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weder Heuerlinge oder Beiwohner gewesen, und Lykurg ein seltsamer Gefeßgeber gewesen sein würde, wenn er solchen mit jenen eine gleiche Ehre angemuthet hätte, so ergößte er sich über seine Unerschrockenheit, womit er seine Meinung der ganzen Welt aufgedrungen hatte."

Abbt hatte die Idee einer allgemeinen Weltgeschichte. Möser hatte diesen Vorsatz stets mißbilligt. „Ein Mann wie er müßte nicht nach Copien arbeiten er dürfte und könnte wohl selbst die Quellen ansehn, und sein Auge würde ihm allezeit ein Mehreres entdeckt haben, als seine Vorgänger geschn. Es war überhaupt eine unüberlegte Arbeit, eine von Andern geschriebene Geschichte durch die Kunst des Stils und die Macht der Gedanken aufstugen zu wollen; beides muß aus einer aufmerksamen und langen Betrachtung des Originals gleichsam erzeugt werden, der Stil ist sonst nicht genug gesättigt, und die Sentenz gesucht, oder mehrentheils witzig."

Abbt's höchstes Ideal war, die Kunstgeschichte mit der politischen in Verbindung zu bringen, die Wirkungen jeder politischen Verfassung auf den Stil, die Kühnheit und den Adel der Kunst zu zeigen, und die Reife eines jeden Staats, einer jeden Sprache und überhaupt eines jeden Nationalgenies aus der Geschichte der Kunst mit zu erweisen.

Nicolai gab Abbt's vermischte Schriften heraus, und setzte ihm in seiner Weise ein Ehrengedächtniß.

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Wenn Nicolai von Berlin aus bemüht war, die deutsche Literatur zu centralisiren, so behaupteten daneben die alten bewährten Mittelpunkte ihr Recht. Vor Allem Leipzig. Der Berliner „Allgemeinen deutschen Bibliothek“ machte Weiße's Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und Kunste" (so umgetauft 1765; sie behauptete sich bis 1806) Concurrenz. Außer den alten Mitarbeitern Hagedorn, Winckelmann, Lippert hatte Weiße eine Reihe neuer gewonnen: Mich. Huber (geb. 27. Sept. 1727), den Ueberfeber Geßner's, den er 1765 aus Paris als Lector nach Leipzig zog; er trieb Kunsthandel, hielt mit Hülfe seiner französischen Frau eine Pension für vornehme junge Leute, und schrieb 1766 einen Cours de poésie allemande ; Clodius (geb. 1738), Kleist's Freund, seit 1764 ordentlicher Professor (super Quinctiliani judicio de sublimitate Homeri), lateinischer Dichter, Verfasser von Oden im Ramler'schen Stil mit hochtrabenden Ausdrücken; schreibt Versuche über die Sitten in den griechischen Dichtern; auch ein bürgerliches Schauspiel Medon oder die Rache des Weisen" (1768: lauter Großmuth eines schmählich gekränkten Biedermanns); dirigirt gleichfalls eine Pension; noch ein Freund Kleist's, Leutnant von Blankenburg (geb. 24. Jan. 1744

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tam.

bei Kolberg), der für die Bibliothek correspondirte, und sich später, nachdem er seinen Abschied genommen, ganz in Leipzig ansiedelte; Garve (geb. 7. Jan. 1742 zu Breslau, unter Baumgarten in Frankfurt gebildet, Magister), der seit 1765 in Leipzig war, bei Gellert wohnte, und durch ihn bei Weiße, Zollikofer, Ernesti eingeführt wurde; schon damals in Hypochondrie und Moral ganz das Ebenbild von Gellert; Engel (geb. 11. Sept. 1741 im Mecklenburgischen, studirt in Rostock), der gleichfalls 1765 nach Leipzig Weiße selbst war von einer unermüdlichen Thätigkeit; von 1766-1768 erschienen zwei neue Bände dramatischer Beiträge; darunter Lustspiele: „Der Naturaliensammler", „der Projectmacher“, „die Freundschaft auf der Probe“, „List über List“; Trauerspiele: „Atreus“ (in reimlosen Jamben), „Amalie“, „Romeo“ (von Ramler sehr sorgfältig corrigirt, von Bodmer verhöhnt); komische Opern, nach dem Muster Favart's, mit Hiller gemeinsam ausgearbeitet: „Lottchen am Hofe" (7. Mai 1767), „Die Liebe auf dem Lande" (20. Mai 1768) u. s. w. Den größten Beifall gewannen die „Lieder für Kinder" (1766, eben war Weiße zum erstenmal Vater ge= worden), gleichfalls von Hiller componirt, der erste Beginn jener ungeheuern Kinderliteratur, die eine Zeit lang die Literatur für Erwachsene vollständig überwucherte.

19. Oct. 1765 wurde ein junger Studiosus aus Frankfurt a. M. in Leipzig inscribirt, W. Goethe, der nicht blos in seiner Selbstbiographie, sondern auch im Fauft von dem damaligen „Klein - Paris, das seine Leute bildet", ein anschauliches Bild gicbt. Der junge Süddeutsche mußte den reinen deutschen Dialect erlernen, sich modisch kleiden, frisiren, er mußte L'hombre spielen, um gebildete Damen gesittet zu unterhalten; er lernte über Literatur räfouniren, und erfuhr, daß Friedrich der Große ein schlechter General sei. Gottsched hatte damals einen ziemlichen Beischmack von Lächerlichkeit, aber man machte dem rießengroßen, immer gravitätischen alten Herrn doch noch seine Aufwartung; so auch Goethe, dessen Empfangscene bekannt ist. Endlich aber starb Gottsched doch, 67 3. alt, 12. Dec. 1766.

Das Herz der jungen Studirenden fesselte nur Gellert*). Seine Schriftstellerei hatte er ganz aufgegeben, aber seine Vorlesungen über Stil und Moral waren noch immer sehr besucht. Er ermahnte in weinerlich wohlwollendem

*) Für ganz Deutschland ist es ohne Widerrede Gellert, dessen Fabeln dem Geschmack der ganzen Nation eine neue Richtung gegeben haben. Sie haben sich nach und nach in Häuser, wo sonst nie gelesen wird, eingeschlichen. Fragt die erste beste Landpredigerstochter nach Gellert's Fabeln? die kennt sie! nach den Werken andrer Dichter? kein Wort! Dadurch ist das Gute in Exempeln, und nicht in Regeln, bekannt, und das Schlechte verächtlich gemacht worden. Denn der Geist und Geschmac

Ton die jungen Leute, der Tugend treu zu bleiben, auf ihre Handschrift zu achten und Verse möglich zu vermeiden. Er erinnerte sie daran, daß Leipzig stets den Ruf der Wohlanständigkeit gehabt. Die moralischen Vorlesungen wurden später herausgegeben; der Hof erhielt ihm seine Gnade.

Wenn die beiden genannten „Bibliotheken" im Ganzen von wohlwollenden Absichten ausgingen, so war gleichzeitig eine neue Coterie im Entstehn, die nur schädlich wirken sollte. An der Spiße derselben stand Kloz, geb. 1738 zu Bischofswerda in Sachsen, 1762 a. o. Professor in Göttingen, 1765 o. Professor in Halle, und bald darauf Geheimerath. Er erwarb sich früh den Ruf, ein elegantes Latein zu schreiben und vortreffliche Carmina zu machen; feine Epistolae Homericae 1764 hatten durch ihre dreisten, schwülstigen Wendungen bei Dilettanten einen großen Beifall gefunden. Homer wurde hier summa vis et mensura ingenii humani genannt. In einer ganzen Reihe ähnlicher Schriften trat Kloß für die Grazien des Alterthums gegen die Pedanterie der gewöhnlichen Gelehrten in die Schranken, zuweilen mit einer Geckenhaftigkeit, die an den gleichzeitigen Graziendienst bei Gleim, Wieland und den Anakreontikern erinnert die Amoretten spielen bei ihm eine ebenso große Rolle als bei diesen und mit einer Neigung zur Camaraderie, die mit der Zeit in der Literatur einen um so größern Unfug stiften mußte, da die Neigung zum Dilettantismus im Publicum damals sehr in Aufnahme kam, und dem dünkelhaften Schwäger ein leichtes Gehör verschaffte. Daß Kloß mit seinen Jüngern auch im wirklichen Leben die philiströsen Begriffe deutscher Ehrbarkeit so stark als möglich skandalisirte, sei nebenbei bemerkt. — In seiner journalistischen Bildung ging er von der Schule Weiße's aus, und wie bei dieser, galt auch bei ihm in der ersten Periode Winckelmann als der Führer der neuen Literatur. Zu diesem wenden wir uns nun zurück.

Windelmann hatte die erste Zeit in Rom sehr eingeschränkt gelebt, bis er als Aufseher der Bibliothek in die Dienste des Cardinal Archinto trat. Der größte Theil seiner Zeit war der Betrachtung der alten Kunstwerke gewidmet, um seinen Blick zu schärfen: die Beschreibungen der Statuen, die später als poetische Zierden seinem größern Werk einverleibt sind, gehören bereits jener Zeit an. Bei der Gährung seiner Ideen verdrängte ein literarischer Entwurf den andern, doch war sein Augenmerk immer auf eine Geschichte der Kunst gerichtet. Es war kein geringes Glück für ihn, daß damals die Ent

einer Nation sind nicht unter ihren Gelehrten und Leuten von vornehmer Erziehung zu suchen; diese beiden Geschlechter gehören gleichsam keinem Lande eigen: aber unter dem Theil der Nation liegen sie, der von fremden Sitten, Gebräuchen und Kenntnissen noch nichts zur Nachahmung sich bekannt gemacht hat." So schreibt 1765 Abbt „vom Verdienst”.

deckungen in Herculanum und Pompeji für das Alterthum eine ganz neue Perspective eröffneten: er besuchte sie im Frühling 1758 und dann wiederholt. Im Sept. desselben Jahres beschrieb er in Florenz die geschnittenen Steine seines verstorbenen Freundes, Varon Stofch. Gleich darauf starb sein erster Gönner, und er trat in den Dienst des Cardinal Albani. Dieser, der bei einem großen Vermögen und bedeutendem Einfluß von Jugend auf eine entschiedene Kunstliebhaberei, die beste Gelegenheit, sie zu befriedigen, und ein bis an's Wunderbare grenzendes Sammlerglück gehabt hatte, fand in spätern Jahren in dem Geschäft, sie würdig aufzustellen, sein höchstes Vergnügen; ja den dazu bestimmten Naum nach Art der Alten zu überfüllen, war sein Geschmack und seine Lust. Gebäude drängten sich an Gebäude, Saal an Saal, Halle zu Halle, Brunnen und Obelisken, Karyatiden und Basreliefe, Statuen und Gefäße fehlten weder im Hof noch Gartenraum, indeß große und kleinere Zimmer, Galerien und Cabinete die merkwürdigsten Monumente aller Zeiten enthielten. Im Sommer 1760 vollendete Winckelmann die Anmerkungen über die Baukunst der Alten"; im folgenden Jahr ging Mengs nach Madrid. Einer zweiten Reise nach Neapel 1762 gehören verschiedene Entwürfe an, namentlich die Erläuterung schwieriger Punkte in der Mythologie". Mit Heyne, der 23. Juli 1763 mit der Rede de veris bonarum artium incrementis ex libertate publica seine Stelle in Göttingen antrat, und bald eine sehr bedeutende Rolle daselbst spielte, stand er in beständigem Briefwechsel; in die „Bibliothek der schönen Wissenschaften“ schickte er verschiedene Abhandlungen. 1763 wurde er Präsident der Alterthümer in Rom, und schrieb die „Abhandlung von der Fähigkeit der Empfindung des Schönen in der Kunst und dem Unterricht in derselben"; 1764 die „Nachrichten von den neuesten herkulanischen Entdeckungen", an Heinrich Füßli gerichtet, mit dem er im Frühling desselben Jahres nach Neapel gegangen war: eine Schrift, wodurch er sich den brennenden Haß der italienischen Antiquare zuzog. Unmittelbar darauf erschien die „Geschichte der Kunst des Alterthums“, die sich zuerst philosophisch mit dem Ursprung der Kunst und ihrem Wesen, dann historisch mit ihrer allmäligen Entwickelung bei den Urvölkern, endlich bei den Griechen und Römern beschäftigte. Was dem Werk jene ungeheuere unmittelbare Wirkung auf die Literatur gab sein poetischer Sinn hat Goethe so schön ausgedrückt, daß wir seine Worte leihen.

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Die Poeten der Vorzeit schienen Windelmann früher als Documente der alten Sprachen und Literaturen, später als Zeugnisse für bildende Kunst interessirt zu haben. Desto wunderbarer und erfreulicher ist es, wenn er selbst als Poet auftritt, und zwar als ein tüchtiger, unverkennbarer, in seinen Beschreibungen der Statuen, ja beinahe durchaus in seinen spätern Schriften.

Er sieht mit den Augen, er faßt mit dem Sinn unaussprechliche Werke, und doch fühlt er den unwiderstehlichen Drang, mit Wort und Buchstaben ihnen beizukommen. Das vollendete Herrliche, die Idee, woraus diese Gestalt entsprang, das Gefühl, das in ihm beim Schauen erregt ward, soll dem Hörer, dem Leser mitgetheilt werden, und indem er nun die ganze Rüstkammer seiner Fähigkeiten mustert, sieht er sich genöthigt, nach dem Kräftigsten und Würdigsten zu greifen, was ihm zu Gebot steht: er muß Poet sein, er mag daran denken, er mag wollen oder nicht."

Dies Verfahren hat nun freilich für den Gelehrten seine Bedenken, und nicht mit Unrecht bemerkt ein berühmter Philolog: Das ganze Streben seines Geistes war zuletzt auf Erklärung von alten Werken gerichtet, welche von Andern für unerflärbar gehalten waren. Er fing an, nicht mehr ein Ausleger des Alterthums, sondern ein Seher zu sein. Die Beurtheilung, welche kaltes Blut und ruhiges Nachdenken erfordert, hielt überhaupt nicht immer gleichen Schritt mit seiner erhißten Einbildungskraft; aber diese hatte in der Länge der Zeit eine Menge Gegenstände, die er sich erst blos als muthmaßlich oder möglich gedacht, mit soviel Lebhaftigkeit gefaßt, sich eingeprägt und öfters erneuert, daß sie ihm als wirkliche, als ehemals in der That bemerkte Dinge vorkamen, mit welchen er nun andere Ideen, die ihm aufstießen, verband, weil sie jenen ähnlich zu sein schienen. Und so fand er Verhältnisse und Schönheiten, die andern Augen unmöglich zu entdecken waren. — Noch ein Nachtheil folgte aus seiner Lage und dem Ort seines Aufenthalts. Der Vorrath seiner Bemerkungen aus den Alten, insonderheit den Griechen, war gewissermaßen erschöpft; er hatte weder Zeit, viel zu lesen, noch waren ihm die erforderlichen Hülfsmittel bei der Hand; und nun erseßte ein oft trügen des Gedächtniß und eine täuschende Phantasie den Mangel der Belesenheit. Man erstaunt, wenn man die Verzeichnisse der Bücher, die er gebraucht, durchläuft, wie sehr ihm überall die guten Ausgaben fehlten. Die Schriften, welche mittlerweile in andern Theilen Europa's über Kunst und Alterthum erschienen, kamen ihm nicht leicht zu Gesicht, sowie ihm der Fortgang der Literatur überhaupt fremd blieb. Nirgend offenbart sich der Mangel der erforderlichen Hülfsmittel mehr als in dem historischen Theil seiner Kunstgeschichte."

Aber der Dichter weiß auch diesem Mangel die bedeutende Seite abzugewinnen: „Windelmann arbeitet nie planmäßig, immer aus Instinct und mit Leidenschaft. Seine Freude an jedem Gefundenen ist heftig, daher Irrthü mer unvermeidlich, die er jedoch bei lebhaftem Vorschreiten ebenso geschwind zurücnimmt als einsieht. Auch hier bewährt sich durchaus jene antike Anlage, die Sicherheit des Punkts, von dem man ausgeht, die Unsicherheit des Ziels,

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