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chen und ging nach Leyden, wo er 1747 das noch stärkere L'homme machine schrieb. In der Vorrede nannte er sich Haller's Schüler, und gab vor, dessen Grundsäße zu verfechten, wofür er in den Göttinger Gelehrten Anzeigen hart zurecht gewiesen wurde. Auch in Holland war seines Bleibens nicht länger, dafür fand er Zuflucht in Berlin, wo ihn der König zu seinem Vorleser und zum Mitglied der Akademie machte. Unter seinem Schuß schrieb er 1748 L'homme plante und Anti-Sénèque ou discours sur le bonheur, in welcher er das Gewissen als eine Folge der Erziehung erklärte, und die Wollust so schamlos vertheidigte, daß Diderot zu dem Ausspruch veranlaßt wurde: er ist ein Schriftsteller ohne Urtheil, welcher fortwährend die Anstrengung des Denkens mit der Qual des Bösen, die leichten Unbequemlichkeiten der Wissenschaft mit den unheilvollen Folgen der Unwissenheit verwechfelt; frechen Geistes in dem was er sagt, und frechen Herzens in dem, was er nicht zu sagen wagt; den Verbrecher in seinem Verbrechen, den Verdorbenen in seiner Verderbtheit bestärkend, untergräbt er mit seinen plumpen aber gefährlichen Trugschlüssen die Grundvesten der Sittlichkeit." Voltaire sprach sich nicht minder verächtlich aus. 1750 folgten Réflexions philosophiques sur l'origine des animaux; Vénus métaphysique ou essai sur l'origine de l'ame humaine; im folgenden Jahr L'art de jouir ou l'école de la volupté, wo wieder mit Haller's „Doris“ (Bd. 1, S. 467) ein abscheulicher Mißbrauch getrieben wurde.

Haller eben mit der Herausgabe seiner Physiologie*) beschäftigt, und in Deutschland die erste europäische Berühmtheit seit 1749 vom Kaiser geadelt, zugleich britischer Staatsrath, Präsident der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mitglied der Akademie von Paris, Bologna, Florenz u. s. w. - fand doch für nöthig, das Buch folgendermaßen anzuzeigen: „die Wollust, die ohnedies mit allzustarker Gewalt die Menschen beherrscht, empfiehlt ihnen Lamettrie als das wahre Gute, und fast als eine Tugend. Allen Reiz der buntesten Farben, die in seines Pinsels Gewalt sind, hat er angewandt, diesem Feinde aller ernsthaften Gedanken eine neue Stärke zu geben, und Herr Haller wird mehr als jemals bereuen, daß er die Doris jemals hat bekannt wer den lassen, nachdem sein unerbittlicher Uebersetzer auch dies kleine Werk, nach

Freilich

*) In derselben vertheidigt er auch den Nußen der Hypothesen. habe Cartefius durch sein leichtfertiges Construiren die Forschung zur Indolenz verführt, und die Verbesserung des Vergrößerungsglases und anderer Werkzeuge habe der Wissenschaft mehr genußt als alle apriorische Grübelei; wollte man aber die Hypothese, den natürlichen - Ausdruck der menschlichen Neugier, ganz aufgeben, so würde die Menschheit erstarren. Die Hypothesen sind nicht die Wahrheit, aber sie führen zur Wahrheit, wenn auch auf Irrwegen, wie z. B. die Alchymie.

Schmidt, Julian, Geschichte des geistigen Lebens. II.

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seiner Art verkleidet, gleich am Anfang eines so schädlichen Buchs hat abdrucken lassen, dessen Ende so schändlich ist, daß es von Niemand kann gelesen werden, der noch erröthet." Noch schärfer sprach sich Lessing, Juni 1751 aus. Lamettrie antwortete mit einem Libell gegen Haller, das diesen veranlaßte, sich an den Präsidenten Maupertuis um Satisfaction zu wenden, aber mittlerweile starb Lamettrie, 11. Nov. 1751, zu Berlin, erst 42 Jahr alt, an einer Indigestion, was den Frommen zu sehr bösartigen Angriffen Veranlassung gab. Es ist zu bemerken, daß der gottesfürchtige Kästner sich am glimpflichsten äußerte: „Ein gutes Herz, verwirrte Phantasie, das heißt auf Deutsch: ein Narr war Lamettrie.“ Der König schrieb seinem Vorleser eine Lobrede.

Die Frivolität der französischen Freigeister übte damals, auch in Berlin, nur eine geringe Wirkung auf die Deutschen; dagegen entwickelte sich aus der Wolffischen Schule immer umfangreicher jener Rationalismus, der die Vernunft dadurch mit dem Glauben auszuföhnen suchte, daß er diesen nach ihren Voraussetzungen modelte. Die innere Erschlaffung des Pietismus, der aus keiner größeren Erscheinung frische Kraft gesogen hatte, der vielmehr seinen eigentlichen Lebenstrieb an eine andere Sphäre abgeben mußte, war der Hauptgrund dieses schnellen Wachsthums.

Von diesem innern Verfall giebt einer der Hauptführer der modernen Theologie, Semler, ein anschauliches Bild, indem er die Zustände seiner Vaterstadt Saalfeld erzählt, welche einer der Hauptsite des Pietismus war: „Eine Historie der eignen Erfahrung und Erbauung wurde die Regel für Andere, es ja ebenso zu machen; über den Seelenzustand führten manche Prediger ein großes Stadtregister, die Vorsteher der einzelnen Erbauungsstunden hatten ebenfalls dergleichen geistliche Kalender eingeführt, woraus jeder seinen Seclenzustand in der vorigen ganzen Woche wieder herfagte. Dieses war für sehr Viele ein recht sicherer Weg, sich nun bei allen hohen und vornehmen Personen so zu empfehlen, daß sie ihre häuslichen und bürgerlichen Endzwecke auf's allerunfehlbarste hiermit erreichten, wenn sie sich dieser geistlichen Direction so ganz überließen, daß dem Stolz oder dem Eigensinn des Seelenführers Genüge geschah. Die, welchen es Ernst war mit der Sache, hatten viel zu kämpfen, wenn sie den Seelenzustand, den sie haben sollten, das Gefühl der Sündhaftigkeit oder der Erlösung nicht so lebhaft in sich verspürten, als man es von ihnen verlangte."

Semler war 18. December 1725 geboren, und hatte schon als Knabe bei seinem Bruder die krankhaften Erscheinungen dieser Richtung beobachtet. Nach dem Tode seiner Mutter gewöhnte sich auch der Vater allmälig an den neuen Dialekt," und nahm den Sohn in eine Erbauungsstunde mit.

„Ich kann nicht sagen,“ erzählt dieser, „daß mich diese erste Stunde sehr bewegt oder gerührt hätte;" und doch machte er sich Vorwürfe über diese Härte seines Herzens. Es fehlte ihm an der Versiegelung, d. h. an der innern, unmittelbaren Gewißheit von der Kindschaft Gottes (vgl. Bd. 1, S. 542), und eben danach rang er noch vor seinem Abgang nach der Universität. „Kein Winkel war im Hause, wo ich nicht, um allein und unbemerkt zu sein, oft gekniet und viele Thränen geweint habe, Gott möge mich dieser großen Gnade würdigen; ich blieb aber immer unter dem Gefeß. Herrnhutische Lieder halfen mir ebensowenig, als andere neue, die in Saalfeld gesungen wurden. Ich untersuchte mich auf's aufrichtigste, ob ich wissentlich noch einer geistlichen Unart anhinge oder einen Bann behielte; ich besann mich, daß ich ehedem zwei oder drei Mal einen Sechser behalten und nur einen Dreier dafür Sonntags in die Armenbüchse gesteckt hatte. Ich sagte es meinem Vater, und freute mich schon darauf, wenn ich auf der Universität mir etwas würde abziehn können, um es frommen Armen zu geben." Bei all diesen Entdeckungen hielt er es für seine Pflicht, fortdauernd recht traurig zu sein.

Noch nicht 17 Jahre alt, bezog er, schon sehr belesen (hauptsächlich durch eine auf's Gerathewohl zusammengeraffte Bibliothek, die sein Vater auf einer Auction erstanden hatte), die Universität Halle. Die Pietisten nahmen ihn mit offnen Armen auf; aber ihrem Rath, er solle doch das unnüße Studiren lassen, der Heiland könne ihn besser lehren als alle Menschen, konnte er nicht folgen. Gleichwohl entstand eine seltsame Unruhe in ihm, ein ängstliches Mißzfallen an sich selbst und eine Sehnsucht nach innerer Stille. Immer noch hielt er sich nicht für einen Begnadigten. „Recht gut weiß ich es noch, daß ich einst ganz allein Abends aus dem Collegio auf dem großen Platz des Waisenhauses spazieren ging, in tiefer Betrübniß, und wünschte: o wär' ich dieser Klumpen Eis, dieses Stück Holz." Immer mehr überzeugte er sich, daß es Mangel an echter Seelenkunde sei, wenn man die innern Zustände der Menschen alle gleichsam über einen Leisten schlagen, und auch dem eine Wichtigkeit beilegen wolle, was doch mehr in zufälligen und natürlichen Stimmungen seinen Grund habe. Diese Beobachtung trieb ihn aus der Schule der Pietisten zu 3 ac. Baumgarten, dessen eifrigster Schüler und Hausgenoß er bald wurde.

1749 wurde er als Lehrer nach Coburg verseßt und heirathete; 1751 kam er als Profeffor der Geschichte und Poesie nach Altorf, im folgenden Jahr auf Baumgarten's Empfehlung als Doctor und Professor der Theologie nach Halle. -Sein Hauswesen macht einen freundlichen Eindruck: „Wir hatten die Kinder stets um uns, wir haben ihnen das Lesen meist selbst beigebracht, alsdann übten wir sie, daß sie wechselsweise uns ein Lied, einen Pfalm

oder einige Seiten aus einem guten Buch vorlesen mußten; wir lehrten fie ein Lied singen und fragten sie darüber. Gellert's Lieder lernten sie auswendig. In unserm Zirkel war lauter Ruhe und Zufriedenheit; das Gesinde sah und hörte nichts Zweideutiges, geschweige je eine Unordnung, jedes fühlte die Ueberlegenheit der Frau. In allen blos häuslichen Sachen hing ich ab von der Einrichtung und Erkenntniß einer so treuen Hausmutter. So ist zwanzig Jahre lang eine große Gleichförmigkeit unsers Lebens unterhalten worden; wir und unsere Kinder wußten und fühlten es, daß wir die allernächste engste Gesellschaft auf der ganzen Welt seien, und also beobachteten wir die daraus entstehenden Pflichten ohne Geräusch und ohne Ausnahme."

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Es war ein Ehrenpunkt im System des neu auffeimenden Rationalismus und darin sticht er sehr vortheilhaft gegen die alte Orthodorie ab - ein strenges Leben der Pflicht zu lehren und zu führen. Er war in seinem ersten Auftreten nicht kritisch gegen die Dogmatik, sondern nur ablehnend; als das Bleibende im. Christenthum bezeichnete er, was zur Ausbesserung des Menschen beitrage. Darin waren z. B. Semler und Gellert vollkommen einig. Eigen war dem Ersteren die Unterscheidung zwischen einer Privatreligion, aus dem Herzen und der Stimmung geschöpft, und der öffentlich geltenden Theologie, der um der Ordnung willen jeder sich anzubequemen habe. Nicht fern lag der Gedanke, daß dies auch umgekehrt gelte, daß auch die Offenbarung sich dem menschlichen Verständniß, dem zeitlich entwickelten, anbequeme.

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Dieser neue Gedanke später am sinnigsten in der Erziehung des Menschengeschlechts" entwickelt - gehört hauptsächlich 3. B. Michaelis an. J. B. Michaelis, der Sohn des bekannten Hallischen Pietisten, war 27. Febr. 1717 zu Halle geboren, hatte, wie sein Vater, die orientalischen Sprachen in ihrem ganzen Umfang studirt und sich durch gelehrte Reisen in England und Holland fortgebildet. 1745 wurde er Professor in Göttingen, wo er bald in allen öffentlichen Angelegenheiten neben Haller die erste Rolle spielte. 1750 schrieb er die Einleitung in die Schriften des Neuen Bundes". Schon hier findet sich der Keim zu seinem spätern System: von dem Inhalt des Christenthums das orientalische Colorit, die historische, locale und zeitliche Bedingtheit abzuschälen, was nur durch ein genaueres Studium des Orients möglich war. Dieses betrachtete Michaelis als seine eigentliche Lebensaufgabe.

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Wer sich überzeugen will, daß neben diesen friedlichen Bestrebungen das alte theologische Gezänk rüstig fortging, darf nur die Vossische Zeitung von 1751 durchblättern, wo die Hälfte der Anzeigen theologische Streitschriften betreffen. Lessing hatte es mit Orthodoxen und Pietisten, mit Wolffianern

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und Chiliasten, mit Schwärmern und Klopffechtern jeder Art zu thun, die sämmtlich gegen die Herrnhuter zu Felde zogen. Unter den Streitschriften dieses Jahres gegen die Brüdergemeinde verdient die des schwäbischen Pietisten Bengel (Bd. 1, S. 630) die größte Aufmerksamkeit. — Im Gegensatz gegen die Socinianer hatte Zinzendorf die Person des Heilands als wirklichen Gott ausschließlich in den Vordergrund gestellt, und über die „Dächerpredigt“ der Gottvater-Religion" sich ziemlich farkastisch ausgedrückt. „Wir sind hier eine Synagoge des Heilands, unsers Specialvaters; denn Gott, der Vater unsers Herrn Jesu Christi, ist nicht unser directer Vater, das ist eine falsche Lehre, und einer von den Hauptirrthümern, die in der Christenheit sind. Was man so in der Welt einen Großvater, einen Schwiegervater nennt, das ist der Vater unsers Herrn Jesu." Einmal nannte er sogar die Prediger Gottes des Vaters professores des Satan; und den heiligen Geist pflegte er als Gott-Mutter zu bezeichnen. Das schien Bengel doch zu sehr von den Artikeln abzuweichen; er konnte es nicht loben, daß man dem Vater das Werk der Schöpfung abspreche, und ihm gleichsam nur das Zusehn lasse. Man joll den Sohn nicht überhüpfen, aber auch den Vater nicht;" und wenn Zinzendorf meine, die seien dem Heiland gram, die ihn nicht an die Stelle des Vater sehen wollten, so könnte man ihm ebensogut eine Feindschaft gegen Gott den Bater vorwerfen. Gleich Zinzendorf bekannte sich Bengel zu der ,,alten Lutherischen Bluttheologie"; aber daß Zinzendorf ausschließlich von dem leidenden Christus sprach, konnte er ebensowenig billigen, als den finnlichen Ton, in welchem die Herrnhuter von seinem Blut, seinen Wunden, den Nägelmalen, dem Seitenloch u. s. w. zu singen pflegten. Er tadelte Zinzendorf, daß er den Harnisch der evangelischen Lehre zu einem glatten Spiegel gemacht habe, in welchem die Einbildungskraft wohlgefällig sich selbst beschaut. „Wer die Art des menschlichen Gemüths kennt, der kann es unmöglich gut befinden, wenn man von dem ganzen Schatz der heilsamen Lehre einen einzigen Artikel zur steten Betrachtung aussondert; es giebt ein leeres, mattes Geschwätz, welches nicht nur mit dem Munde, sondern auch in Gedanken vorgehn kann; und mit einer eigenwillig erzwungenen und übertriebenen Blutandacht möchte einer in die bloße Natur versinken... Diejenigen, welche die köstliche Blutlehre sogar bloß und mit einer unerhörten Affectation vortragen, machen sie ohne ihr Wissen gemein. Indem sie aus dem Wundenblick ohne das Gesetz Alles herleiten, was man thun und lassen soll, so machen sie als ungeschickte Empirici, soviel an ihnen ist, aus dem theuern Blut Christi ein Opium, womit sie sich und Andere im Gewissen um den Unterschied dessen bringen, was Recht und Unrecht ist." Er tadelt die ausschweifenden Bilder, unter welchen das Verhältniß der Seele zu Christo als das einer Braut zum Bräutigam

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