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in sich nie dürr und nie kalt ist. Gebe Gott, daß unter mehr großen Vortheilen auch dieser uns nach Hause begleite, daß wir unsere Seelen offen behalten und wir die guten Seelen auch zu öffnen vermögen. Könnt' ich euch malen, wie leer die Welt ist, man würde sich an einander klammern und nicht von einander lassen.“

Nur Kaufmann machte auf Goethe einen sehr schlechten Eindruck : er bezeichnet ihn in der Folge nur als Lump und Lügenpropheten. - 5. Dec. verließen sie Zürich, am Rheinfall bei Schaffhausen 7. Dec. überraschte sie Lavater noch einmal. „Wir haben einen starken Discurs über das Erhabene geführt. Es ist mit Lavater wie mit dem Rheinfall: man glaubt auch, man habe ihn nie so gesehn, wenn man ihn wiedersicht, er ist die Blüthe der Menschheit."

Darauf fiel es dem Herzog ein, die Höfe aufzusuchen; das Reisecostüm wurde abgelegt, es ging nach Karlsruhe, Darmstadt, Homburg; in Stuttgart 8. Dec. stellte ihnen der Tyrann von Schwaben seine Militär-Akademie vor: einer der Eleven, der einen Preis erhielt, war der zwanzigjährige Schiller. 13. Jan. 1780 waren die Reisenden wieder in Weimar.

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Ihr könnt euch leicht vorstellen," schreibt Wieland 17. Jan. an Merck, „daß der glückliche Ausgang dieser Reise, des Herzogs herrliches Wohlbefinden und ungemein gute Stimmung und herzgewinnendes Betragen bei männiglich Effect gemacht und Goethe in ein sehr günstiges Licht gestellt hat, und dies un so mehr, da auch er multum mutatus ab illo zurückgekommen und in einem Ton zu musiciren angefangen hat, in den wir übrigen mit Freuden einzustimmen nicht ermangeln werden... Diese Schweizerreise gehört unter Goethes meisterhafteste Diamata. Man muß aber auch gestehn, daß er das wahre enfant gâté der Natur und des Schicksals ist, denn am Ende hätt er doch mit all seiner dramatischen Panurgie keine einzige fatale Wolke vom Himmel wegblasen können, und ein einziger unglücklicher Zufall war hinlänglich, das ganze Drama zu verderben."

Der Herzog schreibt 31. Jan. an Merd: „Es hat mich bei meiner Rückkunft gefreut, daß der erste Eindruck, auf welchen ich erstaunlich sehr halte, die Leute, mit denen ich leben muß, betreffend, nicht nur nicht unangenehm, sondern gut gewesen ist. Es hat mich eine gewisse Honnêteté angerochen, welche mir wirklich nicht einmal so in Darmstadt vorgekommen ist. Freilich fällt durch den langen Genuß der Vorzug der Neuheit weg, und das Gewöhnliche macht es ein wenig unleidlich; aber genug, die Erinnerung eines guten Eindrucks auf uns verbessert doch vieles auf lange Zeit. Meine Frau habe

ich ziemlich wohl angetroffen, nur ist ihre ohnedies nicht sehr leichte Natur durch den gänzlichen Mangel von Abwechselung etwas niedergeschlagen, und

da, wie bekannt, ein den Princessinnen ganz versagtes Ding das Losarbeiten ist, so ist die Ermunterung bei uns etwas Unmögliches.“

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Der gute Eindruck dauerte fort. 3ch kann dir nicht sagen," schreibt Wieland 16. April, wie gänzlich ich mit Goethe's ganzer Art zu sein zufrieden bin. Auch in seinem öffentlichen Betragen nehme ich eine owq gooúrqv wahr, welche die Gemüther nach und nach beruhigt.“ Einige Tage vorher hatte er Goethe seinen „Oberon“ vorgelesen, den er nach einjähriger Arbeit 13. März glücklich beendigt, und Goethe, sehr erfreut, hatte ihm einen Lorbeerkranz geschenkt. Der „Oberou" war Wieland's Schmerzenskind. „Bon der Müh und Arbeit, die ich auf dies opus wende, hat schwerlich jetzt ein Dichter noch Dichterling im h. R. Reich einen Begriff ... Die Schwierigkeiten, die blos im Mechanismus meiner Strophen liegen; die Schwierigkeit, aus einem so spröden Leim gerade das Bild, das ich haben will, herauszufingern, und ihm die Rundung und das Fini zu geben, ohne welches ich keine Freude daran haben kann, ist oft unsäglich. Ich kann dir zuschwören, daß ich in dieser Woche dritthalb Tage über einer einzigen Strophe zugebracht habe, wo im Grund die ganze Sache auf einem einzigen Wort, das ich brauchte und nicht finden konnte, beruhte. Ich drehte und wandte das Ding und mein Gehirn mit auf allen Seiten; weil ich, wo es um ein Gemälde zu thun ist, gern die nämliche bestimmte Vision, die vor meiner Stirn schwebt, auch vor die Stirn meiner Leser bringen möchte und dazu oft von einem einzigen Zug oder Drucker oder Reflex Alles abhängt"... u. s. w.

Bei dem größern Publicum schlug der Oberon nicht augenblicklich durch. Wieland hatte ihn in den ersten Mercurheften des Jahres abdrucken lassen, und der Mercur verlor an Abonnenten. Aber bald drangen die Stimmen der Kenner durch, die einstimmig im Lobe waren, der Oberon wurde eines der Lieblingsbücher der Nation, und wenn der Dichter unter die deutschen. Classiker aufgenommen wurde, so hat er es hauptsächlich diesem Werk zu danken. Jezt wird es weniger gelesen, aber die Decorations - Oper, an der wir uns noch immer erfreuen, beruht doch ganz auf ihm, und wie vornehm die spätern Romantiker auf Wielaud herabfahen, sein Ritt in's alte romantische Land" ist doch immer der ausgiebigste gewesen, und hat auch auf sie nicht wenig eingewirkt. Freilich das romantische Land, wie es Franzosen und Provençalen kannten; wenn Wieland sich schmeichelte, die Elfengeister des Sommernachtstraums wieder lebendig gemacht zu haben, so war das eine starke Täuschung. Daß diese luftige Spufgestalt zu einem Moralisten gemacht ist, der seine Schüglinge Prüfungen unterzieht und mit blutendem Herzen zu ihrem Besten quält, ist ein ebenso arger Mißgriff, als der spätere Schiller's mit den Macbeth'schen Heren. Durch dies Moralische verliert der Oberon

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jene einheitliche Stimmung, die frühere Erzählungen Wieland's, z. B. der liederliche Idris, wirklich besigen; aber vielleicht ist gerade daraus sein bleibender Erfolg zu erklären, denn für französische Galanterie ist der Geschmack des deutschen Publicums einmal nicht eingerichtet. Abstrahirt man aber von dieser Schwäche in dem „rothen Faden" des Stücks, so wird man allen einzelnen Episoden das höchste Lob nicht absprechen können; sie sind von einer merkwürdigen Lebhaftigkeit und Frische, und auch die Schönheit der Sprache ist das Höchste, wozu sich Wieland aufgeschwungen hat. Für seine Stellung im Kreise der literarischen Aristokratie war das Werk entscheidend.

Juni 1780 traten erst Goethe, dann der Herzog in den Freimaurerorden, dem sie nun mit großem Eifer augehörten. Bode, der in der Loge eine große Rolle spielte, besuchte um dieselbe Zeit Lessing in Wolfenbüttel, der ein neues Gespräch zwischen Ernst und Falk, auch den Schluß der „Ers ziehung des Menschengeschlechts" herausgegeben hatte. Das letztere wurde zu seinem Acrger von verschiedenen Seiten für ein Widerruf angesehn. Die alten Streitigkeiten wegen der Fragmente dauerten fort und machten ihm mitunter viel Verdruß; wie wenig er aber im Innern davon erschüttert wurde, zeigt, was er damals niederschrieb: „Ich muß nur vor aller Welt bekennen, daß es mich noch keinen Augenblick gereut hat, die berüchtigten Fragmente herausgegeben zu haben, und daß ich nicht wohl einsehe, wie ein solcher Angenblick noch in der Folge kommen könne, wenn ich anders bei gesundem Verstand bleibe. Verdruß hat mir freilich jener Streit weit mehr zugezogen, als ein Mensch von meiner Denkungsart voraussehen konnte und mochte. Aber genug, daß dieser Verdruß nur von Außen kam, daß mir mein Gewissen nichts vorzuwerfen hatte, und daß die verächtlichsten Menschen die wohl nicht sind, welche nicht Alles voraussehn mögen, was sie gar wohl voraussehn könnten. Ich weiß nicht, was für ein Schwindel diejenigen mehrentheils befällt, die über dergleichen Verfolgungen zu klagen Ursache haben; ich weiß nur, daß Schwindel auch hier Schwindel ist, und der Abgrund, in welchen sie stürzen, an ihrem Unglück immer die kleinste Schuld hat."

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Nicht sein Geist, aber seine Gesundheit war tief erschüttert. „Ich falle,“ schreibt er 25. Febr. an seinen Bruder, aus einer Unpäßlichkeit in die an dere, deren keine zwar eigentlich tödtlich ist, die mich aber alle an dem Gebrauch meiner Seelenkräfte gleich sehr verhindern. Die letzte war nun zwar gefährlich genug, und man sagt, ich hätte von Glück zu sagen, daß ich so davon gekommen. Nun ja, so sei es denn tiren zu können!" Und gegen Elise Reimarus äußerte er, seine Nerven seien so abgespannt, daß ihn Alles anekle und er nur noch par raisonnement lebe.

Glück, auch nur vege

26. März war der Herzog gestorben, und Ferdinand, jezt 45 Jahre alt, der Held des siebenjährigen Krieges, Schüler Jerusalems und Chef aller Logen von der stricten Observanz, ihm gefolgt.

Gleich nach Bode, 5. Juli, empfing Lessing einen neuen Besuch: F. H. Jacobi, der, von den alten Freunden in Weimar verlassen, sich nach neuen umfah. Er hatte sich dem Studium Spinoza's ergeben, und glaubte mit tiefem Schmerz die Entdeckung gemacht zu haben, daß jede demonstrative Philosophie die Freiheit aufhebe und das Gesetz der Causalität auch über die sittliche Welt ausdehne. Er fand aber das menschliche Bedürfniß der Freiheit so stark, daß er aus diesem heraus „durch einen Salto mortale" sich aus der Nothwendigkeit retten und die Logik durch das Gefühl widerlegen zu können glaubte. Diesen Gedanken Lessing auseinanderzusetzen war sein Hauptbestreben. Zu seinem Erstaunen fand er, deß Lessing seine Consequenzen bereits vollständig gezogen habe; zu noch größerem Erstaunen, daß er vor denselben gar nicht erschrecke. Hätte er die Vorrede zu Jerusalem's „Kleinen Echriften" (1776) gelesen, so würde er von dieser Entdeckung nicht soviel Aufhebens gemacht haben. „Was verlieren wir, wenn man uns die Freiheit abspricht? Etwas wenn es Etwas ist was wir nicht brauchen, was wir weder zu unserer Thätigkeit hier noch zu unserer Glückseligkeit dort brauchen. Etwas, dessen Besitz weit unruhiger und besorgter machen müßte, als das Gefühl seines Gegentheils nimmermehr machen kann. Zwang und Nothwendigkeit, nach welchen die Vorstellung des Besten wirkt, wie viel willkommner sind sie mir, als kahle Vermögenheit, unter den nämlichen Umständen bald so, bald anders handeln zu können! Ich danke dem Schöpfer, daß ich muß, das Beste muß. Wenn ich in diesen Schranken selbst soviel Fehltritte thue, was würde geschehn, wenn ich mir ganz allein überlassen wäre? einer blin den Kraft überlassen, die sich nach keinen Gesetzen richtet, und mich drum nicht minder dem Zufall unterwirft, weil dieser Zufall sein Spiel in mir selbst hat?" In der That hat noch kein wirklicher Philosoph Anstand genommen, das Gesetz der Causalität über die gesammte Erscheinungswelt auszudehnen: es kommt nur darauf an, ob man meint, daß der transscendentale Begriff der Freiheit dadurch beeinträchtigt wird.

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Jacobi's Erstaunen sollte noch immer wachsen. Um Lessing ein recht abschreckendes Beispiel zu geben, wohin der Spinozismus führe, zeigte er ihm Goethe's Prometheus": Lessing fand das Gedicht sehr gut, und fügte hinzu, er brauche dergleichen nicht erst im Gedicht zu suchen, er kenne die Sache aus erster Hand. Jacobi war wie in einer neuen Welt, er hatte an diesem einen Gespräch sein ganzes Leben zu zehren. Lessing seinerseits scheint sich über Jacobi's Furcht vor dem Causalgesetz auf's

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äußerste amusirt, und ihn mit einer rechten Fluth von Paradorien überschüttet zu haben, z. B. ein regelmäßig gebautes Zimmer sei ihm wichtiger als eine schöne Landschaft, er wollte, daß die Bäume einmal roth ausschlügen u. s. w. - übrigens mit hoher Achtung vor dem Scharfsinn des Mannes und aufrichtigem Antheil an seiner Liebenswürdigkeit.

10. Juli nahm Jacobi von Leffing Abschied, und reiste nach Hamburg, zunächst um seine Kinder von Claudius abzuholen. Mit der Familie Reimarus schloß er eine sehr intime Freundschaft, mit Klopstock über den K. F. Cramer, jezt Professor in Kiel, eine neue großartige Schrift herausgegeben hatte: „Er und über Ihn!" und der wieder sehr zahlreiche Oden schrieb, hauptsächlich über Metrik und ästhetische Theorie er den alten freundschaftlichen Verkehr. Schröder hatte im März seine Direction niedergelegt und sie einer Actiengesellschaft übergeben. Auch Voßz mit seiner Familie fand er dort *).

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erneuerte

Schon in Wandsbeck hatte Voß die Uebersetzung der Odyssee begonnen; Proben waren 1779 im Mercur erschienen; in Otterndorf hatte er sie nun vollendet und durch eine sehr feierliche und salbungsvolle Weihe" an Stolberg das Werk gekrönt. Jacobi, Wieland und Gleim der Lettere war beiläufig unermüdlich in Geldunterstützungen - bemühten sich um Subscribenten, und das Werk konnte im folgenden Jahr erscheinen. Es machte in der deutschen Literatur Epoche, denn nun konnte auch das Volk sich eine Vorstellung von der homerischen Welt machen. Es ist vielleicht der beste Versuch von Voß, Ton und Farbe sind noch frisch, und die Sache ist noch nicht der metrischen Genauigkeit geopfert. Bodmer's Homer - Uebersehung von 1778 war in jeder Beziehung verfehlt.

Neben diesen bürgerlichen Freunden besuchte Jacobi auch noch eine Reihe von zartbefeelten Gräfinnen, in deren Gegenwart sich zu seiner Verwunderung Claudius ebenso ungenirt benahm, wie Asmus am Hof zu Zapan. Nachdem er noch einen Abstecher zu Gerstenbergs nach Lübeck gemacht, kam er, mit seinem Bruder Georg, wieder zu Leffing, wo die Ge= spräche über Freiheit und Nothwendigkeit fortgesetzt wurden. Lessing war in einer so übermüthigen Laune, daß er sich Jacobi als einen geheimen Cabbalisten darstellte; er versicherte ihn, mit der Idee höchster Vollkommenheit verknüpfe sich für ihn eine solche Vorstellung von Langeweile, daß ihm angst und bange würde. In dieser Stimmung fuhren sie nach Halberstadt zu Gleim, wo sie vier Tage blieben, und den guten Alten durch die greulich

*) Miller, der Sigwart.Dichter, hatte sich verheirathet und war Pfarrer zu Jungingen bei Ulm.

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