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geliehen, und dieser es vertrödelt hatte. Voltaire jagte seinen Secretär fort, und setzte Himmel und Erde in Bewegung, um Lessing zur Verantwortung zu ziehn: der Scandal ging durch ganz Berlin und scheint auch dem König zu Ohren gekommen zu sein.

Gottsched ließ sich in der Hiße des Gefechts zu einer Farce verleiten, die ihn der öffentlichen Meinung gegenüber in seiner ganzen Blöße darstellen mußte. Die legte gekrönte Dichterin, Christiane v. Ziegler, (Bd. 1, S. 441) starb Anfang 1752. Nun hatte die philosophische Facultät zu Leipzig 28. Dec. 1741 das Pfalzgrafenrecht erhalten, Dichter zu krönen, sie hatte aber von diesem Recht noch keinen Gebrauch gemacht. Gottsched, der gerade Decan war, beschloß, mit diesem Privilegium einen großen Schlag zu führen: den böswilligen Kritikern zum Troß sollte der Dichter des Hermann die Krone * erhalten. Der junge Baron war äußerst entzückt; er hoffte, durch diese Würde den Adelstolz seines Vaters zu beschwichtigen, der den Sohn ungern unter den Literaten sah: so schmal seine Mittel waren, erbot er sich gern, die Kosten der Feierlichkeit zu tragen, und widmete seinem Patron ewige Dankbarkeit. Und es wurde in der That großartig: in öffentlicher feierlicher Sizung der Facultät, 18. Juli 1752, überreichte Gottsched in seinem Amtsornat dem Abgeordneten des Baron Schönaich den Lorbeer auf silberner Schüssel. In Deutschland tödtet das Lächerliche langsamer als in Frankreich, aber es tödtet doch, und diese Farce war wohl in Gottsched's öffentlichem Leben der entscheidende Wendepunkt.

Zwar fehlte es ihm noch immer nicht an Anhängern unter den mittelmäßigen Köpfen, und mit ihrer Hülfe gelang ihm noch ein neues Unternehmen*): er stiftete 5. Sept. 1752 in Leipzig die Gesellschaft der freien Künste, mit der Absicht, Filiale durch ganz Deutschland zu gründen, und in der Hoffnung, der kunstliebende Dresdner Hof werde dem Unternehmen günstig sein. Aber in dem lustigen Dresden war für ihn kein Boden, und er sollte von daher noch eine neue Kränkung erleben.

Um seiner Bühne neuen Aufschwung zu geben, veranlaßte Koch den unermüdlichen Weiße, eine alte englische Operette, the devil to pay, die schon früher in Hamburg aufgeführt war, für eine neue Musik neu zu bearbeiten. Der Teufel ist los wurde wirklich 6. Oct. 1752 in Leipzig mit großem Beifall gegeben, und da ziemlich starke Anspielungen auf Gottsched darin vorkamen, den alten Feind der Operetten, fühlte sich dieser gemüßigt, in Dresden eine förmliche Klageschrift einzureichen. Diese blieb nicht nur unbe

*) Gleichzeitig gab er eine Uebersetzung des Reineke Fuchs in hochdeutscher Brosa heraus.

antwortet, sondern sie wurde veröffentlicht, das schlechte Französisch erregte selbst in Leipzig allgemeines Gelächter, und Weiße, durch den guten Erfolg ermuntert, fuhr fort, Operetten zu schreiben, z. B. die Poeten nach der Mode, worin die Schwächen der Gottschedianer ebenso verspottet wurden als die der Schweizer. - Auf einer Reise, die Gottsched nach Cassel und Göttingen machte, um seine dortigen Anhänger zu sammeln, wurden ihm auf jeder Station, wo er einkehrte, Briefe des Teufels" überreicht, die ihn verhöhnten. Verfasser war Rost, damals Secretair beim Grafen Brühl, der ihn offenbar gehett hatte: in Dresden, an den Prunk der italienischen Oper gewöhnt (die Aufführung des Soliman kostete 80,000 Thlr.), lachte man der ärmlichen Theaterreformen Gottsched's. Der Proceß mit Koch wurde März 1753 auf die Art beigelegt, daß Gottsched seine Klage zurücknahm, und Koch versprach, nichts gegen ihn drucken oder aufführen zu lassen. Seitdem setzte Gottsched seinen Fuß nicht mehr in das Theater. Sein einziger Trost war Grimm, sein Pariser Correspondent (jezt 30 3. alt), der noch hin und wieder Leipzig besuchte und sich dort selbst in die deutsche Gesellschaft aufnehmen ließ nicht mehr Hofmeister, sondern selbständiger Literat, und als ebenbürtig in den Kreis der französischen Schöngeister aufgenommen. Er hatte Gottsched's Grammatik und Gedichte übersetzt, und sie dem Dauphin zugeeignet; auch fuhr er fort, den Ruhm seines alten Lehrers im Mercure zu verkünden. In Bezug auf die Operetten dachte er ganz wie Gottsched, und schickte ihm eine mit Geist geschriebene Satire: le petit prophète de Bochmisch-Breda (April 1753), die Frau Adelgunde (jezt 40 3. alt; Bd. 1, S. 444. 484.) fofort mit Nuganwendungen in's Deutsche übersehte. Vous aurez la bonté, schreibt der galante Verfasser an Gottsched, indem er sich dafür bedankte, de me mettre aux pieds de Me. Gottsched et de m'y laisser le reste de ma vie.

Es war ebenso weise als würdig von Klopstock, daß er sich an diefen Streitigkeiten über den Werth seiner Dichtung nicht mit einer Zeile betheiligte: er arbeitete an seinem Werk fort, und ließ Gegner und Anhänger gewähren. In sein Leben war eine neue Wendung eingetreten. Indem er den König von Dänemark nach Holstein begleitete, besuchte er Hamburg, und schrieb von hier aus 9. April 1752 an Gleim: „Wo soll ich nur anfangen, mit Ihnen zu schwatzen? Davon, daß ich ganz und gar nicht mehr unglücklich bin? Ja, davon will ich immer anfangen, denn ich weiß, daß es meinem Gleim sehr lieb ist, dies zuerst zu wissen. Wie aber dies Alles zugegangen, sage ich Ihnen noch nicht ganz. In so wichtigen Sachen der

Glückseligkeit, als die Liebe und die Freundschaft sind, kann ich unmöglich halb glücklich oder nur halb unglücklich sein. Daher bin ich so lange traurig gewesen, und daher, da ich aufgehört habe traurig zu sein, habe ich auch ganz und gar aufgehört." 3. Juli meldet er seine Verlobung: „ich fage Ihnen, daß ich unaussprechlich glücklich bin (ich weiß nicht, wo ich alle hin soll, wenn ich davon mehr ausdrücken will), daß ich die kleine Moller liebe, daß sie mich so sehr liebt, als sie geliebt wird, daß sie die geliebteste unter allen geliebten Mädchen ist, und daß es bei diesem Allen auch nicht wenig sagen will, daß dies mein Gleim mit mir empfinden kaun." Und Meta fügt in einer Nachschrift hinzu: Hätten Sie wohl gedacht, daß die Moller in Hamburg so glücklich sein würde? Nein! das dachten Sie wohl nicht, daß Klopstock noch einmal so ein Mädchen lieben würde! Sie wüßten, wie er geliebt wird! Das übertrifft Alles, sogar Klopstock's Liebe selbst; doch nur ein bischen, denn er liebt mich recht sehr“

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Das Verhältniß zu Meta hatte zwei Seiten. Durch ihre unbedingte Anbetung wurde dem Dichter die Nothwendigkeit einer Rolle vor sich selbst und Andern noch fühlbarer aufgedrängt: zugleich aber löste das Liebesglück seine Zunge, und zeitigte die schönsten Blüthen seiner Lyrik. „Lang in Trauern vertieft, lernt' ich die Liebe, sie, die der Erde entfloh... O Schmerz! da sie erschienen war, warum trafest du mich mit dem gewaltigsten deiner zitternden Kummer, schwermuthsvoller wie Nächte sind?... Endlich sinft die traurige Nacht, und mir wachen mit Lächeln alle schlummernden Freuden auf! — O wie staun' ich mich an, daß ich jest wieder bin, der ich war! wie entzückt über die Wandlungen meines Schicksals, wie dankbar wallt mein frendiges Herz in mir! Ach du kennst ja mein Herz, wie es geliebet hat! gleicht ein Herz ihm? Vielleicht gleichet dein Herz ihm nur! Darum liebe mich Eidli, denn ich lernte die Liebe dir! Dich zu finden, ach dich! lernt' ich die Liebe, sie, die mein steigendes Herz himmlisch erweiterte, nun in süßeren Träumen mich in Edens Gefilde trägt!" „Unerforschter als sonst etwas den Forscher täuscht, ist ein Herz, das die Lieb' empfand, sie, die wirklicher Werth, nicht der vergängliche unsers dichtenden Traums gebar, jene trunkene Lust, wenn die erweinete fast zu selige Stunde kommt, die dem Liebenden sagt, daß er geliebet wird! und zwei bessere Seelen nun ganz, das erstemal ganz, füh len, wie sehr sie sind! Selbst das Trauern ist füß, das sie verkündete, eh' die selige Stunde kam! Wenn dies Trauern umsonst eine verkündete, o dann wählte die Seele falsch, und doch würdig! Das webt keiner der Denker auf, was für Irren sie damals ging!" -Rosenknospen dir auf! daß sie mit süßem Duft dich umströmen! dort schlummerst du! Wach', ich werfe sie dir leis in die Locken hin, wach vom Thaue der Rosen auf,

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und (noch bebt mir mein Herz, lange daran verwöhnt) und o wache mir Die kleinen Lieder jener Zeit sind von einem namenlosen

lächelnd auf!"

Liebreiz, eben weil sie wirklich empfunden sind, nicht mehr geträumt.

Von Hamburg aus kam Klopstock Aug. 1752 nach Halberstadt zum Besuch, wo Gleim damit umging, eine Akademie nach Art des braunschweiger Carolinums einzurichten; auch Cramer und Ramler fanden sich ein, und sie lebten in freundschaftlicher Schwärmerei mit einander in den damals noch weniger zugänglichen Einsamkeiten des Bodethals. Ein frisches Rheinweinlied war u. A. die Frucht dieser heitern Stunden. In dieser Zeit richtete Klopstock eine Ode an Gleim, in welcher er die tiefere Bedeutung seines Scherzes mit Wärme anerkannte, auch seine Begeisterung für König Friedrich, ohne Wünsche nach Lohn": worin er aber im Namen von Deutschlands Muse erklärte, fie folge ihm in dieser Begeisterung nicht. Wohl habe Friedrich große Hoffnungen erregt: „würdig war er, uns mehr, als dein beglücktester Freiheitshaffer, o Rom, Octavian zn sein! mehr als Ludwig So verkündete ihn, als er noch Jüngling war, sein aufsteigender Geist; noch, da der Lorbeer ihm schon vom Blute der Schlacht troff, und der Denker gepanzert ging, floß der dichterische Quell Friedrich entgegen, ihm abzuwaschen die Schlacht. Aber er wandte sich, strömt' in Haine, wohin ihm Heinrich's Sänger nicht folgen wird.“

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Die Sache hing so zusammen. Noch 1749 hatte sich Klopstock verleiten lassen, einen Schlachtgefang zu dichten, der augenscheinlich auf Friedrich gemünzt war: als dieser sich aber mit Voltaire verbündete, wurden die betreffenden Stellen geändert, und das Ganze gegen alles Costüm auf Heinrich den Vogelsteller bezogen: gerade wie Klopstock später seine griechischen Götter in die nordischen Ungestalten umwandelte. Sagt's der Nachwelt nicht an," schließt jene Ode, daß er nicht achtete, was er werth war, zu sein, aber sie hört es doch; sagt's ihr traurig, und fordert ihre Söhne zu Richtern auf.“

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Das Vaterland hatte bis dahin Klopstock's Muse wenig in Anspruch genommen; in diese Zeit fällt das erste und auch wohl das schönste seiner Hermannslieder: „Ha dort kommt er mit Schweiß, mit Römerblute, mit dem Staube der Schlacht bedeckt! so schön war Hermann niemals! so hat's ihm nie von dem Auge geflammt! Komm, ich bebe vor Lust! reich mir den Adler und das triefende Schwert! komm, athm' und ruh' hier aus in meiner Umarmung von der zu schrecklichen Schlacht! Ruh' hier, daß ich den Schweiß der Stirn abtrockne, und der Wange das Blut! Wie glüht die Wange! — Hermann! Hermann! so hat dich niemals Thusnelda geliebt!" Hier ist feine teutonische Doctrin, sondern ein lebendiges Gemälde, warm und feurig angeschaut, ein Gemälde, das unserer Dichtung bleiben wird, wenn die spätern

Bardiete und der Messias längst in den Bibliotheken vermodern. Lessing hat dieses Gedichts mit keiner Zeile gedacht.

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Das Vaterland sah Klopstock damals nur in der gemeinsamen Sprache, der gemeinsamen Dichtung und Wissenschaft. Mit edler Wärme, mit dem stolzen Gefühl der Kraft und der Bescheidenheit, die ihre Grenzen kennt, fordert er die Muse Englands zum Wettlauf heraus. Noch ist es eine junge, bebende Streiterin", für die er eintritt: doch sie bebte männlich, und glühende, siegswerthe Röthen überströmten flammend die Wang', und ihr goldenes Haar flog.“ Der Dichter steht offenbar auf der schönsten Höhe seiner Kraft. Seine Zeit war zwischen Hamburg und Kopenhagen getheilt; in froher Jugendlust und im Vollgefühl der Gesundheit, begann er damals seinen Cultus des Eislaufs, der ihm auch später eine fast so wichtige Angelegenheit blieb als Vaterland oder Religion.

Die Gegner waren Klopstock nicht gefährlich; mehr Grund hatte er, seine blinden Anhänger zu fürchten. Der schlimmste war Bodmer, der auf seine alten Tage von einer förmlichen Wuth des Dichtens besessen wurde. — Bom Noah waren Fragmente bereits 1749 erschienen: vollständig in 12 Gesängen kam er 1752 heraus: es war rascher gegangen als mit dem Messias. Auch der Hexameter hatte ihn keine Anstrengung gekostet; dafür konnte ihn Kästner (zugleich mit Anspielung auf Bodmer's Orthographic) mit Recht folgendermaßen charakterisiren:

Seht die epische Zeilen, frei vom Maße der Sylben.

Frei vom Zwange des Reimes, hart wie Zyrchische Verse,
Leer wie Meißnische Reime; seht, der glyckliche Kyustler
Fyllt mit römischen Lettern, mit pythagorischen Y 9
Zum Ermyden des Lesers besser zu nytzende Bogen.

P. P.

Mein nun seraphisches Minchen, hoch oben in glycklichen Sphären,

Mit Myriaden von Kyssen ästhetisch ätherisch umarmen.

Wie wenig christlicher Sehergeist in dieser Patriarchade athmete, wie ganz der Verehrer Klopstock's. und der angebliche Apostel einer neuen Poesie in die Fußtapfen Lohenstein's trat, wird eine kurze Inhaltsangabe dieses längst vergessenen Epos zeigen.

Sipha bewohnt mit seinen drei Töchtern die verschlossenen Berge des Baradieses. Der Felsen öffnet sich Japhet, dem Sohne Noah's, er findet die Mädchen und wird von ihrer Schönheit und Tugend entzückt. Diese führen den Jüngling zu ihrem Vater, welcher in ihm den Sohn seiner Schwester Milka begrüßt. Sipha's Wohnung liegt in der Mitte eines herrlichen Gar

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