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wohlmeinende Grundfäße, die ihn in dem respectabeln Leipzig doch nicht ganz vor Anfechtungen bewahrten. - Noch zwei Jahre blieb er dort, Anfang 1753 übersiedelte er als Steuerrath nach Dresden.

März 1751 unternahm Gellert eine Reise nach Berlin. Er wurde mit großen Ehren empfangen, aber er brachte seine Hypochondrie mit, die durch die Beschwerlichkeiten der „weiten Reise“ nur noch geschärft wurde. „Ich war unzufrieden mit mir, und war es um so mehr, je mehr ich sah, daß es meine Freunde bemerkten. Ueberhaupt bin ich auf meinen Reisen unglücklich. Ein gewiffer Begriff, eine vortheilhafte Meinung, die meine Schriften von mir erwecken, geht voran. Man hofft, den scherzhaften, den muntern Mann zu sehn, den man in dieser oder jener Stelle angetroffen hat, und man fieht das Gegentheil, man sieht eine ernsthaft finstre Stirn; man hört einen Mann, der wenig redet, und man glaubt, er würde viel reden, und lauter Sachen, des Druces werth. Dies fühl ich und sehe, daß ich meinem Namen selber im Wege bin, oder wenigstens seh' ich, daß der Name eine gewisse Last ist." Die stolze Bescheidenheit hatte ihren Grund: man declamirte damals in Gesellschaften seine Fabeln, wie man heute eine Sonate spielt; von hohen und niedern Ständen erhielt er Dank und Geschenke, weil er so manche Seele gerettet; seine „Trostgründe wider ein fieches Leben“ stärkten manchen Leidenden; nur ihm selber gaben sie keinen rechten Lebensmuth.

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Gellert hatte nach Berlin ein neues Werk mitgebracht: „Briefe, nebst einer Abhandlung über den guten Geschmack in Briefen“, die von Leffing in der Voss. Z. 8. Mai 1751 sehr gelobt wurden. Seine Absicht war, „junge Leute und besonders Personen des andern Geschlechts zu einer natürlichen. Schreibart zu ermuntern, und Andern das Vorurtheil zu benehmen, als ob unsere Sprache zu den Gedanken der Höflichkeit, des Wohlstandes, des Scherzes und zu andern zarten Empfindungen nicht biegsam und geschmeidig genug sei.“ - Aehnliche Briefsteller erschienen zahlreich in jener Zeit: man hatte die Wichtigkeit erkannt, für seine Gedanken und Empfindungen einen Ausdruck zu finden, und wollte doch lernen, wie man sich dabei zu nehmen habe.

Bald nach seiner Rückkehr nach Leipzig (Mai 1751) erhielt Gellert endlich eine Profeffur, und eröffnete sie mit dem Programm de comoedia commovente. Das bürgerliche Trauerspiel und die comédie larmoyante waren eine neue französische Erfindung: Nivelle de la Chaussée (Melanide u. j. w.), Destouches, Marivaux und Andere hatten, wenn auch unter starken Anfechtungen, mit Erfolg darin gearbeitet. Es war ein Versuch, die steife Convenienz des akademischen Theaters zu durchbrechen, und die Sitte selbst, die sonst als absolut galt, der poetischen Kritik zu unterwerfen. Die Classiker (darunter Dubos) hatten mit Recht eingewandt, daß ein solcher

Versuch, die Individuen gegen die Sitte aufzulehnen, an Stelle des Schicksals das Strafrecht stellt, und dadurch der Leidenschaft einen unschönen Charakter giebt: auch hatten sie gegen eine Mischgattung geeifert, die durch Moralisirung des Scherzes die Einheit des Stils beeinträchtigt. Gleichwohl ist für eine Periode sittlicher Neubildung diese Mischgattung ein nüzliches Correctiv, weil man in ihr die Phrase verlassen und den wirklichen Dingen auf den Leib rücken muß. Am nöthigsten war es in Deutschland, wo das Lustspiel (auch in der Gottsched'schen Schule!) der gemeinsten Zote verfallen war, und das Trauerspiel eine fremde, angelernte Sitte umschrieb.

Gellert's Abhandlung war ziemlich oberflächlich, im Grund hob er nur den moralischen Werth der neuen Gattung hervor: die Seite, durch die er allein angezogen wurde. „Die Tugend gefällt auf der Bühne weit mehr als im gemeinen Leben. Denn da bei Betrachtung und Bewunderung eines rechtschaffenen Mannes oft der Neid sich einmischt, so bleibt er bei dem Anblick des bloßen Bildes der Tugend weg, und statt des Neides wird im Gemüth eine süße Empfindung des Stolzes und der Selbstliebe erweckt. Wenn wir sehn, zu welchem Grade der Vortrefflichkeit die menschliche Natur erhoben werden könne, so dünken wir uns selbst etwas Großes zu sein. Wir gefallen uns also in jenen erdichteten Personen selbst, und die auf die Bühne gebrachte Tugend fesselt uns desto mehr, je leichter die Sitten sind, welche den guten Personen beigelegt werden, und je mehr ihre Güte selbst, welche immer mäßig und sich immer gleich bleibt, nicht sowohl die Frucht von Arbeit und Mühe, als vielmehr ein Geschenk der Natur zu sein scheint. Mit einem Wort, sowie wir bei den lächerlichen Personen der Bühne uns freuen, weil wir ihnen nicht ähnlich scheinen, ebenso freuen wir uns über unsere eigne Vortrefflichkeit, wenn wir gute Gemüthsarten betrachten: welches bei den heroischen Tugenden der Tragödie sich feltner zu ereignen pflegt, weil sie von unsern gewöhnlichen Umständen allzu entfernt sind." — Leffing billigte die Abhandlung ganz; auch Haller, gegen die Immoralität des Theaters im Allgemeinen höchst aufgebracht, hielt die rührende Komödie für die leidlichste unter allen Gattungen.

Gleichzeitig begann Gellert ein Collegium über Poesie und Beredsamfeit. „Wir gefallen,“ sagt er in der Eröffnungsrede, „wenn wir mit dem Verstande zugleich das Herz beschäftigen. Der Poet muß sich also selbst in seinem Verstande aufklären und sein Herz zum Guten erhigen. Der Geschmack der Natur, der Vernünftigen und der Gesitteten, das ist sein Ziel. Er muß stets das Nüßliche mit dem Angenehmen verbinden, so wird er gefallen, solange Menschen Menschen sind. Singen Sie, meine Herren! der Tugend und der Religion zur Ehre, so werden Sie mit Beifall singen, wo

fern Sie zugleich schön fingen. Ich verspreche Ihnen im Namen der Zukunft Ehre und Unsterblichkeit. Scherzen Sie in Ihren Liedern, so sei Ihr Scherz selbst noch lehrreich oder doch unschuldig, und die Heiterkeit Ihres Wizes müsse sich stets mit dem Ernst der guten Sitten und des Wohlstondes vertragen." Die Vorlesungen wurden stark besucht, und sind später durch Goethe's Schilderung berühmt geworden, der freilich in einer Zeit daran theilnahm, wo Gellert's ganzes Trachten sich auf moralische Gemeinplätze und eine reinliche Handschrift eingeengt hatte. Wenn aber Goethe berichtet, daß Gellert unter den Stilmustern, durch welche er die akademische Jugend zu bilden suchte, der bedeutendsten Erscheinungen, z. B. Klopstod's gar keine Erwähnung that, so war er in der gegenwärtigen Periode noch nicht so resig= nirt er sprach sich gegen Bodmer mit großer Wärme über den Messias aus, welcher der deutschen Nation Ehre mache.

Aus der Schweiz zurückgekehrt, meldete Klopstock 6. März 1751 Gleim seine Ankunft in Quedlinburg. Dort traf er den alten Freund Cramer wieder, als Oberhofprediger und Superintendent, mit der Schwester seiner seligen Radikin verheirathet: ein stattlicher, falbungsvoller, wohlangesehener Geistlicher, der sich durch die Uebersetzung des Bossuet und des Chrysostomus bereits einen Namen gemacht. Bis 1750 war er Prediger auf dem magdeburgischen Dorf Crellwit gewesen, und hatte mit Ad. Schlegel, der bei ihm wohnte, eine moralische Wochenschrift herausgegeben; der Leßtere hatte eben den Batteur übersetzt, und war als Lehrer in Schulpforte angestellt*).

Nachdem er den alten freundschaftlichen Verkehr mit Gleim auf's lebhafteste wieder aufgenommen, reiste Klopstock Ende des Monats aus Quedlinburg ab. In Braunschweig fand er die Zahl seiner Freunde durch Gieseke vermehrt (27. 3.), der Jerusalem's Sohn erzog, den späteren Werther. Von da ging er nach Hamburg, wo er vor Allem Hagedorn aufsuchte, den er schon lange verehrt; zugleich setzte er seine Studien in Mädchenseelen fort. Gieseke hatte ihm Briefe von einer Mlle. Meta Moller gezeigt, die für den Messias schwärmte: 4. April 1751 sah sie der Dichter zum erstenmal. Bei diesem Mädchen," schreibt er kurze Zeit darauf an Gleim, „habe ich meine meiste Zeit in Hamburg zugebracht. Sie ist im eigentlichsten Verstand so liebenswürdig und so voller Reize, daß ich mich bisweilen kaum enthalten konnte, ihr insgeheim denjenigen Namen zu geben, der mir der theuerste auf der Welt ist. Ich bin oft und lange bei ihr allein gewesen. Ich habe

*) 1754 wurde er Prediger in Zerbst, 1759 in Hannover.

ihr viel von meiner melancholischen Geschichte erzählen müssen. Wenn Sie, mein Gleim, hätten jehen sollen, wie sie mir zuhörte, wie sie mich manchmal unterbrach, wie sie weinte! und wie sehr sie meine Freundin ge

worden ist! Dieses Mädchen litt so viel, so unaussprechlich viel, und sie war doch diejenige nicht, um derentwillen ich so viel gelitten habe. Was muß sie für ein Herz haben! Und dann habe ich eine Vergleichung machen wollen, und dann hat sich eine dunkle Nacht vor meine Augen gezogen. Wenn ich den geheimsten Empfindungen meines Herzens hiebei nachforsche, so finde ich zuletzt, daß ich noch unglücklicher bin, als ich vorher war, weil mich dies edle Mädchen durch ihr fanftes Mitleiden auf eine so starke Art an meine alte Traurigkeit erinnert hat, daß ich von Neuem in seinem ganzen Umfang fühle, wie unglücklich ich bin! O könnten Sie mir Nachrichten geben, die dies nur einigermaßen widerlegten!"

Ende April 1751 ging Klopstock nach Kopenhagen, und wurde durch Bernstorf dem König vorgestellt, den er bald darauf nach dem nahe gelegenen Luftschloß Friedensburg begleitete. Zahlreiche liebe Briefe von Meta folg= ten ihm dahin. In einiger Zeit siedelte Freund Rahn aus Zürich nach Dänemark über, um den Plan seiner Seidenfabrik auszuführen, nachdem er sich in Langensalza mit Klopstock's Schwester verlobt. Des Dichters Ruf war nun in's Ausland gedrungen: mit Young, dem berühmten Verfasser der Nachtgedanken, knüpfte er einen halb poetischen Briefwechsel an. („Stirb, prophetischer Greis, stirb! denn dein Palmenzweig sproßte lang schon empor; daß sie dir rinne, steht schon die freudige Thräne in dem Auge der Himmlischen." U. s. w.) — In dieser Zeit erschien die Ausgabe des Messias in fünf Gefängen, dem Könige von Dänemark gewidmet.

Der vierte Gesang sticht vortheilhaft gegen die vorhergehenden ab: er bewegt sich auf der Erde, im Synedrium, wo über Jesus Rath gehalten wird. Die Reden von Kaiphas und Philo sind in ihrer leidenschaftlichen Art vortrefflich, namentlich wenn man erwägt, daß Deutschland damals noch keine Parlamentsredner hatte. Leider giebt sich Klopstock nicht die Mühe, in der Gegenpartei etwas Positives zu suchen: er nimmt sie nicht einmal als Fanatifer, sondern durchweg als Heuchler und Bösewichte, da doch selbst Paulus den Herrn verfolgte, ehe er ihn kannte. Satan und seine bösen Erzengel wissen sich auch hier als Einbläser einzuschleichen, und schwächen die Bestimmtheit der Charaktere ab. Die liberale Opposition besteht aus bereits vollständig schauenden Christen, was ebenso gegen die Bibel wie gegen die epische Haltung verstößt. Dann verliert die Schilderung sich wieder in eine Reihe schöner Seelen, junge zarte Mädchen, Weise u. s. w.; unnennbare Gedanken und Blicke voll göttlichen Tiefsinns blenden das Auge.

Die schönste der schö

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nen Seelen sollte billig Maria sein, aber hier zeigt sich, daß die Verlegung des Naturgeseßes sich auch ästhetisch rächt. Wenn Maria ausruft: „Wenn jein gnädiges Antlig auf seine Mutter noch einmal würdigt herabzulächeln, so will ich zitternd es wagen, sie zu seinen göttlichen Füßen es hat ja begnadigt Magdale zu seinen Füßen geweint! da will ich es wagen, zitternd mich niederzuwerfen“ u. s. w. so empfindet man das als eine Beeinträchtigung der Mutterwürde. Mutter bleibt Mutter! einerlei, was es mit der Empfängniß für eine Bewandtniß hatte, und wenn auch der Sohn. zehnmal ein Gott ist. Um wieviel menschlicher ist die Madonna der katholischen Kirche! Noch schlimmer wird es, als das Leiden des Gottmenschen geschildert werden soll. Der Allmächtige, der mit seinem Wink Legionen von Engeln gebietet, die ihm dienen, kann nicht jammernd ausrufen: „Ist es möglich, so gehe dieser Kelch vorüber!" In der Dogmatik kann man dem grübelnden Verstand allerlei aufbürden, aber die Sinne trügen nicht, und keiner Phantasie wird es gelingen, der Anschauung hölzernes Eisen weis zu machen. Wie können wir Theilnahme und Mitleid einem Helden schenken, der nur zum Schein leidet! der biblische Christus ist von unserm Fleisch und Blut.

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So lebhaft der Briefwechsel mit Meta fortging, so blieb doch Fanny unvergessen. „Wenn ich Ihnen," schreibt der Dichter aus Friedensburg Oct. 1751 an Gleim, meinen jeßigen Zustand nennen sollte, ich hätte keinen Namen für ihn. Ich habe bisher oft von Ihr geträumt. Dann weine ich in und nach dem Traum. Aber was sind das für Thränen von einer ganz besonders verstummenden Art! Gar keinen Ruin von Hoffnung mehr und doch Thränen! Ich bin überzeugt, Sie können sich davon keine Vorstellung machen. Fanny ganz verloren, ja ganz! denn sie hat kein Herz wie ich. Ach Gleim! es ist ein entsetzlicher Gedanke. - Manchmal wünsch' ich, daß ich sie niemals gesehen, nie ihren Namen hätte nennen hören; so könnte doch mein Herz durch das große Glück der Liebe glücklich werden; so könnte ich vielleicht eine Andere lieben. Aber das kann ich nun nicht. Sie sollen mir viel und oft von Ihrer Zärtlichkeit gegen mich und von Fanny reden. Weil Fanny so selten an mich schreibt, so sollen Sie machen, daß fie an Sie schreibt, und mir wieder schreiben, was sie schreibt. Ich verdiene es wohl, daß Sie dies bischen Abendschimmer auf mein trauriges Leben streuen. Stellen Sie sich einmal ein Herz vor wie meines, das nicht mehr klagen und nicht mehr weinen kann. Wenn ich an meine Thränen zurückdenke, so merke ich wohl, daß doch immer etwas Hoffnung unter die Traurigkeit gemischt war, sie hervorbringen zu helfen. Diese Wolke wird wohl über mein Leben ausgebreitet bleiben, und wenn ich sonst auch noch so glücklich sein könnte."

Damals ließ Klopstock die schon besprochene Ode drucken, von der Lessing

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