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insofern von Wichtigkeit, als sie zeigt, was dem Dichter damals als die Hauptsache des Faust vorkam; um Kindermordgeschichten hätte sich Wagner auch anderwärts umthun können. Das Stück ist greulich, aber an theatralischer Technik wie an realer Menschenbeobachtung geht es weit über Klinger's Versuche heraus. Noch schrieb Wagner: Leben und Tod Sebastian Sillig's"; er wurde bei der Seyler'schen Gesellschaft angestellt, und starb schon 4. März 1779.

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Auch der ehemalige Vorsteher des Ritterordens in Weglar, v. Goué, leistete Sturm und Drang-Trauerspiele: „Amalifunde und Gulliver;" „Ma suren oder der junge Werther, nach dem Illyrischen"; auch an Elegien ließ er es nicht fehlen. Mit größerem Talent trat der Maler Müller aus Kreuznach auf, geb. 1750; zuerst mit äußerst realistischen Idyllen, die in ihrer derben Arbeit weit mehr an Voß oder an Heinse als an Geßner erinnern: „der Faun“, „der erschlagene Abel“, „der Satyr Mopsus“, „Bacchidon und Milon“, „die Schafschur“; dann versuchte er sich an einem „Faust“, deffen Anfang mit dem Lessing'schen übereinkommt: die Teufel in einer gothischen Kapelle; Lucifer klagt über die Erbärmlichkeit der Zeit: „kann man noch was Großes in dieser Welt suchen? will einen einzigen großen kennen lernen, einen einzigen festen und ausgebacknen Kerl, zu dem man sagen könnt', fix und fertig ist der! wagst du's, mir solch einen zu zeigen?“ Mephistopheles verspricht den Kerl zu schaffen, aber es kommt blos zu Studentenstreichen.

Auch Lenz fuhr in der alten Weise fort, obgleich er zuweilen irre wurde. So schreibt er einmal, als er seinen „Menoza“ wieder ansieht: „Ich verabscheue die Scene nach der Hochzeitnacht. Wie konnt' ich Schwein sie auch malen! 3ch, der stinkende Athem des Volks, der sich nie in eine Sphäre der Herrlichkeit zu erheben wagen darf!" Der Inhalt seiner neuen Komödie „die Soldaten“ (23. Juli 1775 an Herder geschickt) ist wieder wüst, die Verführung eines Mädchens; aber er hat einen positiven Zweck dabei, es ist eine wirkliche Geschichte und er will das Mädchen an ihrem Verführer rächen. „Bis dahin muß ich noch stumm die Zähne zusammenbeißen und die Leiden des Volks in meinem verborgensten Herzen wüthen lassen." Es ist doch ein starker Realismus in diesem theatralisch ganz formlosen Stück. — Ein Beispiel. Marien's Vater giebt ihr den Rath, den vornehmen Bewerber anzulocken, den bürgerlichen aber nicht abzuschrecken; sie küßt ihm die Hand: „Gute Nacht, Pappuschka!" Als er fort ist, tritt sie mit einem Seufzer an's Fenster, indem sie sich aufschnürt: „Das Herz ist mir so schwer. Ich glaube, es wird gewittern diese Nacht. Wenn es einschlüge -(fieht in die Höhe) Gott, was hab' ich denn Böses gethan? aber Stolzius, ich lieb' dich ja noch

wenn ich nun mein Glück besser machen kann und Papa selber mir den Rath giebt" (zieht die Gardine vor), trifft mich's, so trifft mich's, ich sterb' nicht anders als gerne.“ Später begegnet sie dem Vater als Bettlerin.

Auch die Theaterdichter, die nicht zu den eigentlichen Genies gehörten, huldigten dem allgemeinen Geschmack; so Dr. Unzer in Hamburg in „Diego und Leonore" (ein Protestant liebt in Portugal eine Katholikin, ein eifersüchtiger Mönch übergiebt ihn der Inquisition, fie vergiften sich, doch wird er vor dem Tode ihr zu Liebe noch katholisch); Sturz in Kopenhagen in der „Julie“, die beide eifrig gegeben wurden.

An Gegenwirkung konnte es nicht fehlen. Wieland schrieb die „Titanomachie", eine recht gelungene kleine Farce in kraftmännischer Manier; zugleich aber hatte er sich wegen seiner eignen lüsternen Bilder nach der andern Seite gegen die Philister der Sittlichkeit zu vertheidigen. Er versuchte das in den „Unterredungen mit dem Pfarrer zu *" zu thun, freilich mit sehr schlechtem Erfolg, worüber er Jacobi's beständige Vorwürfe zu hören hatte. „Ich foll Geduld mit Ihnen haben," schreibt ihm Wieland 9. Apr. 1775: „das will ich auch so lange, bis Ungeduld die leßte Faser vollends abgerissen hat, womit mein Herz mit Ihnen verwachsen war. Klopstock und Goethe haben sich Ihrer Seele bemächtigt, und neben diesen beiden ist für Wieland kein Play. Ich zweifle, ob die Natur jemals zwei antipodischere Wesen hervorgebracht hat als Klopstock und mich. Er verachtet mich und meint, ich hasse ihn. Darin irrt er. Klopstock ist für mich der Mann im Monde, ein Wesen aus einer mir unbekannten und mit meinen äußern und innern Sinnen in gar keiner Beziehung stehenden Reihe von Dingen, kurz ein Wesen, wovon ich nichts begreife. En un mot, mon ami, je ne me plaindrai jamais de vous, de m'avoir quitté pour Klopstock et pour Goethe. L'amour ne se commande pas. Il y a longtemps que vous cherchez votre Alter Ego: vous aviez cru le trouver en moi; vous vous trompiez; il y a mille différences entre nous, qui à la longue ne pouvaient manquer de faire leur effet."

„Wäre Goethe," antwortet Jacobi 22. April, Ihnen erschienen, wie er vor neun Monaten mir erschien, in all seiner Liebenswürdigkeit, und es hätte beider Seelen gegenseitige Liebe befruchtet, Ihr Inwendiges jenes gewaltige Weben erfüllt, das mit dem Aufkeimen des herrlichen Samens angeht und zunimmt mit seinem Gedeihen zu Freundschaft: o wer hätte dann noch an den ruhmlosen in sich gekehrten Bruder Fritz gedacht! Klopstock ist Ihnen der Mann im Monde mir war er immer Nebenmensch. Den Werth und Unwerth seiner Schriften im Verhältniß zu meinem Individuum hier zu bestimmen, ist nicht nöthig; genug daß zu allen Zeiten ihr Verfasser

mir als ein wunderbarer Geist erschienen, den ich gewünscht, einmal unmittelbarer betrachten zu können. Nun habe ich ihn gesehn, und in ihm einen Menschen erkannt, den ich lieben und hochachten muß. Ihnen würde es nicht anders gehn, und fast in jeder Absicht würden Sie besser mit Klopstock als mit Goethe harmoniren.“

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Es war zwischen Goethe und Jacobi nicht mehr Alles in Richtigkeit. Der Lettere hatte sich während seines Aufenthalts in Frankfurt über den Anfang der Stella" sehr befriedigt ausgesprochen; als ihm aber Ende März das ganze Schauspiel für Liebende" zugeschickt wurde, mit dem alten Schluß, wo der liederliche Fernando beide Weiber heirathet und glücklich wird, wurde er stubig. Jacobi war ein Ehemann, der seine Frau aufrichtig liebte und in der Familie alle intimen Angelegenheiten zu besprechen pflegte. Zwar huldigte er daneben noch der göttlichen Sophie, aber nur geistig; zwei Weiber zu haben erschien ihm zu viel. Er wurde irre nicht blos am Gedicht, sondern am Dichter, und scheint das ziemlich lebhaft ausgesprochen zu haben; denn Goethe's Erwiderung April 1775 ist leidenschaftlich erregt. „O du Menschenkind! Steht nicht geschrieben: so ihr glaubtet, hättet ihr das ewige Leben! Und du wähntest manchmal, der Sinn dieser Worte sei in deiner Seele aufgegangen. Sei's nun geringer kann ich's nicht thun deine Liebe wag' ich dran sonst wär' ich der heiligen Thränen nicht werth, die du in Köln an mein Herz weintest. Lieber Friß, besinne dich! gieb mir Stella zurück! Wenn du wüßtest, wie ich sie liebe, und um deinetwillen liebe!" Auch an Gustchen stellt Goethe das Stück als Herzenssache dar, zu heilig, um es drucken zu lassen.

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In Jacobi blieb doch ein Gemüthsconflict zurück, der später einen höchst seltsamen Verlauf nahm. Sophie, das göttliche Weib, zugleich Aspasia und Laura“, wie Heinse sie nennt, hielt sich im Mai bei ihm in Düsseldorf auf, während Wieland in Halberstadt die alte Freundschaft mit Gleim auffrischte. Sie sind ein glücklicher Mann!" schreibt ihm Wieland; „Sie haben Sophie, können Sich nach Herzenslust an ihr erlaben, und dürfen ihr horreurs fagen. Ich hätte wohl der dritte Mann dabei sein mögen. Ich bin zwar keiner von denen, welche die Knie beugen; der Nimbus, den ich ehemals um unsere Freundin sah, ist längst verschwunden; aber wie man ihr horreurs sagen könne, weil man sie kennt, ist mir ein gänzliches Geheimniß. Wahrheiten, ganz leise Wahrheiten möchte ich ihr wohl zuweilen sagen; aber ich wollte Alles wetten, meine Wahrheiten würden schlimmer aufgenommen werden als 3hre horreurs, und das aus dem einfachsten Grunde von der Welt." Um diese Zeit schrieb Jacobi den vortrefflichen „Brief an Marianne“ über die Gefahren der Coquetterie, das Vorspiel zum „Allwill". Heinse fuhr in

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der Uebersetzung des Tasso in Prosa fort, und schrieb in den Mercur Briefe über den Ricciardetto; Werthes war in der Schweiz; Kl. Schmidt veröffentlichte seine Catullischen Gedichte"; Georg Jacobi wurde durch Goethe zu namhaft bessern Leistungen angeregt; Wieland's Dichtungen in dieser Periode (Der Mönch und die Nonne auf dem Mädelstein") waren sehr schwach; mit besonderer Vorliebe - als Prinzenhofmeister schrieb er an der Fortsetzung des „Goldenen Spiegels", der „Geschichte des weisen Danischmends", der in dem schönen Thal Jamal ein herrliches Naturleben der Unschuld gründet, wo lauter Gulleru's sich ihres Rousseau'schen Daseins freuen, bis leider Kalender und Fakire eintreffen, Aberglaube, Luxus und Liederlichkeit verbreiten, und so das Paradies zerstören. Die Fortsetzung des Shakespeare hatte Eschenburg übernommen, dem Lessing mit seiner gelehrten Kenntniß zu Hülfe kam.

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Trotz aller Gunst, die Klopstod in Karlsruhe empfing, fühlte er sich doch auf die Länge dort nicht wohl; er reiste plötzlich ohne Abschied fort (— doch erhielt ihm der Markgraf sein Wohlwollen und seinen Gehalt —), traf 30. März 1775 bei Goethe ein, und besuchte dann, bis zum 10. April, die Freunde in Göttingen. Dann fanden sich Alle bei Frau von Windhem in Hamburg zusammen: auch Voß, Miller aus Leipzig und die beiden Stolberg; Voß zog ganz zu Claudius, der die Redaction des Boten niederlegte, nach Wandsbeck (einige Zeit darauf besuchte er seine Eltern), eben dahin folgte ihm Hölty.

Aus Hamburg reisten die beiden Stolberg Anfang Mai mit ihrem Freunde v. Haugwiß zu Goethe, der seiner Liebe entfliehn wollte und sich zu einer Schweizerfahrt verstanden hatte. Im Goethe'schen Hause predigten die Grafen, die eben Freiheitsoden drucken ließen, zur Verwunderung der Frau Rath von Tyrannenblut; sie erregten als vornehme Revolutionärs durch Baden im Freien den Anstoß des sittlichen Spießbürgers. Merck, denen sie Goethe 20. Mai zuführt, sagte: „daß du mit diesen Burschen ziehst, ist ein dummer Streich; deine Richtung ist, dem Wirklichen eine poetische Gestalt zu geben, die Andern suchen das sogenannte Poetische, das Imaginative zu verwirklichen, und das giebt nichts als dummes Zeug." Friedrich Stolberg erfreute sich noch dazu eben einer unglücklichen Liebe, von der er viel Wesen machte; gegen Goethe ging er überhaupt mehr heraus, als gegen die Pfarrer und Bauernföhne in Göttingen.

Von Lili nahm Goethe keinen Abschied. Die Reise ging über Mannheim, Karlsruhe, Straßburg; in Emmendingen befahl ihm (4. Juni) seine

Schwester Cornelie, die sich in ihrer Ehe unglücklich fühlte und daher gegen jede Liebe mißtrauisch war, sich von Lili zu trennen. Ueber Schaffhausen ging es nach Zürich, wo Lavater jett Prediger an der Waisenhauskirche war.

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Im April war sein neues Physiognomisches Fragment zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe“ mit dem Motto: „Gott schuf den Menschen sich zum Bilde!" durch Goethe herausgegeben, dem Markgrafen von Baden zugeeignet, prächtig ausgestattet, mit einer Menge von Portraits und Idealfiguren, deren Ausführung durch Zeichner und Seßer Lavater selbst freilich nicht genügen wollte, und die er in den Noten kritisirte. Es bestand aus einer Reihe einzelner Aufsätze, die nur durch den Gegenstand zusammenhingen: sie suchten alle, freilich mehr durch Versicherungen als durch Beweise, zu erhärten, daß Physiognomik nicht blos eine Kunst, sondern eine Wissenschaft sei. 3ch finde," schreibt Merd an Nicolai, „den Theil gut geschrieben, weil von den anstößigen Bemerkungen nichts vorkommt, sondern nichts als Brei und Milchspeise ausgesetzt wird. Der Stil, so wunderbar buntscheckig er ist, hat doch Farbe.. Die lächerlichen Herrlichkeiten, die er bei verunglückten Silhouetten ausgeframt hat, haben mich angeekelt. Denn was hilft, das, was man a priori weiß, in die stumpfen Umrisse zu legen, und nachher zu fordern, daß alle Menschen die in die Eh- und Bettgeheimnisse seiner Bekannten und Freunde nicht eingeweiht werden, alles das auch sehn sollen.“

Gleich nach dem Erscheinen dieser Schrift war Lavater eine schwere Kränkung zugefügt worden. Ein junger Geistlicher in Zürich, Hottinger, früher sein eifriger Anhänger, hatte „Nachrichten“ über ihn veröffentlicht, in welchen er ermahnt wurde, seinem unbändigen Leibpferdchen, der Imagination, worauf er manchmal über Stock und Staude ventre à terre herumjage, den Kappzaum anzulegen. Wenn sein Kopf einmal von einer Idee warm sei, so habe er für alles Uebrige keinen Sinn mehr; er gleiche einem Liebhaber, dem, wo er gehe und stehe, immer nur sein Mädchen vor Augen sei, oder vielmehr gewissen Chinesen, die, wenn sie einige Jahre hindurch unausgesetzt auf ihre eigne Nasenspite gesehn, nichts als Ein- oder Aussichten in die Effenz der Gottheit träumten. Von seiner Wundersucht waren eine Masse lächerlicher Geschichten erzählt, und wenn auch Lavater, Pfenninger u. s. w. die Antwort nicht schuldig blieben, so that die Schrift doch in Zürich eine um so größere Wirkung, da gleichzeitig eine höhnische Erklärung Semler's veröffentlicht wurde, den Lavater aufgefordert hatte, die Wundercuren Gaßner's unparteiisch zu prüfen. Herder, der in der Sache ganz mit ihm einig war („Ich glaub' so gut wie du wirkliche Teufel", 20. Mai), konnte ihn doch nicht trösten: Ich bin so nichts in mir," schreibt ihm Lavater; so entsetzliche Leere bei

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