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vorgestellt würde: das Fleisch habe dabei unter der Hand ein reicheres Futter, als selbst ein noch so purer und mächtiger Weltmensch erlangen könnte. Schon im täglichen Umgang ist es nicht sein, wenn man die Vertraulichkeit auch unter denen, die einander am nächsten und gleiches Alters und Standes find, ohne Höflichkeit ausübt; die Vertraulichkeit artet dann leicht in Grobheit aus; wie viel mehr müssen die an solchen Reden Mißfallen haben, die vor der unendlichen Majestät Respect in sich tragen!" -,,Das Gemenge des Guten und des Bösen ist bei der Brüdergemeinde so groß, und dabei werden viele unter ihnen anstatt eines mäßigen Sinnes in eine solche Aufgeblasenheit gesezt, daß sie die Höhe, die ihnen vorgemalt wird, nicht erreichen, und ihnen in schriftmäßigen Lehrbüchern und in der Schrift selbst hinfort nichts gut genug ist, ja daß sie über ihrem Gefühl den Unterschied zwischen dem Glauben und Schauen vergessen.“

Sehr anstößig mußte Bengel eine andere Lehre des Grafen sein. „Was den Stylum der Schrift betrifft," sagt Zinzendorf, so ist der zuweilen, wie wenn ein Zimmermann redet, wie ein Fischer, wie ein Mann, der von der Zollbude herkommt, bald wie ein Gelehrter, der kabbalistisch studirt hat... Bei mir geht an der Apostel Hoheit und Respect nichts ab, wenn ich gleich denke, daß sie sehr schlecht Griechisch geschrieben, und nicht nur Hebraismen, sondern auch Syraismen haben einfließen lassen. Ich glaube, unser Heiland selbst mag sehr platt geredet und vielleicht manche Bauernphrase gebraucht haben, dahinter wir jetzt etwas ganz Anderes suchen, weil wir den Idiotismum der Handwerksleute zu Nazareth nicht wissen. Mit der Zeitrechnung haben sich die lieben Apostel überhaupt gar sehr brouillirt; denn sie haben des Heilands Zukunft so genau und so nahe bestimmt, und theils gewiß genug gemeint, sie würden sie erleben, wie auch den Untergang des Antichrists, ja es gar positiv gejagt; es ist aber nicht geschehen, und nach dem treuen Rath ihres Herrn hätten sie sich diese Untersuchung ersparen können." Wir wissen, daß Bengel anderer Meinung war, und den Zeitpunkt des Weltuntergangs sehr genau berechnet hatte.

Was von allen Seiten angegriffen wird, verdient studirt zu werden. Diesen Grundsatz hat Lessing sein ganzes Leben hindurch festgehalten, er be stimmte ihn jetzt, sich eifrig mit der Brüdergemeinde zu beschäftigen. Noch ist ein Fragment von ihm übrig, worin er seine Gedanken über dieselbe philosophisch zu ordnen suchte.

„Der Mensch ward zum Thun und nicht zum Vernünfteln erschaffen. Glückselige Zeiten, als der Tugendhafteste der Gelehrteste war! als alle Weisheit in kurzen Lebensregeln bestand! Sie waren zu glückselig, als daß sie lange hätten dauern können. Die Schüler der sieben Weisen glaubten ihre

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Lehrer bald zu übersehen. Wahrheiten, die jeder fassen, aber nicht jeder üben kann, waren ihrer Neugier eine allzuleichte Nahrung. Der Himmel, vorher der Gegenstand ihrer Bewunderung, ward das Feld ihrer Muthmaßungen. Der weiseste unter den Menschen bemühte sich die Lehrbegierde von diesem verwegenen Fluge zurückzuholen. Thörichte Sterbliche, was über euch ist, ist nicht für euch! Kehret den Blick in euch selbst! In euch sind die unerforschten Tiefen, worin ihr euch mit Nußen verlieren könnt! Wie? schrie der Sophist. Lästerer unserer Götter! Verfolger der Weisheit! wohin zielen deine schwärmerischen Lehren? Uns den Lehrstuhl zu verschließen? Es ging

der Religion wie der Weltweisheit.

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Christus kam. Waren seine Absichten etwas Andres, als die Religion in ihrer Lauterkeit wiederherzustellen, und sie in diejenigen Grenzen einzuschließen, in welchen sie desto heilsamere und allgemeinere Wirkungen hervorbringt, je enger die Grenzen sind? Pilatus, er lästert unsern Gott!

So lange die Kirche Krieg hatte, so lange war sie bedacht, durch ein unsträfliches Leben ihrer Religion diejenige Schärfe zu geben, der wenig Feinde zu widerstehn fähig sind. Sobald sie Frieden bekam, so bald fiel sie darauf, ihre Religion auszuschmücken, ihre Lehrfäße in eine gewisse Ordnung zu bringen, und die göttliche Wahrheit mit menschlichen Beweisen zu unterstützen. Schritt für Schritt durch alle Jahrhunderte könnte man zeigen, wie das ausübende Christenthum von Tag zu Tag abgenommen hat, da unterdessen das beschauende durch phantastische Grillen zu einer Höhe stieg, zu welcher der Aberglaube noch nie eine Religion gebracht hat. - Man kennt diejenigen, die in diesen unwürdigen Zeiten zuerst wieder mit ihren eignen Augen sehn wollten.

Der Aberglaube fiel. Aber eben das, wodurch ihr ihn stürztet, die Vernunft, die so schwer in ihrer Sphäre zu erhalten ist, die Vernunft führte euch auf einen anderen Irrweg, der zwar weniger von der Wahrheit, aber desto weiter von der Ausübung der Pflichten eines Christen entfernt war.

Und jezo, da unsere Zeiten soll ich sagen so glücklich oder so unglücklich? sind, daß man eine so vortreffliche Zusammenseßung von Gottesgelahrtheit und Weltweisheit gemacht hat, worin man mit Mühe und Noth eine von der andern unterscheiden kann, worin eine die andere schwächt, indem diese den Glauben durch Beweise erzwingen, und jene die Beweise durch den Glauben unterstüßen soll: jezo ist ein wahrer Christ weit seltener, als in den dunkeln Zeiten geworden."

Wo Lessing mit dieser Deduction hinauswollte, sieht man leicht: er construirte philosophisch den Ort, in dem gewisse Grundsäße der angegriffenen Erscheinung ihre Berechtigung fanden; die Erscheinung selbst versuchte er nicht

zu zergliedern. Darum ist seine Bezeichnung nur zum Theil zutreffend, wie ihm das öfters historischen Erscheinungen gegenüber begegnet: er construirte die Idee einer Sache, nicht die Wirklichkeit. Von seinen mystischen Neigungen wird Manches daraus erklärt.

Seine theologischen Kritiken in der Voss. Z. werden durchweg von einem Grundgedanken getragen, der bereits den späteren Lessing ahnen läßt. Man soll sowohl von der unfruchtbaren dogmatischen Polemik als von dem unfruchtbaren Bemühen ablassen, unvereinbare Dogmen zusammenzuflicken. Nicht die Uebereinstimmung in Meinungen, sondern die Uebereinstimmung in tugendhaften Handlungen macht das Christenthum. Beweise für die Dreieinigkeit u. s. w. geben zu wollen, ist ein eitles Unternehmen: ebenso die Offenbarung auf ein chronologisches System oder auf erfüllte Prophezeihungen zu stützen. Die christliche Religion ist nur durch ihre erhabne Einfalt groß: dieser Grundsag ist darum nicht unwahr, weil es auch der der Herrnhuter ist. Wenn man die leßteren bekämpft, soll man nur nicht aus einer Schwäche des Verstandes ein Verbrechen des Willens machen; nicht aus unzüchtigen Ausdrücken auf unzüchtige Handlungen schließen.

Diese liberale Stellung gegen die theologische Polemik befähigte Leffing auch, das Verhältniß der Dichtung zur Religion unbefangen zu würdigen. „Wenn der Verfasser des Messias," schreibt er Sept. 1751, „fein Dichter ist, so ist er doch ein Vertheidiger unserer Religion. Und dies ist er mehr, als alle Schriftsteller sogenannter geretteter Offenbarungen. Oft beweisen diese Herren durch ihre Beweise nichts, als daß sie das Beweisen hätten sollen bleiben lassen. Zu einer Zeit, da man das Christenthum nur durch Spöttereien bestreitet, werden ernsthafte Schlüsse übel verschwendet. Den bündigsten Schluß kann man durch einen Einfall zwar nicht widerlegen, aber man kann ihm den Weg zur Ueberzeugung abschneiden. Man seze Wiz dem Witz ents gegen. Sucht man die Religion verächtlich zu machen, so suche man auf der andern Seite sie in all dem Glanz darzustellen, wie sie unsre Ehrfurcht verdient. Dies hat der Dichter gethan. Das erhabenste Geheimniß weiß er auf einer Seite zu schildern, wo man gern seine Unbegreiflichkeit vergißt und sich in Bewunderung verliert. Er weiß in seinen Lesern den Wunsch zu erwecken, daß das Christenthum wahr sein möchte, gesetzt auch, wir wären so unglücklich, daß es nicht wahr sei. Unser Urtheil schlägt sich allezeit auf die Seite unsers Wunsches. Wenn dieser die Einbildungskraft beschäftigt, so läßt er ihr keine Zeit, auf spisige Zweifel zu fallen. Diese einzige Betrachtung sollte den Messias schätzbar machen und diejenigen behutsamer, welche von der Natur verwahrlost sind oder sich selbst verwahrlost haben, daß sie die poetischen Schönheiten desselben nicht empfin

den." nicht an.

Ob er sich selber zu diesen „Verwahrlosten“ rechnet, giebt Leffing

Als aber von Klopstod einige Zeit darauf „drei Gebete, eines Freigeists, eines Christen und eines Königs“ erschienen für den König von Dänemark gemacht, den man in Gefahr glaubte, auf Abwege des Zweifels zu gerathen, meinte Lessing (20. Febr. 1753): „Wenn Worte und Redensarten, wobei gewisse große Geister vielleicht etwas gedacht haben, wiederholen, denken heißt; wenn kurze und nicht zusammenhängende Perioden das Einzige find, worin der lafonische Nachdruck besteht; wenn in der bunten Reihe häufiger Ausrufungszeichen, Fragezeichen und geheimnißvoller Gedankenstriche das Erhabene steckt; wenn verwegene Wendungen Feuer, und undeutsche Wortfügungen Tiefsinn verrathen: kurz, wenn unserer Wißlinge neueste Art zu denken und sich auszudrücken die beste ist; - so wird man hoffentlich wider angezeigten Bogen nichts zu erinnern haben, es müßte denn die Kleinigkeit sein, daß der Verfasser nicht gewußt hat, was beten heißt." Also auch mit der Unterstützung der Religion durch Wiß und Einbildungskraft hatte es eine eigene Bewandtniß.

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Jan. 1752 trat Gottsched mit dem bescheidenen Gutachten, was von den bisherigen christlichen Epopöen der Deutschen zu halten sei?“ hervor: nicht aus eignem Trieb, sondern „weil Viele seine Meinung von dieser nenmodischen Art zu wissen verlangt." „Es sind Gedichte, dazu der Stoff aus der Schrift hergenommen worden, die von allen Christen als eine göttliche Offenbarung, folglich als eine untrügliche Wahrheit angenommen und verehrt wird; dem aber die Dichter aus ihrem eignen Witz viel seltsame Erdichtungen beifügen, ihre Erzählungen desto wunderbarer und beliebter zu machen. Was thun unsere geistlichen Epopöendichter anders, als daß sie einen an den Rabbinen verlachten und billig verdammten Kunstgriff, wiewohl auf eine neue Art brauchen? die Bibel mit ihren Träumen ausfüllen und die Wahrheit mit Lügen verbrämen!" Gottsched wundert sich, wie die deutschen Gottesgelehrten so still säßen und es nicht wahrnähmen, wieviel solch geistliche „Lügenden“ in einer zur Freigeisterei und Religionsspötterei so geneigten Zeit dem wahren Christenthum schaden würden: „sie verfolgen mit einem löblichen Eifer die Zinzendorfschen Schwärmereien, zumal in dem schwindlichten Gefangbuch derselben, und sehen nicht, daß in diesen neuen Epopöen eben der Geist der Schwärmerei, nur auf eine schlauere und nicht so plumpe Art, herrscht; aber eben deswegen noch desto schädlicher und ansteckender ist." Er stellt sich den entzückten Bodmer, der diese Versuche als Vorboten des goldnen Altars der Poesie gepriesen, mit aufgehobnen Händen vor: „Herr nun läsfest du deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben den

Messias gesehn, welchen Klopstock bereitet hat zum Preis des Volkes zu Zürich."

Schlau genug schien diese Wendung, denn die Theologie war ein nicht zu verachtender Bundesgenosse. Aber nur wenig Theologen folgten dem empfangenen Impuls*) und so weit war doch die öffentliche Meinung schon gebildet, eine offne Denunciation zu brandmarken. Mehrere treue Anhänger fielen von Gottsched ab, weil er das freie Gebiet der Kunst verrathen. selbst an dem Verdienst seines frühern Kampfs gegen Lohenstein wurde man irre, weil er jetzt als Lohensteinianismus brandmarkte, was als große Erweiterung der Poesie erschien. Die Dürre und Unfruchtbarkeit seines Geistes wurde offenbar, als er sich außer Stand zeigte, den Maßstab, mit dem er bis dahin das Nichtige gemessen, am wirklich Bedeutenden zu berichtigen. Seine Zeit war vorüber.

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Kurz vorher hatte Gottsched den Wurmsamen und den Hermann angezeigt. Da Deutschland bisher von so vielen seltsamen Heldengedichten überschwemmt wird, so ist es gleichsam ein Wunder zu nennen, daß ein so starker Dichter als der Herr Baron v. Schöna ich seinem Vaterlande auch ein ordentliches und kunstrichtiges an's Licht stellen wollen. Die Musen scheinen ihn der Bellona, der er anfangs gewidmet gewesen, blos darum entrissen zu haben, daß er ihnen in Deutschland einen so wichtigen Dienst thun, und die epische Dichtkunst, die bisher in so fürchterlichen Gestalten erschienen, in einer liebenswürdigen Gestalt bekannt machen sollte. Wenigstens scheinen sie ihn ausdrücklich zu einem deutschen Voltaire bestimmt zu haben.“ Mit dem bittersten Hohn wurden diese Dinge von Leffing verspottet, der übrigens Dec. 1751 Berlin und damit vorläufig den Schauplatz der großen Action verließ, und sich nach Wittenberg begab, angeblich, um das Studium der Medicin fortzusetzen. Er hinterließ einen ziemlich zweideutigen Ruf. Voltaire war ein Exemplar seines eben fertig gewordenen Siècle de Louis XIV. weggekommen: es stellte sich heraus, daß sein Secretär Richier es an Leffing

*) Am eingehendsten Dr. jur. Hudemann in Rostock („Gedanken von denen der Ehre Gottes und dem Heile der Menschen nachtheiligen Wirkungen, die aus einem Gedicht entspringen, das wider die Grundsätze des göttlichen Wortes chriftliche Religionsgeheimnisse behandelt“ 1751). Er bewies die Schädlichkeit des Messias 1) weil er das verdienstliche Leiden unsers hochgelobten Erlösers und das über die von ihm gebüßten Sünden der Menschen ergangene göttliche Gericht zu einem leichten Spiel der ausschweifenden Phantasie macht, und dadurch der Ehre des Höchsten und seines Sohnes Abbruch thut; 2) weil er der menschlichen Natur, obgleich sie wegen der Sünde durch und durch verderbt und zerrüttet ist, schmeichelt, sie übermäßig erhebt, ja ihr hin und wieder abgöttische Ehre erweist; 3) weil er den Menschen eine sehr falsche, und dem Worte Gottes entgegenstehende Sittenlehre einschärft.

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