Kleist! und auf Gleim's und Ebert's; bei der Gesundheit der göttlichen Schmidt herrschte tiefe Ehrfurcht; er erwiederte mit einem sanften Ernst, der die Empfindungen seiner großen Seele verrieth: doch ließ er den Ernst diesmal nicht siegen; er sah die frohe Gesellschaft an und tranf und scherzte. — Darauf gab er uns ein Fragment, Abbadonna, den redlichsten Teufel, den je die Hölle sah. Voll zärtlichen Mitleidens baten unsre Freundinnen einmüthig den Dichter, jenen Elenden, Neuevollen doch in seinen Schutz zu nehmen und ihm die Seligkeit zu schenken. Klopstock erzählte, daß schon eine ähnliche Gesellschaft in Magdeburg für die Beseligung dieses Teufels einen förmlichen Synodalbeschluß gefällt habe, unter dem Präsidium des Herrn Hofprediger Sack; doch hätte er sich damals durch keine Unterschrift seine poetische Freiheit rauben wollen und würde es auch heute nicht thun. Nun folgen lustige Gefänge (darunter Haller's Doris mehrmals wiederholt) Küsse u. s. w. Mich befiel eine Traurigkeit über das Hinscheiden dieses Tages: ach, rief ich, daß wir so der Ewigkeit zufahren könnten! Klopstock fand diesen Wunsch zu ausschweifend, wünschte sich für einmal nur eine Ewigkeit von vier Tagen, und forderte

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