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anhielt, das Dasein Gottes zu beweisen. Seitdem war sie der Masse nicht wieder zu entziehen, und die Masse verlangt eine andere Nahrung als der Gelehrtenstand.

An Stelle der Logik und Metaphysik tritt nun die angewandte Philosophie, und zwar in Deutschland ausschließlich die Psychologie und die Aesthetik: die Politik, die in Frankreich und England neben jenen beiden Disciplinen eine große Rolle spielte, fand in Deutschland vorläufig keinen Boden.

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Jede Philosophie, die auf eine gewisse Zeit berechnet ist, entspricht einem positiven Bedürfniß derselben. Daß die Wissenschaft von dem Sein und dem Werden“, von dem „zureichenden Grund“ und dem „Gesetz der Entgegensetzung“ abließ und statt dessen die menschliche Seele zum Gegenstand machte, hatte seinen Grund darin, daß die wirkliche Empfindung im Volk lebhafter und betrachtungswürdiger geworden war. Wenn die jüngere Wolff'sche Schule sich hauptsächlich darauf legt, die Empfindungen zu analysiren, so giebt ihr dazu das Leben reichliche Gelegenheit. Wohl hat bereits das Sündenbewußtsein der Pietisten die Seele zu einem interessanten Gegenstand gemacht, aber einerseits war es blos instinktartig geschehen, andererseits war es zuletzt in Gewohnheit und Manier versumpft. Bei den eigentlichen Pietisten nahm das Sündenbewußtsein und die Thräne nunmehr einen ganz regelmäßigen conventionellen Verlauf: es gab Anweisungen und Vorschriften zur Heiligung, und man konnte die Wiedergeburt förmlich lernen. Dieser Bodensaß einer starken historischen Bewegung hatte zur Bildung des gesammten Volks kein Verhältniß mehr. Dafür hatte sich die Virtuosität der Empfindung, hauptsächlich durch Vermittelung der Frauen, weit über den Kreis des eigentlichen Pietismus hin ausgedehnt, und man gab sich ihr nicht mehr unbefangen hin, sondern man reflectirte darüber: man freute sich herzlich, wenn man ein recht bedeutendes Gefühl in sich entdeckte, und hatte das Bedürfniß, sich darüber auszusprechen. Das Briefpapier, welches vorher nur gelehrten Untersuchungen gedient hatte, wurde nun mit der Geschichte von Freudenund Schmerzensthränen ausgefüllt, die man an sich erlebt hatte oder erlebt haben wollte. Der Ausdruck war noch sehr unbeholfen, aber diesen Mangel ersezte man durch Ausführlichkeit. Man schrieb Bücher über den Werth der Gefühle im Christenthum: hauptsächlich aber waren es die individuellsten Empfindungen, Liebe und Freundschaft, die den Stoff solcher Ergießungen bildeten, und wer sich über den großen Raum wundern sollte, den in diesem Bande die Liebesabenteuer einnehmen, der möge nicht vergessen, daß sie in der damaligen Bildungsgeschichte in der That ein sehr hervorragendes Motiv waren. Nicht blos Deutschland huldigte diesem Cultus: Richardson, Young

und Rousseau waren Klopstock's Zeitgenossen. Wenn bei den Franzosen und Engländern das oppositionelle, ja das revolutionäre Element dieses Empfindungslebens schärfer hervortrat, wenn Rousseau so weit ging, die Stimme seiner Empfindung, die ihm als unumstößlich galt, zur Richterin der größten und verwickeltsten Angelegenheiten der Menschheit zu machen, und dadurch mächtig der Revolution vorarbeitete, so mußte bei dem viel weniger entwickelten Staatsleben der Deutschen dies oppositionelle Element viel bescheidener auftreten. Es beschränkte sich im ersten Stadium auf eine Ablohnung des frivolen Weltsinns, auf eine Flucht aus der Weltverwirrung in das stille Idyll der Natur und Unschuld, der schönen und weich geschaffenen Seelen; es begnügte sich auch im zweiten Stadium, im Sturm und Drang der Leidenschaft, mit einer Kritik des Sittengesetzes, soweit es sich auf das Privatleben bezog; höchstens verstieg es sich zu einer Kritik Gottes: den Weltlauf nach seinem Maßstab neu ordnen zu wollen, dazu fehlte ihm das Gefühl einer Kraft, die auf das Allgemeine und Wirkliche gerichtet wäre. Nicht felten gab sich das deutsche Gefühl mit der Freude an der Eigenheit zufrieden, wie sie auch beschaffen sein mochte. Wer sich irgendwie vom Hergebrachten unterschied, wurde ein interessanter Gegenstand, und wenn die neue Wissenschaft der Physiognomik ursprünglich auf das Ideal ausging, so gewann sie doch Humor genug, um auch das schön, d. h. das charakteristisch Häßliche mit Eifer zu studiren und anzuerkennen; bei dieser Anwendung des Mikroskops auf die Welt der Empfindungen und Stimmungen lief viel Selbsttäuschung unter, und man war um so mehr in Gefahr, das Wesentliche mit dem Unwesentlichen zu verwechseln, als das deutsche Liebesleben doch immer etwas Eintöniges hatte, wenn nicht zur rechten Zeit Shakespeare entdeckt, und damit der psychologischen Beobachtung eine neue große Welt aufgeschlossen wäre.

Dieser Umschlag im Denken und Empfinden übte auf den Geschmack des Volks und die Kunst eine außerordentliche Rückwirkung aus. Wir haben im vorigen Bande die ersten Versuche verfolgt, Regel und Gesetz für das künst lerische Schaffen zu entdecken. Man ging ursprünglich von Beispielen aus, die als mustergültig angesehen wurden. Dann machten die Franzosen darauf aufmerksam, daß die Kunst eine verschönernde Nachahmung der Natur sein follte, und gewannen dadurch zuerst einen Anhalt zum Vergleich. Der zweite wichtige Schritt war die Entdeckung, daß die Wirkung der Kunst davon abhängt, die entsprechenden, also schon vorhandenen Empfindungen der Zuhörer zu berühren: um also ein Gesetz für die Kunst zu finden, mußte man vorher das Gefeß für die Empfindungen feststellen, welche durch die Kunst geweckt werden sollten. So war für die Aesthetik eine bestimmte Beziehung zur Psychologie gefunden. Aber noch immer sah man an der künstlerischen Thätig

feit ein eigentliches Machen. So wie man beim Bildhauer zunächst nur die Thätigkeit des Meißels beobachtete, so erwartete man vom Dichter das bewußte, zweckvolle Behandeln eines andern Materials, der Sprache. Der entscheidende Satz der neuen Aesthetik, die mit dem vergangenen Zeitalter vollständig brach, war der Sat, der von Bodmer dunkel geahnt, von Klopstock mit der Macht eines großen Willens in's Werk geseßt wurde, der Say, daß der Dichter, um großze Empfindungen, große Leidenschaften darzustellen, große Empfindungen, große Leidenschaften haben müsse; daß nur ein heiliges Gemüth heilige Dichtungen hervorbringen könne. Was früher die Pietisten vom Priester verlangten, wurde jetzt dem Dichter geboten: der wahre Dichter muß inspirirt sein. Kraft des Genius, der in ihm lebt, den er in seiner unsterblichen Seele wie eine fremde höhere Kraft empfindet, soll er geradezu schöpferisch thätig sein. Der Satz ging nicht so ohne Weiteres durch, und wir werden namentlich Lessing beobachten, wie er mit hartnäckigem Widerwillen diese vermeintliche Einheit des Dichters und des Menschen bekämpft. Aber der Strom der Zeit ging in der nämlichen Richtung, und die Dichtkunst, die bisher nur als gefällige Beschäftigung der Mußestunden Billigung fand, wurde nun die große Angelegenheit der Nation. Freilich kam dadurch etwas Krankhaftes in die Poesie, denn das Bedürfniß nach einem Genius bringt den Genius noch nicht hervor, und man war bald geneigt, durch künstliche Anstrengungen ein Scheinbild dessen hervorzubringen, was nur als Geschenk des Himmels von Werth ist. Die Poesie wurde nicht besser durch diese Steigerung der Anforderungen, wohl aber wurde die Empfänglichkeit des Volks gesteigert, und dadurch dem künftigen Genius ein willkommener Boden bereitet.

Der größere Erust, mit dem man die Kunst behandelte, machte auch einen -größeren Ernst zu den Vorbereitungen derselben nöthig. Man war schon früher mit Nedensarten auf das Beispiel der Alten zurückgegangen; man hatte Horaz, Virgil und Anakreon gefeiert: aber man hatte diese Dichter im Grunde nur durch die Brille des Boileau angeschaut. Jetzt ließ man die Franzosen fallen und kehrte zu den Quellen zurück, und in der Aufmerksamkeit des Publicums trat die Philologie an Stelle der Naturwissenschaft. An tüchtigen Philogogen hatte es auch früher nicht gefehlt, aber erst jetzt werden fie die Lehrer der Nation, bis sie endlich den Geschmack derselben vollkommen beherrschen: was Christ, Geßner und Ernesti im stillen Kreise der Schulbildung gewirkt, übertrug Leffing auf das öffentliche Leben, und es ist nicht die kleinste seiner Thaten, daß er den echten Aristoteles aus der französischen Umhüllung gerettet hat.

Mit der Kritik änderte sich auch die Nachbildung, und es war ein großer

Schritt, daß man mit dem Versuch, die antiken Versmaße nachzubilden, die Natur der deutschen Sprache gründlicher durchforschte, und in ihr eine Fülle und Kraft wahrnahm, von der man früher keine Ahnung gehabt. Der rechte Einfluß der Antike begann aber erst, als man sich durch die Anschauung der bildenden Kunst einen realen Begriff von ihrem Wesen machte, als Winckelmann mit feuriger Begeisterung den Altar der reinen Schönheit aufrichtete. Alle diese Bestrebungen griffen in einander, fie adelten die Empfindung und Anschauung, und regten die Freunde der Dichtkunst zum Kampf gegen alles Gemeine an.

Gekräftigt durch diese Anschauung des Alterthums, gehoben durch das Bewußtsein eines großen Zwecks, kehrte man endlich auf dem Umwege der christlichen und heidnischen Poesie zum deutschen Leben zurück. Das Vaterland tauchte auch bei Klopstock viel später auf als Religion und Liebe, und es blieb immer seine schwächste Seite, weil es sich auf keine reale Anschauung bezog. Die echten Schriftsteller für das deutsche Volk — Lessing, Möfer, später Goethe, wurden, so seltsam es klingt, durch die Fremden angeregt, Shakespeare, Bercy und Sterne mußten ihnen zunächst den Sinn für das Volksleben überhaupt und dann in zweiter Linie den Sinn für das deutsche Volksleben aufschließen. Doch war im Ganzen der Boden für eine deutsche Poesie noch nicht reif. Eine Zeit lang schien der siebenjährige Krieg eine wünschenswerthe Ausbeute zu geben, und Minna v. Barnhelm war ein sehr beachtenswerther Versuch. Bald aber zog sich das deutsche Leben aus der Kunst wieder in die Wissenschaft zurück, und Gleim's Grenadier war lange vergessen, als die „Osnabrückische Geschichte“ und die „patriotischen Phantasien“ erst recht ihre Wirksamkeit begannen.

Schon aus diesen flüchtigen Andeutungen stellt sich heraus, daß der Bildungsgang auch dieses Zeitalters nicht in gerader Linie erfolgte, sondern daß immer Wirkung und Gegenwirkung einander ablösten. Die Vertreter der überschwenglichen Gefühlsseligkeit sammeln sich um Klopstock, die Vertreter des entschlossenen Weltverstandes um Leffing, jeder Ausbruch von der einen Seite ruft seinen Gegensatz hervor, man fühlt sich versucht, das alte aber treffende Bild vom Zettel und Einschlag anzuwenden bis Herder beide Richtungen zu versöhnen weiß. Sein erstes entschiedenes Auftreten um 1770 ist der Wendepunkt dieser Periode.

Klopstock war 2. Juli 1724 zu Quedlinburg geboren: einer unter 14 Geschwistern. Der Vater, Sachwalter daselbst, ein heißblütiger Mann, der sich einmal zur Ehre Gottes duelliren wollte er glaubte fest an Ahnungen und hatte Anfechtungen vom Satan, sorgte hauptsächlich für die körperliche Entwickelung des Knaben, der, zum Theil auf dem Lande erzogen, zwar unansehnlich aber gesund aufwuchs.

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6. Nov. 1739 wurde er in Schulpforta inscribirt, und erhielt daselbst eine vortreffliche classische Bildung. Virgil war sein Lieblingsdichter, und Bodmer's prosaische Uebersetzung des Milton gab ihm einen Wink, wie dieses Vorbild auf unsere Zeit übertragen werden könne. Ueber seine poetischen Versuche schrieb schon damals ein älterer Mitschüler: „Dieser Jüngling hat sowohl in der deutschen als römischen und griechischen Sprache verschiedene wohlgerathene Schäfergedichte verfertigt. Er fennt die wahre Natur dieser Poesie. Er schildert seine Schäfer und Schäferinnen nach ihrer glückseligen Ruhe und Zufriedenheit ab. In der Beschreibung ihrer unschuldigen Liebe ist er am vortrefflichsten. In der Einrichtung breitet er sich allzusehr aus... In seinen Oden herrscht eine natürliche Zärtlichkeit der Gedanken, ein glücklicher Reichthum neuer Bilder und eine vollständige Ausarbeitung. Sie zeugen von einer stillen und gesetzten Majestät; hißige und außerordentliche Leidenschaften erregen sie nicht, sie nehmen aber das Gemüth mit einer süßen Regung ein." Klopstock selbst schildert später seine damalige Stimmung: „Voll Durstes war die heiße Seele des Jünglings nach der Unsterblichkeit." Er hatte es auf ein Heldengedicht abgesehen: „Bis zur Schwermuth wurd' ich ernst, vertiefte mich in den Zweck, in des Helden Würd', in den Grundton, den Berhalt, den Gang: strebte, geführt von der Seelenkunde, zu ergründen, was des Gedichts Schönheit sei; flog und schwebt' umher unter des Vaterlands Denkmalen, suchte den Helden, fand ihn nicht: bis ich zuletzt müd' hinsank, dann, wie aus dem Schlummer geweckt, auf einmal rings um mich her wie mit Donnerflammen es strahlen sah."

21. Sept. 1745 wurde er, 21 Jahre alt, aus der Anstalt entlassen, und hielt jene berühmte Abschiedsrede, in welcher das poetische Glaubensbekenntniß seines ganzen Lebens bereits zum Abschluß gebracht ist. „Si quicquam ob amplitudinem suam et sublimitatem humano ingenio dignum. est existimandum, si in augustam rerum seriem quicquam mentem introducit. atque ibi exspatiatam immortali voluptate perfundit: illud sane praecipua ac princeps naturae imitatrix poesis est; sed illa poesis, quae tamquam ceterarum omnium artium regina incedit, novoque res ordine ita componit, ut creatricis nomine insignienda esse videatur; quae ab ipso Deo ita profanis vulgi oculis est subducta

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